Stadtrat Jena beschließt Überprüfung der Ampel-Vorrangschaltung für den Nahverkehr – Warum eine Allianz aus Klimaaktiven und ÖPNV-Beschäftigten dafür eintrat
Thema der Aktuellen Stunde der heutigen Stadtratssitzung war die unzureichende Personalsituation im ÖPNV. Später am Abend wurde beschlossen, die aktuellen Ampel-Vorrangschaltungen im Stadtgebiet zu überprüfen, mit dem Ziel eine Verbesserung des Verkehrsflusses von Bus und Bahn zu erreichen. Ebenso wurde der Oberbürgermeister beauftragt, im Städte- und Gemeindebund die Initiative für einen gemeinsamen Appell der Kommunen und ihren Verkehrsbetriebe an die Landes- und Bundesregierung zu ergreifen. Darin soll die Situation im ÖPNV beschrieben und mehr Investitionsmittel gefordert werden. Keine Zustimmung erhielten u.a. ein Verkehrsversuch am Löbdergraben und ein direkter Zuschuss für Investitionen in die Personalentwicklung.
In Gesprächen mit dem Fahrpersonal wurde immer wieder deutlich, dass die ungenügende Ausrichtung der Ampeln auf Bus und Bahn zu Verspätungen führen. „Wenn der Nahverkehr die erste Wahl als Verkehrsmittel der Stadt werden soll, muss in diesem Bereich dringend nachgebessert werden. Denn nur durch Pünktlich- und Zuverlässigkeit kann das gelingen. Außerdem bringt dies eine Stressreduzierung für das Fahrpersonal mit sich, und diese stehen schließlich jeden Tag im Jahr für die Mobilität unserer Stadt ein. Wir hoffen, dass das Personal, wenn es um Detailfragen geht, einbezogen wird, um eine optimale Abstimmung zu erreichen”, erläutert Toni Thielemann, Fahrer beim Jenaer Nahverkehr.
„Auch aus klimapolitischer Sicht bietet eine verbesserte Ampel-Vorrangschaltung Vorteile. Zuverlässigere Fahrpläne führen zu einer Attraktivitätssteigerung des ÖPNV. Wenn dadurch mehr Personen umsteigen, kann der städtische Verkehrsfluss insgesamt verbessert werden. Wir erwarten nun, dass die Überprüfung auch zu konkreten Verbesserungen führt”, ergänzt Sabrina Stangl, aktiv im Bündnis.
Weitere Punkte der beiden Beschlussvorlagen, die auf eine Verbesserung des Nahverkehrs abzielten, darunter Investitionen für die Verbesserungen der Rahmenbedingungen für das Personal, wurden abgelehnt. „Wir halten das für ein sehr schlechtes Signal des Stadtrates. Will man ein gutes Mobilitätsangebot, müssen die nötigen Mittel für gute Arbeitsbedingungen bereitgestellt werden. Nur so kann neues Personal angeworben und bestehendes Personal im Betrieb gehalten werden.”, kommentiert Sabrina Stangl.
Den Beschlussvorlagen voraus ging ein langer Einsatz des Bündnisses WirFahrenZusammen aus Beschäftigten des ÖPNV, Klimaaktiven und der Gewerkschaft ver.di. Das Bündnis setzt sich seit den Tarifverhandlungen zu Beginn des Jahres für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein. Da der Stadtrat als Auftraggeber des Nahverkehrs agiert, sieht das Bündnis auch dort eine Verantwortung, für Rahmenbedingungen zu sorgen, die das Personal vor Überlastung schützen.
Das Bündnis sammelte vergangenen Winter in Jena über 2.000 Unterschriften für Investitionen in den Nahverkehr, von denen auch das Personal profitiert. Diese wurden im Februar zusammen mit Forderungen der Beschäftigten an Kommunalpolitiker:innen übergeben. Einige der Vorschläge brachte die Fraktion DIE LINKE in Form von Beschlussvorlagen in den Stadtrat ein. Daraufhin folgten nicht nur Diskussionen in den Ausschüssen. „Wir haben uns auch persönlich und schriftlich mittels Briefen mit Mitgliedern des Stadtrates ausgetauscht, um die Dringlichkeit unseres Anliegen zu untermauern. Wir wissen, dass nicht alle Stadtratsmitglieder und deren Fraktionen das unterstützen. Diese haben das deutlich gemacht, indem sie nicht geantwortet oder auf Gespräche eingegangen sind. Umso wichtiger ist es uns, dass wir uns bei allen Unterstützern, die letztendlich auch zu Ihrem Wort standen, ganz herzlich bedanken“, berichtet Toni Thielemann.
Das Bündnis WirFahrenZusammen wird sich weiter für eine Verbesserung der Beschäftigungssituation im Nahverkehr einsetzen, sodass eine sozial-ökologische Verkehrswende gelingen kann.