Studenten untersuchen Hitzegefährdung von Risikogruppen

Umfrage von Studierenden der Universität Koblenz zeigt Handlungsbedarf in der Region

Koblenz. Im Rahmen eines Seminars haben Studierende des Fachbereichs Informatik der Universität Koblenz ein Befragungstool zum Thema Hitzebelastung entwickelt. Eine anschließende Befragung von Einrichtungen und Gemeinden aus dem Großraum Koblenz-Mayen zeigt: Mit Blick auf den Umgang mit Hitzeerkrankungen gibt es großen Handlungsbedarf. In der Ausbildung, wie auch bei Schulungen in den Einrichtungen vor Ort, sollten lebensrettende Sofortmaßnahmen und Präventionsmaßnahmen einen höheren Stellenwert bekommen.

Die Umfrage richtete sich an die Leitungen von Kindergärten und Schulen, Senioren- und Sporteinrichtungen sowie Kommunen im Großraum Koblenz-Mayen. Ziel war es, Einschätzungen und Bewertungen zur Hitzeproblematik, zur Prävention von Hitzezwischenfällen sowie zu Sofortmaßnahmen bei Hitzenotfällen einzuholen.

Mehr als die Hälfte der befragten Gemeinden gab an, dass die Hitzeproblematik und der Klimawandel keine hohe Priorität bei stadtplanerischen Maßnahmen haben und dass es keine ausreichenden finanziellen Mittel für Bewegungs- und Sportangebote sowie Hitzeprävention gebe. Gleichzeitig sind etwa 60 Prozent der Gemeinden der Ansicht, dass Plätze, Straßen und Gebäude stärker verschattet werden müssen. Knapp die Hälfte möchte mehr Trinkspender und Brunnen im öffentlichen Raum haben.

„Städte und Gemeinden tragen Mitverantwortung beim Hitzeschutz der Bevölkerung, der mittlerweile ein wichtiges Thema beim Deutschen Städtetag ist. Wir wollten mit der Umfrage im Großraum Koblenz-Mayen ein erstes Bild von der Situation in der Region erheben“, erklärt Prof. Dr. Dr. Dieter Leyk, der an der Deutschen Sporthochschule Köln und der Universität Koblenz forscht und unterrichtet.

Unter Professor Leyks Leitung hatten Studierende im Seminar „Gesundheit, Arbeit und Sport: Unterschätztes Problem Hitzestress“ ein digitales Befragungstool zur Problematik „Hitzestress“ konzipiert, das künftig auch für andere Umfragen eingesetzt werden kann. Der Befragungslink wurde an 229 regionale Einrichtungen versendet, die Verantwortung für eine oder mehrere der „Hitze-Risikogruppen“ Heranwachsende, Senior*innen und Sporttreibende haben. 78 von ihnen haben geantwortet. „Aufgrund des kleinen Datensatzes und der regionalen Zufallsstichprobe handelt es sich sicherlich nicht um einen repräsentativen Survey. Dennoch liefern die Befragungen der Studierenden wichtige Erkenntnisse“, so Leyk.

Hitzewellen im Frühsommer besonders gefährlich für den menschlichen Organismus

Europaweit gibt es jährlich im Schnitt mehr als 25.000 Hitzetote. Bedingt durch den Klimawandel ist zu erwarten, dass die Anzahl lebensbedrohlicher Hitzezwischenfälle auch in Deutschland weiter steigen wird. Die Sommermonate zeigen, dass der Organismus sich durchaus an höhere Temperaturen anpassen kann. Für die bessere Hitzetoleranz werden aber ungefähr 7-10 Tage benötigt. Aufgrund fehlender bzw. unzureichender Akklimatisation sind daher plötzliche Hitzewellen im Frühsommer besonders gefährlich.

Hitzezwischenfälle (wie Hitzekrampf, Hitzeerschöpfung, Hitzekollaps) können plötzlich auftreten und sich zu einem lebensgefährlichen Hitzschlag entwickeln. Die einzige wirksame Therapie bei einem Hitzschlag ist die sofortige und starke Kühlung des Organismus: Innerhalb von 30 Minuten („Golden Half Hour“) soll die Körperkerntemperatur unter 40°C gesenkt werden. Kostbare Zeit geht aber verloren, wenn die Symptome der Hitzeerkrankungen nicht bekannt sind, Notfallmaßnahmen zu spät eingeleitet werden und vor Ort keine wirkungsvolle Entwärmung einer überhitzten Person erfolgt.

Angesichts dieser Fakten sprechen die Antworten der befragten Einrichtungen aus dem Großraum Koblenz-Mayen für erheblichen Handlungsbedarf: Die Warnzeichen von Hitzeerkrankungen sind z.B. nur bei einem Drittel der „Heranwachsenden-Einrichtungen“ (Kindergärten und Schulen) und der Hälfte der Sporteinrichtungen bekannt. Sehr bedenklich ist, dass die so wichtige schnelle und wirksame Körperkühlung bei jeder dritten Einrichtung nicht gewährleistet ist. Demgegenüber ist es ein erfreuliches Befragungsergebnis, dass künftig lebensrettende Sofortmaßnahmen und Präventionsmaßnahmen – nach Ansicht bzw. Wunsch des Leitungspersonals – bei Schulungen vor Ort und in der Ausbildung einen höheren Stellenwert bekommen sollen.

„Die Pilotstudie der Studierenden zeigt, dass man sich auch im Großraum Koblenz-Mayen lieber früher als später mit konkreten Maßnahmen gegen Hitzegefährdungen befassen sollte. Ein rasches Umdenken in Richtung Hitzeschutz wird für Gemeinden und die Bevölkerung viele Vorteile bringen“, sagt Leyk.

Mehr Informationen

Hier gelangen sie zum Entwicklungsplan der Universität Koblenz

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