Kunstleder aus der DDR – Ein faszinierender Blick hinter die Kulissen der Industrie 1967

Im Jahr 1967 bot ein Betrieb in der DDR einen ungewöhnlichen Einblick in die innovative Welt der industriellen Kunstlederherstellung. Im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft führte die Lehrerin Frau Fischer eine Gruppe neugieriger Schüler in das Labor des Betriebs, wo sie Zeugen eines Produktionsprozesses wurden, der damals sowohl technisch anspruchsvoll als auch exemplarisch für die industriellen Leistungen der DDR war.

Von der Paste zum fertigen Material
Die Herstellung des Kunstleders beginnt mit einer scheinbar simplen, aber präzisen Rezeptur: Weiße PVC-Pulver, Weichmacher und Farbe werden in einem Mischer zusammengeführt. Zunächst wird das PVC-Pulver in den Mischer eingeleitet, gefolgt von der behutsamen Zugabe des Weichmachers und zuletzt der Farbe. Durch kontinuierliches Rühren entsteht eine homogene Paste, die als Grundlage für das spätere Kunstleder dient.

Das frisch angerührte Material wird dann auf ein vorbereitetes Gewebe aufgebracht. Ein essenzieller Schritt hierbei ist die gleichmäßige Verteilung der Paste – erreicht wird dies durch ein verstellbares Streichmesser, das auf das vorbeiziehende Gewebe einwirkt. Dabei spielt nicht nur die technische Präzision, sondern auch das Verständnis für Materialeigenschaften eine wichtige Rolle.

Erhitzen, Trocknen und Prägen
Sobald das Gewebe beschichtet ist, folgt der Trocknungsprozess in einem langen Trockenofen. Überführte Bänder und gezielt positionierte Heizlampen sorgen dafür, dass die Paste aushärtet und teilweise in das Gewebe einsickert – ein entscheidender Schritt, um die Stabilität und Langlebigkeit des Endprodukts zu gewährleisten. Doch hier endet der Prozess nicht: Für besonders glatte Oberflächen oder zur Erzeugung von Mustern wird das Material erneut erwärmt. Mit Hilfe einer Prägewalze wird dann ein charakteristisches Relief in das Kunstleder eingearbeitet, das nicht nur optisch, sondern auch haptisch für Qualität spricht.

Qualitätskontrolle und Vielfalt in der Produktion
Bevor das Kunstleder den Betrieb verlässt, unterzieht es sich einer strengen Gütekontrolle. Jeder Meter des Materials wird auf Fehler geprüft, um sicherzustellen, dass nur einwandfreie Ware in den Handel gelangt. Neben der Standardproduktion existierte auch die Möglichkeit, das Material in verschiedenen Farben zu fertigen – ein Aspekt, der den hohen Anspruch an Vielseitigkeit und Design in der DDR-Industrie unterstreicht.

Ein Zeitzeugnis industrieller Innovation
Der Besuch der Arbeitsgemeinschaft in diesem Betrieb offenbart nicht nur die technische Raffinesse, sondern auch den Bildungsanspruch der DDR, Schüler praxisnah an die industriellen Prozesse heranzuführen. Es war eine Zeit, in der handwerkliches Geschick und technisches Know-how Hand in Hand gingen, um Produkte zu schaffen, die – trotz der einfachen Ausgangsmaterialien – qualitativ überzeugen konnten.

Die dokumentierte Herstellung von Kunstleder im Jahr 1967 zeigt eindrucksvoll, wie aus simplen Rohstoffen durch gezielte Verfahren ein Endprodukt von hoher Wertigkeit entstand. Ein Prozess, der heute nicht nur als technisches Relikt, sondern auch als kulturelles und industrielles Erbe der DDR verstanden wird.