Schwerin – Im Rahmen eines Interviews in der Hamburger Allee (198–200) warf Georg Christian Riedl, Ortsbeiratsvorsitzender des Großen Dresch, der geplanten Umnutzung eines WGS-Hauses in eine Gemeinschaftsunterkunft scharfe Fragen auf. Die lokale Führung kritisiert dabei nicht nur den Standort, sondern auch das bisherige Vorgehen der Stadt und Verwaltung.
Fehlende soziale Infrastruktur als zentrales Problem
Riedl bemängelt, dass an dem vorgesehenen Standort essentielle soziale Einrichtungen fehlen. „Wo sollen Kinder aufwachsen, wenn es keine Kindergärten, Schulen oder Kinderärzte gibt?“ fragte er in dem Gespräch. Die mangelnde Infrastruktur, so seine Argumentation, erschwere nicht nur die Integration von Geflüchteten, sondern fördere auch eine weitere soziale Segregation. In einem Gebiet, das bereits unter strukturellen Defiziten leidet, sei es wenig zielführend, vulnerable Gruppen – vor allem Frauen und Kinder – unterzubringen.
Segregation und die Gefahr der „Trennung von Arm und Reich“
Ein weiteres zentrales Thema des Interviews war die Sorge vor einer weiteren Spaltung der Gesellschaft. Riedl führt aus, dass die Konzentration von Geflüchteten in einem sozial schwächeren Stadtteil wie dem Großen Dresch langfristig zu einer Trennung von Arm und Reich beitragen könne. Er kritisierte, dass Entscheidungen häufig von jenen getroffen würden, die weit ab von den tatsächlichen Herausforderungen vor Ort agieren. Diese Distanz zur Realität könne dazu führen, dass Maßnahmen ergriffen würden, die zwar kurzfristig als Lösung erscheinen, langfristig jedoch bestehende Probleme nur verschärfen.
Wirtschaftliche Interessen versus Gemeinwohl
Im Gespräch kam auch die Rolle der Wohnungsbaugesellschaft Schwerin (WGS) zur Sprache. Das geplante Sanierungsvorhaben, das mit Bundesmitteln unterstützt werden soll, könne zu einer wirtschaftlichen Bereicherung der WGS führen – zumal diese über weitere Objekte in der Stadt verfügt. Riedl äußerte Zweifel daran, ob dabei das Gemeinwohl im Fokus stehe oder ob vielmehr wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund gerückt würden.
Alternative Lösungsansätze und das Markterkundungsverfahren
Riedl appellierte an die Stadt und die Verwaltung, das sogenannte Markterkundungsverfahren konsequent durchzuführen. Ziel sei es, alternative Standorte zu finden, die über eine bessere soziale Infrastruktur verfügen und so eine gelingende Integration der Geflüchteten ermöglichen. Dabei verwies er auch auf den Stadtvertreterbeschluss vom 7. November 2022 sowie das Leitbild der Landeshauptstadt 2030, in denen festgehalten wurde, dass in Stadtteilen wie Neuzippendorf und Müserholz keine weiteren Unterkünfte entstehen sollen. Eine Erweiterung des Objekts im Großen Dresch sei demnach als politischer „Trick“ zu werten, der die bestehenden Probleme nur verschärfe.
Parteienübergreifender Appell
Bemerkenswert war, dass Riedl in dem Gespräch auch betonte, wie wichtig eine parteiübergreifende Zusammenarbeit sei. Neben Verbündeten aus der SPD, wie etwa Daniel Mesklin, arbeitet er auch mit Vertretern der Linkspartei zusammen, um gemeinsam Lösungen zu finden, die sowohl den Interessen der Geflüchteten als auch denen der ansässigen Bevölkerung gerecht werden.
Das Interview zeigt deutlich, dass es in Schwerin nicht nur um bauliche Maßnahmen, sondern um weitreichende gesellschaftliche Fragen geht. Kritiker wie Georg Christian Riedl fordern ein Umdenken in der Planung und eine Standortwahl, die soziale Infrastruktur und Integration in den Mittelpunkt stellt. Solange diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, sieht er die geplante Umnutzung als Schritt in die falsche Richtung – zum Wohle weder der Geflüchteten noch der lokalen Gemeinschaft.