Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse zeigt eine dramatisierte Version einer Rede von Ernst Thälmann im Reichstag der Weimarer Republik. Die Szene (siehe Video) illustriert Thälmanns kompromisslose Haltung gegenüber dem Kapitalismus, dem Versailler Vertrag und der Wiederaufrüstung Deutschlands. Doch wie historisch korrekt ist diese Darstellung?
Thälmann lehnte die Aufrüstung entschieden ab. Für ihn war klar, dass eine Militarisierung Deutschlands unweigerlich zu einem neuen Krieg führen würde. Seine Partei, die KPD, sah die wirtschaftlichen Krisen der Weimarer Republik als direkte Folge kapitalistischer Strukturen und forderte deren Umsturz. Besonders scharf kritisierte er den Versailler Vertrag und den Jungplan, die aus seiner Sicht Deutschland in eine wirtschaftliche Abhängigkeit zwangen und die Arbeiterklasse weiter belasteten.
Auffällig an seiner Rede sind jedoch auch nationalistische Untertöne. Parolen wie „Deutschland erwache!“ zeigen, dass die KPD nicht nur sozialistische, sondern auch national-revolutionäre Kräfte ansprechen wollte. In der Weimarer Republik konkurrierte die KPD mit der NSDAP um die Unterstützung der Unterschicht, wodurch rhetorische Ähnlichkeiten entstanden.
Der Film Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse, der in den 1950er Jahren in der DDR produziert wurde, stellt Thälmann als unerschütterlichen Kämpfer für die Arbeiterklasse dar. Dabei folgt die Darstellung einem klaren Narrativ: Thälmann wird als Held inszeniert, während seine Gegner als Unterdrücker erscheinen. Tatsächlich war Thälmann eine umstrittene Figur. Seine enge Bindung an die Sowjetunion und an Stalin brachte ihm nicht nur Zustimmung, sondern auch Kritik ein.
Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse ist ein historisch-biographischer Film der DDR-Filmproduktionsgesellschaft DEFA, der 1955 unter der Regie von Kurt Maetzig entstand. Im Jahr 1954 erschien der erste Teil Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse. Beide Filme dienten als zentrale Elemente der sozialistischen Geschichtsschreibung der DDR und sollten Thälmann als Märtyrer und Vorbild für die Arbeiterbewegung inszenieren.
Die Rede im Film basiert zwar auf den realen politischen Positionen Thälmanns, ist jedoch stark dramaturgisch überhöht. Die KPD nutzte eine Mischung aus Klassenkampf- und nationalen Argumenten, um Wähler zu gewinnen. In der DDR wurde Thälmann gezielt als Held stilisiert, eine Darstellung, die die historische Komplexität seiner Figur oft überging.