Mit einem symbolischen Spatenstich begann am vergangenen Donnerstag der Bau des Neuen Saaltors im Zentrum von Jena. Die städtische Wohnungsgesellschaft Jenawohnen plant hier bis 2026 die Errichtung eines modernen Gebäudeensembles mit 24 Wohnungen und fünf Gewerbeeinheiten. Ziel ist es, Platz für Arztpraxen, Büros oder Gastronomie zu schaffen und mit einem markanten Turmgebäude einen neuen Eingang zur östlichen Innenstadt zu gestalten. Doch während das Projekt von vielen Seiten Lob erhält, entzündet sich an den geplanten Mietpreisen und der allgemeinen Ausrichtung des Bauvorhabens auch deutliche Kritik.
Hohe Mieten sorgen für Unmut
Die geplanten Mietpreise von 18 Euro pro Quadratmeter kalt stoßen bei Teilen der Jenaer Bevölkerung auf Widerstand. Auf der Facebook-Seite der Redaktion der Ostthüringer Zeitung kommentierte Nutzerin Ramona Kinner, das Vorhaben passe nicht mehr in die Realität vieler Menschen: „Ich glaube, sie wollen, dass wir Klein-München werden.“ Für Menschen mit niedrigen Einkommen, wie Mindestlohnbeziehende, sei es unmöglich, sich solche Wohnungen leisten zu können.Auch Tom Binder kritisierte in einem Kommentar, dass solche Neubauprojekte zunehmend am Bedarf vorbeigehen würden: „Freistehende Wohnungen jenseits von 2000 Euro monatlicher Miete gibt es in der Lichtstadt genug, und dann auch noch diese Lage.“Ein weiteres zentrales Argument der Kritiker ist der mögliche Einfluss des Neuen Saaltors auf die Mietentwicklung in der Stadt. Nutzer „Unser Jena“ äußerte sich besorgt: „Da werden sich die anderen Mieter im Umkreis warm anziehen dürfen.“ Christa Geyer zeigte sich skeptisch gegenüber der Entscheidung, das Bauprojekt zu fördern: „Das bedeutet, die durchschnittlichen Mieten steigen, der Mietspiegel steigt, und die Bestandsmieten, auch in anderen Stadtteilen, werden höher.“
Jenawohnen verteidigt die hohen Preise
Tobias Wolfrum, Geschäftsführer von Jenawohnen, verteidigte die Mietpreise mit Verweis auf die gestiegenen Baukosten. Ursprünglich waren für das Projekt Kosten von etwa 15 Millionen Euro geplant. Doch aufgrund allgemeiner Preissteigerungen im Bauwesen belaufen sich die veranschlagten Ausgaben mittlerweile auf 18,9 Millionen Euro.Wolfrum erklärte: „Wir möchten keine hohen Mieten verlangen, aber wir müssen es, um das Projekt wirtschaftlich refinanzieren zu können.“ Sozialwohnbau sei angesichts mehrfach abgelehnter Fördermittel durch das Land Thüringen keine realistische Option gewesen.
Debatte über Stadtentwicklung und sozialen Wohnungsbau
Die Diskussion um das Neue Saaltor wirft ein Schlaglicht auf eine breitere Debatte über den Wohnungsmarkt und die Stadtentwicklung in Jena. Während Neubauten wie das Hochhaus K1 in Lobeda-Ost oder das Saaltor insbesondere auf gutverdienende Zielgruppen ausgerichtet scheinen, wird der Ruf nach mehr bezahlbarem Wohnraum immer lauter. Kritiker wie Ramona Kinner und Christa Geyer sehen in den Neubauten eine Gefahr für die soziale Durchmischung der Stadt.Andere Stimmen sehen Projekte wie das Neue Saaltor hingegen positiv. Thoralf Groh argumentiert: „Ein Professoren-Paar kann sich die Wohnungen leisten. Da ist schon genug Kaufkraft im Spiel.“ Für ihn stehen solche Neubauten auch für eine Aufwertung der Stadt, die von einer gut verdienenden Bevölkerung profitieren könnte.
Politische und soziale Verantwortung gefordert
Die Debatte um das Neue Saaltor zeigt, wie stark die Themen Wohnraum und soziale Gerechtigkeit die Stadtgesellschaft beschäftigen. Insbesondere in einer Stadt wie Jena, deren Bevölkerungszahl stetig wächst und deren Wirtschaftskraft mit innovativen Unternehmen und der Universität stark ist, klafft die Schere zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt weit auseinander.Das Bauvorhaben stellt damit auch die politischen Kräfte in der Stadt vor Herausforderungen. Wie kann die Balance zwischen städtebaulicher Entwicklung und sozialem Ausgleich gelingen? Welche Rolle spielt die Stadt selbst als Akteur, wenn öffentliche Unternehmen wie Jenawohnen Bauprojekte realisieren, die von weiten Teilen der Bevölkerung nicht als erschwinglich angesehen werden?Für die Zukunft bleibt offen, wie die Stadt Jena mit diesen Spannungsfeldern umgeht. Eines ist jedoch sicher: Das Neue Saaltor wird nicht nur architektonisch ein markantes Zeichen setzen, sondern auch in der Debatte um Wohnen und Leben in Jena weiterhin eine zentrale Rolle spielen.