Ein Bauprojekt mit Hindernissen: Altlasten verzögern den Dotsource-Campus

Der Bau des neuen Dotsource-Campus im Damenviertel von Jena steht vor unerwarteten Herausforderungen, die nicht nur die geplante Fertigstellung verzögern, sondern auch die Kosten erheblich erhöhen. Auf dem vorgesehenen Gelände wurden bei Voruntersuchungen und den ersten Abrissarbeiten massive Altlasten entdeckt, die nun entfernt werden müssen, bevor der Bau beginnen kann. Diese Altlasten bestehen aus verschiedenen Schadstoffen, darunter Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW), Benzole (BTEX), polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Phenole. Zudem kam eine bisher unentdeckte Teergrube unter einem alten Wohnhaus zum Vorschein, die in der ursprünglichen Planung nicht berücksichtigt war. Die Gesamtkosten für die Beseitigung der Altlasten werden auf etwa fünf Millionen Euro geschätzt.

Das Gelände, auf dem der neue Firmensitz von Dotsource entstehen soll, hat eine wechselvolle Geschichte. In der Vergangenheit befanden sich dort unter anderem eine Tankstelle und ein Gaswerk, deren Überreste nun abgerissen wurden. Dabei wurde die erste Phase der Altlastenbeseitigung in Angriff genommen: Betonfundamente und kontaminierter Boden wurden abgetragen und größtenteils auf Deponien entsorgt. Doch die Arbeiten an den tieferliegenden Bodenschichten stehen noch aus, da zunächst eine Bohrpfahlwand errichtet werden muss. Diese soll das Baugelände stabilisieren und verhindern, dass Schadstoffe in die Umgebung gelangen.

Um die Altlasten genau zu identifizieren, wurden bereits etwa 20 Probebohrungen durchgeführt und analysiert. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zeigten erhebliche Kontaminationen. Neben den genannten Schadstoffen wurde auch Naphthalin und Benzoapyren in nicht unerheblichen Mengen gefunden. Die Belastungen sind im gesamten Baugrund verteilt, sodass eine umfassende Sanierung notwendig ist, um Gesundheits- und Umweltrisiken zu vermeiden. Nils Fröhlich, Pressesprecher des Thüringer Landesamts für Umwelt, Bergbau und Naturschutz, erklärte, dass die Schadstoffe eine Gefahr für das Grundwasser darstellen könnten, wenn sie im Boden verbleiben. Besonders die Entsiegelung des Geländes durch den Bau des neuen Campus erfordert eine vollständige Sanierung, da durch die neuen Baumaßnahmen Schadstoffe mobilisiert werden könnten.

Neben den Herausforderungen der Bodensanierung sieht sich das Projekt mit weiteren Bedenken konfrontiert. Bereits seit der Ankündigung des Baus gibt es kritische Stimmen aus der Öffentlichkeit, die eine negative Beeinflussung des Grundwassers sowie eine erhöhte Umweltbelastung befürchten. Zudem wurden denkmalpflegerische Bedenken geäußert, da das Damenviertel als historisch wertvoll gilt. Um diesen Bedenken entgegenzuwirken, setzt Dotsource auf Transparenz und umfassende Maßnahmen. Ein Grundwassermonitoring wurde eingerichtet, das vor, während und nach den Bauarbeiten durchgeführt wird. Dieses Monitoring soll sicherstellen, dass etwaige Beeinträchtigungen frühzeitig erkannt und behoben werden können. Laut Nils Fröhlich könnte die Entfernung der Altlasten jedoch langfristig zu einer Verbesserung der Grundwassersituation führen.

Trotz der Herausforderungen bleibt Dotsource optimistisch. Geschäftsführer Christian Grötsch erklärte, dass man zuversichtlich sei, den neuen Zeitplan einhalten zu können. Demnach soll der Campus bis Ende 2028 bezugsfertig sein. Derzeit konzentrieren sich die Arbeiten auf die Sicherung des Baugrundes und die Errichtung der Bohrpfahlwand. Sobald diese abgeschlossen ist, beginnt die zweite Phase der Sanierung, in der die tieferen Erdschichten abgetragen werden. Ziel ist es, eine sichere und stabile Grundlage für das geplante Hochhaus zu schaffen, das ein modernes Arbeitsumfeld für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Dotsource bieten soll.

Die Bauarbeiten haben auch eine Debatte über die Nutzung des Geländes ausgelöst. Während Kritiker den Bau als Belastung für die Umwelt sehen, hebt Dotsource die positiven Aspekte hervor. Nach Angaben des Unternehmens soll der neue Campus weniger versiegelte Flächen aufweisen als zuvor, was einen positiven Effekt auf die Umweltbilanz haben könnte. Zudem betont Dotsource, dass durch die Sanierungsarbeiten das Gelände sicherer und nachhaltiger gestaltet wird.

Die Finanzierung des Projekts wird durch erhebliche Fördermittel des Landes Thüringen unterstützt. Im Mai erhielt Dotsource mehrere Millionen Euro, um die Sanierung und den Bau des neuen Firmensitzes zu realisieren. Diese Förderung unterstreicht die Bedeutung des Projekts für die Region und die Wirtschaft in Jena. Der neue Campus soll nicht nur Arbeitsplätze schaffen, sondern auch ein modernes Zentrum für Innovation und Digitalisierung im Damenviertel werden.

Die Verzögerungen und die erhöhten Kosten stellen jedoch eine Herausforderung dar. Ursprünglich war geplant, dass der Bau schneller voranschreitet. Doch die unerwarteten Altlasten haben den Zeitplan erheblich durcheinandergebracht. Die Entdeckung der zweiten Teergrube unterstreicht die Unsicherheiten, die bei solchen Bauvorhaben bestehen. Dennoch sieht Dotsource in der Sanierung auch eine Chance, das Gelände nachhaltig und zukunftssicher zu gestalten.

Insgesamt bleibt der Dotsource-Campus ein ambitioniertes Projekt, das die Verbindung zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Umweltschutz in den Fokus rückt. Die Sanierungsarbeiten zeigen, wie wichtig eine gründliche Vorbereitung bei der Entwicklung von Bauprojekten ist. Gleichzeitig verdeutlichen sie die Verantwortung, die Bauherren gegenüber der Umwelt und der Gesellschaft haben. Der neue Campus könnte ein Vorzeigeprojekt für nachhaltiges Bauen in Jena werden – vorausgesetzt, die Herausforderungen werden erfolgreich gemeistert.

Autor/Redakteur: Arne Petrich

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