„Weinbergviertel“ in Jena: Verzögerungen sorgen für Diskussionen

Wie die Diskussionen im Stadtrat Jena zeigen, bleibt das Bauprojekt „Weinbergviertel“ am Südwest-Hang von Jena-West ein langwieriges und kontroverses Thema. Trotz bestehenden Baurechts seit 2021 gibt es bislang keine sichtbaren Fortschritte. Nun soll der Stadtrat zum dritten Mal über eine Verlängerung des Durchführungsvertrages mit dem Investor abstimmen – und bereits jetzt wird eine mögliche vierte Fristverlängerung in Betracht gezogen.

Warten auf Baubeginn: Ein jahrelanger Prozess
Das „Weinbergviertel“ am sonnigen Südwest-Hang nahe der Papiermühle in Jena-West gilt als eines der attraktivsten Bauvorhaben der Stadt. Vorgesehen sind kleinere Mehrfamilienhäuser und ein exklusives Weinberghaus am Waldrand. Doch obwohl das Baurecht seit Anfang 2021 besteht, ist das Projekt bisher nicht über die Planungsphase hinausgekommen. Die Heimstätten-Verwaltungsgesellschaft, der bisherige Vorhabenträger, erklärte, das planerische Konzept grundlegend überprüft und neu ausgerichtet zu haben.

Diese Aussage sorgte im Ausschuss für Stadtentwicklung für Nachfragen. Heidrun Jänchen von der Fraktion Die Linke erkundigte sich nach den konkreten Änderungen. Tobias Birk (SPD), Leiter der Sitzung, erklärte, dass der Bebauungsplan durch die Anpassungen nicht beeinträchtigt werde. Bürgermeister Christian Gerlitz (SPD) ergänzte, dass es sich möglicherweise nur um Details wie Wohnungszuschnitte oder Farbgestaltung handle, die den bestehenden Plan nicht beeinflussen.

Neue Frist bis 2026: Was passiert, wenn nichts geschieht?
Sollte der Stadtrat der erneuten Verlängerung zustimmen, wäre der Vorhabenträger verpflichtet, bis Ende 2026 vollständige und genehmigungsfähige Bauanträge für die vier geplanten Stadthäuser und das Weinberghaus einzureichen. Der Baubeginn müsste spätestens zwölf Monate nach Bestandskraft der Baugenehmigungen erfolgen. Die Alternative wäre eine Ablehnung durch den Stadtrat, was den gesamten Bebauungsplan gefährden könnte.

Als Gründe für die bisherigen Verzögerungen wurden in der Vergangenheit wirtschaftliche Entwicklungen, die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg genannt. Hinzu kamen steigende Baupreise und ausstehende Entscheidungen der Forstbehörde. Bereits bei früheren Fristverlängerungen wurde über einen Wechsel des Vorhabenträgers spekuliert. Zwischenzeitlich war das Grundstück des Weinberghauses sogar zum Verkauf ausgeschrieben – für 839.000 Euro.

Ortsteilrat Jena-West: Geduld am Ende
Der Ortsteilrat Jena-West hat der erneuten Verlängerung zugestimmt, äußerte jedoch klare Erwartungen: Der Bau müsse nun endlich beginnen. Laut dem Gremium ist das Gebiet die größte Baubrache im Westen der Stadt, und es gebe viele Interessenten für Wohnraum. Die Entscheidung des Ortsteilrats spiegelt die wachsende Ungeduld wider – nicht zuletzt, weil Wohnungen in Jena generell knapp sind.

Ein Projekt mit langer Vorgeschichte
Das „Weinbergviertel“ beschäftigt die Stadt Jena bereits seit 2016. Damals warb die SPD-Stadträtin Sabine Hemberger, damals Geschäftsführerin der Heimstätten-Verwaltungsgesellschaft, für das Vorhaben. Die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens stieß auf breite Zustimmung, insbesondere von Seiten der SPD. Seither hat sich jedoch wenig getan. Der Ausschuss für Stadtentwicklung befasste sich wiederholt mit dem Projekt und sprach sich in der jüngsten Sitzung erneut für die Verlängerung aus (8 Ja-Stimmen, 2 Enthaltungen).

Wie geht es weiter?
Die Stadtverwaltung und der Stadtrat stehen vor einer schwierigen Entscheidung: Einerseits bleibt das Bauvorhaben am Südwest-Hang eine wichtige Möglichkeit, dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Andererseits ziehen sich die Verzögerungen über Jahre hin und belasten die Geduld der Bürger und politischen Gremien. Sollte der Stadtrat die Verlängerung Ende des Monats erneut bewilligen, ist die Hoffnung groß, dass der neue Vorhabenträger das Projekt endlich vorantreibt. Andernfalls könnte das „Weinbergviertel“ ein weiteres Kapitel der verpassten Gelegenheiten im städtischen Wohnungsbau werden.

Redakteur/Blogger/Journalist: Arne Petrich

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