Transparenz gefordert: Kritik an den Berichten der Stadtwerke Jena

Die finanzielle Schieflage der Stadtwerke Jena hat die Stadt dazu veranlasst, knapp vier Millionen Euro aus der Stadtkasse bereitzustellen, um ein negatives Betriebsergebnis für das Jahr 2024 zu vermeiden und die Kreditwürdigkeit des Unternehmens zu sichern. Dieser Schritt wurde im Finanzausschuss einstimmig beschlossen und soll am 15. Dezember umgesetzt werden. Die Zustimmung des Stadtrats gilt als sicher, dennoch sorgt die Entscheidung für kontroverse Diskussionen. Die Ursachen der finanziellen Probleme, die Rolle der Banken und die zukünftige Stabilität der Stadtwerke Jena stehen im Fokus der Debatte.

Finanzielle Notlage: Ein kritisches Jahr für die Stadtwerke Jena
Die finanzielle Unterstützung der Stadtwerke ist vor allem notwendig, um den Druck der Banken zu reduzieren. Stadtwerke-Geschäftsführerin Claudia Budich erklärte, dass bereits ein Jahr mit einem negativen Betriebsergebnis zu schlechteren Kreditkonditionen führen könnte. „Die Banken machen enormen Druck“, betonte sie und verwies darauf, dass bereits andere kommunale Energieversorger in Schwierigkeiten geraten sind – teilweise bis hin zum Konkurs. Die Finanzspritze der Stadt soll diese Gefahr für die Stadtwerke Jena abwenden und stabile Rahmenbedingungen für die kommenden Jahre schaffen.

Diskussionen im Finanzausschuss: Ursachen der Verluste
Im Finanzausschuss wurden unterschiedliche Meinungen zu den Ursachen der finanziellen Schwierigkeiten laut. Ein wesentlicher Streitpunkt ist die Entscheidung aus dem Jahr 2020, neue Straßenbahnen – sogenannte Lichtbahnen – zu beschaffen. Stadtrat Jens Thomas (Die Linke) kritisierte, dass diese Entscheidung im kleinen Kreis des Stadtwerke-Aufsichtsrates und nicht im Stadtrat getroffen wurde. Mit Gesamtkosten von 150 Millionen Euro habe dieses Projekt die Stadtwerke erheblich belastet.

Bürgermeister Christian Gerlitz (SPD) widersprach dieser Darstellung vehement. Der Zuschussbedarf sei nicht allein auf die neuen Straßenbahnen zurückzuführen. Er nannte weitere Gründe, darunter steigende Personalkosten und die Einführung der Linie 42, die zusätzliche Kosten verursache. Auch die Entwicklung der Jahresüberschüsse der Tochtergesellschaften Stadtwerke Energie Jena-Pößneck GmbH und Jenawohnen GmbH sei weniger positiv als erwartet. Gerlitz bezeichnete die Schuldzuweisungen als „großen Käse“ und forderte eine differenzierte Betrachtung der Situation.

Vorschläge zur Konsolidierung: Verkauf oder Zukauf?
Die finanzielle Schieflage wirft die Frage auf, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um die Lage langfristig zu stabilisieren. Im Finanzausschuss wurden verschiedene Ansätze diskutiert. Bertram Pelzer (Bürger für Jena) schlug vor, Unternehmensanteile zu verkaufen, um kurzfristig Kapital zu generieren. Christoph Vietze (SPD) plädierte hingegen für den Zukauf von gewinnbringenden Unternehmen, um die Einnahmen zu erhöhen. Stefan Beyer (FDP) forderte, bestehende Ratsbeschlüsse zu überdenken und an die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Diese Vorschläge verdeutlichen, dass die Frage, was sich Jena in finanzieller Hinsicht noch leisten kann, zu einem zentralen Thema geworden ist.

Mangelnde Transparenz: Kritik an der Berichterstattung
Ein weiterer Kritikpunkt war die mangelnde Transparenz in den Lageberichten der Stadtwerke. Bastian Stein (CDU) bemängelte, dass die finanzielle Situation in der Vergangenheit nicht klar kommuniziert wurde. Eine verbesserte Berichterstattung und mehr Einblicke in die wirtschaftlichen Entwicklungen der Stadtwerke seien notwendig, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Die Forderung nach mehr Offenheit wurde von mehreren Ausschussmitgliedern unterstützt.

Ein Jahr Unterstützung: Reicht das?
Der beschlossene Zuschuss von knapp vier Millionen Euro ist zunächst auf ein Jahr begrenzt. Es wird jedoch erwartet, dass auch in den kommenden Jahren weitere Finanzhilfen notwendig sein könnten. Die finanzielle Lage der Stadtwerke Jena ist langfristig angespannt, und ohne grundlegende Veränderungen könnten die Probleme weiterbestehen. Der Zuschuss ist mit der Bedingung verknüpft, dass die Stadtwerke Jena GmbH den übersteigenden Betrag zurückzahlen muss, falls der tatsächliche Fehlbetrag unter 3,9 Millionen Euro liegt.

„Hausaufgaben“ für die Stadtwerke
Stadtwerke-Geschäftsführerin Claudia Budich zeigte sich nach der Entscheidung erleichtert, wies jedoch darauf hin, dass die Unterstützung mit klaren Auflagen verbunden ist. „Wir haben Hausaufgaben zu erledigen“, erklärte sie. Konkrete Maßnahmen zur Konsolidierung sollen im Dezember im Rahmen der Haushaltsdebatten vorgestellt werden. Budich betonte, dass die Stadtwerke Jena trotz der finanziellen Schwierigkeiten eine wichtige Rolle bei der Versorgungssicherheit und der Wärmewende spielen.

Ein Balanceakt für die Zukunft
Die finanzielle Unterstützung der Stadtwerke Jena ist ein Balanceakt zwischen kurzfristiger Stabilisierung und langfristiger Verantwortung. Die Stadt hat mit dem Zuschuss ein klares Signal an die Banken und die Bevölkerung gesendet: Die Stadtwerke sind ein unverzichtbarer Bestandteil der kommunalen Infrastruktur und werden auch in schwierigen Zeiten nicht allein gelassen. Dennoch bleibt die Frage offen, wie sich die finanzielle Lage der Stadtwerke in den kommenden Jahren entwickeln wird und welche Maßnahmen notwendig sind, um die Stabilität nachhaltig zu gewährleisten.

Die finanzielle Schieflage der Stadtwerke Jena zeigt, wie schnell kommunale Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten können, wenn externe Faktoren wie steigende Kosten und interne Entscheidungen zusammenwirken. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die beschlossenen Maßnahmen ausreichen, um die Stadtwerke Jena wieder auf Kurs zu bringen. Klar ist, dass die Stadt, der Stadtrat und die Stadtwerke selbst gemeinsam handeln müssen, um die wirtschaftliche Grundlage für die Zukunft zu sichern.

Redakteur/Blogger/Journalist: Arne Petrich

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