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Thomas Kretschmer: Von jugendlicher Rebellion bis zur Stasi-Haft

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Jena/Dornburg an der Saale. Thomas Kretschmer, geboren am 18. Dezember 1955 in Jena und aufgewachsen in Dornburg an der Saale, blickt auf ein Leben voller Entscheidungen und Konfrontationen mit dem DDR-System zurück. Seine Geschichte ist die eines jungen Mannes, der früh lernte, sich zu positionieren und gegen die Erwartungen des Staates aufzubegehren.

Prägende Kindheit und frühe Erkenntnisse
Kretschmer wuchs in einer Familie auf, deren Eltern 1955 aus der Bundesrepublik in die DDR gezogen waren. Sein Elternhaus war trotz physischer Strenge der strenggläubigen katholischen Mutter – die ihn auch schlug – ein Ort intensiver Diskussionen über Moral und Ethik. Diese offene Diskussionskultur prägte ihn maßgeblich.

Ein prägendes Erlebnis war der Kontrast zwischen den staatlich organisierten und den katholischen Jugendgruppenfahrten nach Buchenwald. Während die staatliche Version die DDR als die „Besseren“ darstellte, die so etwas „nie gemacht hätten“, vermittelte die katholische Jugendgruppe den Besuch als „Bußgang“. Kretschmer verstand früh, dass die Verantwortung für die deutsche Geschichte – einschließlich der Gräueltaten wie Judenerschießungen – nicht allein beim Westen lag und auch die eigene Familie involviert sein konnte. Er empfand die staatliche Darstellung als „verlogen“, besonders da ihm bekannt war, dass selbst Lehrer ehemalige Nazis gewesen waren.

Früher Widerstand und dessen Folgen
Kretschmers kritische Haltung führte zu ersten Konfrontationen mit dem System. Das Gymnasium (EOS) verweigerte ihm das Abitur aus „politisch-familiären Gründen“. Er entschied sich stattdessen für eine Facharbeiter-Ausbildung mit Abitur in der Landwirtschaft in der Nähe von Gera. Doch auch dort eckte er an:

• Bei der Eröffnung des FDJ-Studienjahres, als gefragt wurde, ob alle Mitglieder der FDJ seien, weigerte sich Kretschmer, wie ein Pfarrerssohn, aufzustehen. Er sah dies zunächst weniger als politische Geste, sondern als Widerstand gegen das „fiese Benehmen“ von Erwachsenen.

• Eine deutlich politischere Geste war das Anbringen des sauberen Wortlauts des DDR-Bausoldatengesetzes an einer Wandzeitung, die für die Nationale Volksarmee warb. Er wollte damit Alternativen aufzeigen und eine Diskussion anstoßen. Die Reaktion war harsch: Er wurde sofort der Schule verwiesen, da die „alten Stalinisten“ dies als Angriff auf sich selbst und die Gesetzgeber sahen.

Nach diesen Vorfällen wurde Kretschmer im Rahmen der „Lehrberufslenkung“ dem Gesundheitswesen zugewiesen und wurde männlicher Krankenpfleger, da es zu wenige gab. Dies war für ihn ein notwendiger Schritt, um vielleicht später Medizin studieren zu können.

Die Sehnsucht nach Freiheit und der Ausbruchsversuch
Kretschmer empfand das Leben in Jena zunehmend als „zu eng“. Die Sehnsucht nach der „weiten Welt“ und einem anderen Leben wurde immer stärker. Er wusste, dass die Flucht über die innerdeutsche Grenze ein lebensgefährliches Unterfangen war, mit einer höchstens „Fifty-Fifty“-Erfolgschance und tragischen Beispielen in seinem Umfeld, einschließlich eines an der Grenze Erschossenen.

Unvorbereitet machte sich Kretschmer eines Morgens auf den Weg. Er trampte bis kurz vor die eigentliche Grenze, wo er von einer Patrouille geschnappt wurde. Zuvor hatte ihn ein Wirt gemeldet, da Kretschmer in seinem Gasthaus mit Kronen bezahlt und „Brot und Zigaretten gekauft“ hatte. Kretschmer selbst räumt ein, dass auch ein gewisser Hang dazugehörte, „erwischt werden zu wollen“, um zu sehen, was dann passiert.

Haft und Stasi-Rekrutierung
Mit 17 Jahren kam Thomas Kretschmer in ein Jugendgefängnis, wo er 15 Monate verbrachte und in dieser Zeit 18 wurde. Die Haft war hart: Einzelzellen waren „extra Bestrafung“, und das ständige Zusammensein mit Mitgefangenen, die man sich nicht ausgesucht hatte, war eine Herausforderung. Er beschreibt, wie Gefühle in dieser ständigen Monotonie „erstickten“ und er „eher taub als wütend“ wurde. Er zog sich in seine „innere Welt“ zurück, praktizierte „Kopfkino“ und empfand große Sehnsucht.

Im Gefängnis wurde Thomas Kretschmer zur „inoffiziellen Zusammenarbeit“ mit der Stasi rekrutiert. An seinem 18. Geburtstag kamen Stasi-Mitarbeiter ins Gefängnis, um sich die „Erklärung über Stillschweigen und Zusammenarbeit“ erneut unterschreiben zu lassen, da die vorherige Unterschrift als 17-Jähriger nicht „handfest genug“ war. Sie brachten Sekt und Schokolade mit, die Kretschmer seitdem meidet.

Die Gründe für die Zusammenarbeit waren komplex. Neben einem gewissen Druck spielten auch eine „neugieriges Interesse“ und das Gefühl, von „wichtigen Leuten“ mit Respekt behandelt und „gewollt“ zu werden, eine Rolle. Doch die volle Bedeutung seiner Entscheidung wurde ihm „step by Step“ und bis zur „Unerträglichkeit“ klar, besonders unter Androhung, nie wieder freizukommen.

Der Ausstieg und die Freiheit
Nur ein halbes Jahr nach der Unterzeichnung schrieb Thomas Kretschmer einen Brief an die Stasi, in dem er die Zusammenarbeit beendete. Er erklärte, dass er sich auf etwas eingelassen hatte, das ihn „schüttelt“. Er ist heute stolz auf seinen damals 18-jährigen Ich: „Man hast gut gemacht das haben manche Erwachsenen nicht hingekriegt“. Er war zu diesem Zeitpunkt in großer Not und hatte Angst, sein Leben „als Verräter“ zu verbringen.

Der Tag seiner Entlassung war ein Moment großer Freude und Sehnsucht. Er empfand es als „neues Abenteuer“ und zitterte vor Aufregung, als er seine persönlichen Sachen zurückerhielt und die Gefängnistür hinter sich schloss, hinaus in schönes Wetter.

Thomas Kretschmers Geschichte ist ein Zeugnis von der individuellen Widerstandsfähigkeit im Angesicht eines repressiven Systems und der komplexen Entscheidungen, die Menschen unter extremem Druck treffen mussten.

19. Hugo Junkers Fest lockt mit historischen Flugzeugen und persönlicher Note

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Dessau – Am vergangenen Wochenende wurde auf dem Dessauer Flugplatz ein bedeutendes Ereignis für Luftfahrtbegeisterte und Geschichtsinteressierte ausgerichtet. Es fand bereits das 19. Hugo Junkers Fest statt. Diese nunmehr 19. Auflage der Veranstaltung zog zahlreiche Besucher an den historischen Flugplatz.

Als ein unbestrittener Höhepunkt des diesjährigen Festes wurde die Ankunft von insgesamt vier Junkers Flugzeugen genannt. Diese Flugzeuge, deren Landung auf dem Dessauer Flugplatz den Höhepunkt markierte, gehören zu zwei spezifischen und historisch relevanten Typen der Junkers-Flugzeugkonstruktionen. Konkret handelte es sich um zwei Flugzeuge des Typs Junkers A50 Junior sowie um zwei Flugzeuge des Typs Junkers F13. Die Ankunft dieser vier Maschinen war somit ein zentrales Element des 19. Hugo Junkers Festes.

Es ist wichtig anzumerken, dass es sich bei diesen auf dem Flugplatz gelandeten Maschinen nicht um Originale aus der Zeit ihrer ersten Herstellung handelte. Vielmehr wurden alle diese Flugzeuge als Replika gebaut. Dabei wurde großer Wert darauf gelegt, dass die Nachbildung dem Original detailgetreu nachgebaut wurde. Jede dieser Maschinen, sowohl die beiden Junkers A50 Junior als auch die beiden Junkers F13, ist eine detailgetreue Nachbildung ihres historischen Vorbilds und wurde als Replika konstruiert und gefertigt.

Ein besonders bewegender und emotionaler Moment des 19. Hugo Junkers Festes ereignete sich im Zusammenhang mit der Ankunft der Flugzeuge. In einer der gelandeten A50 Maschinen befand sich eine ganz besondere Passagierin, deren Name eng mit der Geschichte der Junkers-Werke verbunden ist. Es handelte sich um Charlotte Junkers. Sie trägt den Namen der Gründerfamilie und ist die Urenkelin von Hugo Junkers selbst. Für Charlotte Junkers war die Landung auf dem Dessauer Flugplatz eine tiefgreifende Erfahrung . Sie zeigte sich sichtlich berührt davon, an der Wirkungsstätte ihres Urgroßvaters sein zu können. Die Anwesenheit der Urenkelin an diesem historischen Ort unterstrich die Verbindung des Festes zur Person und zum Erbe Hugo Junkers.

Neben den historischen Repliken und der persönlichen Verbindung zur Junkers-Familie war das 19. Hugo Junkers Fest auch Schauplatz für den Beginn eines bemerkenswerten modernen Luftfahrtprojekts. Ein weiterer Gast des Festes war der ehemalige Berufspilot Klaus Cordes. Klaus Cordes nutzte das Gelände des Dessauer Flugplatzes, um von dort aus seine Europa-Tour zu starten. Der Dessauer Flugplatz diente ihm somit als Ausgangspunkt  für dieses ausgedehnte Flugvorhaben.

Klaus Cordes unternimmt diese umfangreiche Reise nicht mit irgendeinem modernen Flugzeug, sondern mit seiner eigenen A50 Junior. Dieses Flugzeug, das ebenfalls eine besondere Beziehung zu den Junkers-Konstruktionen hat, wird von ihm liebevoll als „seiner Blechbüchse“ bezeichnet. Mit dieser A50 Junior, seiner „Blechbüchse“, fliegt Klaus Cordes durch insgesamt 12 Länder. Die Route seiner Europa-Tour führt ihn also durch ein Dutzend europäischer Nationen.

Die Gesamtdistanz, die Klaus Cordes auf seiner Europa-Tour zurücklegen will, ist beachtlich. Er legt dabei eine Strecke von insgesamt 12.000 km zurück. Diese lange Reise über 12.000 Kilometer und durch 12 Länder hat einen klaren und ehrenvollen Zweck. Sie dient als Huldigung. Klaus Cordes möchte mit seiner Europa-Tour die Leistung der Flugpioniere würdigen. Es handelt sich dabei um jene Pioniere der Luftfahrt, die besonders in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts aktiv waren und zu dieser Zeit zahlreiche Rekorde aufstellten. Die Reise von Klaus Cordes ist somit eine fliegende Anerkennung für das Wirken und die Errungenschaften der Flugpioniere aus den 1930er Jahren, die durch ihre Rekorde die Luftfahrt voranbrachten.

Das 19. Hugo Junkers Fest in Dessau bot somit eine vielfältige Mischung aus historischer Darstellung durch detailgetreue Repliken, persönlicher Verbindung zur Junkers-Geschichte durch die Urenkelin und dem Beginn eines ambitionierten modernen Flugprojekts, das die Leistungen vergangener Pioniere ehrt. Die Ankunft der Repliken der Junkers A50 Junior und Junkers F13, die sichtlich berührte Anwesenheit von Charlotte Junkers an der Wirkungsstätte ihres Urgroßvaters sowie der Start der 12.000 km langen Europa-Tour von Klaus Cordes als Huldigung an die Flugpioniere der 30er Jahre bildeten die zentralen Ereignisse des Wochenendes auf dem Dessauer Flugplatz.

Thüringen verlängert Klimapakt und plant Reform der Grundsteuer

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Erfurt – In der heutigen Regierungsmedienkonferenz am 10. Juni 2025 stellte die Thüringer Landesregierung zwei zentrale Vorhaben vor: die Verlängerung des Klimapaktes mit den kommunalen Spitzenverbänden und eine geplante Reform der Grundsteuer B. Umweltminister Tilo Kummer berichtete zudem über Ergebnisse der jüngsten Energieministerkonferenz.

Klimapakt wird fortgeführt – Kommunen setzen auf unbürokratische Mittel
Der im Jahr 2022 zwischen der Landesregierung, dem Gemeinde- und Städtebund und dem Thüringer Landkreistag unterzeichnete Klimapakt wird um ein weiteres Jahr fortgeführt. Ziel des Paktes ist es, Kommunen Mittel für Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören Investitionen gegen Dürre, Hitze (insbesondere in Innenstädten), Starkregen und zum Hochwasserschutz sowie zur Reduzierung klimarelevanter Gase durch Energieeffizienzmaßnahmen. Laut Umweltminister Kummer ermöglicht dies den Kommunen, steigenden Energiekosten entgegenzuwirken und ihre Kassen zu entlasten.

Ein wesentlicher Vorteil des Paktes ist die unbürokratische Verfügbarkeit der Mittel, da ein Großteil im kommunalen Finanzausgleich festgelegt ist. Dies erlaubt es Kommunen, auch in Haushaltsnotlagen zu investieren oder andere Fördermittel zu kofinanzieren.
Für das Jahr 2025 stehen im kommunalen Finanzausgleich 27 Millionen Euro zur Verfügung. Dies ist weniger als die ursprünglich angedachten 50 Millionen Euro jährlich oder die 30 Millionen Euro im Jahr 2024. Der Minister hofft, die ursprüngliche Höhe in den Folgejahren wieder zu erreichen, auch durch weitere Förderinstrumente seines Hauses, die das Gesamtportfolio für 2025 wieder in die Nähe der 50 Millionen Euro bringen sollen. Dazu zählt beispielsweise die kommunale Wärmeplanung, für die jährlich 10 Millionen Euro bis 2028 bereitstehen.

Dr. Steffen Kania, Präsident des Gemeinde- und Städtebundes, bezeichnete den heutigen Tag als wichtig für die Kommunen, da die Fortführung des Paktes nun unterzeichnet werden konnte. Er lobte die unkomplizierte Mittelverwendung anhand einer Positivliste. Als Beispiele für bisher umgesetzte Maßnahmen nannte er die Umstellung auf LED-Straßenbeleuchtung, Verschattung von Gebäuden und die Entsiegelung/Verschattung im öffentlichen Raum. Kania betonte, dass die Kommunen am besten wüssten, wie die Gelder zweckentsprechend eingesetzt werden können. Er äußerte jedoch auch den „Wermutstropfen“ der geringeren Mittel im Finanzausgleich für 2025 und die Hoffnung auf die ursprünglichen 50 Millionen Euro in den Folgejahren.

Christian Herrgott, Präsident des Thüringischen Landkreistages, schloss sich dem an und hob die Bedeutung des Paktes für Investitionen in Schulen und kommunale Infrastruktur hervor. Er lobte das einfache Antrags- und Abrechnungsverfahren und wünschte sich dies auch für andere Förderprogramme. Sowohl Kania als auch Herrgott betonten, dass der Klimapakt als Erfolgsmodell gelte und die Fortführung für die kommenden Jahre gewünscht sei, auch wenn dies vom Haushaltsgesetzgeber abhänge. Die Richtlinien für die 2025er Mittel sollen nach der Unterzeichnung zügig auf den Weg gebracht werden.

Ergebnisse der Energieministerkonferenz: Klimageld und Windenergie-Ziele
Umweltminister Kummer berichtete kurz von der Energieministerkonferenz, bei der sich die Länder einig zeigten, die energiewirtschaftliche Transformation fortzusetzen. Er hob hervor, dass Thüringen mit einem Antrag erfolgreich die klare Aufforderung an den Bund durchgesetzt habe, das Klimageld – also die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung – an Bürger und Unternehmen zurückzugeben, um soziale Härten abzufedern. Bezüglich der bundeseigenen Sondervermögen forderte er einen unbürokratischen Mitteltransfer an Länder und Kommunen, insbesondere für den Klimatransformationsfonds.

Weniger erfolgreich war Thüringens Vorstoß, die Flächenziele für Windenergie durch Leistungsziele zu ersetzen. Die Energieministerkonferenz lehnte dies mehrheitlich ab, da andere Länder in ihren Planungen bereits weit fortgeschritten seien. Kummer kündigte an, dass Thüringen diesen Vorschlag dennoch im Bundesrat verfolgen werde. Gleichzeitig müsse man sich nun der Umsetzung der bestehenden regionalen Planungen widmen und ein effizientes Energiesystem mit einem Mix aus Wind und Solar entwickeln.

Grundsteuerreform in Planung: Entlastung für Wohneigentümer ab 2027
Staatssekretär Julian von Arb vom Thüringer Finanzministerium stellte die vom Kabinett freigegebene Formulierungshilfe für einen Gesetzesentwurf zur Reform der Grundsteuer B vor. Die Grundsteuer B ist eine wichtige Einnahmequelle der Kommunen mit einem jährlichen Volumen von rund 240 Millionen Euro in Thüringen.

Die unveränderte Umsetzung des Bundesmodells in Thüringen habe zu einer „finanziellen Unwucht“ geführt. Es gebe eine deutlich überdurchschnittliche Belastung von Wohngrundstücken, insbesondere von Einfamilienhäusern, während gewerblich genutzte Grundstücke überdurchschnittlich entlastet würden. Ziel der Landesregierung ist es, diese Unwucht zu korrigieren und insbesondere Familien sowie Eigentümerinnen und Eigentümer von Wohneigentum zu entlasten.

Der vorgeschlagene Weg orientiert sich am sächsischen Modell und sieht eine Anpassung der Steuermesszahlen auf Landesebene vor. Dabei sollen die Messzahlen für den Wohnbereich gesenkt und für den Nichtwohnbereich (Gewerbe) wieder auf das frühere Niveau angehoben werden. Da dies allein die Ungleichgewichte auf kommunaler Ebene nicht vollständig behebt (etwa 80% der Kommunen hätten weiterhin abweichende Aufkommen), soll Kommunen zusätzlich die Möglichkeit gegeben werden, ihre Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke zu differenzieren. Diese Option liegt im Ermessen der Kommune und wird nicht gesetzlich vorgeschrieben.

Der Zeitplan sieht eine parlamentarische Beschlussfassung in der zweiten Jahreshälfte 2025 vor, eventuell noch vor der Sommerpause. Das Inkrafttreten des Gesetzes und damit die Wirksamkeit der angepassten Steuermesszahlen und differenzierten Hebesätze wird zum 1. Januar 2027 angestrebt. Staatssekretär von Arb betonte, dass „Qualität vor Schnelligkeit“ gehe und eine frühere Einführung zum 1. Januar 2026, wie von der Fraktion Die Linke ins Spiel gebracht, aufgrund rechtlicher und technischer Risiken (insbesondere der erforderlichen Programmierung durch Kooperationspartner in Bayern) unrealistisch sei und zu ungültigen Bescheiden führen könnte, was die Kommunen träfe.

Die Umsetzung der Reform wird Kosten für den Freistaat verursachen, unter anderem für zeitlich befristetes Personal (geschätzt 2 Millionen Euro), Programmierung und den Versand von rund 860.000 neuen Bescheiden (geschätzt 1 Million Euro für Porto). Die Landesregierung ist jedoch überzeugt, dass dieser Weg notwendig und richtig ist, um Steuergerechtigkeit wiederherzustellen, Wohneigentümer zu entlasten und die Entlastung im gewerblichen Bereich auszugleichen.

Die vorgestellten Maßnahmen im Klimaschutz und bei der Grundsteuer zielen darauf ab, Kommunen und Bürger in Thüringen direkt zu unterstützen und auf künftige Herausforderungen vorzubereiten.

Zeitreise an die Ostsee: Urlaub im DDR-Bungalow auf Rügen

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Mehr als 6 Millionen Touristen kommen jedes Jahr an die Ostsee. Auch Thomas Böcher ist unterwegs, genauer gesagt in Bennerberg Dranske auf der Insel Rügen. Dort, wo Generationen von DDR-Bürgern Urlaub machten, soll die Zeit quasi stehen geblieben sein. Ein Ort, an dem Urlaub heutzutage angeblich nicht mehr kosten soll als damals und fast noch genauso aussieht wie 1986. Diesen Ort, ein ehemaliges Betriebsferienlager, hat Böcher besucht.

Originaler DDR-Flair mitten im Wald
50 Meter hinterm Strand, mitten im Wald, liegt das ehemalige Betriebsferienlager Gera. Auf dem Gelände stehen noch 13 Original-Bungalows aus DDR-Zeiten. Dazu kommen Wohnwagen vom Intercamp und das Dübener Ei. Wer lieber zeltet, kann einen der Trabis mit Zeltdach mieten. Betrieben wird die Anlage heute von Candy Dasla. Sein Vater hat die Anlage mit aufgebaut, und Candy selbst machte hier seit seinem dritten Lebensjahr Urlaub. 2017 hatte er die Chance, das Gelände zu kaufen. Er fand die Bungalows so vor, wie sie verlassen worden waren, mit originaler Einrichtung, auch wenn der Zahn der Zeit daran nagte.

Bezahlbarer Familienurlaub im Fokus
Candys Idee war es, Urlaub direkt an der Ostsee mit der Familie auch für einen kleinen Geldbeutel wieder möglich zu machen. Als Familienvater hat er die Entwicklung gesehen, wie teuer der Urlaub geworden ist. Er wollte die Art Urlaub erhalten, bei der Kinder aus der Tür rennen und direkt zum Strand oder Spielplatz gehen können, wie er es selbst erlebt hat. Da dies kaum noch bezahlbar sei, musste ein Kompromiss gefunden werden. Ganz umsonst geht es nicht, aber in der Vorsaison ist es sehr günstig, mit Preisen ab 15 € pro Nacht für zwei Personen. In der Hauptsaison liegt der Preis pro Woche unter 500 €. Das sei der angestrebte Maßstab gewesen.

Spartanisch, aber authentisch
Ein Bungalow wurde Thomas Böcher von Candy Dasla gezeigt, um zu sehen, ob es dort wirklich noch wie früher aussieht. Im Inneren findet sich reichlich „DDR Flare“, inklusive eines Jugendweihebuchs und „Remer an Tante“ (ein Kassettenrekorder). Es gibt eine kleine Küche, wobei das Wasser mit einem Kanister geholt werden muss. Jeder Bungalow hat zwei kleine Schlafzimmer mit je zwei Betten. Nach Ansicht des Lagerleiters braucht man eigentlich nicht mehr. Bei schlechtem Wetter hat man zwar einen Raum, aber theoretisch ist man am Strand und der Bungalow ist nur zum Schlafen da. Ein Schrank, ein Bett, eine Matratze – nicht mehr und nicht weniger.

Gäste suchen bewusst das Ost-Thema
Thomas Böcher traf auf verschiedene Urlauber auf der Anlage. Eine Familie aus Rostock und dem Emsland erzählte, dass sie aus der ehemaligen DDR stammen und die Anlage noch von früher kennen. Die Frau wollte mal etwas anderes kennenlernen. Sie waren nicht überrascht von den Gegebenheiten und fanden es genauso vor, wie sie es sich vorgestellt hatten: Ruhe, Abgeschiedenheit, Wald vor der Tür. Dass es spartanisch ist und man sich das Wasser selbst holen muss, stört sie nicht. Sie lernen es dadurch zu schätzen, was sie zu Hause haben. Verpflegen muss man sich selbst, zum Beispiel am Ostsee-Kiosk zwischen den Bungalows, der typische Ostprodukte anbietet.

Eine Gruppe junger Männer, alle unter 30, mietete sich ebenfalls in einem Ost-Bungalow ein. Auf die Frage, warum sie sich für dieses „Ost Thema“ entschieden haben, gab einer zu, dass auch der Preis ausschlaggebend war. Zudem sollte es Rügen sein. Sie hatten bewusst die Entscheidung getroffen und wollten den „vollen DDR Flare“ erleben. Sie kommen aus der Gegend, sind mit Camping groß geworden und stört ein geringerer Anspruch nicht. Sie sind froh, sich einmal im Jahr als Truppe treffen zu können. Ihre Eltern sind in der DDR aufgewachsen und haben diesen „Lifestyle“ ein Stück weit vermittelt. Sie würden nichts vermissen im Vergleich zu teureren Anlagen mit mehr Komfort. Ihre Zwecke reicht genau, die sanitären Anlagen seien top, und Hauptsache, sie hätten Bier. Der „coole Flare“ passe gut zum Thema.

Vom Ostsee-Kiosk zur kleinsten Brauerei
Der Stand, der zum Konzept gehört, wird als „Ost-Deli“ oder „Ostsee-Kiosk“ bezeichnet. Neben typischen Ostprodukten ist er gleichzeitig die „kleinste Brauerei“ auf der Insel Rügen und bietet ein eigenes Bier an. Dieses wird in einer ehemaligen volkseigenen Flasche abgefüllt und als schönes leichtes helles Sommerbier beschrieben.

Fazit nach einer Nacht im Bungalow
Nach einer Nacht im DDR-Bungalow zieht Thomas Böcher Bilanz. Es war spät geworden und frisch an der Ostsee. Er beschreibt die Nacht zwischen Wandheizkörper, Plastikschick und Remer an Tante. Wer hier Urlaub macht, bekomme nicht weniger, aber auch nicht mehr als das, was versprochen wurde: Ostalgie pur, Ostschick vom allerfeinsten. Wer es mag, könne hier eine schöne Zeit verleben. Er fragt sich scherzhaft, ob er wohl von Meister Nadelöhr oder Herrn Professor Flöhrich träumen werde.

Gesundheitsversorgung in der Lausitz: Gemeinsam neue Wege im Strukturwandel

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Die Lausitz steht, insbesondere durch den Kohleausstieg, vor einem erneuten Strukturwandel, der auch das Gesundheitswesen der Region maßgeblich beeinflusst. Im Rahmen eines Revierstammtisches wurde über die Herausforderungen und Chancen bei der Gestaltung einer zukunftsfähigen Gesundheitsregion diskutiert. Kernziel ist der Aufbau einer attraktiven und nachhaltigen Infrastruktur für die derzeitigen und zukünftigen Bürger.

Ein zentrales Thema ist die wachsende Diskrepanz zwischen einer älter werdenden Gesellschaft mit steigendem Gesundheitsbedarf und einer sinkenden Zahl junger Menschen in Gesundheitsberufen. Laut einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung, dem Lausitz Monitor, sehen die Menschen die Gesundheitsversorgung als wichtigen Punkt an, auch wenn sie bei den größten Sorgen nach Arbeitsplätzen, Wirtschaft und Zuwanderung an siebter Stelle rangiert. Die Wohnortnähe der medizinischen Versorgung ist für 75% der Befragten sehr wichtig.

Besorgniserregend ist die sinkende Zufriedenheit mit der wohnortnahen medizinischen Versorgung, die laut Lausitz Monitor auf 59% Unzufriedenheit gestiegen ist. Die Menschen wünschen sich vor allem mehr Ärzte, Fach- und Hausärzte, sowie eine bessere Verfügbarkeit von Terminen und ausreichend Personal. Sie fühlen sich zudem oft nicht ausreichend über Gesundheitsangebote informiert. Die Zufriedenheit variiert regional, wobei Menschen in Sachsen zufriedener sind als in Brandenburg, und im Landkreis Bautzen die Zufriedenheit höher ist als in Görlitz.

Als Lösungsansatz wird immer wieder das Stichwort „gemeinsam“ betont. Dies bedeutet die sektorübergreifende Zusammenarbeit (ambulant und stationär), sowie die Vernetzung über Kreis- und Landesgrenzen hinweg (Sachsen und Brandenburg).

Die Region setzt auf innovative Ansätze und Modellprojekte, um die Versorgung neu zu denken und „modellieren und nicht kopieren“ zu. Genannt werden Projekte wie OP-Roboter, Linksherzkatheteranlagen, Hybrid-OPs, sowie das Konzept des „Virtuell Smart Hospital“ zur Vernetzung regionaler Partner mit Universitätskliniken in Dresden und Cottbus. Neue Gesundheitsfachberufe und Ausbildungsgänge werden ebenfalls entwickelt.

Um dem Personalmangel zu begegnen, werden verschiedene Strategien verfolgt:

• Anziehung von Nachwuchs: Der Freistaat Sachsen unterstützt Medizinstudienprogramme im Ausland, gewährt Ausbildungsbeihilfen und nutzt ein Landarztgesetz, das die Vergabe von Studienplätzen unabhängig vom Numerus Clausus ermöglicht, um junge Menschen für den ländlichen Raum zu gewinnen.

• Neue Arbeitswelten: MVZ-Strukturen (Polikliniken) werden als Alternative zur Einzelpraxis gesehen, um jungen Medizinern eine geschützte Struktur zu bieten. Teamarbeit mit anderen Ärzten und nichtärztlichem Personal soll die Attraktivität erhöhen.

• Interprofessionalität und Delegation: Es wird die Notwendigkeit betont, ärztliche Leistungen stärker an qualifiziertes nichtärztliches Personal (Pflegekräfte, Physician Assistants) zu delegieren oder zu substituieren, um Ärzte zu entlasten. Hierfür müssen jedoch rechtliche und tarifliche Rahmenbedingungen angepasst werden.

• Internationales Recruiting: Unternehmen und Landkreise rekrutieren aktiv Pflegekräfte und Ärzte im Ausland (z.B. Vietnam, Brasilien, Mexiko, Kolumbien). Die Integration der internationalen Fachkräfte (sprachlich, sozial, in den Kommunen und Unternehmen) und die Schaffung von Communities sind dabei entscheidend für die Bindung an die Region. Auch bürokratische Hürden, wie die Anerkennung von Fahrerlaubnissen, müssen adressiert werden.

• Attraktivität des Pflegeberufs: Neben guter Bezahlung und Weiterbildungsmöglichkeiten soll eine Imagekampagne die Sinnhaftigkeit des Berufs hervorheben. Die Herausforderungen in der generalistischen Pflegeausbildung (Qualität, Abbrecherquoten) werden jedoch anerkannt.

• Telemedizin und Digitalisierung: Telemedizinische Netzwerke (z.B. Schlaganfall, Kinderintensivmedizin, Geburtshilfe, Dermatologie-Projekt) und Digitalisierung werden als wichtige Werkzeuge betrachtet, um die Versorgung, insbesondere in der Fläche, zu verbessern und ärztliche Ressourcen effizienter einzusetzen.

• Neue Versorgungsmodelle: Das Konzept der OLK Cube Struktur wird vorgestellt, das ambulante und OP-Zentren in die Fläche bringen soll, potenziell besetzt mit hochqualifiziertem Pflegepersonal und unterstützt durch Telemedizin.

Trotz vieler positiver Entwicklungen und umgesetzter Projekte, wie die Etablierung neuer Abteilungen (Geriatrie) und Zentren (Brustzentrum) sowie die Modernisierung von Technik (Herzkatheterlabore) in Kliniken, bleiben Hürden. Bürokratische Rahmenbedingungen, insbesondere bei der Finanzierung innovativer privater oder kommunaler Projekte, sowie komplexe Haftungs- und Vertragsfragen bremsen die Umsetzung guter Ideen aus. Die laufende Krankenhausreform wird die Versorgungslandschaft weiter verändern, was potenziell längere Wege für Patienten und Auswirkungen auf die Ausbildungskapazitäten haben kann. Es wird eine Auswirkungsanalyse gefordert.

Die Beteiligten sind sich einig, dass Mut zu Veränderungen notwendig ist, da die Versorgung in Zukunft nicht mehr so aussehen wird wie bisher. Es gibt viele engagierte Akteure, die daran arbeiten, Lösungen zu finden und umzusetzen. Die Hoffnung ist, dass durch die Schaffung neuer Arbeitswelten und die fortgesetzte Vernetzung ein Magnetismus entsteht, der junge Menschen für die Lausitz begeistert. Politik und Verwaltung sind gefordert, unterstützende Rahmenbedingungen zu schaffen und die finanzielle Basis des Systems zu sichern.

Insgesamt zeigt die Diskussion, dass die Gesundheitsversorgung in der Lausitz vor großen Herausforderungen steht, aber durch intensive Zusammenarbeit, Innovationsbereitschaft und konkrete Projekte versucht wird, eine lebendige und zukunftsfähige Gesundheitsregion zu gestalten.

Wendegeschichten aus Riesa: Erinnerungen einer Zeitzeugin

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Riesa im Wandel – die Umbruchszeit Ende der 1980er Jahre war eine Periode tiefgreifender Veränderungen, die das Leben der Menschen grundlegend auf den Kopf stellte. Gabriele Böhme, eine 71-jährige Einwohnerin von Riesa, hat diese Zeit hautnah miterlebt und blickt auf die Jahre des Umbruchs zurück, die sowohl berufliche als auch persönliche Herausforderungen mit sich brachten.

Das Brodeln unter der Decke
Gabriele Böhme lebt heute in einer angenehmen Mietswohnung in Riesa. Schon Mitte der 80er Jahre spürte sie die wachsende Unruhe in der Bevölkerung. „Es brodelte unter der Decke“, beschreibt sie die Atmosphäre vor dem Fall der Mauer. Die Demonstrationen, die in Leipzig begannen, schwappten schließlich auch nach Riesa über. Sie empfand es als bemerkenswert, wie viele Menschen sich auf den Weg machten, obwohl unklar war, wohin die Entwicklung führen würde und ob alles friedlich bleiben würde.

Die Kirche als Zufluchtsort und Impulsgeber
Eine zentrale Rolle in dieser Zeit spielte die Kirche. Die Atmosphäre in den Kirchen beschreibt Böhme als „prickelnd“. Jeder hatte etwas zu sagen, und die Menschen kamen freiwillig, nicht gezwungen. Es herrschte das Gefühl, dass die Menschen etwas verändern wollten oder dass sich etwas ändern musste. Auch im damaligen Clubhaus Julius Fucik (im Interview fälschlicherweise als „Julior Kiru“ bezeichnet, korrigiert zu Julius Fucik basierend auf allgemeinem Wissen über DDR-Kulturhäuser, aber nicht aus der Quelle) gab es solche Versammlungen.

Beruflicher Wandel und pragmatische Entscheidungen
Gabriele Böhme arbeitete zu DDR-Zeiten in der Rechtsabteilung des Stahl- und Walzwerks Riesa. Ihr beruflicher Werdegang nahm eine Wende, als sie nach dem Verlust ihres Mannes plötzlich allein für ihren zehnjährigen Sohn sorgen musste. Man trat an sie heran, um sie als stellvertretende Kombinatsjustiziarin zu behalten, allerdings unter der Bedingung, dass sie Parteimitglied wurde. Aus rein pragmatischen und finanziellen Gründen, um ihre Position halten zu können, entschied sie sich nach Rücksprache mit ihrer Mutter für den Parteieintritt. „So schnell wie ich da drin war, war ich auch wieder draußen“, berichtet sie. Sie war die Zweite in der Generaldirektion Stahlwerk, die ihr Parteibuch wieder abgab.

Ihre Verwandtschaft riet ihr angesichts der drohenden Probleme in der Stahlindustrie, sich beruflich neu zu orientieren. Als Juristin wurde sie Justitiarin beim Landkreis Riesa und schließlich Leiterin des Rechtsamtes mit einem Team von Juristen und einer Sekretärin. Diese Zeit beschreibt sie als eine „tolle Zeit“, in der sehr viel bewegt wurde.

Herausforderung Rechtssystemwechsel
Die größte berufliche Herausforderung war die komplette Umstellung auf ein neues Rechtssystem. Verwaltungsrecht, bürgerliches Recht – alles musste neu gelernt und angewendet werden. Diese Veränderung betraf jeden Haushalt, und es war nicht einfach, damit zurechtzukommen. In dieser Zeit war familiärer Halt, insbesondere durch ihren Ehemann und ihre Mutter, die sich um den Sohn kümmerte, von großer Bedeutung.

Eine besonders schwierige Aufgabe war die Bearbeitung von Entlassungen, zum Beispiel von Kindergärtnerinnen, da Polikliniken wegfielen und Personal plötzlich dem Landkreis zugeordnet war. Es waren oft persönliche Schicksale, die sie vor Gericht vertreten musste, um Kündigungen für rechtmäßig erklären zu lassen. Das berührte sie persönlich, doch sie musste darauf achten, nicht zu viel davon mit nach Hause zu nehmen.

Das Schicksal des Stahlwerks und der Mauerfall
Das Schicksal des Stahlwerks, in dem sie lange gearbeitet hatte, wurde von vielen unterschiedlich bewertet. Während einige meinten, es sei „toll“ und stehe gut da, war die Realität anders. Die damaligen Chefs wurden plötzlich zu Kapitalisten und Geschäftsführern von Unternehmen. Jeder musste sehen, wie er mit der neuen Situation zurechtkam – es war nicht einfach.

Mit dem Mauerfall verbindet Gabriele Böhme auch ein persönliches Erlebnis aus ihrer Kindheit, das Hochziehen der Mauer. Dieses Ereignis hatte ihre Familie eindeutig zerrissen. Man traf sich fortan in Ost-Berlin in Hotels oder in einer katholischen Einrichtung, wo eine Cousine ihrer Großmutter als Schwester tätig war.

Werte für die nächste Generation
Rückblickend hält Gabriele Böhme fest, dass sie die DDR keinesfalls zurückhaben möchte. Auch wenn die Stellung der Frau in der DDR nicht schlecht gewesen sei, erinnert sie sich an den Paragraphen, der die Frau noch fragen musste, ob sie arbeiten darf, oder die Fahrerlaubnis – Regelungen, die wohl erst in den 70er Jahren abgeschafft wurden. Im Nachhinein sehe vieles schöner und besser aus.

Für junge Leute der kommenden Generation hat sie klare Ratschläge. Man muss zu sich stehen und ehrlich sein. Werte, so Böhme, werden vor allem im Elternhaus vermittelt, das für sie die kleinste Zelle der Gesellschaft ist. Auch die Schule und die Lehrer spielen eine wichtige Rolle. Eine klare Haltung sei wichtig, aber entscheidend sei der Charakter. Ehrlichkeit stehe für sie an oberster Stelle, denn damit komme man am weitesten, auch wenn es nicht immer einfach sei und Taktiker oder Strategen Vorteile haben könnten. Selbst aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, könne man Gutes oder Schönes bauen.

28. Trabant- und IFA-Treffen Mühlhausen zu Pfingsten

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In Mühlhausen fand zu Pfingsten das mittlerweile 28. Trabant- und IFA-Treffen statt. Organisiert vom Trabiclub Mühlhausen, zählte die Veranstaltung im Jahr 2025 rund 280 bis knapp 300 teilnehmende Fahrzeuge auf dem Platz am Schwanenteich. Obwohl das Wetter nicht optimal war und es immer wieder regnete, sogar in Strömen bei der Öffnung am Freitag, herrschte eine tolle Stimmung und eine familiäre Atmosphäre. Selbst langjährige Stammgäste waren vom Regen unbeeindruckt.

Ein Highlight war die Stadtrundfahrt im Ikarus-Bus. Diese führte unter anderem zum Bratwurstmuseum in Holzhausen/Mühlhausen und dem dort neu angesiedelten Trabipadies. Für die Region Mühlhausen ist übrigens die „Rostwurst“ die typische Bratwurst, während „Bratwurst“ etwas anderes bezeichnet. Im Trabipadies sind umgebaute, nicht mehr zulassungsfähige Trabants ausgestellt, die einst gerettet wurden.

Neben der Besichtigung gab es vielfältige Aktivitäten: Eine Fahrzeugbewertung nach Kategorien, bei der sich Teilnehmer anmelden konnten, um langes Anstehen zu vermeiden. Bewertet wurden Aspekte wie Originalität und Verarbeitung. Auch ein Kinderprogramm, verschiedene sportliche Aktivitäten (wie Flank Ball), und eine gut besuchte Party im Festzelt gehörten dazu. Die „ständige Vertretung der DDR“ war ebenfalls angereist.

Für die Verpflegung war bestens gesorgt, unter anderem am Stand des Bratwurstmuseums mit einer großen Auswahl und dem „Trappiteller“. Es gab Fassbrause in der Metropa, Frühstück war verfügbar, und sogar Rabara (Rhabarber) Kuchen und Getränke wurden verkostet. Ein besonderes Ereignis war die symbolische Übergabe eines Trabants durch Jürgen an Harald für 1 Euro, um den Verein zu unterstützen. Harald legte noch 1 Euro drauf, sodass der Trabant für 2 Euro übergeben wurde, um die Wirkung zu erhöhen.

Die Sanitäranlagen, bestehend aus WC-Containern und Duschen, wurden positiv hervorgehoben und als sehr sauber beschrieben. Trotz des Wetters, das am Abreisetag am Montag sonnig wurde, war es ein schönes Wochenende und ein gelungenes Treffen.

Persönliche Verantwortung im Betrieb – Arbeitssicherheit in der DDR

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Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der Werktätigen waren in den Betrieben der DDR ein zentrales Anliegen, das gesetzlich im Arbeitsgesetzbuch der DDR verankert war. Der Betriebsdirektor trug dafür eine persönliche Verantwortung. Doch welche Pflichten erwuchsen daraus und wie wurden diese umgesetzt? Ein Blick in die Praxis zeigt den Anspruch und die Methoden.

Ziel war es, durch sichere und erschwernisfreie Arbeitsbedingungen den Schutz der Gesundheit und Arbeitskraft zu gewährleisten. Dabei ging es nicht nur um technische Vorkehrungen, sondern insbesondere um das bewusste Handeln aller Mitarbeiter. Das übergeordnete Ziel war, dass überall im Betrieb während der gesamten Arbeitszeit Ordnung und Sicherheit herrschen. Maschinen, Anlagen und Arbeitsstätten sollten durch technische Mittel sicher und erschwernisfrei gestaltet sein. Es galt, Arbeitssicherheit zu schaffen und die Werktätigen so zu erziehen und auf sie einzuwirken, dass alle die Vorschriften beachten. Dies betraf sowohl den laufenden Prozess als auch neue Projekte.

Um diese Ziele zu erreichen, stützte sich der Betriebsdirektor auf verschiedene Grundlagen und Methoden. Die Zuständigkeiten der leitenden Mitarbeiter und notwendige Details wurden in betrieblichen Regelungen festgelegt. Diese Weisungen mussten auf soliden Grundlagen basieren: eigenen Kenntnissen, Betriebsbegehungen und der regelmäßigen Analyse der Entwicklung des Arbeitsschutzes. Es war notwendig, Gewissheit darüber zu haben, wie jeder leitende Mitarbeiter seine Aufgaben im Bereich Arbeitsschutz erfüllte und mit welchem Erfolg. Weiterhin wurde gewährleistet, dass jeder Werktätige die für seine Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutz erwarb. Während die Rechtsvorschriften im Allgemeinen ausreichten, konnten in besonderen Fällen betriebliche Regelungen zur Konkretisierung eingesetzt werden, die die Zustimmung der BGL (Betriebsgewerkschaftsleitung) und die Abstimmung mit dem Leiter des betriebsgesundheitswesens benötigten.

Als Leitungsmethoden zur Durchsetzung der geforderten Arbeitssicherheit dienten qualifizierte leitende Mitarbeiter in jedem Bereich, wie der Hauptkonstrukteur, der Haupttechnologe, der Direktor für Produktion und der Leiter der WHO (dies wird im Text als ‚WHO‘ genannt). Zudem beriet und unterstützte ein qualifizierter Sicherheitsinspektor in allen Fachfragen der Arbeitssicherheit. Ein weiterer wichtiger Pfeiler war die aktive Mitwirkung der Werktätigen, die sich in Vorschlägen und Wettbewerbsverpflichtungen ausdrückte. Grundsatz war dabei, dass mit jedem Rationalisierungsvorhaben günstigere Arbeitsbedingungen entstehen sollten.

Neben der Sicherstellung technischer und organisatorischer Maßnahmen gehörte auch die moralische und materielle Anerkennung zu den Leitungsmethoden. Diese wurde im Zusammenwirken mit der staatlichen Versicherung für eine besonders positive Entwicklung im Arbeitsschutz ausgesprochen. Ein Leiter durfte aber auch vor disziplinarischen Maßnahmen nicht zurückschrecken. Bei Nichtbeachtung von Vorschriften, wie beispielsweise der Lagerung von Scheiben, konnte es auch zur Nichtgewährung von Teilen der Jahresendprämie kommen.

Die Kontrolle der Weisungen und betrieblichen Regelungen erfolgte in Dienstbesprechungen, bei denen Rechenschaft über die Realisierung verlangt, Entwicklungstendenzen ausgewertet und neue Aufgaben festgelegt wurden. Bei den Betriebsbegehungen überzeugte sich der Direktor selbst von der Durchsetzung der Weisungen. Unterstützung bei der Erfüllung dieser Aufgaben kam vom Sicherheitsinspektor und ehrenamtlichen arbeitsschutzfunktionären. Die Gewerkschaften bewerteten die Arbeit eines Betriebsdirektors nicht zuletzt danach, wie die Gesundheit der Werktätigen geschützt und gefördert sowie Havarien vermieden wurden. Denn das Credo lautete: Jeder Unfall ist ein Unfall zu viel.

Sicherheit im Blick: Die Rolle der Arbeitsschutzplakate in der DDR

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In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) stellten Arbeitsschutzplakate eine wichtige Methode dar, um Kenntnisse im Gesundheits- und Arbeitsschutz zu erwerben und zu festigen. Durch den immer wiederkehrenden Appell zum sicheren Arbeiten sollten diese Plakate das Bewusstsein der Werktätigen schärfen.

Dabei war klar: Plakate ersetzen natürlich keine sicherheitstechnischen Maßnahmen. Sie waren vielmehr als optische Hilfsmittel konzipiert, die das bewusste, arbeitsschutzgerechte Verhalten der Werktätigen unterstützen sollten. Ein zentraler Grundsatz war, dass Arbeitsschutzplakate niemals dem Selbstzweck dienen durften. Ihre volle Wirkung entfalteten sie nur dann, wenn sie an der richtigen Stelle angebracht waren – optisch eindrucksvoll und in der Nähe des entsprechenden Arbeitsplatzes. So angebracht, trugen sie Signalcharakter.

Es gab sowohl fachspezifische als auch allgemeingültige Arbeitsschutzplakate, die einzeln oder miteinander kombiniert eingesetzt werden konnten. Fachspezifische Plakate waren dazu gedacht, in entsprechenden Arbeitsbereichen die Aufmerksamkeit auf richtige Verhaltensweisen zu lenken. Dabei war es unerlässlich, dass ihr Inhalt inhaltlich mit der zu verrichtenden Arbeit übereinstimmte. Als Beispiel wurde genannt, dass Sauerstoffarmaturen nie mit Öl oder Fett in Verbindung gebracht werden dürfen. Generell riefen die Plakate zu Ordnung, Disziplin und Sicherheit auf. Um aktuell zu bleiben und die Aufmerksamkeit nicht zu verlieren, sollten die Motive öfter mal ausgetauscht werden.

Die Plakate konnten beim Literatur- und Vordruckvertrieb des FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) in Markranstädt (Bahnhofstraße 12, 7153 Markranstädt) bezogen werden. Richtig platziert, dienten sie als Blickfang und unterstützten alle Werktätigen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Gesundheits- und Arbeitsschutz, um Unfälle und Havarien zu vermeiden.

Die Bedeutung des Arbeitsschutzes beschränkte sich nicht nur auf den Arbeitsplatz; auch zu Hause ereigneten sich Unfälle, etwa beim Umgang mit elektrotechnischen Geräten oder Chemikalien. Ein wichtiger Hinweis auf Plakaten betraf daher auch den Umgang mit gefährlichen Stoffen: Verdünnungen, Säuren, Laugen und Gifte waren nur in die dafür vorgesehenen und besonders gekennzeichneten Gefäße zu füllen – niemals beispielsweise in Brause- oder Milchflaschen.

Plakate informierten und signalisierten. Das übergeordnete Ziel, das mit all diesen Maßnahmen verfolgt wurde, lautete: Jeder Unfall ist ein Unfall zu viel.

20 Technik-Wunder aus der DDR, die (fast) verschwunden sind

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Wer glaubt, Osttechnik war nur rückständig, irrt gewaltig. Die Deutsche Demokratische Republik brachte eine Reihe technischer Geräte hervor, die den Alltag prägten, oft erstaunlich robust waren und heute von Sammlern als Ikonen einer vergangenen Zeit gefeiert werden. Viele dieser „Technik-Wunder“ sind nach der Wende aus dem Blickfeld verschwunden, doch sie erzählen Geschichten von Einfallsreichtum, Treue und manchmal sogar von leiser Rebellion.

Die Erika, weit mehr als nur eine Schreibmaschine, war das „rhythmische Herz“ unzähliger Büros in der DDR. Auf ihr lernten Schüler das Zehnfingersystem. Sie war robust, zuverlässig und brauchte keinen Strom – einfach Papier einlegen und lostippen. Spätere Modelle boten sogar elektrische Funktionen. Heute wird die Erika als Ikone des Analogen gefeiert.

Der KC85 gilt als Computer der DDR, zumindest auf dem Papier. Er war ein grauer Kasten mit Steckmodulen, der an den heimischen Fernseher angeschlossen wurde. Programme mussten selbst geschrieben oder von Kassette geladen werden. Er war nicht schnell oder bequem, aber für viele der erste Kontakt mit der digitalen Welt und ein „kleines Fenster in die Zukunft“. Heute ist er fast vergessen.

In fast jeder DDR-Küche stand die Komet KM3, eine schwere, weiße und als unverwüstlich geltende Küchenmaschine. Sie konnte kneten, Sahne schlagen und raspeln, besonders der Fleischwolf-Aufsatz war legendär. Ersatzteile waren Mangelware, also wurde improvisiert und gebastelt. Sie war mehr als ein Gerät – ein Familienmitglied. Viele laufen noch heute, ohne Touchscreen oder App, aber mit Charakter.

Fernseher waren oft mehr als nur Geräte. Der Collar 40 war ein Möbelstück, groß, schwer und warm wie ein Heizlüfter. Er brachte Farbe und eine Fernbedienung ins Wohnzimmer. Empfang gab es im Secam-Format, Westfernsehen war nur nach heimlichem Umbau möglich. Er war zickig, lief aber über Jahre und Jahrzehnte und war das „Lagerfeuer der deutschen demokratischen Republik“. Der Clarissa war für viele der erste Fernseher, klobig, schwarz-weiß und mit einem kleinen Bildschirm, vor dem die Familie wie im Theater saß. Senderwechsel bedeutete Aufstehen und Drehen. Der Color X war der Stolz der DDR-Technik, volltransistorisiert, aber ebenfalls ein Klotz mit grellem Bild und blechernem Ton. Er stand wie ein Monument da. Der Chromat war ein „politisches Gerät“. Offiziell für Secam gebaut, ermöglichte er mit einem „Pal-Trick“ den Empfang von Westfernsehen – illegal, aber alltäglich. Er wurde zum „Fenster in eine andere Realität“, ein „kleiner Rebell“. Nach der Wende wurden diese Fernseher oft zu Müll.

Die Penti 2 war die Kamera der „kleinen Leute“, kompakt und schick. Sie war oft bei der Jugendweihe ein Geschenk und hielt Familiengeschichte auf 16mm Film fest. Die Farben waren leicht vergilbt, aber ehrlich. Nach der Wende passte sie nicht mehr ins System, da Orwo-Film kaum noch genutzt wurde. Heute ist sie Kult und beliebt bei Retro-Fotografen.

Das Smaragd Tonbandgerät war das Heim-Tonstudio, mit zwei Spulen und klarem Klang. Es diente dazu, Stimmen, Musik und Erinnerungen festzuhalten – ein Ritual des Fädelns und Justierens. Es ging nicht um schnelle Unterhaltung, sondern ums Festhalten. Nach der Wende verschwand es zugunsten von Kassette und CD.

Der Multimax HBM 250 war keine gewöhnliche Bohrmaschine, sondern ein „Werkzeug fürs Leben“. Schwer, laut, kompromisslos, stand er für Heimwerken als Überlebensstrategie. Er lief über Jahrzehnte, und wenn er zickte, wurde er repariert, notfalls mit selbstgebastelten Ersatzteilen. Er war Technik „ohne Show – nur Kraft, Ehrlichkeit und das leise Brummen der Eigenverantwortung“. Viele stehen noch heute einsatzbereit in Werkstätten.

Die K500 war keine Kaffeemaschine, sondern ein „Dampfdruckmonument“. Der Kaffee war stark, fast schwarz, mit einem Hauch Metall. Sie stand in Büros, Küchen und Werkstätten. In Zeiten knapper Bohnen wurde gestreckt und gemischt, doch das Ritual blieb. Wer sie heute wieder anschließt, behauptet oft, sie mache besseren Kaffee als jede neue Maschine.

Der Robotron A5120 war der Bürocomputer der DDR. Ein graues Monstrum mit grüner Schrift auf schwarzem Grund. Langsam und schwer, aber der Stolz jeder Behörde. Er war Werkzeug der Verwaltung in Silizium gegossen. Nach der Wende verschwand er auf Halde, heute blinkt er in Museen.
Der Komotron TC600 war der einzige offiziell produzierte Anrufbeantworter der DDR. Ein Kuriosum mit Minionband und einer Minute Aufnahmezeit. Er stand nicht im Wohnzimmer, sondern bei Funktionären oder in Hotels und war für normale Bürger unerreichbar. Heute ist er fast völlig verschwunden, ein Mythos der Endphase des Staates.

Die Pentaflex 8 war das „Auge der Familie“. Sie hielt wichtige Momente in ruckeligem Schwarz-weiß fest. Kurbeln, Belichten, Warten aufs Labor – das Ergebnis waren bewegte Bilder aus dem eigenen Leben. Sie war keine Kamera, sondern „Erinnerung in Reinform“.

Der K1520 war kein fertiger Computer, sondern ein Baukasten und Stecksystem, entwickelt für Labore und Klassenzimmer. Er war Hightech in der DDR und ein „Werkzeug für Menschen, die selbst gestalten wollten“, was in einem Land mit festen Grenzen fast revolutionär war.
Der Starsfurt K67 war ein tragbarer Fernseher, ein Koffer mit Bildschirm, Griff und Stolz. Er versprach Freiheit, indem er Fernsehen in die Datsche oder auf den Campingplatz brachte. Das Bild war klein, schwarz-weiß und rauschte, die Antenne musste gedreht werden. Er war technisch bescheiden, fühlte sich aber groß an – ein „Abenteuer in Röhrentechnik“.

Der K50 war das „Mixtape-Maschinengewehr der DDR“. Ein rechteckiger Klotz mit Antenne, mit dem man Radio hören, aufnehmen und sich selbst auf Kassette sprechen konnte. Musik aus dem Westen oder Jugendradio DT64 – alles wurde konserviert. Es ging darum, sich seine Welt selbst zusammenzustellen.

Die Kombi Waschmaschine war der Stolz vieler Haushalte. Kein Wunderwerk, sondern eine lärmende, vibrierende Kiste. Wasser wurde per Hand eingefüllt, Zeiten mechanisch eingestellt, und man blieb besser daneben, um Überschwemmungen zu vermeiden. Trotzdem war sie eine Befreiung vom Waschbrett – „Technik im Dienst der Hausarbeit“.

Die Sonneberg 500 war das „Klangmöbel der DDR“, ein Kasten mit Radio, Plattenspieler und Boxen. Sie verwandelte das Wohnzimmer in ein kleines Musikstudio, aus dem Reinhard Lakomy oder Karat rauschten. Musik bedeutete Rückzug und ein bisschen Freiheit. Heute wird sie als Zeitzeugnis gefeiert.

Und schließlich die CNC 600, das „stille Rückgrat der ostdeutschen Industrie“. Sie steuerte Fräsmaschinen und Bohrer, brachte Mikroelektronik in die Werkhallen. Sie war nicht schnell oder fehlerfrei, aber sie funktionierte und war das „Versprechen einer modernen Fertigung“. Nach der Wende wurde sie von westlicher Präzision überrollt.

Diese Geräte sind heute weitgehend verschwunden, oft auf dem Schrottplatz gelandet, in Kellern vergessen oder für wenige Mark verkauft. Doch sie leben weiter – in Gartenlauben, auf Flohmärkten, in Museen und bei Sammlern. Sie waren mehr als nur Technik; sie waren ein Stück Geschichte, Alltag zum Nacherleben und zeugen von einer Zeit, in der man improvisieren, basteln und das Beste aus dem machen musste, was vorhanden war. Jedes einzelne hatte Charakter und schuf Erinnerungen, die bleiben.