Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der Werktätigen waren in den Betrieben der DDR ein zentrales Anliegen, das gesetzlich im Arbeitsgesetzbuch der DDR verankert war. Der Betriebsdirektor trug dafür eine persönliche Verantwortung. Doch welche Pflichten erwuchsen daraus und wie wurden diese umgesetzt? Ein Blick in die Praxis zeigt den Anspruch und die Methoden.
Ziel war es, durch sichere und erschwernisfreie Arbeitsbedingungen den Schutz der Gesundheit und Arbeitskraft zu gewährleisten. Dabei ging es nicht nur um technische Vorkehrungen, sondern insbesondere um das bewusste Handeln aller Mitarbeiter. Das übergeordnete Ziel war, dass überall im Betrieb während der gesamten Arbeitszeit Ordnung und Sicherheit herrschen. Maschinen, Anlagen und Arbeitsstätten sollten durch technische Mittel sicher und erschwernisfrei gestaltet sein. Es galt, Arbeitssicherheit zu schaffen und die Werktätigen so zu erziehen und auf sie einzuwirken, dass alle die Vorschriften beachten. Dies betraf sowohl den laufenden Prozess als auch neue Projekte.
Um diese Ziele zu erreichen, stützte sich der Betriebsdirektor auf verschiedene Grundlagen und Methoden. Die Zuständigkeiten der leitenden Mitarbeiter und notwendige Details wurden in betrieblichen Regelungen festgelegt. Diese Weisungen mussten auf soliden Grundlagen basieren: eigenen Kenntnissen, Betriebsbegehungen und der regelmäßigen Analyse der Entwicklung des Arbeitsschutzes. Es war notwendig, Gewissheit darüber zu haben, wie jeder leitende Mitarbeiter seine Aufgaben im Bereich Arbeitsschutz erfüllte und mit welchem Erfolg. Weiterhin wurde gewährleistet, dass jeder Werktätige die für seine Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutz erwarb. Während die Rechtsvorschriften im Allgemeinen ausreichten, konnten in besonderen Fällen betriebliche Regelungen zur Konkretisierung eingesetzt werden, die die Zustimmung der BGL (Betriebsgewerkschaftsleitung) und die Abstimmung mit dem Leiter des betriebsgesundheitswesens benötigten.
Als Leitungsmethoden zur Durchsetzung der geforderten Arbeitssicherheit dienten qualifizierte leitende Mitarbeiter in jedem Bereich, wie der Hauptkonstrukteur, der Haupttechnologe, der Direktor für Produktion und der Leiter der WHO (dies wird im Text als ‚WHO‘ genannt). Zudem beriet und unterstützte ein qualifizierter Sicherheitsinspektor in allen Fachfragen der Arbeitssicherheit. Ein weiterer wichtiger Pfeiler war die aktive Mitwirkung der Werktätigen, die sich in Vorschlägen und Wettbewerbsverpflichtungen ausdrückte. Grundsatz war dabei, dass mit jedem Rationalisierungsvorhaben günstigere Arbeitsbedingungen entstehen sollten.
Neben der Sicherstellung technischer und organisatorischer Maßnahmen gehörte auch die moralische und materielle Anerkennung zu den Leitungsmethoden. Diese wurde im Zusammenwirken mit der staatlichen Versicherung für eine besonders positive Entwicklung im Arbeitsschutz ausgesprochen. Ein Leiter durfte aber auch vor disziplinarischen Maßnahmen nicht zurückschrecken. Bei Nichtbeachtung von Vorschriften, wie beispielsweise der Lagerung von Scheiben, konnte es auch zur Nichtgewährung von Teilen der Jahresendprämie kommen.
Die Kontrolle der Weisungen und betrieblichen Regelungen erfolgte in Dienstbesprechungen, bei denen Rechenschaft über die Realisierung verlangt, Entwicklungstendenzen ausgewertet und neue Aufgaben festgelegt wurden. Bei den Betriebsbegehungen überzeugte sich der Direktor selbst von der Durchsetzung der Weisungen. Unterstützung bei der Erfüllung dieser Aufgaben kam vom Sicherheitsinspektor und ehrenamtlichen arbeitsschutzfunktionären. Die Gewerkschaften bewerteten die Arbeit eines Betriebsdirektors nicht zuletzt danach, wie die Gesundheit der Werktätigen geschützt und gefördert sowie Havarien vermieden wurden. Denn das Credo lautete: Jeder Unfall ist ein Unfall zu viel.