DAS AUGE VON DRESDEN – Der besessene Chronist einer Stadt im Wandel

Der Regiekameramann Ernst Hirsch ist ein Besessener. Seit 55 Jahren jagt er mit unermüdlicher Leidenschaft jedem historischen Filmschnipsel nach, den sein riesiges Dresdner Filmarchiv bereichert – und filmt jeden Winkel seiner geliebten Stadt. Als anerkannter und wichtigster Dokumentarist des Wiederaufbaus der Dresdner Frauenkirche und des Dresdner Zwingers hat er das Stadtbild und die Seele Dresdens über Jahrzehnte hinweg eingefangen.

Zwischen Zerstörung und Wiederaufbau
Was treibt einen Mann an, der die Zerstörung Dresdens miterlebt hat und dessen Vater 1946 spurlos verschwand? Die Antwort auf diese Frage ist so vielschichtig wie die Stadt selbst. Ernst Hirsch kehrte 1989, wenige Tage vor dem Ende der DDR, tief enttäuscht von Dresden den Rücken. Während seiner Zeit bei preisgekrönten Filmen unter der Regie von Peter Schamoni sammelte er Erfahrungen, die ihn prägten – nur um 1994 schließlich wieder nach Dresden zurückzukehren. Sein filmischer Antrieb ist ein ständiges Streben nach dem „Gelingen“: Das Gelingen von Leben, Projekten sowie innerer und äußerer Heilung.

Ein Film als Spiegel der Seele Dresdens
»Das Auge von Dresden« ist weit mehr als eine Dokumentation. Der Film verschmilzt unveröffentlichte Filmausschnitte aus dem Hirsch-Filmarchiv mit aktuellen, dokumentarischen Aufnahmen und Interviews mit filmischen Weggefährten wie Peter Schamoni (†2011), Matthias Griebel, Sabine Scholze und Herrmann Zschoche. Dieses enge Zusammenspiel von Vergangenheit und Gegenwart zeichnet ein facettenreiches Bild der sächsischen Zeit- und Filmgeschichte – ein Spiegel der Transformation, die Dresden durchlebt hat.

Persönliche Verbundenheit und berufliche Leidenschaft
Die Geschichte des Films ist auch die Geschichte eines persönlichen Engagements. Ein Kameramann, der in den 1990er Jahren in München lebte, erinnert sich, wie er durch familiäre Verbundenheit – getauft in der Dresdner Frauenkirche, wo sein Vater im Ortskirchenvorstand tätig war – zu einem tiefen emotionalen Bezug zu diesem Ort fand. Als die Bürgerinitiative zum Wiederaufbau der Frauenkirche ins Leben gerufen wurde, entstand eine Zusammenarbeit, die nicht nur auf beruflicher, sondern vor allem auf menschlicher Sympathie und gegenseitiger Unterstützung basierte.

Mit der intensiven Arbeit, die den Wiederaufbau über 13 Jahre begleitete, wird deutlich: Ernst Hirsch dokumentiert nicht nur ein Bauprojekt, sondern auch den unerschütterlichen Glauben an einen Neuanfang und die heilende Kraft des Lebens. Seine Linse fängt den Wandel ein – von der Zerstörung zur Wiedervereinigung, von der Dunkelheit ins Licht.

Ein filmisches Vermächtnis
Mit »Das Auge von Dresden« wird ein beeindruckendes Kapitel der deutschen Geschichte erzählt – eines, in dem Ernst Hirsch als Chronist und Geschichtenerzähler eine zentrale Rolle spielt. Sein unermüdlicher Einsatz und sein unerschütterlicher Glaube an das Gelingen haben diesen Film zu einem zeitlosen Dokument gemacht, das nicht nur die Architektur und den Wiederaufbau Dresdens, sondern auch das menschliche Streben nach Hoffnung und Heilung in den Mittelpunkt rückt.

Autor/Redakteur: Arne Petrich
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