Hans Bauer (GRH) kritisiert Verurteilung eines MfS-Mitarbeiters

Politisches Unrechtsurteil gegen MfS-Mitarbeiter I von Hans Bauer, Vorsitzender der GRH

Hans Bauer, Vorsitzender der Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung e.V. (GRH), hat in einer ausführlichen Rede ein aktuelles Urteil gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) scharf kritisiert. Dabei beschreibt er die Verurteilung als politisch motiviert und als ein weiteres Beispiel dafür, wie die Bundesrepublik nach der Wiedervereinigung die DDR und ihre Institutionen zu delegitimieren versucht habe. In seiner Analyse beleuchtet Bauer nicht nur die rechtlichen Aspekte des Falls, sondern auch die politischen und gesellschaftlichen Kontexte, die seiner Meinung nach zu diesem Urteil führten.

Kontext der Delegitimierung der DDR
Bauer beginnt mit einer Rückblende: Bereits 1991 habe der damalige Bundesjustizminister Klaus Kinkel das Ziel formuliert, die DDR zu delegitimieren. Dies sei der Ausgangspunkt für zahlreiche juristische Verfahren gewesen, die sich gegen ehemalige DDR-Bürger und besonders gegen Mitarbeiter des MfS richteten. Die DDR sei dabei als Unrechtsstaat dargestellt worden, der Menschenrechte verletzte, kriminell handelte und keine Legitimation besessen habe, als Staat international aufzutreten.

Die juristische Verfolgung von DDR-Bürgern nach der Wiedervereinigung sei in diesem Kontext zu sehen. Bauer spricht von rund 85.000 Ermittlungsverfahren, etwa 1.000 Verurteilungen und zahlreichen Inhaftierungen. Er kritisiert die Mittel, mit denen diese Urteile erreicht worden seien, darunter die Verlängerung von Verjährungsfristen und die Missachtung des Rückwirkungsverbots – ein fundamentales Prinzip im internationalen Recht, das besagt, dass Taten nicht nachträglich strafbar gemacht werden dürfen.

Der aktuelle Fall: Eine umstrittene Verurteilung
Im Mittelpunkt von Bauers Rede steht ein Urteil, das einen Vorfall aus dem Jahr 1974 betrifft. Ein heute über 80-jähriger ehemaliger MfS-Offizier wurde zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, weil er angeblich einen polnischen Staatsbürger am Grenzübergang Bahnhof Friedrichstraße erschossen haben soll. Der Pole, so Bauer, habe einen Sprengsatz in einer Aktentasche gehabt, mit dem er seine Ausreise nach West-Berlin erzwingen wollte. Nachträglich habe sich jedoch herausgestellt, dass es sich bei dem Sprengsatz um eine Attrappe handelte.

Bauer wirft der deutschen Justiz vor, in diesem Fall politisch gehandelt zu haben. So sei das Verfahren in der Vergangenheit mehrfach eingestellt worden, da die Staatsanwaltschaft von einer Verjährung des Straftatbestandes ausging. Erst durch neue Ermittlungen der polnischen Behörden und einen internationalen Haftbefehl sei der Fall wieder aufgenommen worden. Um eine Verurteilung zu ermöglichen, sei der Tatbestand auf Mord geändert worden, da dieser – im Gegensatz zu Totschlag – nicht verjährt.

Fragwürdige Beweisführung
Hans Bauer kritisiert die Beweisführung im Verfahren als mangelhaft. Es habe keine klaren Beweise gegeben, dass der Angeklagte den tödlichen Schuss tatsächlich abgegeben habe. Zwei jugendliche Zeuginnen aus dem Jahr 1974 hätten sich nach 50 Jahren nicht mehr genau erinnern können, und ihre Aussagen seien widersprüchlich gewesen. Ein wesentliches Indiz für die Verurteilung sei die Verleihung eines Ordens an den Angeklagten nach dem Vorfall gewesen. Bauer hält dies jedoch für unzureichend, um den Nachweis einer individuellen Schuld zu erbringen.

Er hebt hervor, dass das Gericht grundlegende Prinzipien wie „Im Zweifel für den Angeklagten“ nicht beachtet habe. Zudem sei die Frage, ob es sich möglicherweise um eine Notwehrsituation gehandelt habe, nicht ausreichend geprüft worden. Laut Bauer sei der angebliche Terrorist eine direkte Gefahr für die Sicherheit gewesen, sodass ein tödlicher Schuss gerechtfertigt gewesen sein könnte.

Kritik an der Rechtsanwendung
Ein weiterer zentraler Punkt in Bauers Kritik ist die Anwendung des Rechts. Er bemängelt, dass das Gericht sowohl das Recht der DDR als auch grundlegende juristische Prinzipien nicht korrekt angewandt habe. So sei im DDR-Strafrecht festgelegt gewesen, dass Entscheidungen auf der Grundlage von Feststellungen aus der Beweisaufnahme getroffen werden müssten. Im bundesdeutschen Recht hingegen gelte die Formulierung, dass das Gericht nach seiner „Überzeugung“ entscheide. Bauer sieht hierin einen erheblichen Unterschied und wirft dem Gericht vor, die Beweise zugunsten einer vorgefassten Überzeugung ignoriert zu haben.

Politische Motive und Klassenjustiz
Bauer bezeichnet das Urteil als Beispiel für Klassenjustiz. Seiner Ansicht nach habe das Gericht nicht neutral agiert, sondern sei von einer politischen Haltung geprägt gewesen, die die DDR und insbesondere das MfS als „Inkarnation des Bösen“ darstelle. Dies sei während des gesamten Verfahrens deutlich geworden, insbesondere in den Bemerkungen des vorsitzenden Richters. Für Bauer ist das Urteil weniger das Ergebnis einer juristischen Prüfung, sondern vielmehr Ausdruck eines politischen Urteils, das in die Delegitimierung der DDR eingebettet ist.

Appell und Ausblick
Abschließend betont Bauer, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig sei und sich in der Revision befinde. Er hoffe, dass die nächste Instanz dieses Urteil aufhebe. Zugleich verspricht er, Solidarität mit dem Verurteilten und anderen ehemaligen MfS-Mitarbeitern zu üben. Für ihn steht der Fall exemplarisch für den Umgang der Bundesrepublik mit der DDR-Geschichte und wirft grundlegende Fragen über den Rechtsstaat und die Unabhängigkeit der Justiz auf.

Hans Bauer sieht in diesem Urteil eine Fortsetzung der systematischen Delegitimierung der DDR, die seit der Wiedervereinigung betrieben werde. Der Fall verdeutliche, wie politische Motive juristische Verfahren beeinflussen könnten und wie ehemalige Mitarbeiter des MfS auch Jahrzehnte später noch Ziel von Verfolgung seien. Seine Rede ist nicht nur eine juristische Analyse, sondern auch ein politischer Appell, die Vergangenheit differenzierter zu betrachten und vermeintliche Unrechtsurteile zu hinterfragen.

Redakteur/Blogger/Journalist: Arne Petrich

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