Müssen erst 10 Russen kommen? Arbeitsplatztausch zwischen Ludwigsfelde und Moskau

Müssen erst 10 Russen kommen? | Besuch im IFA-Automobilwerk Ludwigsfelde | Fernsehen der DDR 1977

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„Müssen erst 10 Russen kommen?“ – dieser provokante Titel eines Beitrags im Archiv des MDR bezieht sich auf ein außergewöhnliches Experiment aus dem Jahr 1977: den Arbeitsplatztausch zwischen zehn Moskauer Automobilbauern vom Sawod imeni Lichatschowa und IFA-Werkern aus Ludwigsfelde. Die Initiative zielte darauf ab, den Austausch von Erfahrungen und Technologien zu fördern und die Zusammenarbeit zwischen der DDR und der Sowjetunion zu intensivieren.

Der Bereichsleiter Dr. Wessel war von der Idee überzeugt und sah große Chancen in diesem interkulturellen Austausch. Er hoffte, dass die IFA-Arbeiter von den Techniken und der Arbeitsweise ihrer sowjetischen Kollegen profitieren könnten, während die Moskauer die DDR-Methoden kennenlernen sollten. Die Vision war, eine Brücke zwischen den beiden Automobilbaukulturen zu schlagen und den Wissens- und Erfahrungshorizont beider Seiten zu erweitern.

Doch nicht alle waren von dem Vorhaben begeistert. Technologe Günther Brzyk äußerte Skepsis. Er war sich unsicher, ob die Unterschiede in den Arbeitsweisen und den technischen Standards wirklich überbrückt werden könnten. Brzyk befürchtete, dass kulturelle und technische Barrieren den Austausch behindern könnten und stellte in Frage, ob eine solche Zusammenarbeit tatsächlich zielführend sei.

In starkem Kontrast zu Brzyks Bedenken stand Instandhalter Dieter Kaschube. Er war bereit, dem Versuch eine Chance zu geben und sah in dem Austausch eine Möglichkeit, innovative Ansätze und neue Perspektiven zu gewinnen. Kaschube glaubte daran, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Gruppen nicht nur die Produktion verbessern könnte, sondern auch das Verständnis und die Wertschätzung füreinander stärken würde.

Bernd Kraske, ein weiterer Mitarbeiter, teilte diese optimistische Sichtweise. Er war davon überzeugt, dass die Begegnung mit den russischen Kollegen nicht nur technisches Wissen, sondern auch menschliche Verbindungen schaffen würde. Die Möglichkeit, mit Menschen aus einem anderen kulturellen Kontext zu arbeiten, versprach, das Arbeitsumfeld in Ludwigsfelde zu bereichern und neue Ideen hervorzubringen.

Der Arbeitsplatztausch war somit nicht nur ein technisches Experiment, sondern auch ein Versuch, das Zusammenspiel zwischen Mensch und Technik über nationale Grenzen hinweg zu fördern. Während der vier Wochen des Austausches sollten Herausforderungen gemeistert und Lösungen gefunden werden, die über den bloßen Austausch von Maschinen und Technologien hinausgingen. Letztlich blieb es spannend zu beobachten, welche langfristigen Auswirkungen dieser Versuch auf die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern und den betroffenen Werken haben würde.

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