Potsdam – Wer heute durch das Viertel am Neuengarten schlendert, dem fällt kaum etwas von der düsteren Geschichte dieses Ortes auf. Hinter der unscheinbaren Fassade eines ehemaligen evangelischen Pfarrhauses in der Leistikostraße verbarg sich ab 1945 ein Ort des Grauens: ein von den sowjetischen Besatzungsmächten in ein berüchtigtes KGB-Gefängnis umgewandeltes Gebäude, in dem über ein Jahrzehnt lang unvorstellbares Leid herrschte.
Ein Mahnmal der Unterdrückung
Zahlreiche Zeitzeugenberichte und neuere Recherchen dokumentieren das Schicksal von rund 1200 Inhaftierten, die bis 1955 in diesem Gefängnis festgehalten wurden. Die Opfer waren Zivilisten, Jugendliche, Frauen und Männer – allesamt unter dem Verdacht, Spionage betrieben zu haben. Die Gefangenen stammten nicht nur aus dem deutschen Raum; auch sowjetische Soldaten, denen Fahnenflucht vorgeworfen wurde, fanden sich hinter den Gitterstäben wieder. Die Verfahren verliefen im Geheimen: Öffentliche Prozesse waren ausgeschlossen, und die Verurteilungen, die oft zu 25 Jahren Haft im Arbeitslager oder gar zur Todesstrafe führten, wurden ausschließlich durch Geständnisse erzwungen – Geständnisse, die mit brutalen Foltermethoden erpresst wurden.
Folter als Mittel der Machtdemonstration
Ein zentraler Aspekt der Haftbedingungen waren systematische Folterungen. Die Insassen mussten sich in düsteren, überfüllten Zellen ausharren, in denen bereits kleinste Bewegungen schmerzhaft waren. Besonders markant ist die Schilderung eines Überlebenden: Günter Martins, der 1951 zwei Tage lang in einer winzigen, fast unbrauchbaren Zelle festgehalten wurde, klagte über lebensbedrohlichen Luftmangel. Auch architektonische Besonderheiten, wie raue Wandoberflächen – der sogenannte „Raubputz“ – dienten einem doppelten Zweck: Sie verhinderten einerseits körperlichen Halt und andererseits das stille Übermitteln von Botschaften zwischen den Häftlingen. So wurden allmählich auch die kleinsten Formen des Widerstands unterbunden.
Spuren im heutigen Potsdam
Heute offenbart sich der Ort der vergangenen Grausamkeiten in einem anderen Licht. Das einstige Gefängnis wird zunehmend als Mahnmal und Gedenkstätte genutzt. In einem „Haus der Erinnerungen“ widmet sich die Einrichtung der Aufarbeitung der Geschichten der Opfer und dem unermüdlichen Bemühen um historische Transparenz. Mitarbeiter der Gedenkstätte sind dabei, sämtliche verfügbaren Hinweise zusammenzutragen, um die einzelnen Schicksale und die zugrunde liegenden Mechanismen der Repression zu rekonstruieren. Eine kommende Dauerausstellung soll die Besucher noch intensiver an die Geschehnisse erinnern und das Bewusstsein für die Gefahren von Willkür und Unterdrückung schärfen.
Ein Appell an die Erinnerungskultur
Der Blick in die Vergangenheit – so schmerzhaft er auch sein mag – ist unabdingbar für eine offene Auseinandersetzung mit Geschichte und Erinnerung. Das KGB-Gefängnis in Potsdam steht sinnbildlich für die dunklen Kapitel, die sich unter fremder Herrschaft abspielten, und mahnt zugleich, dass solche Zeiten nie in Vergessenheit geraten dürfen. Gerade in einer Epoche, in der die Risiken von Machtmissbrauch und der Verfall demokratischer Werte immer wieder neu diskutiert werden, dient der Ort als eindringliche Warnung und Appell: Erinnern bedeutet, die Freiheit zu schützen.
Ein Ort der leisen Stimmen
Die Mauern des ehemaligen Gefängnisses bergen nicht nur stumme Grausamkeiten, sondern auch die leisen Stimmen derer, die unterdrückt wurden. Es sind diese Stimmen, die heute in der Gedenkstätte ihren Ausdruck finden und die Besucher dazu anregen, über die Bedeutung von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit in unserer Zeit nachzudenken. Ein Besuch in diesem bedeutsamen Ort öffnet Augen – für die Vergangenheit, für die Gegenwart und für eine Zukunft, in der solche Menschenrechtsverletzungen nie wieder toleriert werden dürfen.