In den Archiven der ehemaligen DDR bewahren sich Dokumente, die nicht nur die Alltagsrealität, sondern auch das Selbstverständnis des Staates widerspiegeln. Ein solcher Film – ein Propagandastück zur Zivilverteidigung – liefert eindrucksvolle Einblicke in die Strategien, mit denen die DDR-Regierung die Bevölkerung auf Katastrophen und Unfälle vorbereiten wollte. Dabei wird deutlich, dass hier nicht nur ein technisches Sicherheitskonzept, sondern vor allem auch eine ideologische Aufklärung betrieben wurde.
Ein umfassendes Schutzkonzept
Zivilverteidigung, wie sie in diesem Film dargestellt wird, ist weit mehr als der reine Einsatz von Notfallmaßnahmen. Sie umfasst ein System staatlicher und gesellschaftlicher Maßnahmen, das darauf abzielt, Menschenleben zu schützen und die Wirtschaft vor den Folgen von Havarien zu bewahren. Der Film beleuchtet die verschiedenen Facetten – von der Prävention bis hin zu gezielten Trainings und Einsätzen – und vermittelt das Gefühl, dass jeder Bürger eine aktive Rolle im Katastrophenmanagement spielen muss.
Praxisnahe Ausbildung und realistische Übungen
Ein wesentlicher Bestandteil des Films ist die Darstellung praktischer Übungen. Bereits Schüler der neunten Klasse werden in den Grundlagen der Zivilverteidigung unterrichtet, um schon früh ein Bewusstsein für eigenverantwortliches Handeln in Notlagen zu entwickeln. Die praxisorientierten Trainings im Betrieb, wie das Anti-Havarie-Training im Chemischen Kombinat Bitterfeld, stehen exemplarisch für die realitätsnahe Vorbereitung auf den Ernstfall. Dabei werden medizinische Grundlagen wie die Pulskontrolle, Techniken zur Evakuierung von Verletzten und das sichere Umgehen mit Löschgeräten vermittelt. Solche Übungen unterstreichen den Anspruch, im Katastrophenfall nicht nur auf technischer, sondern auch auf menschlicher Ebene gewappnet zu sein.
Einsatz in Extremsituationen und organisatorische Strukturen
Der Film dokumentiert, wie im Ernstfall – sei es bei einer Explosion in einer Chemiefabrik oder bei schweren Unwetterschäden – die Einsatzkräfte der Zivilverteidigung zum Zug kommen. Die Zusammenarbeit mit Feuerwehr, Rettungsdiensten und anderen staatlichen Institutionen wird als gut abgestimmtes System präsentiert, in dem jeder Beteiligte seinen Teil zur Schadensbegrenzung beiträgt. Auch die regionale Verantwortung, wie sie etwa vom Oberbürgermeister in Dessau verkörpert wird, spielt eine zentrale Rolle. Diese Verantwortung wird als Ausdruck des gesellschaftlichen Zusammenhalts propagiert, denn der Schutz der Bevölkerung und die Aufrechterhaltung der Volkswirtschaft liegen letztlich in den Händen der Bürger selbst.
Propaganda und ideologische Rahmung
Neben den praktischen Aspekten verfolgt der Film aber klar auch propagandistische Ziele. Die Zivilverteidigung wird als untrennbarer Bestandteil des Staatsauftrags dargestellt, der jeden Einzelnen zum Mitmachen aufruft. Durch die Verknüpfung von Sicherheit, Gemeinschaft und staatlicher Fürsorge wird ein Bild konstruiert, in dem modernste Technik und gut ausgebildete Bürger gemeinsam für den Erhalt der sozialen Ordnung sorgen. Diese Darstellung sollte nicht nur Sicherheit vermitteln, sondern auch das Vertrauen in den Staat stärken und die Identifikation mit dem sozialistischen System befördern.
Der Propagandafilm zur Zivilverteidigung bietet einen faszinierenden Einblick in die Mechanismen der DDR-Staatskommunikation. Er zeigt, wie vielschichtig Sicherheitsmaßnahmen in der DDR konzipiert waren – als praxisnahe Schulungen, als organisatorisch streng durchdachte Notfallpläne und als Teil einer umfassenden ideologischen Aufklärung. Heute, mit dem Blick in die Vergangenheit, wird deutlich, dass solche Filme nicht nur technische Ausbildungsinhalte vermittelten, sondern vor allem auch den Geist einer Zeit prägten, in der der Staat versuchte, jeden Aspekt des Lebens zu kontrollieren und zu sichern. Die Darstellung der Zivilverteidigung wird damit zu einem Spiegelbild eines Staates, der für seine Bürger vor allen erdenklichen Gefahren schützen wollte – und dabei ganz bewusst auch das Selbstverständnis einer kollektiven, allumfassenden Sicherheit propagierte.