Kommunalpolitik zum Anfassen: Wie junge Menschen die Demokratie vor Ort stärken

Erfurt/Nordhorn/Schweigen-Rechtenbach – Während vielerorts über Politikverdrossenheit geklagt wird, zeigen einige junge Menschen, dass es auch anders geht. Sie engagieren sich in Stadt- und Gemeinderäten, setzen sich für ihre Mitbürger ein – und beweisen, dass politische Teilhabe vor allem eines ist: konkret, lokal und wirksam.

Eine von ihnen ist Lilly Fischer, 25 Jahre alt, Stadträtin in Erfurt. Ihr politisches Engagement begann schon früh – im Schülerparlament. „Damals wollten wir eine Möglichkeit schaffen, wie Jugendliche bei Entscheidungen eingebunden werden“, erinnert sie sich. Heute kämpft sie im Stadtrat für die Belange junger Menschen in ihrer Heimatstadt. Ihr Antrieb: Politik nicht nur kritisieren, sondern mitgestalten.

Auch Kai Schmidt aus Nordhorn hat klare Ziele. Der Ratsherr des Bürgerforums möchte „die Kommunalpolitik aus dem Rathaus herausholen“. Für ihn gehört der direkte Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern zur politischen Grundausstattung. Sitzungen allein reichten nicht aus, um die Lebensrealität der Menschen zu verstehen.

Mohammed Sami Augustin, Gemeinderat in Schweigen-Rechtenbach, betont die Rolle des Ehrenamts. „Ich will meinen Beitrag zur Weiterentwicklung der Kommune leisten“, sagt er. Für ihn ist kommunale Politik mehr als trockene Verwaltung – sie ist ein Ausdruck von Heimatverbundenheit.

Demokratie beginnt vor der Haustür
Was alle drei eint: das tiefe Verständnis für die Bedeutung der kommunalen Ebene. Entscheidungen im Stadtrat oder Gemeinderat haben unmittelbare Auswirkungen auf das Leben der Menschen – ob es um Schulen, Verkehr, Vereinsförderung oder Jugendprojekte geht. „Man merkt die Entscheidungen direkt vor der eigenen Haustür“, sagt Fischer.

Doch nicht nur Entscheidungen, auch die Art und Weise, wie Politik kommuniziert wird, ist entscheidend. Viele Mandatsträger setzen auf niedrigschwellige Formate: Videos, kurze Erklärtexte, einfache Sprache. „Wir wollen zeigen, warum wir wie abgestimmt haben“, erklärt Fischer. Es gehe darum, politische Arbeit transparent und verständlich zu machen – besonders für junge Menschen.

Politik zum Mitmachen
„Machen ist besser als Motzen“ – so bringt es Lilly Fischer auf den Punkt. Wer unzufrieden mit der Politik ist, solle nicht nur kritisieren, sondern überlegen, wie er oder sie selbst Teil der Lösung sein kann. Doch sie macht auch klar: Kommunalpolitik ist kein Selbstläufer. Zeit, Geduld, die Bereitschaft zum Zuhören – all das braucht es.

Der Schlüssel: ein Thema finden, für das man brennt. „Nicht alles ein bisschen, sondern eines richtig“, rät Fischer. Denn nur so könne man wirklich etwas bewegen – und auch langfristig motiviert bleiben.

„Schule der Demokratie“
Für viele ist die kommunale Ebene der erste Berührungspunkt mit politischem Engagement – und damit ein idealer Ort, um Demokratie zu lernen. Kai Schmidt sieht darin sogar einen Bildungsauftrag: „Kommunale Politik ist die direkteste Form, politische Zusammenhänge zu verstehen.“

Die Beteiligung junger Menschen sei dabei essenziell. Sie bringen neue Perspektiven ein – und helfen, eingefahrene Strukturen aufzubrechen. „Ein Rad funktioniert nur, wenn man es von allen Seiten betrachtet“, so Schmidt.

Politik lebt vom Mitmachen
In einer Zeit, in der viele das Vertrauen in politische Prozesse verlieren, setzen engagierte Stadt- und Gemeinderäte ein starkes Zeichen: Demokratie lebt – und zwar vor Ort. Sie braucht Menschen, die zuhören, erklären, handeln. Junge, motivierte Engagierte wie Fischer, Schmidt und Augustin zeigen: Es gibt Alternativen zur Resignation. Man muss sie nur ergreifen.

Tips, Hinweise oder Anregungen an Arne Petrich

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