Das barocke Herrenhaus Karlsburg, südlich von Greifswald gelegen, ist ein kulturhistorisches Juwel, eingebettet in eine faszinierende Geschichte und umgeben von einem englischen Landschaftspark sowie einer Klinik. Es ist ein Zeugnis wechselhafter Besitzverhältnisse, architektonischer Anpassungen und gesellschaftlicher Transformationen.
Historischer Überblick
Die Wurzeln des Gutes reichen bis ins Jahr 1300 zurück, als es erstmals unter dem Namen Gnatzkow erwähnt wurde. Später wurde der Name im späten 18. Jahrhundert in Carlsburg und schließlich in Karlsburg geändert. Das Anwesen wechselte im Laufe der Jahrhunderte mehrfach den Besitzer, wobei jeder Besitzer eine neue Facette zur Geschichte des Herrenhauses hinzufügte.
Einen entscheidenden Wendepunkt markierte das Jahr 1731, als Carl Reichsgraf von Bohlen mit dem Bau eines repräsentativen Barockschlosses begann. Der Bau zog sich über mehrere Jahre hin und war 1739 weitgehend abgeschlossen. Doch die ambitionierten Baupläne hatten ihren Preis: Der Graf ging in Konkurs. Sein Sohn erwarb das Gut später zurück, doch die wechselvollen Besitzverhältnisse setzten sich fort.
Architektur und Gestaltung
Das Herrenhaus ist ein zweigeschossiger Putzbau mit neun Achsen, der auf einem hohen Kellergeschoss ruht. Sein Mansardwalmdach verleiht ihm eine elegante Silhouette. Besonders markant ist die Hofseite mit zwei Seitenflügeln, die einen Ehrenhof bilden. Eine repräsentative Treppe führt zum Rundbogeneingang im Mittelrisalit, der mit einem Dreiecksgiebel abgeschlossen wird.
Über eine zehnachsige, eingeschossige Galerie ist der Corps de Logis mit einem Pavillon verbunden. Diese Galerie wurde 1913 bis 1914 durch den Architekten Paul Korff um ein Stockwerk erhöht. Gleichzeitig ergänzte Korff das Dach um rundbogige Mansardenfenster und charakteristische Fledermausgauben. Der Eingriff in die Architektur verlieh dem Gebäude eine harmonische Verbindung von barocken und neobarocken Elementen.
Der umgebende Park, ursprünglich im barocken Stil angelegt, wurde ab 1848 in einen englischen Landschaftspark umgestaltet. Besonders eindrucksvoll ist das gusseiserne Rosentor, das 1896 von Helene Gräfin von Bismarck-Bohlen entworfen wurde und bis heute erhalten ist.
Nutzung im 20. Jahrhundert
Während des Zweiten Weltkriegs diente das Herrenhaus als Lager für Kunstschätze der Universität Greifswald, was seinen kulturellen Stellenwert unterstreicht. Nach 1945 kam es zu einer einschneidenden Veränderung: Das Gut wurde enteignet und zunächst als Flüchtlingslager sowie später als Krankenhaus genutzt.
1947 zog das Institut für Diabetesforschung ein, das das Gebäude für wissenschaftliche Zwecke nutzte. Mit der Wiedervereinigung Deutschlands änderte sich die Nutzung erneut. Das Herrenhaus wurde zu einem medizinischen Zentrum umfunktioniert, bevor es 2017 leerstand.
Heutiger Zustand und Zukunftsaussichten
Das Herrenhaus ist heute in einem restaurierungsbedürftigen Zustand, doch zahlreiche historische Elemente wie der Rokoko-Gartensaal, alte Türen, Kamine und sogar ein Kino aus DDR-Zeiten sind erhalten geblieben. Diese Details verleihen dem Bauwerk eine besondere Aura und machen es zu einem wertvollen Objekt für denkmalpflegerische und kulturelle Projekte.
Der aktuelle Leerstand und die Verkaufspläne eröffnen jedoch neue Perspektiven. Seit 2017 steht das Herrenhaus offiziell leer und wird zum Verkauf angeboten. Derzeit ist das Gebäude reserviert, doch die zukünftige Nutzung bleibt unklar. Es ist zu hoffen, dass die reiche Geschichte und die architektonischen Qualitäten des Herrenhauses in einer neuen Nutzung gewürdigt werden.
Das Herrenhaus Karlsburg ist ein faszinierendes Beispiel für die Vielschichtigkeit norddeutscher Kulturgeschichte. Von seinen barocken Anfängen über die neobarocken Umgestaltungen bis hin zu den wechselhaften Nutzungen des 20. Jahrhunderts spiegelt es die Entwicklungen einer ganzen Region wider. Mit seinem einzigartigen architektonischen Charme und seiner geschichtlichen Bedeutung bietet es auch heute noch ein enormes Potenzial – sei es als Denkmal, kulturelles Zentrum oder exklusiver Wohnraum.