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MittsommerRemise 2025: Mecklenburg-Vorpommerns Herrenhäuser neu entdecken

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Einmal im Jahr öffnet sich ein ganz besonderes Fenster in die Vergangenheit: Die MittsommerRemise lädt dazu ein, Mecklenburg-Vorpommerns Gutshäuser, Herrenhäuser und Schlösser auf eine Weise zu erleben, die sonst kaum möglich ist. Am 21. und 22. Juni 2025 öffnen mehr als 70 dieser historischen Anwesen ihre Türen – einige liebevoll restauriert, andere noch auf dem Weg dorthin, aber alle voller Geschichte, Charme und Charakter. Es ist die Gelegenheit, durch prächtige Säle und verwunschene Gärten zu streifen und mit jenen ins Gespräch zu kommen, die sich mit Herzblut für den Erhalt dieser Orte einsetzen.

Der besondere Reiz der MittsommerRemise liegt im Austausch mit Menschen, die dieselbe Begeisterung für historische Bauten teilen. Architektur, Landschaftsgestaltung, Denkmalpflege und Zukunftsvisionen – all diese Themen machen den Reiz der Veranstaltung aus. Hier begegnet man nicht nur prachtvollen Gebäuden, sondern auch den Persönlichkeiten, die sie mit neuem Leben füllen.

Wer Formate wie „Mit Mut, Mörtel und ohne Millionen“ (NDR) oder die ARD-Roomtour schätzt, wird sich bei der MittsommerRemise besonders wohlfühlen. Vielleicht trifft man sogar auf bekannte Gesichter aus diesen Sendungen – Gutshausbesitzer aus Lüssow, Langwitz, Niendorf oder Sülten Hof öffnen ihre Tore und gewähren Einblicke in ihr Leben mit einem historischen Haus. Sie berichten von Herausforderungen und Überraschungen hinter dicken Mauern und teilen ihre Visionen für die Zukunft.

Neue Highlights 2025
In diesem Jahr bereichern weitere Gutshäuser das Programm:

  • Ostseegutsland: Hof Mummendorf, Herrenhaus Levetzow, Gutshaus Hagebök und Schloss Pötenitz
  • Mecklenburger Gutsland: Herrenhaus Kaeselow und Gutshaus Woserin
  • Vorpommersches Gutsland: Gut Rosengarten, Schloss Ralswiek und Gutshaus Nisdorf
  • Ergänzt wird das Angebot durch Gutshaus Tentzerow (Tollensetal), Burg Spantekow (Peenetal), Schloss Rattey (Mecklenburgische Seenplatte) und Schloss Groß Lüsewitz (Mecklenburger Parkland).

Doch es sind nicht nur die beeindruckenden Anwesen, die den Charme der MittsommerRemise ausmachen – es sind vor allem die Menschen, die diese Orte mit Leidenschaft erhalten. Lassen Sie sich inspirieren und tauchen Sie ein in eine Welt voller Geschichte und Zukunftsträume.

Mühlrose vor dem Abriss – Wenn Heimat dem Kohlebagger weicht

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Mühlrose/Sachsen. Jenseits der Schlagworte vom baldigen Kohleausstieg zeigt sich im sächsischen Mühlrose, wie tief die Braunkohleförderung bis heute in das Leben ganzer Dörfer eingreift. Trotz des Bundesbeschlusses, bis 2038 aus der Kohlestromerzeugung auszusteigen, läuft der Tagebau Nochten unvermindert weiter – und damit auch die Zwangsumsiedlung der letzten Bewohner.

Ein Dorf im Zeichen des Schaufelrads
Wer sich Mühlrose nähert, spürt den wummernden Herzschlag des Tagebaus Nochten. Unweit des Ortes erstrecken sich gigantische Abraumhalden und die gewaltige Schaufelradmaschine, die sich unaufhaltsam durch den Boden frisst. Unter dem Dorf ruhen schätzungsweise 150 Millionen Tonnen Braunkohle – ein Vorrat, der den Fortbestand des Kohlekraftwerks Schwarze Pumpe noch Jahrzehnte sichern könnte.

Seit Mitte der 2010er-Jahre wurde Mühlrose Stück für Stück geräumt. Etwa 60 Häuser sind bereits abgebrochen, knapp 200 Menschen haben sich schon am neuen Standort niedergelassen. „Anfangs fiel es mir schwer, wie einer nach dem anderen weggezogen ist. Das war schon manchmal richtig deprimierend“, erinnert sich der letzte Ortsbewohner, 55-jährige Tischlermeister Jens Panasch.

Umsiedlung vor Ausstieg
Der ursprüngliche Umsiedlungsvertrag zwischen der sächsischen Landesregierung und der Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG) datiert auf 2019 – ein Jahr vor dem offiziellen Beschluss zum Kohleausstieg durch die Bundes­regierung. Mit dem vorgezogenen Rodungsbeginn setzte die LEAG, größter Arbeitgeber in der Region, das Projekt durch. Für viele Betroffene war die Entscheidung weit weniger überraschend: „Lärm, Dreck, Unruhe – daran hat man sich nie so richtig gewöhnt. Den meisten ist es deshalb nicht schwergefallen, wegzuziehen“, sagt Katja Stieler, Reporterin der “tagesthemen mittendrin”.

Doch für Panasch, hier aufgewachsen und fest verwurzelt, bedeutete das Ende von Mühlrose auch den Verlust zahlreicher Erinnerungen: „Wir hatten eine tolle Dorfgemeinschaft, Vereine, ein schönes Gasthaus mit Biergarten und einen alten Tanzsaal. Das alles legst du ab, wie ein Kleidungsstück.“

Ein neues Leben im „neuen Mühlrose“
Rund sieben Kilometer entfernt liegt seit fünf Jahren der Ersatzstandort „neues Mühlrose“. Moderne Einfamilienhäuser, großzügig konzipiert, entstanden auf Basis individuell verhandelter Entschädigungszahlungen. Ein Dorfgemeinschaftshaus mit Kegelbahn und Freizeiträumen soll das soziale Gefüge bewahren.

„Ich dachte, dass es wirklich schlimm wird, aber das neue Zuhause hat mich positiv überrascht“, erzählt eine der umgesiedelten Bewohnerinnen. Insgesamt, so zeigt eine interne LEAG-Befragung, sind laut Stieler 99 % der Betroffenen zufrieden mit der Neuausstattung und der Ruhe abseits des Tagebaulärms.

Für Panasch jedoch bleibt die Wehmut. Er hat sich entschieden, etwas näher bei Verwandten in Trebendorf zu bauen, um genug Platz für seine Schreinerei zu haben. „Ich bin nur mit den einfachen Sachen zufrieden gewesen. Hier habe ich jetzt mehr Komfort, aber ich würde weiter in Mühlrose leben, wenn das nicht gekommen wäre“, sagt er zum Abschied.

Der Preis der Energiewende
Mühlrose ist kein Einzelfall: Seit 1945 sind in Ost- und Westdeutschland etwa 300 Orte für den Kohleabbau zerstört worden, rund 120.000 Menschen mussten umgesiedelt werden. Dass dieses Kapitel – trotz politischer Weichenstellung hin zur Klimaneutralität – erst in rund 13 Jahren endgültig geschlossen wird, zeigt: Die Energiewende ist nicht nur ein technischer, sondern vor allem ein sozialer und menschlicher Prozess.

Während der Kohlebagger unaufhaltsam seine Bahnen zieht, hinterlässt er Gruben, entleerte Dörfer und nicht zuletzt ein allgemein spürbares Vakuum in der Erinnerungskultur der betroffenen Regionen. Wie sehr sich diese Lücken schließen lassen, hängt nicht nur vom Ausstiegsdatum ab, sondern davon, wie auch die zwischenmenschlichen Bande erhalten bleiben, die einst ein Ort wie Mühlrose zusammengehalten hat.

Katja Hoyer: DDR-Erinnerungen als Brücke zur Einheit

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Am 14. Januar 2025 saß die renommierte Historikerin Katja Hoyer im Studio von Zeitzeugen TV und eröffnete ein vielschichtiges Gespräch, das weit über die rein biografischen Details ihres Lebens hinausging. Im Zentrum des Interviews stand ihr neues Buch „Diesseits der Mauer – Eine neue Geschichte der DDR“, in dem sie versucht, die Komplexität der DDR-Erfahrungen und deren nachhaltige Auswirkungen auf die deutsche Identität zu beleuchten. Ihre persönlichen Wurzeln, die sie als in der DDR geborene Frau (1985) erlebt hat, verband sie mit einer kritischen Betrachtung der einseitigen Darstellung der Vergangenheit – eine Darstellung, die ihrer Meinung nach oft zu simplistisch zwischen „Opfern“ und „Tätern“ unterscheidet.

Begegnung und erste Eindrücke
Bereits zu Beginn des Interviews ließ sich Hoyer von einem besonderen Erlebnis einführen: Ihre Begegnung mit Angela Merkel während einer Lesung in London. Angela Merkels autobiografisches Werk „Freiheit“ diente als Ausgangspunkt für einen ersten Austausch, in dem Thomas Grimm Hoyer zu ihren unmittelbaren Eindrücken befragte. Diese Begegnung symbolisiert zugleich die Verschmelzung von persönlicher Geschichte und politischer Wahrnehmung – ein Motiv, das sich durch das gesamte Gespräch zieht.

Persönliche Prägung und familiäre Erinnerungen
Obwohl Katja Hoyer in der späten Phase der DDR geboren wurde und somit selbst nur wenige bewusste Erinnerungen an den Staat hat, war ihr Leben von der Vergangenheit geprägt. Die Erzählungen von Familienmitgliedern, Nachbarn und Lehrern formten ihr Bild von einem System, das in vielen Bereichen des Alltags – sei es durch die Rolle der Frau in der Berufswelt oder die besondere Bedeutung von Datschen als Rückzugsorte – seinen Abdruck hinterlassen hat. Diese indirekten Erfahrungen weckten bei Hoyer das Bedürfnis, ihre eigenen Wurzeln zu erforschen und die vielfältigen Facetten der DDR-Gesellschaft zu verstehen.

Differenzierte Betrachtung der DDR-Geschichte
Ein zentraler Punkt in Hoyer’s Darstellung ist die Kritik an der Schwarz-Weiß-Malerei der DDR-Vergangenheit. Viele historische Darstellungen neigen dazu, Menschen kategorisch als entweder Opfer oder Täter zu bezeichnen. Hoyer widerspricht diesem vereinfachenden Ansatz und betont, dass die meisten Menschen, die in der DDR lebten, pragmatisch versuchten, sich den gegebenen Bedingungen anzupassen – oft ohne ideologische Überzeugung oder gar Glücksempfinden. Dabei erzählt sie von ihrem Vater, einem ehemaligen NVA-Offizier, der nach der Wende einen tiefgreifenden beruflichen Umbruch durchlebte, bevor er in seinem neuen Beruf als Elektroingenieur eine Perspektive fand.

Politische Teilung und ihre nachhaltigen Folgen
Die deutsche Teilung über 40 Jahre hat nicht nur die politische Landschaft, sondern auch die Mentalitäten in Ost- und Westdeutschland nachhaltig beeinflusst. Hoyer schildert eindrucksvoll, wie die politische Teilung zu unterschiedlichen Weltbildern geführt hat: Während Westdeutsche oft einen eher westlich orientierten Blick auf die Welt pflegen, halten ostdeutsche Intellektuelle und Journalisten häufig an einer engeren Beziehung zum Osten und zu Russland fest. Diese unterschiedlichen Haltungen sind nicht zuletzt die Folge der unterschiedlichen Erfahrungen, die Menschen in den beiden deutschen Staaten gemacht haben – Erfahrungen, die bis heute nachwirken.

Wirtschaftliche und soziale Umbrüche nach der Wiedervereinigung
Ein weiterer Schwerpunkt des Gesprächs lag auf den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Wiedervereinigung. Die Transformation der DDR-Wirtschaft brachte nicht nur den Verlust traditioneller Industrien und Arbeitsplätze mit sich, sondern führte auch zu einer spürbaren Entwurzelung und Unsicherheit in vielen ostdeutschen Regionen. Hoyer kritisiert, dass die Geschichte der DDR in der gesamtdeutschen Erzählung häufig nur als Randnotiz behandelt wird. Ostdeutsche werden oft dazu gedrängt, sich die Geschichte der Bundesrepublik nach 1949 anzueignen, während ihre eigene, oftmals schmerzhafte Vergangenheit wenig Beachtung findet.

Identitätsfragen und der Aufstieg des Populismus
Ein zentrales Thema des Interviews ist die Frage der Identität. Hoyer thematisiert, wie Ostdeutsche mit ihrer DDR-Vergangenheit umgehen und ob sie das Gefühl haben, ihre Herkunft verbergen zu müssen, um gesellschaftlich anzukommen. Sie verweist dabei auch auf Angela Merkel, die als „Erfolgsgeschichte des Ostens“ gilt, aber selbst nur zögerlich über ihre Erlebnisse in der DDR spricht. Die daraus resultierende innere Zerrissenheit und das Gefühl, von der gesamtdeutschen Gesellschaft nicht vollständig verstanden zu werden, bieten einen Nährboden für populistische Strömungen. Die Unzufriedenheit vieler Bürger, die den Eindruck haben, dass das politische Establishment die eigentlichen Bedürfnisse der Bevölkerung vernachlässigt, führt laut Hoyer zu einem Erstarken populistischer Parteien, die einfache Lösungen und Identitätsversprechen offerieren.

Strukturelle Nachteile und gesamtdeutsche Narrative
Hoyer betont, dass die strukturellen Nachteile, die aus der Wiedervereinigung resultierten, besonders im wissenschaftlichen Bereich spürbar sind. Fehlende Netzwerke und mangelnde Erfahrungswerte im Westen führten dazu, dass ostdeutsche Wissenschaftler oft benachteiligt wurden. Sie plädiert für eine gesamtdeutsche Erzählung, die die Vielfalt der deutschen Geschichte angemessen widerspiegelt und die unterschiedlichen Erfahrungen der beiden Landesteile integriert. Die Notwendigkeit, die gesamtdeutsche Identität neu zu verhandeln, wird von ihr mit dem historischen Vergleich zwischen der Deutschen Einheit 1990 und der Reichsgründung 1871 untermauert – beides Prozesse, die Zeit, Anstrengung und den Willen zu einem gemeinsamen Identitätswandel erforderten.

Rezeption und Kritik des eigenen Werkes
Das Buch „Diesseits der Mauer – Eine neue Geschichte der DDR“ hat in Deutschland nicht nur für breite Aufmerksamkeit gesorgt, sondern auch heftige Kritik ausgelöst. Vor allem ältere Historiker und konservative Journalisten stehen Hoyer kritisch gegenüber, was sie teils als Ausdruck der Angst interpretiert, die Deutungshoheit über die DDR-Geschichte an eine jüngere Generation zu verlieren. Im internationalen Vergleich hingegen wurde ihr Ansatz – der Versuch, die Komplexität der DDR-Erfahrung zu beleuchten – weitaus positiver aufgenommen. Diese unterschiedlichen Reaktionen unterstreichen, wie emotional aufgeladen und kontrovers das Thema DDR-Geschichte in verschiedenen gesellschaftlichen Kontexten verhandelt wird.

Der Blick in die Vergangenheit: Weimarer Republik als neues Forschungsfeld
Neben ihrer Auseinandersetzung mit der DDR widmet sich Hoyer aktuell einem weiteren historischen Brennpunkt: der Weimarer Republik. In ihrem kommenden Buch untersucht sie die Zeit zwischen den Weltkriegen und hinterfragt, warum das vielversprechende Experiment der Weimarer Republik, insbesondere in der kulturell bedeutsamen Stadt Weimar, so früh scheiterte. Dabei stellt sie nicht nur Parallelen zur DDR her, sondern zeigt auch auf, wie tiefgreifend die historischen Erfahrungen und die kontinuierliche Anpassung an sich wandelnde ideologische Vorgaben das Leben der Menschen prägten – von der Weimarer Zeit bis hin zur Gegenwart.

Die Komplexität der DDR-Erfahrung als Schlüssel zur Identitätsfindung
Katja Hoyer bringt in ihrem Interview einen differenzierten Blick auf die DDR-Geschichte zum Ausdruck, der weit über ein vereinfachtes Opfer-Täter-Schema hinausgeht. Ihre persönliche Biografie – geprägt durch indirekte Erfahrungen und mündliche Überlieferungen – steht exemplarisch für die Art und Weise, wie eine ganze Generation die DDR erlebt hat. Anstatt die DDR als monolithischen Block autoritärer Repression zu betrachten, unterstreicht Hoyer die Bedeutung individueller Anpassungsstrategien. Menschen, die in einem System lebten, in dem staatliche Ideologien und Zwangsmaßnahmen den Alltag bestimmten, entwickelten oftmals pragmatische Überlebensstrategien. Diese Vielschichtigkeit der individuellen Lebensgeschichten wird in der gesamtdeutschen Geschichtsschreibung jedoch häufig vernachlässigt.

Die Herausforderung, die Hoyer hier skizziert, besteht darin, dass die DDR-Vergangenheit – trotz ihres offensichtlichen Einflusses auf die deutsche Identität – immer noch als Randthema abgetan wird. Diejenigen, die im Osten aufgewachsen sind, erleben oft einen kulturellen und emotionalen Zwiespalt, der sich in der Schwierigkeit widerspiegelt, ihre eigene Geschichte in das dominierende Narrativ der Bundesrepublik einzufügen. Hierbei zeigt sich auch die paradoxe Rolle prominenter Persönlichkeiten wie Angela Merkel: Als „Erfolgsgeschichte des Ostens“ wird sie bewundert, spricht jedoch nur selten offen über ihre DDR-Erfahrungen. Dieses Schweigen steht symbolisch für die kollektive Ambivalenz im Umgang mit der eigenen Vergangenheit.

Politische und gesellschaftliche Konsequenzen der deutschen Teilung
Die jahrzehntelange politische Teilung Deutschlands hat nicht nur geographische, sondern vor allem tiefgreifende kulturelle und mentale Gräben hinterlassen. Hoyer beschreibt, wie die unterschiedlichen politischen Systeme – die Bundesrepublik im Westen und die DDR im Osten – zu kontrastierenden Weltbildern geführt haben. Diese Divergenz äußert sich noch heute in der politischen Landschaft: Während westdeutsche Eliten oftmals an einem liberalen, marktwirtschaftlichen und international ausgerichteten Weltbild festhalten, zeigt sich bei vielen Ostdeutschen eine stärkere Verbindung zu traditionellen Werten und teils auch zu einer kritischen Haltung gegenüber der Globalisierung und dem Einfluss Russlands.

In diesem Zusammenhang ist auch der Aufstieg populistischer Parteien zu verstehen. Viele Bürger im Osten empfinden, dass ihre Lebenswirklichkeit und ihre historischen Erfahrungen in der politischen Debatte nicht angemessen repräsentiert werden. Die zunehmende Kluft zwischen den Bedürfnissen der Bevölkerung und den Antworten des etablierten politischen Systems schafft ein Vakuum, das populistische Strömungen ausfüllen. Hoyer weist darauf hin, dass diese Entwicklung nicht allein als Rückschritt zu autoritären Modellen gewertet werden darf, sondern als Symptom einer gesellschaftlichen Entfremdung, die auf jahrzehntelangen strukturellen und kulturellen Ungleichheiten beruht.

Wirtschaftliche Transformation und soziale Verwurzelung
Die ökonomischen Umbrüche, die mit der Wiedervereinigung einhergingen, sind ein weiterer zentraler Aspekt in Hoyer’s Analyse. Der rasche Übergang von einem zentral gesteuerten Wirtschaftssystem zu einer marktwirtschaftlich organisierten Gesellschaft brachte nicht nur Fortschritte, sondern auch gravierende Brüche mit sich. Arbeitsplätze gingen verloren, traditionelle Industriezweige wurden aufgegeben, und in vielen Regionen Ostdeutschlands entstand ein Gefühl der Entwurzelung und sozialen Desintegration. Diese ökonomische Transformation war nicht nur eine technische oder wirtschaftliche Umstellung, sondern ein tiefgreifender Einschnitt in das Leben der Menschen – ein Einschnitt, der bis heute nachwirkt.

Hoyer kritisiert, dass die ökonomischen und sozialen Folgen der Transformation in der gesamtdeutschen Narration oftmals unterrepräsentiert bleiben. Während in westdeutschen Diskursen häufig von „Erfolgsmodellen“ und modernisierten Strukturen gesprochen wird, werden die Erfahrungen vieler Ostdeutscher als Randnotiz abgetan. Diese Ungleichbehandlung führt zu einem Gefühl der Marginalisierung, das wiederum politische Ressentiments schürt und den Boden für populistische Agitation bereitet.

Die gesamtdeutsche Erzählung als notwendiger Zukunftsentwurf
Ein wiederkehrendes Thema in Hoyer’s Interview ist die Forderung nach einer neuen, gesamtdeutschen Erzählung, die die Komplexität und Vielfalt der deutschen Geschichte in den Mittelpunkt stellt. Die bisherigen Narrativen, die sich teils an einem simplen Opfer-Täter-Denken orientieren, verfehlen es, den vielschichtigen Realitäten der Menschen gerecht zu werden, die sowohl in der DDR als auch in der Bundesrepublik gelebt haben. Hoyer argumentiert, dass eine gesamtdeutsche Identität nur dann gelingen kann, wenn beide Teile des Landes als gleichwertige Träger von Geschichte und Kultur anerkannt werden – auch wenn dies bedeutet, schmerzhafte und kontroverse Kapitel der Vergangenheit offen anzusprechen.

Die Herausforderung, eine solche Erzählung zu entwickeln, liegt nicht nur im wissenschaftlichen Diskurs, sondern auch in der politischen Willensbildung. Es bedarf eines gesellschaftlichen Konsenses, der bereit ist, traditionelle Narrative zu hinterfragen und sich auf einen offenen Dialog über Geschichte und Identität einzulassen. Hoyer sieht in diesem Prozess auch einen Vergleich zur Reichsgründung von 1871, bei der es ebenfalls um die Schaffung einer gemeinsamen nationalen Identität ging – ein Prozess, der Zeit, Geduld und die Bereitschaft zur Integration unterschiedlicher Perspektiven erforderte.

Historische Vergleiche: DDR und Weimarer Republik
Ein besonders spannender Aspekt des Interviews ist Hoyer’s aktuelles Forschungsinteresse an der Weimarer Republik. Indem sie Parallelen zwischen der DDR und der Weimarer Republik zieht, betont sie die Kontinuitäten in der Art und Weise, wie historische Krisen und Umbrüche verarbeitet werden. Die Weimarer Republik, einst ein Symbol des kulturellen Aufbruchs und zugleich ein Vorbote politischer Instabilität, wird von Hoyer als ein Experiment dargestellt, das an inneren Widersprüchen und einer zu raschen ideologischen Festlegung scheiterte. Auch hier zeigt sich, dass das Versäumnis, die Komplexität der gesellschaftlichen Realitäten zu berücksichtigen, letztlich zu einem Verlust der Deutungshoheit führte.

Der Vergleich zwischen der Weimarer Republik und der DDR bietet wichtige Einsichten in die Dynamiken historischer Umbrüche. Beide Epochen waren geprägt von einem Ringen um Identität und der Notwendigkeit, sich von belasteten Vergangenheiten zu emanzipieren. Hoyer stellt dabei fest, dass in beiden Fällen eine zu starke Vereinfachung der historischen Wirklichkeit dazu führte, dass essentielle Aspekte der individuellen Lebensrealität unter den Tisch gerieten. Diese Erkenntnis ist nicht nur für die Geschichtswissenschaft von Bedeutung, sondern auch für die gegenwärtige politische Diskussion in Deutschland – in der die Frage, wie man mit historischen Traumata umgeht und sie in eine zukunftsweisende Erzählung integriert, immer wieder neu verhandelt werden muss.

Rezeption und Kontroversen – Ein Spiegel der deutschen Gesellschaft
Die Reaktionen auf Hoyer’s Buch verdeutlichen, wie emotional und kontrovers das Thema DDR-Geschichte in Deutschland diskutiert wird. Während internationale Rezensenten ihre Arbeit als innovativen und differenzierten Ansatz loben, begegnen ihr in Deutschland insbesondere ältere Historiker und konservative Journalisten kritisch ablehnenden Haltungen. Diese Reaktionen spiegeln einen tiefer liegenden Konflikt wider: den Kampf um die Deutungshoheit der deutschen Vergangenheit. Hoyer vermutet, dass die heftige Kritik auch Ausdruck der Angst ist, die Kontrolle über die eigene Geschichtserzählung an eine jüngere Generation zu verlieren – eine Entwicklung, die sich in einem breiteren gesellschaftlichen Wandel manifestiert.

Die Polemik, die oft zwischen traditionellen und modernen Geschichtsdeutungen entbrennt, zeugt von der Brisanz des Themas. Es geht nicht nur um wissenschaftliche Differenzen, sondern um die Frage, wie die Gesellschaft mit ihrer Vergangenheit umgeht, welche Narrative ihr Selbstverständnis prägen und wie die Identität in einem gespaltenen Land konstruiert wird. Hoyer’s Ansatz, die Mehrdimensionalität der DDR-Erfahrung in den Vordergrund zu stellen, fordert eine Neubewertung traditioneller Sichtweisen und lädt dazu ein, die Geschichte nicht nur als Aneinanderreihung von politischen Ereignissen zu betrachten, sondern als komplexes Geflecht individueller Schicksale, sozialer Dynamiken und kultureller Prozesse.

Gesellschaftliche Identitätsfragen und der Umgang mit der eigenen Geschichte
Ein zentrales Anliegen Hoyer’s ist der Umgang mit der eigenen Biografie und der damit verbundenen Identitätsfindung. Sie thematisiert, wie viele Ostdeutsche das Gefühl haben, ihre DDR-Vergangenheit verbergen zu müssen, um in der gesamtdeutschen Gesellschaft als „normal“ akzeptiert zu werden. Diese Selbstverleugnung oder zumindest die Zurückhaltung im öffentlichen Diskurs über die eigene Geschichte hat tiefgreifende Konsequenzen für das Selbstverständnis und die kollektive Erinnerung. Gerade in einer Zeit, in der populistische Strömungen versuchen, einfache Antworten auf komplexe Fragen zu geben, wird die Notwendigkeit eines offenen, differenzierten Dialogs über die Vergangenheit immer dringlicher.

Hoyer’s Ausführungen legen nahe, dass die Identitätskrise vieler Ostdeutscher nicht allein durch ökonomische Umbrüche erklärt werden kann. Vielmehr ist es der emotionale und kulturelle Bruch, der durch das plötzliche Verschwinden einer vertrauten Weltordnung entsteht. Die ständige Spannung zwischen dem Stolz auf eine eigene, wenn auch ambivalente Geschichte und der gleichzeitigen Angst vor Stigmatisierung führt zu einem inneren Konflikt, der sich in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens widerspiegelt – von der Politik über die Wissenschaft bis hin zur Populärkultur.

Ausblick: Die Zukunft einer gesamtdeutschen Geschichtserzählung
Die Diskussion um die DDR-Geschichte ist keineswegs abgeschlossen. Vielmehr steht sie exemplarisch für einen größeren gesellschaftlichen und kulturellen Prozess, in dem es darum geht, wie eine Nation ihre Vergangenheit aufarbeitet und in ein zukunftsweisendes Narrativ integriert. Hoyer plädiert für einen Ansatz, der die Brüche und Kontinuitäten in der Geschichte anerkennt und die Komplexität individueller Lebensgeschichten in den Mittelpunkt stellt. Nur so kann es gelingen, eine gesamtdeutsche Identität zu formen, die sowohl die Erfolge als auch die Tragödien der Vergangenheit in sich trägt und den Herausforderungen der Gegenwart gewachsen ist.

Die zukünftige Auseinandersetzung mit der Geschichte muss daher offen, differenziert und integrativ sein. Es gilt, traditionelle Geschichtsdeutungen zu hinterfragen, um Platz zu schaffen für eine Erzählung, die die Vielfalt der deutschen Erfahrungen – von der DDR bis hin zur Weimarer Republik – berücksichtigt. Hoyer’s Arbeit zeigt dabei, dass es nicht darum geht, Schuldzuweisungen zu machen oder einfache Opfer-Täter-Schemata zu bedienen, sondern darum, die historischen Realitäten in ihrer ganzen Komplexität zu verstehen und daraus Lehren für eine gemeinsame Zukunft zu ziehen.

Das Interview mit Katja Hoyer bei Zeitzeugen TV bietet weit mehr als nur eine biografische Skizze einer Historikerin, die in der DDR geboren wurde. Es öffnet ein breiteres Fenster in die deutsche Vergangenheit und macht deutlich, wie eng die historischen Erfahrungen – seien sie persönlich oder gesellschaftlich – mit den aktuellen politischen und sozialen Dynamiken verknüpft sind. Hoyer zeigt auf, dass die DDR-Vergangenheit keineswegs ein abgeschlossenes Kapitel ist, sondern weiterhin als lebendiger Bestandteil der kollektiven Erinnerung fungiert.

Indem sie die oft simplifizierende Darstellung der DDR-Geschichte kritisiert und stattdessen die vielfältigen individuellen Überlebensstrategien und Anpassungsprozesse in den Vordergrund rückt, leistet Hoyer einen wichtigen Beitrag zur Neubewertung der deutschen Identität. Ihre Forderung nach einer gesamtdeutschen Erzählung, die alle Facetten – die Erfolge, die Widersprüche und auch die Tragödien – integriert, ist ein Appell an die Gesellschaft, sich ihrer eigenen Geschichte in all ihren Nuancen zu stellen.

Die wirtschaftlichen und sozialen Umbrüche, die mit der Wiedervereinigung einhergingen, sowie die daraus resultierenden strukturellen Nachteile, werden als tiefgreifende Einschnitte dargestellt, die auch heute noch die Lebenswirklichkeit vieler Menschen prägen. Gleichzeitig weist Hoyer darauf hin, dass der politische Aufstieg populistischer Kräfte nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern als direkte Folge eines Gefühls der Marginalisierung und des Mangels an authentischer Repräsentation in der gesamtdeutschen Narrative entsteht.

Die Parallelen zwischen der DDR und der Weimarer Republik eröffnen zudem einen historischen Vergleich, der wichtige Erkenntnisse über die Dynamik von Identitätskrisen und den Umgang mit historischen Bruchstücken liefert. Die Weimarer Republik, die als kulturelles und politisches Experiment in die Geschichte einging, offenbart ebenso wie die DDR, dass eine zu starke Vereinfachung der historischen Realität letztlich zu einer Verzerrung des kollektiven Gedächtnisses führen kann.

Abschließend wird deutlich, dass der Dialog über die Vergangenheit ein wesentlicher Bestandteil des Prozesses ist, in dem eine Nation ihre Zukunft gestaltet. Katja Hoyer fordert dazu auf, die deutsche Geschichte nicht als starres, festgeschriebenes Narrativ zu akzeptieren, sondern als ein dynamisches, sich stetig wandelndes Geflecht von Geschichten, in dem jede einzelne Erfahrung ihren Platz hat. Nur durch einen offenen, differenzierten und inklusiven Diskurs kann es gelingen, die vielfältigen Stimmen der Vergangenheit in ein neues, gemeinsames Selbstverständnis zu überführen.

Die im Interview angesprochenen Themen – von den persönlichen Erlebnissen in der DDR über die wirtschaftlichen Umbrüche der Wiedervereinigung bis hin zu den aktuellen Herausforderungen der Identitätsbildung und des Populismus – machen deutlich, dass Geschichte weit mehr ist als ein Relikt vergangener Zeiten. Sie ist ein lebendiger Prozess, der das Hier und Jetzt maßgeblich beeinflusst und den Weg für die Zukunft ebnet. Hoyer’s Werk und ihre engagierte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit appellieren an alle, die deutsche Geschichte nicht nur als Aneinanderreihung von Daten und Fakten zu sehen, sondern als ein komplexes Mosaik aus individuellen Schicksalen, sozialen Umbrüchen und kulturellen Wandlungsprozessen.

In diesem Sinne liefert das Interview mit Katja Hoyer nicht nur eine fundierte Analyse der DDR-Geschichte, sondern auch einen Impuls für einen gesellschaftlichen Wandel, der die Vielfalt und Komplexität der eigenen Identität zu würdigen weiß. Es bleibt zu hoffen, dass diese differenzierte Betrachtung der Vergangenheit dazu beiträgt, die bestehenden Gräben zu überwinden und den Weg zu einer inklusiven, gesamtdeutschen Erzählung zu ebnen – einer Erzählung, die den Menschen in all ihren Facetten gerecht wird und die Herausforderungen der Zukunft mit einem bewussten Blick auf die Vergangenheit anpackt.

Katja Hoyer gelingt es in ihrem Interview eindrucksvoll, die vielschichtigen Dimensionen der DDR-Vergangenheit herauszuarbeiten und gleichzeitig deren nachhaltige Wirkung auf die heutige politische und gesellschaftliche Landschaft zu analysieren. Ihr Appell an eine integrative und differenzierte Geschichtserzählung richtet sich an alle, die den Mut haben, die eigene Geschichte in ihrer ganzen Komplexität anzuerkennen – eine Anerkennung, die unabdingbar ist, um die deutschen Identitätsfragen und den anhaltenden gesellschaftlichen Wandel nachhaltig zu verstehen und zu gestalten.

Mit ihrem kritischen Blick auf vereinfachende Narrative, der Betonung individueller Anpassungsstrategien und der klaren Forderung nach einer gesamtdeutschen Geschichtsdeutung leistet Hoyer einen wesentlichen Beitrag zum Diskurs über die deutsche Vergangenheit und Zukunft. Sie erinnert uns daran, dass die Geschichte niemals statisch ist, sondern ein fortwährender Dialog zwischen den Generationen – ein Dialog, der auch in Zukunft Raum für Neubewertung, Integration und vor allem für ein offenes Miteinander bieten muss.

Heinz Florian Oertel im Gespräch mit Georg Buschner nach WM-Sieg 1974

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Der 22. Juni 1974 war ein denkwürdiger Tag in der Geschichte des Fußballs, als die DDR-Nationalmannschaft auf die Bundesrepublik Deutschland traf und einen historischen Sieg errang. Das Spiel, das im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft stattfand, war mehr als ein sportliches Ereignis. Es wurde zu einem Symbol für die politischen Spannungen zwischen Ost und West während des Kalten Krieges.

Das Spiel begann mit großer Spannung, da es nicht nur um Fußball ging, sondern auch um politische Identität und nationale Ehre. Die DDR-Nationalmannschaft, angeführt von Trainer Georg Buschner, trat gegen das Team aus der Bundesrepublik Deutschland an, das unter der Leitung von Helmut Schön stand. Beide Mannschaften waren hoch motiviert und wollten den Sieg um jeden Preis.

Das Spiel verlief hart umkämpft, und die Spannung auf dem Spielfeld spiegelte die politischen Spannungen zwischen Ost und West wider. Die DDR-Nationalmannschaft kämpfte hart und gab ihr Bestes, um gegen das vermeintlich überlegene Team aus der Bundesrepublik anzutreten. Schließlich gelang es Jürgen Sparwasser in der 77. Minute, das entscheidende Tor für die DDR zu erzielen. Dieser Moment ging in die Geschichte ein und wurde zum Stolz und zur Freude vieler Menschen in der DDR.

Der 1:0-Sieg der DDR-Nationalmannschaft über die Bundesrepublik Deutschland bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 war nicht nur ein sportliches Ereignis, sondern auch ein Symbol für den Stolz und die Entschlossenheit des ostdeutschen Volkes. Es war ein Moment des Triumphs inmitten politischer Konflikte und ein Beweis dafür, dass Sport mehr sein kann als nur ein Spiel – er kann auch eine Botschaft des Zusammenhalts und des nationalen Stolzes vermitteln.

Wer war Georg Buschner
Georg Buschner war eine bedeutende Figur im deutschen Fußball, insbesondere in der DDR. Er wurde am 13. Februar 1925 in Haldensleben, Deutschland, geboren und verstarb am 12. Dezember 2007 in Dresden. Buschner war ein herausragender Fußballtrainer und spielte eine wichtige Rolle in der Entwicklung des Fußballsports in der DDR.

Seine Trainerkarriere begann in den 1950er Jahren, und er arbeitete mit verschiedenen Vereinen in der DDR, darunter auch Dynamo Dresden, wo er als Spieler und Trainer tätig war. Doch seine größten Erfolge erzielte er als Nationaltrainer der DDR.

Unter seiner Leitung erreichte die DDR-Nationalmannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 in der Bundesrepublik Deutschland einen bemerkenswerten Erfolg, indem sie unter anderem das historische Spiel gegen die Bundesrepublik Deutschland mit 1:0 gewann. Dieser Sieg war ein Höhepunkt seiner Trainerkarriere und ein bedeutender Moment in der Geschichte des DDR-Fußballs.

Georg Buschner war nicht nur ein herausragender Trainer, sondern auch eine respektierte Persönlichkeit im Fußball. Sein Beitrag zur Entwicklung des Fußballsports in der DDR und sein Erfolg mit der Nationalmannschaft haben seinen Platz in der Fußballgeschichte gefestigt.

Moderne neu gedacht: Die Sanierung der Hyparschale Magdeburg

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Magdeburg. Vier Jahrzehnte nach ihrem Entstehen kehrt die Hyparschale Magdeburg in neuem Glanz zurück: Das 1969 von Ingenieur Ulrich Müther errichtete, denkmalgeschützte Gebäude wurde seit Ende 2019 umfassend saniert und zu einem modernen Konferenz- und Veranstaltungszentrum umgebaut. Mit einem Budget von rund 21 Millionen Euro – gut drei Millionen mehr als ursprünglich veranschlagt – schufen die Restauratoren und Planer des weltweit renommierten Büros Gerkan, Marg und Partner (gmp) eine gelungene Verbindung von historischer Substanz und zeitgemäßer Funktionalität.

Ein Meisterwerk der Leichtbaukunst erhält Stabilität
Die Hyparschale, bekannt für ihre frei tragende Dachfläche von 48 × 48 Metern und eine verblüffend dünne Betondecke von nur neun Zentimetern, galt nach der Wende lange als sanierungsbedürftig. Sogar ein Abriss wurde diskutiert, bevor 1998 der Denkmalschutz in Kraft trat. Die größte Herausforderung: Die Ertüchtigung der filigranen Stahlbeton-Schale, ohne das charakteristische Erscheinungsbild zu beeinträchtigen.

„Die Carbonbeton-Sanierung hat die statische Sicherung erst möglich gemacht“, erklärt Bauleiter Rudolf Droste. Spezialbeton und Carbonfasermatten verstärkten die Dachkonstruktion, während im Herbst 2021 an der Fassade hunderte Stahlträger und Halterungen für die neue Verglasung angebracht wurden. „Es war eine Fleißarbeit“, so Droste, „doch gerade diese schlanke Konstruktion – fast wie Segel – macht den Reiz dieses Gebäudes aus.“

Licht, Transparenz und Modernisierung
Zentrales Motiv der Restauratoren war die Wiederherstellung der einst geplanten, aber nie umgesetzten Transparenz: Ein „Lichtstern“ im Dach, bereits zur Bauzeit vorgesehen, musste in der DDR-Ära wegen eindringenden Regenwassers und technischer Defizite mit Dachpappe abgedeckt werden. Heute schwebt unter dem neu strukturierten Stahlraster eine vollverglaste Pfosten-Riegel-Konstruktion, die erstmals den ursprünglich intendierten Lichteinfall ermöglicht.

„Für die Fachleute unter Schutzanzug und Atemmaske war der 2022 abgeschlossene Farbauftrag auf den Stahlträgern ein echter Kraftakt“, berichtet Architekt Christian Hellmuth. „Doch wir wollten so viel Historisches wie möglich erhalten.“ Ein provisorisch montiertes Musterelement lieferte im Frühjahr 2022 bereits einen Eindruck der künftigen Fassade: Ein weißer Kubus aus Glas, der durch seine Leichtigkeit besticht.

Vom Rohbau zum Veranstaltungszentrum
Parallel zur Fassadensanierung entstanden in den vier Ecken des Gebäudes Betonkuben als „Funktionseinbauten“ für Technik und Infrastruktur. Im Sommer 2023 wurden die riesigen Glaselemente final montiert – der Hülle ist damit ihre äußere Vollständigkeit zurückgegeben. Innen installierten Handwerker massive Stahlträger als Brücken zwischen den Kuben, während in den neuen Wänden maßgefertigte Akustikelemente für beste Innenraumqualität sorgen.

„Es geht um Zeit, Kosten und Qualität – und die müssen auf jeder Baustelle gewahrt bleiben“, fasst Rudolf Droste die letzten Bauphasen zusammen. Trotz Corona-Pandemie, Inflation und Materialengpässen – etwa bei den weißen Farb-Zuschlagstoffen – konnte der Fertigstellungstermin um insgesamt nur ein Jahr verschoben werden.

Denkmalpflege trifft Zukunftsvision
Die komplexe Sanierung vereinte bauliche, denkmalpflegerische und finanzielle Herausforderungen. 18 Millionen Euro waren ursprünglich geplant, am Ende flossen 21 Millionen – gefördert vom Land Sachsen-Anhalt. „Magdeburg war immer ein Vorreiter moderner Baukunst“, betont Christian Hellmuth. „Die Hyparschale ist ein bauliches Kleinod und Vorbild dafür, wie man historische Architektur behutsam modernisieren kann.“

Nach über vier Jahren Bauzeit öffnet das Konferenz- und Veranstaltungszentrum Hyperschale Magdeburg nun seine Tore. Die freitragende Schale steht wieder stabil, die Glasfassade strahlt in klarem Weiß, und der Lichtstern im Dach lässt das Innere heller denn je erstrahlen. Ein Beleg dafür, dass beständiger Dialog zwischen Denkmalschutz und zeitgemäßer Nutzung keine Gegensätze sein müssen, sondern Muse für neue Lösungen bieten.

Wasser, Wirtschaft, Wandel: Leipzigs urbane Flussgeschichte

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Leipzig. Wo einst uralte Auenlandschaften den Menschen prägten, untersucht heute ein interdisziplinäres Forscherteam, wie das Wasser die Stadtentwicklung in Leipzig von der Jahrtausendwende bis zur Frühen Neuzeit beeinflusst hat – und umgekehrt. Im DFG-­Schwerpunktprogramm „Auf dem Weg zur Fluvialen Anthroposphäre“ widmet sich das Teilprojekt „Leipzig, eine Stadt im Fluss“ unter der Leitung von Dr. Johannes Schmidt (Universität Leipzig) erstmals systematisch der langen Geschichte urbaner Flussbeziehungen.

„Leipzig ist mehr als nur eine Stadt am Wasser“, erklärt Dr. Schmidt, „es ist ein lebendiges Archiv von Nutzungen, Eingriffen und Spuren, die wir durch historische Quellen, archäologische Befunde und geowissenschaftliche Analysen entschlüsseln.“

Vier Module für ein komplexes Geflecht
Das Projekt gliedert sich in vier zentrale Forschungsstränge:

  • Hydrologische Dynamik und Stadtentwicklung
    Historische Quellen belegen, dass Leipzigs kleine Fließgewässer – Pleiße, Parthe und Weiße Elster – frühzeitig in Mühlgräben geleitet und kanalisiert wurden. Dr. Schmidt und sein Team rekonstruieren, ab wann und unter welchen Bedingungen die Stadt aktiv in den Wasserhaushalt eingegriffen hat, um Energie zu gewinnen und Abwässer zu leiten.
  • Ökonomische Nutzung der Aue
    Holzschlag, Schweinemast, Wiesenbewirtschaftung: Die Auen boten vielfältige Ressourcen. Gegengewichte lieferten Dürrephasen und Überschwemmungen, die immer wieder Infrastrukturen zerstörten und Nutzungskonzepte infrage stellten. Wie wirkten sich solche Extremereignisse auf die lokalen Ökonomien aus?
  • Extremereignisse: Flut und Dürre
    Durch Archivstudien und Sedimentanalysen wird sichtbar, mit welcher Häufigkeit und Intensität Überschwemmungen stattfanden. Welche gesellschaftlichen Reaktionen – From bau von Dämmen bis hin zu Umsiedlungen – waren die Folge?
  • Verschmutzung und Legacy-Effekte
    Gewerbliche Abwässer, vor allem aus der Gerberei, hinterließen toxische Stoffe in den Böden. Mit geochemischen Messungen spüren die Forschenden jahrhundertealte Schadstoffeinträge auf und beleuchten, wie solche “Legacy-Effekte” bis heute Stadtplanung und Ökologie prägen.

Lokales Engagement und interdisziplinäre Kraft
Ein Alleinstellungsmerkmal des Vorhabens ist die enge Verzahnung von Wissenschaft und Alltagswirklichkeit: „Alle Beteiligten – von den Doktorandinnen bis zu den Profis – leben in Leipzig“, sagt Dr. Schmidt, „wir gehen jeden Morgen durch die Aue spazieren und sehen direkt, wovon unsere Quellen berichten.“ Dieses unmittelbare Erleben fördert den persönlichen Bezug und lenkt den Blick nicht nur auf Sedimentkerne, sondern auf die aktuellen Herausforderungen des Leipziger Auwalds.

Bedeutung über Leipzig hinaus
Während die heutige Diskussion um Klimawandel und Biodiversität vor allem auf aktuelle Emissionen und Wetterereignisse schaut, ergänzt das Leipziger Forschungsteam diese Perspektive um historische Dimensionen. Indem es die Spuren menschlicher Eingriffe und natürlicher Dynamik aus dem Hochmittelalter bis zur Frühen Neuzeit sichtbar macht, liefert das Projekt wertvolle Hinweise dafür, wie Städte auch morgen resilienter und ökologisch verträglicher mit Wasser umgehen können.

„Nur wer die Vielschichtigkeit unserer fluvialen Vergangenheit kennt, kann angemessen auf zukünftige Herausforderungen reagieren“, fasst Dr. Schmidt zusammen. Leipzig dient damit nicht nur als historisches Fallbeispiel, sondern als Blaupause für eine nachhaltige Stadt-Fluss-Partnerschaft in Europa.

Die Wehrhafte Wasserburg Kapellendorf im Herzen Thüringens

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Die Wasserburg Kapellendorf, gelegen im thüringischen Weimarer Land, ist ein eindrucksvolles Beispiel mittelalterlicher Wehrarchitektur und erzählt eine reiche Geschichte, die bis ins 10. Jahrhundert zurückreicht. Die Burg liegt malerisch im Tal der Ilm und beeindruckt durch ihre massiven Mauern, die von einem Wassergraben umgeben sind. Ihre Ursprünge reichen in die Zeit der Ottonen zurück, als die erste Anlage vermutlich als Fluchtburg für die umliegenden Dörfer diente.

Im 12. Jahrhundert erhielt die Burg ihre heutige Form, als die Herren von Kapellendorf den Bau zu einer wehrhaften Anlage ausbauten. Der imposante Bergfried, der das Zentrum der Anlage bildet, wurde zu dieser Zeit errichtet und ist bis heute das markanteste Wahrzeichen der Burg. Im Laufe der Jahrhunderte wechselte die Burg mehrfach den Besitzer, was zu verschiedenen baulichen Erweiterungen und Veränderungen führte.

Besonders bedeutend war die Zeit im 15. und 16. Jahrhundert, als die Wasserburg Kapellendorf zum Herrensitz der Familie von Vitzthum wurde. Unter ihrer Herrschaft erlebte die Burg eine Blütezeit und wurde weiter befestigt und ausgebaut. Die Burgmauern, die mächtigen Türme und das Torhaus mit der Zugbrücke stammen größtenteils aus dieser Zeit. Doch trotz aller Verstärkungen konnte die Burg in den folgenden Jahrhunderten nicht verhindern, dass sie immer wieder in die Wirren der regionalen Konflikte verwickelt wurde. Im Dreißigjährigen Krieg erlitt die Burg erhebliche Schäden, die jedoch später wieder behoben wurden.

Im 19. Jahrhundert verlor die Wasserburg zunehmend an Bedeutung und verfiel allmählich. Erst im 20. Jahrhundert begann man, den historischen Wert der Anlage zu erkennen und Maßnahmen zur Restaurierung einzuleiten. Heute ist die Wasserburg Kapellendorf ein beliebtes Ausflugsziel und beherbergt ein Museum, das die Geschichte der Burg und der Region beleuchtet. Besonders beeindruckend sind die gut erhaltenen Räume, die die mittelalterliche Atmosphäre spürbar machen, sowie der malerische Burghof, der von den mächtigen Mauern umgeben ist.

Die Wasserburg Kapellendorf ist nicht nur ein Zeugnis mittelalterlicher Baukunst, sondern auch ein Ort lebendiger Geschichte. Durch Veranstaltungen, Führungen und Ausstellungen wird das kulturelle Erbe der Region bewahrt und für Besucher erlebbar gemacht. Sie steht heute als Symbol für die wechselvolle Geschichte Thüringens und bietet einen faszinierenden Einblick in das Leben und die Architektur vergangener Jahrhunderte.

Kinder der 90er: Bruchstückhafte Erinnerungen an die Berliner Mauer

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Die Gedenkstätte an der Bernauer Straße in Berlin, 1998 für über zweieinhalb Millionen Mark errichtet, wirkt bisweilen leblos und künstlich. Eine polierte Stahlwand, Symbol für den Grenzverlauf, zeigt bereits Rostflecken. Holzstämme, die früher eine Häuserzeile andeuteten, stehen isoliert auf kahlem Beton – nur wenige Passanten halten inne, um zu reflektieren.

Ein Gespräch mit mehreren Kindern, die in den 1990er-Jahren aufgewachsen sind, macht deutlich, wie lückenhaft ihr Wissen ist: Ein Sechsjähriger verknüpft die Mauer mit den Weltkriegen und vermutet eine dauerhafte Teilung, weil sich die Menschen „immer gestritten“ hätten. Eine Schülerin hört von Familienerzählungen, dass es in Ost-Berlin „viel Mehl“ und eine bessere Versorgung gab, während ein Junge ahnt, dass Flüchtende an der Mauer erschossen wurden.

Statt klarer historischer Zusammenhänge liefert der Schulunterricht häufig nur Bruchstücke. Die Gründe für die deutsche Teilung nach 1945, die politischen Interessen hinter dem Mauerbau und der Alltag an der Grenze bleiben unklar. Doch eines eint die Kinder: das unmissverständliche Nein zu Mauern. Eine Fünftklässlerin fasst es zusammen: „Keine Mauer mehr, nirgendwo.“

Pädagogen und Historiker bestätigen, dass die abstrakte Gestaltung vieler Gedenkorte oft kein nachhaltiges Interesse weckt. Originalabschnitte und zeitgenössische Fotos an der Bernauer Straße reichen ohne narrative und interaktive Vermittlung nicht aus.

Vereinzelte Schulen in Berlin setzen deshalb auf Zeitzeugenberichte und digitale Rekonstruktionen: Eine Virtual-Reality-Station versetzt die Teilnahme­rinnen und Teilnehmer virtuell hinter die Mauer und macht Fluchtszenarien erlebbar.

Diese Form der Geschichtsvermittlung gilt als Schlüssel, um Fakten und Empathie zu verbinden. Nur so bleibt das Wissen lebendig und die moralische Lektion erhalten: Mauern sind keine Antworten auf menschliche Konflikte. Ohne eine solche lebendige Vermittlung droht das Gedächtnis an die Teilung auf fragmentarische Reste zu schrumpfen.

Die Geschichte des Warnemünder Hafens: Von der Hansezeit zum Kreuzfahrtterminal

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Die Geschichte des Warnemünder Hafens ist weit mehr als nur die Chronik eines regionalen Umschlagplatzes – sie ist das Spiegelbild von Machtverschiebungen, technologischen Fortschritten und kulturellem Wandel an der Ostseeküste. In der aktuellen Folge der beliebten Sendereihe „Goldhofers Zeitreise“ führt uns Dr. Rainer Goldhofer auf eine faszinierende Reise durch Jahrhunderte, die den Hafen von seinen bescheidenen Anfängen als Fischerdorf bis hin zur modernen Infrastruktur eines Kreuzfahrtterminals porträtiert.

Frühe Anfänge und die Hansezeit
Bereits im 13. Jahrhundert, als deutsche Siedler aus Westfalen, Niedersachsen, Friesland und Holstein in die Region kamen, begann die Geschichte Warnemündes. Die damalige Siedlung, zunächst ein einfacher Standort für Fischer und Bauern, entwickelte sich im Zuge der Hansezeit zu einem bedeutenden Umschlagplatz. Archivalische Dokumente und historische Karten, die in der Sendung eindrucksvoll präsentiert werden, belegen, dass die strategische Lage an der Mündung der Warnow schon früh als entscheidender Knotenpunkt im Handel zwischen Binnenland und Ostsee erkannt wurde.

Goldhofer schildert, wie die wachsende Bedeutung des Hafens mit der Erteilung städtischer Rechte an Rostock einherging – ein Schritt, der den Grundstein für die spätere wirtschaftliche Entwicklung legte. Die ersten Zufahrten, die erst aufwendige Maßnahmen wie die Vertiefung des Fahrwassers erforderte, zeigen eindrucksvoll, wie Technik und Natur sich im stetigen Dialog begegneten.

Technischer Fortschritt und Wandel im 19. Jahrhundert
Der Übergang ins 19. Jahrhundert brachte den Hafen von Warnemünde in eine neue Ära. Mit dem Einzug der Dampfschifffahrt und dem Ausbau der Hafeneinfahrt wurde der Standort an der Ostsee zunehmend modernisiert. Goldhofer berichtet, wie die Einführung technischer Neuerungen – etwa die Verlängerung der Mole und die Einrichtung eines Hafenbeckens – den Hafen in die Lage versetzte, auch größere Schiffe aufzunehmen und den steigenden Anforderungen des internationalen Handels gerecht zu werden.

Ein besonderes Highlight der Sendung ist die Rekonstruktion der damaligen Bauprojekte, die zeigen, wie ambitioniert und zukunftsgerichtet die damaligen Planer vorgingen. So diente der Hafen nicht nur als Tor zur Welt, sondern entwickelte sich auch zu einem Symbol der regionalen Identität und des Fortschritts, der in der industriellen Revolution seinen Höhepunkt fand.

Krieg und Teilung: Der Hafen in bewegten Zeiten
Die Geschichte des Warnemünder Hafens wurde in den folgenden Jahrhunderten immer wieder von Konflikten und Umbrüchen geprägt. Während des Dreißigjährigen Krieges, in dem der Hafen kurzzeitig als Kriegshafen ausgebaut werden sollte, und später im Zweiten Weltkrieg, als militärische Interessen und strategische Bedeutung den Betrieb prägten, erlebte der Hafen wiederholt dramatische Veränderungen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und während der DDR-Zeit nahm der Hafen eine zentrale Rolle im sozialistischen Wirtschaftsgefüge ein. Goldhofer kombiniert in seiner Erzählung eindrucksvolle Archivaufnahmen mit persönlichen Erinnerungen ehemaliger Hafenarbeiter, die von der harten Realität des Wiederaufbaus und der politischen Restriktionen berichten. Diese bewegten Zeiten hinterließen Spuren – nicht nur in der Infrastruktur, sondern auch im kollektiven Gedächtnis der Bewohner.

Die Wiedervereinigung und der Aufschwung des Tourismus
Mit dem Fall der Mauer begann für Warnemünde eine Phase des Neubeginns. Der ehemals industriell geprägte Hafen wandelte sich rasant und entwickelte sich zu einem Hotspot des Kreuzfahrttourismus. Heute ziehen regelmäßig Ozeanriesen und Kreuzfahrtschiffe in den Hafen ein – ein wirtschaftlicher Erfolg, der jedoch auch neue Herausforderungen mit sich bringt.

Goldhofer zeigt in seiner Sendung, wie sich die Ansprüche an den Hafen und die angrenzende Infrastruktur verändern. Moderne Anforderungen an Umweltschutz, Nachhaltigkeit und die Integration von touristischen Angeboten treffen auf jahrhundertealte Traditionen. Experteninterviews und Statements von Hafenverwaltern vermitteln, dass die Balance zwischen wirtschaftlichem Erfolg und ökologischer Verantwortung ein zentrales Thema der aktuellen Entwicklung ist.

Ein Hafen als lebendiger Zeitzeuge
Die Sendung „Goldhofers Zeitreise – Die Geschichte des Warnemünder Hafens“ bietet weit mehr als eine reine Bestandsaufnahme historischer Fakten. Sie ist ein lebendiges Portrait eines Ortes, der im steten Wandel begriffen ist. Von den ersten Schritten deutscher Siedler über die dynamischen Veränderungen in Kriegszeiten bis hin zu den Herausforderungen und Chancen der globalisierten Wirtschaft – der Hafen steht sinnbildlich für die wechselhaften Zeiten, die auch das moderne Deutschland prägen.

Besonders beeindruckend ist Goldhofers Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge verständlich zu machen. Die ruhige, sachliche Erzählweise und der Verzicht auf reißerische Elemente erlauben es dem Zuschauer, tief in die Materie einzutauchen und die historische Bedeutung des Hafens zu erkennen. So wird deutlich: Geschichte findet nicht nur in staubigen Archiven statt, sondern auch an den Ufern der Ostsee, wo Vergangenheit und Zukunft in einem stetigen Dialog stehen.

Ausblick: Herausforderungen und Perspektiven
Der Blick in die Zukunft des Warnemünder Hafens ist von spannenden Perspektiven geprägt. Die wachsende Zahl von Kreuzfahrtschiffen und die damit verbundene wirtschaftliche Dynamik bieten enormes Potenzial – jedoch auch Herausforderungen. Wie sollen etwa Umweltbelastungen minimiert und die Infrastruktur an die steigenden Ansprüche angepasst werden? Diese Fragen sind zentral, wenn es darum geht, den Hafen nicht nur als wirtschaftlichen Motor, sondern auch als nachhaltigen Standort zu erhalten.

Goldhofer und seine Gesprächspartner betonen, dass der Schlüssel in einer engen Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und der lokalen Bevölkerung liegt. Nur so kann es gelingen, die Balance zwischen Tradition und Innovation zu wahren und den Hafen zu einem Symbol für Fortschritt und Verantwortung zu machen.

Die Geschichte des Warnemünder Hafens ist ein vielschichtiges Narrativ, das weit über die rein wirtschaftliche Bedeutung hinausgeht. Sie erzählt von menschlichen Schicksalen, von Mut und Anpassungsfähigkeit in Zeiten des Wandels. Dr. Rainer Goldhofer gelingt es in seiner Zeitreise, diese facettenreiche Geschichte lebendig und authentisch darzustellen – und damit einen wertvollen Beitrag zum Verständnis unserer maritimen Identität zu leisten.

Ob als Symbol vergangener Glanzzeiten, als Zeuge kriegerischer Umbrüche oder als Vorreiter moderner Entwicklungen – der Warnemünder Hafen bleibt ein Ort, der Geschichte schreibt und zugleich den Weg in die Zukunft weist.

VLP beschleunigt Verkehrswende: Elektrische Rufbusse rollen durch Ludwigslust-Parchim

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Ludwigslust. Die Verkehrsgesellschaft Ludwigslust-Parchim (VLP) baut ihr Engagement für klimafreundliche Mobilität konsequent weiter aus: Seit Anfang März sind im gesamten Landkreis 26 neue Elektro-Rufbusse im Einsatz, die das vorhandene Angebot umweltfreundlich und flexibel ergänzen.

Vom Pionierprojekt zum flächendeckenden Angebot
Bereits 2021 hatte die VLP als eines der ersten Verkehrsunternehmen in Mecklenburg-Vorpommern den Umstieg auf Elektrobusse im Linienverkehr vollzogen. Nun folgt der nächste Schritt: Nachdem das Rufbussystem seit 2016 sukzessive gewachsen ist und zuletzt über 42 Diesel- und Benzinfahrzeuge umfasste, ersetzen die kompakten E-Kia-Modelle ab März 2025 die gesamte Rufbusflotte. Geschäftsführer Stefan Löse betont:

„Mit den Fördermitteln, die uns für diese Flottenerneuerung zur Verfügung standen, konnten wir ein klares Signal für die Antriebswende setzen. Wir wollen als öffentlicher Auftraggeber mit gutem Beispiel vorangehen.“

Rund um die Uhr erreichbar – auch für abgelegene Orte
In 44 Rufbus-Zonen decken die Elektrofahrzeuge das gesamte Kreisgebiet ab und verbinden Dörfer und Peripherie flexibel mit den Bahnhöfen und zentralen Orten. Bestellungen sind rund um die Uhr per Smartphone-App oder Telefon möglich – mindestens eine Stunde vor Fahrtbeginn. Jedes Fahrzeug bietet Platz für einen Kinderwagen oder Rollstuhl, muss jedoch vorab angemeldet werden.

Langjährige Nutzerin Antje Haase aus Banzkow ist begeistert:

„Der Rufbus ist zuverlässig und anpassungsfähig – ich kann ihn buchen, wie ich ihn brauche. Die Fahrerinnen und Fahrer sind zudem immer freundlich.“

Technische Daten und Infrastruktur
Die Elektro-Rufbusse verfügen über 98 kWh-Akkus und 800-Volt-Ladesysteme, die sie in der Regel nach jeder Tour in den Betriebshöfen aufladen. Mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern meistern die Fahrzeuge auch längere Überlandfahrten mühelos.

Fahrer Matthias Hellwig, seit Dezember 2023 bei der VLP, schätzt die neue Technik:

„Die E-Busse sind leise und kraftvoll. Ich lerne viele Streckenabschnitte und neue Menschen kennen – da macht das Pendeln richtig Freude.“

Perspektive ländlicher ÖPNV
Mit der Umstellung auf Elektro-Rufbusse setzt die VLP nicht nur ihr eigenes Nachhaltigkeitskonzept fort, sondern demonstriert zugleich, wie modernes Mobilitätsmanagement im ländlichen Raum funktionieren kann. In Zeiten von Klimaschutzvorgaben und Energiewende zeigt sich: Auch Regionen außerhalb der Metropolen können mit Innovation und Fördermitteln zu Vorreitern werden.