Fährhafen-Bahnhof Warnemünde: Ein Kapitel deutscher Eisenbahngeschichte

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Der Bahnhof Warnemünde liegt fast direkt am Ostseestrand und prägt seit jeher das Bild des gleichnamigen Ortsteils der Hansestadt Rostock. Heute ist er Endpunkt der Linien S1, S2 und S3 der S-Bahn Rostock – doch bis April 1995 war er weit mehr: Ausgangspunkt der berühmten Fährverbindung nach Gedser in Dänemark.

Als um 04:48 Uhr die Schlepper die „Warnemünde“ rückwärts aus dem alten Fährhafen manövrierten, endete eine Ära, die 1963 mit der Indienststellung dieses legendären Eisenbahn-Fährschiffs begann. Vier Dieselmotoren aus Halberstadt leisteten knapp 10.000 PS und katapultierten das 317 Meter lange Schiff auf bis zu 21 Knoten. Im Bauch des Rumpfs lagen drei Gleise bereit – Platz für bis zu elf D‑Zug‑Wagen oder 31 Güterwagen. Zwischen Lok und Achterdeck drängten sich Eisenbahnwaggons und Automobile auf engstem Raum, ein Schauspiel, das Technikfans und Fotografen gleichermaßen fesselte.

Für die Lübeck-Büchener Eisenbahn (LBE) war der Museums-Doppelstockzug ein Markenzeichen dieser Verbindung: Seine Bauart nach dem Krieg diente als Vorbild für spätere Doppelstock-Reisezüge der Deutschen Bundesbahn. Zu den letzten großen Transporten im Frühjahr 1995 gehörte die Verschiffung des SVT 175, den wir damals ausführlich für unsere Aufnahmen begleitet haben. Der Schnelltriebwagen, kunstvoll auf die Fähre rangiert, war Sinnbild des Abschieds.

Wirtschaftliche Gründe führten schließlich zur Einstellung der Route: Größere Frachtschiffe und spezialisierte Logistikzentren machten das kombinierte Eisenbahn‑Fährkonzept unwirtschaftlich. Während die Fähren nach Gedser seltener wurden, wuchs das Angebot am nahegelegenen Rostocker Seehafen: Heute starten von dort Linien nach Schweden, Dänemark, Finnland, Estland und Lettland, und Rostock zählt mit vier Hafenbecken zu den größten deutschen Umschlagplätzen.

2003 wurde die „Warnemünde“ abgewrackt – ihre Maschinen und Stahlträger fanden im Schrotthandel ein neues Leben. Doch die Erinnerung an diese Pionierleistung bleibt lebendig: Eisenbahn-Enthusiasten lassen die alten Gleise des Fähranlegers bei Sonderfahrten wieder erklingen, und Historiker würdigen das logistische Feingefühl jener Zeit.

Der Bahnhof Warnemünde mag heute vor allem als S‑Bahn-Terminus dienen, doch seine Geschichte ist weit mehr als ein Haltepunkt am Ostseestrand. Sie ist ein Mahnmal für ein Kapitel deutscher Verkehrsentwicklung, in dem Schiene und Schiff zu einer untrennbare Einheit verschmolzen – und deren Nachhall noch immer in den sanften Wellen der Warnow liegt.

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