Ein Engel zum Abschluss: Die Jenaer Weihnachtskrippe ist vollendet

Nach acht Jahren des Wachsens fand das hölzerne Ensemble auf dem Johannisplatz am 1. Advent seinen krönenden Abschluss. Mit dem „Verkündigungsengel“ ist das Kunstprojekt nun komplett – und erzählt dabei weit mehr als nur die klassische Weihnachtsgeschichte.

JENA. Es ist das letzte Puzzleteil, auf das viele Kenner der Jenaer Weihnachtstradition gewartet haben. Hoch über den Köpfen der Besucher, mit integrierter Beleuchtung sanft in Szene gesetzt, wacht nun der Verkündigungsengel über dem Johannisplatz. Mit der Enthüllung dieser sechzehnten Holzfigur am vergangenen Sonntag, dem 30. November 2025, wurde ein Projekt vollendet, das die Saalestadt seit 2017 begleitet hat.

Was damals mit der Heiligen Familie begann, ist heute ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk der Bildhauer Tim Weigelt und Silvio Ukat. Pünktlich zum ersten Advent konnten die Jenaerinnen und Jenaer erleben, wie die Lücke im Ensemble geschlossen wurde. Der Engel hebt sich nicht nur durch seine exponierte Position von den anderen Figuren ab, er markiert auch den Schlusspunkt einer künstlerischen Reise, die eng mit der jüngsten Stadt- und Weltgeschichte verknüpft ist.

Ein Spiegel der Zeitgeschichte
Die Jenaer Krippe war nie ein statisches Werk, sondern ein „Work in Progress“. Wer genau hinsieht, entdeckt in den grob geschnitzten, charakterstarken Holzfiguren Spuren der letzten Jahre. Die Krippe fungierte als Chronistin ihrer Zeit: So trägt der erste der Heiligen Drei Könige, der im Jahr 2020 hinzukam, eine Maske – ein ewiges Mahnmal an das erste Corona-Weihnachtsfest.

Auch der im Jahr 2021 erschaffene Engel mit der Klarinette war eine direkte Antwort auf die Stille der Pandemieschließungen und sollte Trost spenden. Politisch wurde es 2022: König Caspar kam nicht auf einem Kamel, sondern zeitgemäß auf dem Fahrrad, und trug angesichts des Ukraine-Krieges eine Friedenstaube bei sich.

Von der Idee zur Tradition
Initiiert wurde das Projekt im Jahr 2017 von Johannes Haschke vom Lokal „Daheme“ gemeinsam mit der damals neu gegründeten Initiative Innenstadt. Die Idee war simpel, aber wirkungsvoll: Eine Krippe, die lebt und wächst, statt einfach nur aufgestellt zu werden.

Über den gesamten Zeitraum von acht Jahren unterstützte JenaKultur das Vorhaben mit einer Gesamtsumme von rund 25.000 Euro. Eine Investition, die sich ausgezahlt hat, denn die Figuren sind längst zu einem Identifikationspunkt in der Adventszeit geworden. Sie bilden zudem den idealen Startpunkt für die Krippenausstellung in den Schaufenstern der angrenzenden Johannisvorstadt.

Das Ensemble ist komplett
Mit dem Verkündigungsengel ist der biblische und künstlerische Bogen nun gespannt. Von Maria, Josef und dem Jesuskind über Ochs, Esel, Hirten und Könige bis hin zum leuchtenden Boten Gottes – die Geschichte ist auserzählt.

Auch wenn keine neuen Figuren mehr hinzukommen, bleibt die Tradition bestehen: Ab sofort wird die vollständige Krippe jedes Jahr pünktlich zum 1. Advent den Johannisplatz in vorweihnachtliche Stimmung tauchen. Sie bleibt ein Zeugnis handwerklicher Kunst und ein hölzernes Tagebuch der Jahre 2017 bis 2025.

Die Chronologie der Figuren

2017: Heilige Familie (Maria, Josef, Jesus) sowie Esel & Ochse
2018: Hirte (Sterndeuter) mit Schaf & Lamm
2019: Kamel
2020: Erster König (mit Maske)
2021: Klarinetten-Engel
2022: König Caspar (mit Fahrrad & Friedenstaube)
2023: Hirtin mit Hund
2024: Dritter König
2025: Verkündigungsengel (Finale)