Auf den Spuren Goethes: Der Luisenturm am Hummelsberg in Thüringen

Ein sanfter Morgennebel legt sich über die weitläufigen Wälder und Felder der Ilm-Saale-Platte, als Wanderer den Pfad hinauf zum Hummelsberg einschlagen. Auf 514 Metern erhebt sich hier, weithin sichtbar, der 18 Meter hohe Luisenturm – ein steingewordener Zeuge romantischer Landschaftsbegeisterung im Herzen Thüringens.

Ein Denkmal der Spätromantik
Errichtet 1864 zur Erinnerung an Luise Freiin von Stein, Enkelin von Goethes Vertrauter Charlotte von Stein, wurde der Luisenturm von James Patrick von Parry gestiftet. Mit seinen burgartigen Zinnenmauern verleiht er dem Hummelsberg eine mittelalterliche Atmosphäre und erinnert an die enge Verbindung zwischen Weimarer Klassik und aristokratischer Landschaftspflege.

Architektur und Aussichtsplattform
Eine schmale Wendeltreppe mit 78 Stufen führt hinauf zur Aussichtsplattform. Wer den Aufstieg meistert, wird mit einem atemberaubenden Panorama belohnt: Das Saaletal breitet sich aus, weiter hinten erheben sich die Höhenzüge von Frankenwald und Thüringer Wald. An klaren Tagen reicht der Blick sogar bis zum Brocken im Harz und lässt die Silhouette Weimars am Horizont ahnen.

Landschaft und Lage
Der Hummelsberg dominiert als höchste Erhebung die Umgebung zwischen Groß- und Kleinkochberg und gehört zur Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt. Während das Gelände im Norden in eine sanfte Hochfläche übergeht, fallen die Südhänge steil ins Tal ab – perfekte Bedingungen für abwechslungsreiche Wanderungen und faszinierende Ausblicke.

Goethe-Wanderweg und Kulturlandschaft
Der Luisenturm liegt direkt am Goethe-Wanderweg Weimar–Großkochberg, der Etappe für Etappe Orte miteinander verbindet, in denen Goethe weilte oder die sein Freundeskreis prägte. Dieser kulturhistorische Pfad verwebt Naturgenuss mit literarischer Spurensuche und zieht jedes Jahr zahlreiche Kulturliebhaber an. In Großkochberg lädt zudem das Schloss Hirschhügel, einst Wohnsitz Luise von Steins, zu einem weiteren Abstecher in die weimarische Geschichte ein.

Engagement der Region
In den späten 1970er-Jahren drohte der Turm dem Verfall zu verfallen. 1979 gründeten engagierte Bürger den „Freundeskreis Luisenturm“, der sich seither um Erhaltungsmaßnahmen kümmert. Besonders aufwendig gestalteten sich die Mauerwerksfugenarbeiten 2006 – realisiert ganz ohne öffentliche Fördermittel. Heute sorgt die lokale Initiative dafür, dass der Luisenturm auch künftigen Generationen als historisches Denkmal und Aussichtspunkt erhalten bleibt.

Besuch und Ausblicke
Ein Besuch des Luisenturms ist nahezu kostenlos: Für eine kleine „Kasse des Vertrauens“ von etwa 0,50 Euro kann jeder die Plattform besteigen. Die Öffnungszeiten richten sich nach Witterung und Jahreszeit – im Winter ist auf vereiste Stufen zu achten. Ob zum Sonnenaufgang oder in der goldenen Abendstimmung, auf einfachen Sitzbänken entfaltet sich hier ein Naturschauspiel, das Besucher in seinen Bann zieht.

Der Luisenturm auf dem Hummelsberg vereint Architektur, Literaturgeschichte und Naturerlebnis auf wenigen hundert Metern Höhe. Mehr als nur ein Aussichtspunkt, ist er ein lebendiges Denkmal romantischer Landschaftssehnsucht und ein stiller Begleiter auf den Spuren Goethes – ein Ort, an dem sich Thüringens grüne Weiten aus ungewohnter Perspektive erschließen.



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