Manchmal frage ich mich, ob in Jena die Verkehrspolitik im Rathaus oder in der Buchhaltung gemacht wird. Die Stadt, die einst als Vorreiter in Sachen Wissenschaft und Kultur galt, ist heute vor allem für eines bekannt: Blitzer, Tempolimits und Frust. Es gibt wohl kaum einen anderen Ort, an dem Autofahren so wenig Spaß macht wie hier. Und das liegt nicht nur am Zustand der Straßen – sondern an einer Verkehrspolitik, die mehr für die Stadtkasse als für die Bürgerfreundlichkeit zu arbeiten scheint.
Fangen wir mit dem Offensichtlichen an: den Blitzern. Gefühlt steht an jeder Ecke ein Gerät, das nur darauf wartet, ein paar km/h zu viel zu messen. Natürlich, Sicherheit im Straßenverkehr ist wichtig. Aber wer bitte schön glaubt noch daran, dass es darum geht? Wenn man sich den Flickenteppich aus 20-, 30- und 50-km/h-Zonen in Jena ansieht, könnte man meinen, das Ziel sei nicht Sicherheit, sondern Verwirrung. Und diese Verwirrung bringt Geld – nicht für die Bürger, sondern für die Stadtkasse.
Doch es sind nicht nur die Blitzer, die die Menschen auf die Palme bringen. Der öffentliche Nahverkehr, einst eine verlässliche Alternative zum Auto, lässt die Bürger im Stich. Straßenbahnen fahren nicht mehr im Takt, ganze Routen fallen aus, und plötzlich steht man da, gezwungen, ins Auto zu steigen. Wer nicht daran gewöhnt ist, mit dem Auto durch Jenas Regel-Dschungel zu navigieren, hat es besonders schwer. Und ehe man sich versieht, hat der Blitzer zugeschlagen. Willkommen im Teufelskreis.
Es geht aber noch absurder. In der Stadt selbst schleichen wir jetzt teilweise mit 20 km/h herum, nur um wenige Meter später auf 30 oder 50 km/h zu beschleunigen – natürlich nur für kurze Zeit, bevor wieder abgebremst werden muss. Wer sich dabei noch ausschließlich auf die Straße konzentrieren kann, ist entweder ein Verkehrsprofi oder ein Glückspilz. Für alle anderen bleibt der Frust – und die Frage, warum man überhaupt versucht, sich an diese Regeln zu halten, wenn sie so willkürlich wirken.
Und dann kommt der Weihnachtsmarkt. Eigentlich ein Highlight für die Stadt, ein Magnet für Besucher aus der ganzen Region. Doch wer will sich schon den Stress antun, durch diesen Dschungel aus Tempolimits und Blitzern zu navigieren? „Fahr bloß nicht nach Jena, da wirst du eh nur geblitzt“, heißt es inzwischen außerhalb der Stadt. Ein hartes Urteil, aber nicht unberechtigt. Wenn Jena so weitermacht, könnte es sich den Ruf erarbeiten, nicht nur die Lichtstadt, sondern auch die Blitzstadt zu sein.
Es wäre falsch, die Verantwortung für diese Misere allein den Autofahrern zuzuschieben. Die Schuld liegt bei einer Politik, die nicht klar sagt, was sie will. Soll der Verkehr fließen? Soll er sicherer werden? Oder geht es am Ende doch nur um die Einnahmen aus Bußgeldern, die fest im städtischen Haushalt eingeplant sind? Wenn Letzteres stimmt, dann ist es Zeit für ein Umdenken. Die Stadtkasse darf nicht wichtiger sein als die Menschen, die hier leben, arbeiten und die Stadt besuchen wollen.
Jena hat das Potenzial, eine lebenswerte, moderne Stadt zu sein – für Einwohner wie Besucher. Doch dafür braucht es eine Verkehrspolitik, die Sicherheit und Klarheit in den Mittelpunkt stellt, nicht Verwirrung und Abzocke. Vielleicht sollten wir im Rathaus weniger an Blitzern und mehr an Konzepten arbeiten, die wirklich nachhaltig sind. Denn eine Stadt, die ihre Bürger und Gäste vergrault, verliert langfristig mehr, als sie durch Tempokontrollen jemals einnehmen könnte.
Großartiger Artikel. Besser kann man die Engstirnigkeit und Kleinkariertheit der Jenaer Obrigheit als ein von vielen Beispielen nicht beschreiben.
Besser kann ich es nicht ausdrücken. Es ist nicht nur diese unsägliche Blitzerei, die weit über ein nachvollziehbares Maß hinaus geht. Eher selten sieht man die vor Schulen oder Kitas, stets aber auf der Stadtrodaer….Aber für dieses Problem gibt es ja den OOONO. Ausgesprochen effektiv dagegen.
Wesentlich schlimmer ist das Verkehrschaos. Ich brauche für 6km durch die Stadt mehr als 45min, und das sein Monaten. Alles wird gleichzeitig gesperrt. Der Abfluss von Magdelstieg Richtung B7 wurde an mehreren Stellen gleichzeitig gesperrt – alles quält sich durch die Start, und so läuft das überall. Chapeau! Kein Sinn und Verstand, ich verstehe es nicht mehr!