Während sich die meisten DDR-Bürger mit Trabant und Wartburg begnügen mussten, schwebte die politische Elite, allen voran Staatsratsvorsitzender Erich Honecker, auf einem französischen Komfortwunder über die „Missstände der DDR hinweg“. Und auch für die Volkskammer gab es Fahrzeuge, die weit über das übliche Maß an Ausstattung und Bequemlichkeit hinausgingen. Ein Blick auf die Citroën CX Prestige und Volvo 760 GLE der DDR-Regierung offenbart eine faszinierende Geschichte von politischem Prestige und pragmatischer Fahrzeugbeschaffung.
Erich Honeckers Citroën CX: Ein französisches Statussymbol
Die Beziehung zwischen der DDR-Regierung und dem französischen Automobilhersteller Citroën begann 1978, als Citroën der DDR-Regierung zwei CX Prestige als Geschenk überreichte. Staatsratsvorsitzender Erich Honecker war von deren Design und Komfort so begeistert, dass er fortan bis zum Zusammenbruch der DDR und seinem Rücktritt im Herbst 1989 Fahrzeuge vom Typ Citroën CX für den Staatsfuhrpark bestellte. Diese Beschaffungen, darunter drei Citroën CX25 Prestige aus Frankreich kurz nach 1978, dienten auch der Stärkung der wirtschaftlichen Beziehungen, die mit dem späteren Mosel-Gelenkwellenwerk ihren Anfang nahmen.
Merkmale des Honecker-Citroëns:
• Hydropneumatische Federung: Ein absolutes Highlight, das Honecker besonders schätzte. Im Gegensatz zu Stahlfedern hielt das System das Fahrzeugniveau konstant und nutzte Hydraulikflüssigkeit für einen unvergleichlichen Fahrkomfort.
• Langversion: Die Prestige-Variante war etwa 10 bis 15 cm länger als die Standardversion, was sie besonders geräumig machte.
• Ausstattung: Die Fahrzeuge verfügten über Automatik, Tempomat und Klimaanlage – Ausstattungsmerkmale, die explizit in den Bestellungen der DDR vermerkt waren.
• Innenraum: Es gab kein Leder, stattdessen musste es Velours sein. Das typische Citroën-Cockpit zeichnete sich durch seine Bedienungssatelliten aus, die Blinker- oder Scheibenwischerschalter ersetzten. Die Kilometeranzeige lief über eine Walze.
• Sicherheitsmerkmale: Die Frontwischer waren an den Scheinwerfern montiert. Im Beifahrerfußraum befand sich stets eine originale DDR-Magnetleuchte (Blaulicht), die bei Bedarf schnell auf dem Dach befestigt werden konnte.
• Leistung: Mit 136 PS und 2,5 Litern Hubraum konnten die Fahrzeuge im Konvoi problemlos 150 bis 160 km/h auf der Autobahn erreichen.
• Einsatz: Standardmäßig wurden sie bei Paraden oder offiziellen Anlässen eingesetzt und oft für Staatsgäste genutzt. Zu Ehren des jeweiligen Gastes wurde sogar die Flagge seines Landes an das Auto gehängt. Es gab einen Fahrzeugpool, in dem teilweise zwei Fahrzeuge im Konvoi fuhren, um zu verschleiern, wer genau darin saß.
Honecker selbst fuhr nur zwischen 1976 und 1978 Volvo, danach ausschließlich Citroën. Ein Fahrzeug aus der letzten Bestellung von 1984, das nur 17.000 km (oder 16.000 km) gelaufen war und nie in der BRD zugelassen wurde, ist heute ein seltenes Stück DDR-Geschichte. Nach der Wende 1990 wurden einige dieser Fahrzeuge von der Treuhand übernommen und gelangten später in Sammlerhände. Ein Exemplar wurde 2005 in Potsdam versteigert und ging an einen Oldtimer-Sammler nach Holland, der es erstaunlicherweise mit originalen DDR-Kennzeichen ohne Versicherung oder Papiere fuhr.
Der Volvo 760 GLE der Volkskammer: Diskret und Repräsentativ
Nicht ganz so prominent wie Honeckers Citroën, aber ebenfalls von Bedeutung, war der Volvo 760 GLE Executive, der für die Volkskammer der DDR angeschafft wurde. Diese Fahrzeuge liefen ebenfalls im Regierungsfuhrpark und wurden um 15 cm verlängert, um den hochrangigen Insassen mehr Beinfreiheit zu bieten. Rund 70 dieser Volvos der neuen 700er Baureihe wurden von der DDR erworben und standen meist dem Ministerrat oder anderen wichtigen Persönlichkeiten zur Verfügung.
Besonderheiten des Volvo 760 GLE:
• Designanpassungen: Das originale Fenster hinten in der C-Säule, das die Volvo-700er Reihe normalerweise hat, wurde hier zugunsten eines ästhetischeren Erscheinungsbilds zugeschweißt.
• Motorisierung: Angetrieben wurden sie von einem V6-Motor, bekannt als „Euromotor“, der auch in Modellen von Renault und Peugeot verbaut wurde. Er hatte einen Hubraum von 2,6 oder 2,7 Litern und leistete 155 PS.
• Innenausstattung: Auch hier war die Ausstattung auf Velours ausgelegt, da die DDR keine Lederausstattung wünschte. Automatik, Klimaautomatik und Tempomat waren standardmäßig vorhanden, ebenso ein Volvo-Soundsystem und ein DDR-Feuerlöscher.
Die Wartung und Reparatur dieser besonderen Fahrzeuge erfolgte in einer großen Werkstatt in Berlin, vermutlich in der Hans-Loch-Straße, wo geschultes Personal arbeitete. Einige Mechaniker wurden sogar von Volvo in Schweden ausgebildet.
Die Geschichte der Volvo-Fahrzeuge nach 1990 ist oft lückenhaft, da die meisten keine Fahrzeugbriefe oder Kaufverträge besaßen. Sie wurden auf einem großen Platz in Berlin abgestellt und dann an Autohändler, vorwiegend Niederländer oder Westdeutsche, verkauft. Ein seltener Fall ist ein Exemplar mit einem Kaufvertrag von 1991 von der Volkskammer, das für knapp 27.000 Mark verkauft wurde.
Sowohl die Citroën CX als auch die Volvo 760 GLE trugen Aluminiumplaketten mit Verwaltungsnummern, da sich die Kennzeichen oft änderten und man sich nicht auf diese verlassen konnte. Jeder Autoschlüssel hatte zudem einen Anhänger mit einer Nummer, die zur Identifikation des Fahrzeugs diente. Diese Fahrzeuge sind heute seltene Zeugnisse einer vergangenen Ära und erzählen ihre eigene Geschichte vom Alltag und den Repräsentationspflichten der DDR-Führung.