Polytechnik in der DDR: Zwischen Werkbank und Ideologie

Ein Blick auf das Bildungssystem der Deutschen Demokratischen Republik im Jahr 1967 zeigt ein Schulmodell, das sich grundlegend von dem in der Bundesrepublik Deutschland unterschied. Im Zentrum stand der polytechnische Unterricht, der darauf abzielte, Schüler nicht nur in die Ideenwelt der kommunistischen Ideologie, sondern auch in die Arbeitswelt der Technik einzuführen.

Der polytechnische Unterricht war ein zentraler Bestandteil des Lehrplans an den allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen. Für vier Jahre, von der siebten bis zur zehnten Klasse, war ein Tag pro Woche dafür reserviert. Dieser Unterricht fand zum überwiegenden Teil in Betrieben statt. Die Bedingungen dafür waren nicht immer ideal, aber einige Betriebe, wie ein Waschgerätewerk, verfügten sogar über eine eigene Schülerproduktionsabteilung. In sogenannten polytechnischen Kombinaten, wo alle Unterrichtspraktika zusammengefasst waren, wurde eine Vielfalt von Tätigkeiten ermöglicht, die einzelne Betriebe kaum bieten konnten.

Die Schüler lernten dabei praktische Fertigkeiten wie Bohren, Reiben, Gewindeschneiden mit der Handbohrmaschine sowie das Herstellen und Sichern von Nietverbindungen in der Vormontage und Endmontage. Schon im siebten Schuljahr sollten sie grundlegende Prinzipien der modernen Produktion kennenlernen und Techniken wie das Trennen und Fügen von Metall selbst durchführen. Ab dem neunten Schuljahr wurde der polytechnische Unterricht gleichzeitig zur beruflichen Grundausbildung. Das Ziel war, moderne Arbeitsmethoden zu erleben und die Bedeutung des Kollektivs zu unterstreichen, beispielsweise durch Tätigkeiten am Fließband. Im zehnten Schuljahr sollten die Schüler die Fertigkeiten und die sichere Beherrschung von drei Maschinen garantieren: der Bohrmaschine, der Drehmaschine und entweder der Bügel- oder der Fräsmaschine. Das Arbeiten an der Bohrmaschine wurde bereits im siebten Schuljahr gelernt.

Eine enge Verbindung von theoretischem und praktischem Unterricht wurde angestrebt. So konnten Schüler bei der Elektromontage ihre Kenntnisse aus dem Physik- und Elektrotechnikunterricht anwenden. In der Regel arbeiteten die Schüler über einen Zeitraum von zwölf bis dreizehn Wochen in einem Bereich. Dabei wurden sie nicht an jedem Arbeitsplatz eingesetzt, sondern sollten höchstens an vier Arbeitsplätzen arbeiten, die so ausgewählt waren, dass sie den Gesamtablauf überblicken konnten. Facharbeiter erteilten den praktischen, Meister den theoretischen Unterricht.

Ein weiteres Ziel des polytechnischen Unterrichts war es, den Schülern allgemeine Grundkenntnisse und nicht nur spezielles Fachwissen zu vermitteln. Im Grundlehrgang Landwirtschaft, der ebenfalls Teil des polytechnischen Unterrichts war, sollten die Schüler mit der Bedienung und Wartung moderner Landmaschinen vertraut gemacht werden. Bemerkenswert war, dass Jungen und Mädchen in diesem Ausbildungszweig völlig gleichmäßig herangezogen wurden. Eine Verordnung sah vor, dass alle Schüler dieses Zweiges die Fahrerlaubnis für Traktoren erwerben mussten.
Die schulische Berufsausbildung wurde auch genutzt, um die zentrale Arbeitskräfteplanung des Staates zu unterstützen. Insbesondere in Regionen mit starker Industrie, in denen Schwierigkeiten bei der Bewerbung von Schülern für die Landwirtschaft bestanden, sollte das polytechnische Zentrum für Landwirtschaft die Berufs Werbung fördern. Trotz dieser Bemühungen und der Notwendigkeit von Absolventen für die Landwirtschaft, blieb das Interesse an landwirtschaftlicher Tätigkeit bei den Schülern gering. Eine Umfrage unter Mädchen auf einem Versuchsfeld, wer später in die Landwirtschaft gehen wolle, ergab allgemeines Schweigen. Die Verantwortlichen sahen im polytechnischen Unterricht ein wichtiges Mittel zur Bewerbung für landwirtschaftliche Berufe, wenn er weiterhin qualitativ verbessert, lehrreich und interessant gestaltet würde, um überlieferte Vorstellungen von schwerer körperlicher Arbeit abzubauen und den Beruf als wissenschaftliche Arbeit darzustellen. Die Erfolge dieser Bemühungen waren jedoch bis 1967 noch nicht die größten.

Auch wenn traditionell weibliche Berufe weiterhin populärer waren, interessierten sich in der DDR relativ mehr Mädchen für technische Berufe als in Westdeutschland. Die Ausbildung wie die von Erika, die an technischen Geräten arbeitete, bereitete auf die völlige Gleichstellung von Mann und Frau im Berufsleben vor.

Strukturell unterschied sich das Schulwesen der DDR erheblich von dem der Bundesrepublik. In der DDR bestand eine zehnjährige Schulpflicht in der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule. Zum Abitur führte die zwölfjährige erweiterte Oberschule. In der Bundesrepublik gab es zumeist eine neunjährige Schulpflicht mit einer Aufteilung nach der vier- bis sechsjährigen Grundschule in Haupt-, Realschule und Gymnasium (13 Jahre bis zum Abitur). Schulgeld gab es in der DDR allgemein nicht, und Lernmittel waren kostenlos.

Die Lehrpläne waren ebenfalls sehr unterschiedlich. Vergleiche der Wochenstunden zeigten einen stärkeren Fokus auf mathematisch-naturwissenschaftliche und polytechnische Fächer in der DDR im Vergleich zu Niedersachsen. Auch der Russischunterricht nahm einen bedeutenden Platz ein.

Der Unterricht war zudem stark ideologisch geprägt. In Fächern wie Deutsch standen die Ideen der Klassiker des Marxismus im Vordergrund. Im Geschichtsunterricht war die ideologische Sprachregelung noch rigoroser; die Ursachen des Zweiten Weltkriegs wurden beispielsweise als erbitterter Kampf zwischen imperialistischen Mächtegruppen dargestellt, während die Politik der Sowjetunion als konsequent friedlich bezeichnet wurde.

Neben dem Schulalltag gab es für die Jugendlichen in der DDR sehr viel mehr organisierte außerschulische Beschäftigungen als in der Bundesrepublik. Sportclubs und Arbeitsgemeinschaften spielten eine außerordentliche Rolle. Sportförderung durch staatliche Jugendorganisationen wie die Jungen Pioniere und die FDJ diente nicht nur der Volksgesundheit, sondern erklärtermaßen auch der vormilitärischen Erziehung. Das Sportleistungsabzeichen trug die Inschrift „Bereit zur Arbeit und zur Verteidigung der Heimat“.
Eine andere Form der Heranbildung fand in Stationen junger Techniker und Naturforscher statt, wo Arbeitsgemeinschaften in Bereichen wie Maschinenbau, Hochfrequenztechnik oder Textilchemie angeboten wurden. Diese Einrichtungen wurden von der staatlichen Jugend organisiert und von Staat, Gemeinden und Betrieben finanziert.

Obwohl die offizielle Ideologie von einem einheitlichen Bildungssystem ausging, gab es auch Spezialschulen und -klassen für besonders begabte Schüler, beispielsweise für Mathematik, Technik, Musik oder Ballett wie die Palucca Ballettschule in Dresden. Diese Einrichtungen für eine „künstlerische Elite“ oder die „technische Elite von morgen“ bildeten streng genommen einen Fremdkörper im System, auch wenn das Pensum der Einheitsschulen dort ebenfalls absolviert werden musste.

Die staatlichen Jugendorganisationen, der „zweite Pfeiler im mitteldeutschen Erziehungsgebäude“, trugen ebenfalls zur politischen Formung bei. Ihre Parolen betonten Stolz auf hervorragende Leistungen, die Überlegenheit des sozialistischen Staates und „abgrundtiefen Hass gegen seine Feinde“.

Eine Untersuchung in der DDR ergab jedoch, dass der Einfluss der FDJ geringer war als der des Elternhauses. Auch das westdeutsche Fernsehen blieb nicht ohne Wirkung. Zufällige Gespräche mit Jugendlichen zeigten teils abweichende Interessen, wie beispielsweise an James Bond. Dies verdeutlicht, dass die Jugend der DDR, trotz aller staatlichen Bemühungen um Formung, vielfältiger war, als es offizielle Verlautbarungen suggerierten.