Der Bau und die Eröffnung des Berliner Fernsehturms 1969

Berlin. Mit einem pompösen Festakt im Herzen der Hauptstadt setzte die DDR-Führung gestern den Schlusspunkt unter ein Bauprojekt von beachtlichem technischen Anspruch und politischer Symbolkraft: den Berliner Fernsehturm. Mit 368 Metern Höhe ist er nicht nur das höchste Bauwerk der Republik, sondern auch das weithin sichtbare Zeichen eines Staates, der seine moderne Volksrepublik in Szene setzen wollte.

Montage unter Hochdruck
Bereits Anfang 1969 begann die spektakulärste Phase der Turmerrichtung: die Montage der 32 Tonnen schweren Kugel, in der später ein drehbares Panorama-Café und die Sendetechnik untergebracht sind. Am 15. Januar wuchteten Kräne und Gewichtswinden das erste zehn Tonnen schwere Segment in über 200 Meter Höhe. Zwischen Rathausstraße und Liebknechtstraße versammelten sich Hunderte Schaulustige, um dem metergenauen Hubeinsatz der Bauleute beizuwohnen.

„Der erste Funktionshub ist gemäß unserer Montagetechnologie gut abgelaufen“, bilanzierte Oberbauleiter Wölters mit sichtlichem Stolz. Unter den Stahlseilen reckte sich das Segment millimeterweise empor, während im Kommandostand die Experten jeden Zentimeter verfolgten. Bereits drei Tage vor dem offiziellen Starttermin – dem 20. Republikgeburtstag am 7. Oktober – wollten die Bauarbeiter die gesamte Kugel montiert haben, so die Zusage im sozialistischen Betriebswettbewerb.

Ein Festakt im Zeichen der Republik
Nach rund vier Jahren Bauzeit lud die Parteispitze am 3. Oktober 1969 zur feierlichen Freigabe: Walter Ulbricht, Erster Sekretär des ZK der SED, und Erich Honecker als Vorsitzender des Staatsrates gaben den Turm offiziell seiner Bestimmung frei. Tausende Mitglieder der Baubrigaden, Vertreter von Parteien- und Staatsfunktionären sowie Berlin­er Bürger füllten den Platz am Fuße des Monuments.

Der Minister für Post- und Fernmeldewesen, Rudolf Schulze, erklärte die technische Betriebsbereitschaft: „Von hier aus wird ab heute Abend das zweite Programm des Deutschen Fernsehfunks ausgestrahlt.“ Sogleich setzte Ulbricht zu seiner Rede an und würdigte das Ensemble als „imponierendes Bauwerk, das sich schön in das Zentrum unserer sozialistischen Hauptstadt eingliedert“. Er betonte, der Turm sei Ausdruck der „Meisterschaft unserer Bauschaffenden, Architekten, Ingenieure und Techniker“.

Zwischen Technik und Propaganda
Tatsächlich war der Fernsehturm mehr als ein reines Sendezentrum. Architektonisch entwarfen ihn die Deutschen Bauakademie und das Ministerium für Bauwesen als weit sichtbares Zeichen des Fortschritts. Im Kalten Krieg sollte das Bauwerk nicht nur Telefon- und Fernsehsignale besser verteilen, sondern auch die DDR im Wettstreit mit West-Berlin ins dichterische Licht rücken.

Mit seiner drehbaren Plattform in 207 Metern Höhe bot das „Turmcafé“ Platz für 200 Gäste – und die Möglichkeit, einen Rundumblick auf ein sozialistisches Stadtbild zu genießen. Bauarbeiter, Politiker und Journalisten waren sich einig: Nur Moskau könne einer Hauptstadt Europas eine ähnlich intensive Bautätigkeit vorweisen.

Der Turm als Wahrzeichen
Der Fernsehturm veränderte die Silhouette Berlins nachhaltig. Waren bis dato das Rote Rathaus und der Marienkirchturm prägende Landmarken, so dominiert nun ein futuristisch anmutender Stahlkoloss den Horizont. Ulbricht beschwor die Symbolkraft: „Dieses Werk zeugt von der Kraft unseres sozialistischen Staates und ist zugleich ein Wahrzeichen des demokratischen Berlin.“

Gegen Ende seiner Rede erinnerte der Staatsratsvorsitzende an den Volksentscheid vom 6. April 1968 – die Zustimmung zur neuen Verfassung, in der der Ausbau der Hauptstadt als „Ausdruck des Volkswillens“ verankert ist. In direkter Folge von solchen politischen Entscheidungen entstand das Bauvorhaben, dessen offizielle Inbetriebnahme drei Tage vor dem 20. Republikgeburtstag stattfand.

Blick nach vorn und zurück
Heute, fast 56 Jahre nach jenem denkwürdigen Oktobertag, hat sich die ursprüngliche politische Funktion des Turms gewandelt. Er ist eines der meistbesuchten Touristenziele Berlins, beliebtes Fotomotiv und Treffpunkt für Einheimische. Die bittere Ironie bleibt: Was einst als Machtdemonstration im Kalten Krieg errichtet wurde, steht heute für ein vereintes Berlin.

Dennoch wirkt die monumentale Stahlkonstruktion immer noch wie ein Relikt jener Epoche, als der Wettstreit zwischen Ost und West nicht nur auf den Bahnhöfen und Flughäfen stattfand, sondern direkt im Stadtbild verankert wurde. Der Berliner Fernsehturm bleibt – in technischer Kühnheit und politischer Ambition – ein einzigartiges Zeitzeugnis der deutsch-deutschen Geschichte.

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Journalistischer Text - Profil (Teaser Seite 1) Warnung vor Neonazis in der Wendezeit In einer Zeit des politischen Vakuums veröffentlicht die Junge Welt am 21. Dezember 1989 einen Text, der explizit vor zunehmenden neonazistischen Umtrieben in Stadt und Land warnt und diese als Gefahr für die humanistischen Werte bezeichnet. Ich betrachte dieses Dokument heute als ein spätes Eingeständnis einer Realität, die viele Menschen in ihrem Alltag längst wahrgenommen hatten, die aber staatlich ignoriert wurde. Es scheint, als ob die Thematisierung der rechten Gefahr in diesem Moment für manche auch den Zweck erfüllte, die Existenzberechtigung der DDR als antifaschistisches Bollwerk neu zu begründen. Für den heutigen Betrachter offenbart sich hier die Zerrissenheit jener Tage. Während die einen die Wiedervereinigung herbeisehnten, sahen andere in der Bewahrung der DDR-Eigenstaatlichkeit den einzigen Schutz vor historischen Fehlentwicklungen. Dieser Text markiert den Versuch, in der Unübersichtlichkeit der Wendezeit einen moralischen Halt zu bieten. Journalistischer Text - Seite (Teaser Seite 2) Ein Programm der Hoffnung im Dezember 89 Kurz vor dem Jahreswechsel 1989 bezeichnet ein Aufruf des Komitees der Widerstandskämpfer den Antifaschismus als das entscheidende Programm der Hoffnung für den Erhalt und die Erneuerung des Staates. Mir erscheint dieser Appell rückblickend wie der Versuch einiger Akteure, die drohende Auflösung ihres Staates durch die Rückkehr zu den ideellen Wurzeln aufzuhalten. Es war eine Perspektive, die sicherlich von jenen geteilt wurde, die eine reformierte DDR wollten, auch wenn die politische Realität bereits eine andere Sprache sprach.