Sieben Tage vor der Bundestagswahl versuchte das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) in Kassel, seine Existenzberechtigung zu untermauern. Bei einem Auftritt vor rund 1.300 Zuhörern stand das Bündnis – aktuell in den Umfragen bei mageren 4 Prozent – vor der entscheidenden Herausforderung, die 5-Prozent-Hürde zu knacken, um in den Bundestag einzuziehen.
Sahra Wagenknecht, das Gesicht und die treibende Kraft des BSW, betonte in ihrer Rede die dringenden sozialen Probleme Deutschlands. „Wenn man nicht im Bundestag ist, hat man in Deutschland im Grunde keine Stimme mehr“, erklärte sie und machte damit deutlich, dass es um mehr als nur um Wahlstimmen gehe. Wagenknecht kritisierte die steigende Altersarmut, explodierende Lebensmittelpreise, immer höher werdende Mieten und eine Wirtschaft, die in eine tiefgreifende Krise gerät. Für sie steht der Kampf des BSW vor allem für eine Politik, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt – und das in einer Zeit, in der viele das Gefühl haben, von den etablierten Parteien vergessen zu werden.
Der Auftritt in Kassel hatte einen klaren Schwerpunkt: Sozialpolitik. Wagenknecht positionierte das BSW als echte Alternative zu den traditionellen Parteien, die es laut ihrer Aussage versäumt haben, die Sorgen der Bevölkerung angemessen zu adressieren. Dabei rückt der Erhalt von Frieden ebenso in den Fokus wie die sozialen Nöte der Bürger. „Wir werden im nächsten Bundestag mit einer starken Fraktion einziehen“, versprach sie ihren Unterstützern und appellierte an jene, die sich politisch unterrepräsentiert fühlen.
Dennoch bleibt ein umstrittenes Thema, das die Partei in eine schwierige Lage bringt: die Migrationspolitik. Wagenknecht versuchte, diesen Bereich herunterzuspielen, nachdem kritische Stimmen auf ihre frühere Zusammenarbeit mit der AfD bei einer Abstimmung im Bundestag hingewiesen hatten. Dieses Zögern, klare Positionen zu beziehen, könnte vor allem moderatere Wähler verunsichern – eine Gruppe, die angesichts der knappen Umfragewerte für das Überqueren der Fünfprozentmarke entscheidend ist.
Ein weiterer kritischer Punkt im Wahlkampf des BSW ist das knappe Programm an großen Auftritten. Bisher sind nur neun solcher Veranstaltungen angesetzt, wobei sogar ein Termin kurzfristig abgesagt werden musste. Die geringe Präsenz im Wahlkampf birgt das Risiko, unentschlossene Wähler nicht ausreichend zu mobilisieren. Dennoch scheint Wagenknecht mit ihrer direkten Ansprache und der Fokussierung auf sozialpolitische Themen viele Zuhörer zu begeistern. „Ich war total begeistert und liebe auch Sarah Wagenknecht“, so ein begeisterter Zuhörer nach dem Auftritt, wenngleich er angab, der Migrationspolitik würde er weiterhin skeptisch gegenüberstehen.
Der Wahlkampf des BSW illustriert damit eindrücklich die Zwiespältigkeit der aktuellen politischen Landschaft in Deutschland. Auf der einen Seite bietet sich mit Wagenknecht und ihrem Bündnis eine alternative Kraft, die versucht, den etablierten Parteien – die in den Augen vieler Wähler den Bezug zur Bevölkerung verloren haben – die Stirn zu bieten. Auf der anderen Seite steht das Risiko, dass unklare Positionen, insbesondere bei kontroversen Themen wie Migration, potenzielle Unterstützer verunsichern.
Ob der strategische Kurs des BSW letztlich den erhofften Durchbruch bringt, wird sich in den kommenden Tagen vor der Bundestagswahl zeigen. Sicher ist jedoch, dass Wagenknecht und ihr Bündnis mit ihrem Auftritt in Kassel ein deutliches Zeichen gesetzt haben: Sie wollen nicht nur als Protestbewegung gelten, sondern als ernstzunehmende politische Kraft, die den Diskurs in Deutschland nachhaltig mitgestaltet. Die kommenden Wahlkampftage sind damit nicht nur ein Kampf um Prozentpunkte, sondern ein Wettstreit um die Frage, ob frische, oppositionelle Ideen in einem von etablierten Parteien dominierten System tatsächlich Gehör finden können.