Blitzumfrage: Kaum noch Städte in Deutschland mit ausgeglichenem Haushalt

In diesem Jahr wird fast keine Stadt in Deutschland mehr einen echten ausgeglichenen Haushalt vorlegen können. Das zeigt eine Blitzumfrage des Deutschen Städtetages, an der 100 Großstädte teilgenommen haben. 37 Prozent der Städte können keinen ausgeglichen Haushalt mehr vorlegen, weitere 47 Prozent schaffen einen ausgeglichenen Haushalt nur, indem sie auf finanzielle Rücklagen zurückgreifen. Dazu erklärte der Präsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Markus Lewe aus Münster, in der Bundespressekonferenz in Berlin„Die Zeit ausgeglichener kommunaler Haushalte gehört erst einmal der Vergangenheit an. Das hat viele strukturelle Gründe, ist aber kein selbstverschuldetes Problem der Städte. Die Sozialausgaben, auf die wir kaum Einfluss haben, laufen uns davon. Außerdem weisen Bund und Länder uns immer mehr Aufgaben zu, die nicht ausfinanziert sind. Zusammen mit der anhaltenden Wachstumsschwäche führt das zu einer völligen Überlastung der kommunalen Haushalte. Die neue Bundesregierung wird große Räder drehen müssen, damit die Kommunalfinanzen nicht komplett zusammenbrechen und die Städte endlich wieder vor Ort gestalten können.“ Für eine echte Trendwende bei den Kommunalfinanzen fordern die Städte:

  1. Einen höheren Anteil der Städte an den Gemeinschaftssteuern, zum Beispiel der Umsatzsteuer. Bei den Kommunen liegt etwa ein Viertel der gesamtstaatlichen Aufgaben, sie haben aber nur ein Siebtel der Steuereinnahmen. Das passt nicht zusammen.
  2. Es darf von Bund und Ländern keine zusätzlichen Aufgaben mehr für die Städte geben, die nicht ausfinanziert sind. Mittel für Aufgaben, bei denen die Kosten absehbar steigen, müssen dynamisiert sein – damit die Städte ihrem Geld bei Kostensteigerungen nicht hinterherlaufen müssen.
  3. Es darf von Bund und Ländern keine steuerpolitischen Entscheidungen geben, die zu Einnahmeausfällen bei den Kommunen führen. Wenn die Steuerpolitik von Bund und Ländern zu Einnahmeausfällen bei den Kommunen führt, müssen diese Ausfälle 1 zu 1 ausgeglichen werden.
  4. Häufiger feste Budgets statt komplizierter Förderprogramme. Wir brauchen mehr Vertrauen in die Städte durch Bund und Länder. Das heißt: Feste Budgets für geförderte Aufgaben, über die die Städte frei verfügen können – statt komplizierter Förderprogramme, die den Städten Zeit und Geld kosten.
  5. Schuldenbremse auf den Prüfstand: Wenn die Schuldenbremse Zukunftsinvestitionen verhindert, muss sie reformiert werden.

Wenn sich nichts ändert, wird die Finanznot der Städte weiter anwachsen. Die Blitzumfrage des Deutschen Städtetages zeigt: Die Einschätzung der Städte zu ihrer Haushaltslage hat sich in wenigen Jahren vielerorts um 180 Grad gedreht. Im Rückblick auf die vergangenen fünf Jahre bewerten fast zwei Drittel der Städte (64 Prozent) ihre Haushaltslage als „eher gut oder ausgeglichen“. Mit Blick auf die kommenden fünf Jahre treffen nur noch 2 Prozent der Städte diese Aussage. Stattdessen schätzen 46 Prozent ihre künftige Haushaltslage als „eher schlecht“ und 49 Prozent sogar als „sehr schlecht“ ein.

„Das ist nicht nur ein finanzpolitisches Thema. Es geht auch um die Zukunft unserer Demokratie. Vor Ort in den Städten erleben die Menschen den Staat konkret. Wenn sie ihn dort nur noch als Mangelverwalter und nicht mehr als Gestalter und Problemlöser wahrnehmen, leidet das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates und der Demokratie“, so Markus Lewe.

Sozialausgaben der Städte steigen und steigen

Ein Aspekt, der für die prekäre Finanzsituation der Städte sorgt: Die Sozialausgaben der Städte legen Jahr für Jahr deutlich zu, viel stärker als die Einnahmen. Beispiele sind die ganztägige Kinderbetreuung, die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen oder die Hilfe zur Pflege im Alter. Städtetagsvizepräsidentin Katja Dörner, Oberbürgermeisterin der Bundesstadt Bonn, sagte: „Jahr für Jahr bringen die deutlich ansteigenden Ausgaben für soziale Leistungen viele städtische Haushalte an die Grenze.“ Die kommunalen Sozialausgaben sind in den vergangenen zehn Jahren in fast allen Bereichen um mindestens ein Drittel, teilweise um mehr als 100 Prozent gestiegen. Bei der Kinder- und Jugendhilfe haben sich die Ausgaben in zehn Jahren beispielsweise mehr als verdoppelt – von 32,8 Milliarden Euro auf 67,6 Milliarden Euro bundesweit, vor allem durch den massiven Ausbau der Kinderbetreuung. „Das ist gesellschaftlich notwendig und von Bund und Ländern gewollt. Und wir unterstützen das als Städte eindeutig. Aber das muss dann auch gesamtgesellschaftlich finanziert werden und nicht zum allergrößten Teil bei den Kommunen hängen bleiben“, so Katja Dörner.

Allein im vergangenen Jahr sind die kommunalen Sozialkosten nach ersten Rückmeldungen um schätzungsweise 12 Prozent gestiegen, die Eingliederungsleistungen und die Leistungen für Kinder- und Jugendhilfe sogar um mehr als 15 Prozent. Auch der Zuzug von geflüchteten Menschen spielt in der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch im Bürgergeld und bei den Sozialhilfeleistungen eine Rolle.

„Kostentreiber sind aber vor allem auch immer neue Aufgaben, auf die uns Bund und Länder verpflichten und die von den Bürgerinnen und Bürgern auch intensiv nachgefragt werden, etwa der Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung. Voll gegenfinanziert sind solche neuen Aufgaben fast nie. Dadurch verschärft sich die strukturelle Unterfinanzierung und schränkt die kommunalen Handlungsspielräume weiter ein“, so Katja Dörner.

Sparzwang hat handfeste Konsequenzen

„Die Rückmeldungen, die wir aus vielen Städten bekommen, sind alarmierend“, erklärte Städtetagsvizepräsident Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig„Selbst viele Städte, die immer einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen konnten, kommen jetzt ins Schlingern. Quer durch die Republik, nicht nur in einzelnen Bundesländern.

Perspektivisch machen dem Deutschen Städtetag vor allem zwei Punkte große Sorgen, erläuterte Jung: „Zum einen: Etliche Städte werden sich vermutlich gezwungen sehen, in den kommenden Jahren Personal abzubauen. Immer mehr Aufgaben für die Städte, die wir dann aber mit weniger Personal bewältigen müssen – diese Rechnung kann nicht aufgehen. Das können auch Bund und Länder nicht wollen, sie müssen uns deutlich finanziell stärken. Zum anderen: Wir stehen mit Transformationsaufgaben wie der Verkehrswende, der Energiewende oder der Wärmewende vor Mammut-Aufgaben. Wie diese massiven Investitionen finanziert werden sollen, ist ohnehin noch kaum geklärt. Und jetzt sorgt die prekäre Finanzlage der Kommunen dafür, dass Städte sogar Bus- und Bahnlinien streichen, statt neue zu schaffen. Statt einer Verkehrswende droht eine Rolle rückwärts. Das gefährdet die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.“

Jung wies zudem darauf hin, dass es für die strukturellen Defizite der kommunalen Haushalte mehr brauche als Geld: „Wir brauchen ein anderes Miteinander von Bund, Ländern und Kommunen, auch bei neuen Gesetzen. Es gibt für viele neue Gesetze gute Gründe. Aber warum sind sie oft so praxisfern und kompliziert ausgestaltet, dass wir eigentlich immer neues Personal dafür einstellen müssten und angesichts des Fachkräftemangels nicht finden? Das weckt große Erwartungen bei den Menschen und endet im Frust, wenn Verfahren zu lange dauern. Hier muss sich grundlegend etwas ändern. Wir brauchen praxisnahe Gesetze mit durchgehend digitalisierten und vereinfachten Verfahren.“

Weitere Informationen: www.staedtetag.de/finanzumfrage

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Als ich in einem Beitrag auf die dunkle Seite der DDR-Erziehung hinwies und die Willkür der Einweisungen in Jugendwerkhöfe thematisierte – oft wegen Nichtigkeiten wie Westkleidung oder politischem Widerspruch –, brach ein Sturm der Entrüstung los. Hunderte Kommentare unter meinem Post offenbarten einen tiefen Riss in der deutschen Erinnerungskultur, der auch 30 Jahre nach der Wende nicht verheilt ist. Die Debatte zeigte mir erschreckend deutlich: Für viele ehemalige DDR-Bürger ist Kritik am System noch immer ein persönlicher Angriff. Mit dem Argument der eigenen, unbeschadeten Biografie ("Mir hat es nicht geschadet") wird das Leid Tausender weggewischt. Opfer, die von Drill und Gewalt berichten, werden als Lügner diffamiert oder gar selbst für ihr Schicksal verantwortlich gemacht. Doch am verstörendsten ist für mich der Blick nach vorn: Inmitten der Leugnung wächst die laute Sehnsucht nach autoritärer Härte und der Wiedereinführung von Umerziehungsmaßnahmen. Dies ist eine Analyse über verdrängte Traumata, aggressive Ostalgie und die Unfähigkeit zum Dialog.

Der Aufruf der Widerstandskämpfer im Dezember 1989

Journalistischer Text - Profil (Teaser Seite 1) Warnung vor Neonazis in der Wendezeit In einer Zeit des politischen Vakuums veröffentlicht die Junge Welt am 21. Dezember 1989 einen Text, der explizit vor zunehmenden neonazistischen Umtrieben in Stadt und Land warnt und diese als Gefahr für die humanistischen Werte bezeichnet. Ich betrachte dieses Dokument heute als ein spätes Eingeständnis einer Realität, die viele Menschen in ihrem Alltag längst wahrgenommen hatten, die aber staatlich ignoriert wurde. Es scheint, als ob die Thematisierung der rechten Gefahr in diesem Moment für manche auch den Zweck erfüllte, die Existenzberechtigung der DDR als antifaschistisches Bollwerk neu zu begründen. Für den heutigen Betrachter offenbart sich hier die Zerrissenheit jener Tage. Während die einen die Wiedervereinigung herbeisehnten, sahen andere in der Bewahrung der DDR-Eigenstaatlichkeit den einzigen Schutz vor historischen Fehlentwicklungen. Dieser Text markiert den Versuch, in der Unübersichtlichkeit der Wendezeit einen moralischen Halt zu bieten. Journalistischer Text - Seite (Teaser Seite 2) Ein Programm der Hoffnung im Dezember 89 Kurz vor dem Jahreswechsel 1989 bezeichnet ein Aufruf des Komitees der Widerstandskämpfer den Antifaschismus als das entscheidende Programm der Hoffnung für den Erhalt und die Erneuerung des Staates. Mir erscheint dieser Appell rückblickend wie der Versuch einiger Akteure, die drohende Auflösung ihres Staates durch die Rückkehr zu den ideellen Wurzeln aufzuhalten. Es war eine Perspektive, die sicherlich von jenen geteilt wurde, die eine reformierte DDR wollten, auch wenn die politische Realität bereits eine andere Sprache sprach.

Gestoppt vom Politbüro: Das Ende des P610

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Sahra Wagenknecht: Die Rückkehr geglaubter Vergangenheiten

Journalistischer Text - Profil Sahra Wagenknecht über das Déjà-vu der Unfreiheit Ein Gefühl der Beklemmung macht sich breit, wenn man beobachtet, wie schnell abweichende Haltungen heute nicht mehr diskutiert, sondern sanktioniert werden. Es ist, als ob ein alter Film erneut abgespielt wird, dessen Handlung man eigentlich im Archiv der Geschichte wähnte. Manche erleben diese Tage mit einem bitteren Gefühl der Wiedererkennung, das tief im kollektiven Gedächtnis verankert ist. Es sind jene, die wissen, wie es sich anfühlt, wenn der Staat definiert, was Wahrheit ist, und wenn Kritik an der Regierung als Angriff auf das Staatswohl uminterpretiert wird. Die Rede ist von einer schleichenden Rückkehr autoritärer Muster, bei denen Hausdurchsuchungen wegen Online-Postings und die soziale Ächtung von Andersdenkenden wieder zum Repertoire gehören. Die Sorge ist groß, dass der liberale Diskurs, in dem auch die unbequeme Meinung ihren Platz hat, einer neuen Konformität weicht. Wenn politische Gegner nicht mehr inhaltlich gestellt, sondern moralisch delegitimiert oder juristisch behindert werden, verliert die Demokratie ihre Substanz. Es entsteht eine Gesellschaft, in der die Angst vor dem falschen Wort wieder das Handeln bestimmt. Journalistischer Text - Seite Sahra Wagenknecht sieht Schatten über dem Diskurs Die Mechanismen der Ausgrenzung funktionieren oft lautlos, bis sie einen selbst treffen und die Grenzen des Sagbaren verschieben. Es beginnt nicht mit Verboten, sondern mit einer Atmosphäre, in der der Preis für die eigene Meinung plötzlich zu hoch erscheint. Viele blicken mit Sorge auf eine Entwicklung, in der staatliche Stellen und mediale Öffentlichkeit Hand in Hand zu gehen scheinen, um einen engen Meinungskorridor zu zementieren. Die historische Sensibilität für solche Prozesse ist gerade dort hoch, wo man Erfahrung mit Systembrüchen hat. Wenn der Schutz der Demokratie als Argument dient, um demokratische Rechte wie die Meinungsfreiheit einzuschränken, befindet sich das Gemeinwesen auf einer abschüssigen Bahn.

Egon Krenz und die Legende vom verratenen Staat

MASTER-PROMPT HOOK - Profil Egon Krenz und die Deutung der Geschichte Ein älterer Herr im dunklen Anzug tritt ans Mikrofon, die Hände fest am Pult, der Blick fest in den Saal gerichtet, wo Menschen sitzen, die auf ein bestätigendes Wort warten. Er spricht von 1989, von Entscheidungen im Zentralkomitee und von einer Ordnung, die seiner Meinung nach nicht von innen zerbrach, sondern von außen zerstört wurde. MASTER-PROMPT Teaser JP (Reflective) Erinnerung an den Herbst 1989 Wenn ich die Stimme von Egon Krenz heute höre, vermischen sich die Bilder des aktuellen Auftritts mit den verblassten Fernsehaufnahmen jenes Abends im November vor vielen Jahren. Damals herrschte eine Ungewissheit, die sich in den Gesichtern meiner Eltern spiegelte, während auf dem Bildschirm Weltgeschichte geschrieben wurde. Egon Krenz spricht auf dem "Nationalen Denkfest" über seine Sicht auf die Wende, verteidigt die Rolle der Sicherheitsorgane und zieht Parallelen zur heutigen Russlandpolitik, die mich irritieren. Für mich klingt das nicht nach der Befreiung, die ich damals als Kind in der Euphorie der Erwachsenen zu spüren glaubte. MASTER-PROMPT Teaser Coolis (Neutral) Egon Krenz äußert sich zur DDR-Geschichte Der ehemalige SED-Generalsekretär Egon Krenz hat auf dem "Nationalen Denkfest" eine Rede zur Geschichte der DDR und den Ereignissen von 1989 gehalten. Vor dem Publikum verteidigte er die politischen Entscheidungen der damaligen Führung und wies die Verantwortung für den Zusammenbruch des Staates externen Faktoren zu. Krenz thematisierte in seinem Vortrag auch den aktuellen Konflikt in der Ukraine und kritisierte die Rolle der NATO, wobei er für eine Annäherung an Russland plädierte. Er betonte die seiner Ansicht nach friedenssichernde Funktion der DDR-Sicherheitskräfte während der friedlichen Revolution im November 1989.

Suchttransformation in den neuen Bundesländern nach 1990

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