Es ist, als ob wir uns in einem endlosen Streit verfangen haben – ein Streit, in dem statt Argumenten oftmals nur noch Beschimpfungen und Schubladendenken dominieren. Wann benehmen sich einige endlich wieder wie Menschen? Wann hören wir auf, jeden, der anderer Meinung ist, sofort als „Nazi“ oder sonst etwas Abwertendes zu bezeichnen? Die Diskussion hat sich in ein Minenfeld aus Hass, Häme und Herabwürdigung verwandelt, in dem die Fähigkeit zum empathischen Zuhören immer mehr in den Hintergrund rückt.
Die Ursachen der Entgleisung
Warum ist es so weit gekommen? Die Ursachen sind vielschichtig. Zum einen hat uns der digitale Raum einen neuen Kommunikationsstil beschert: Kurze, zugespitzte Botschaften und algorithmusgesteuerte Echokammern, die oftmals kein Plädoyer für differenzierte Auseinandersetzungen zulassen. In dieser Sphäre wird jede Meinungsabweichung schnell als Angriff auf die eigene Moral interpretiert – und schon wird aus einer sachlichen Diskussion ein moralischer Kriegsruf.
Zum anderen ist in unserer Gesellschaft ein gewisser Verlust an Empathie spürbar. Es fällt zunehmend schwer, den anderen als Gesprächspartner zu sehen, wenn dieser einem nur noch als verkörperte Ideologie oder als Vertreter einer „anderen“ Gruppe erscheint. Dabei begegnen wir uns alle – ob wir es wollen oder nicht – im gleichen Land, mit den gleichen alltäglichen Herausforderungen: unsanierte Straßen, unklare Perspektiven bei der Migrationsdebatte, und eine Vielzahl anderer Probleme, die nicht in simplen Schwarz-Weiß-Kategorien abgebildet werden können.
Orte des Miteinanders wiederentdecken
Wo also sind die Räume, in denen wir wieder menschlich miteinander umgehen können? Es sind nicht die großen Parteizentralen oder Medienkonzerne, die diesen Wandel herbeiführen können – es sind die Kommunen, die Nachbarschaften und die lokalen Initiativen. Orte, an denen man sich tatsächlich an einen Tisch setzen und gemeinsam den Blick auf gemeinsame Themen richten kann. Es braucht Räume, in denen man zuhört, wo man auch bereit ist, die Perspektiven des anderen anzunehmen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Leider hat das Pflegen dieser Begegnungen oft auf der Strecke geblieben. Der Wunsch nach einem echten Miteinander existiert zwar, doch laufen wir in unseren individuellen Anliegen oft aneinander vorbei. Dabei hätten wir so viele gemeinsame Themen, die – richtig angepackt – uns auch im Alter noch beschäftigen und verbinden könnten.
Ein Aufruf zu wiedergewonnener Diskussionskultur
Die aktuellen politischen Parteien scheinen sich weniger für Lösungen zu interessieren, als vielmehr darin, Machtspiele auszutragen und die Gesellschaft immer weiter auseinander zu treiben. Das führt zu einer gefährlichen Polarisierung, in der echte Problemlösungskultur und gegenseitiger Respekt immer mehr in den Hintergrund rücken. Dabei muss uns klar sein: Es geht nicht um ideologische Auseinandersetzungen, sondern um das gemeinsame Leben in einem Land, in dem alle – trotz unterschiedlicher Ansichten – miteinander verbunden sind.
Es liegt an uns allen, den Mut zu haben, wieder miteinander zu reden – und zwar auf Augenhöhe. Es liegt an den Kommunen und zivilgesellschaftlichen Initiativen, Räume des Austauschs zu schaffen, in denen die Möglichkeit besteht, auch mal aneinander vorbei zu schauen und gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Nur so können wir den Teufelskreis von Hass und Spaltung durchbrechen und wieder anfangen, uns als Teil einer gemeinsamen Gemeinschaft zu begreifen.
Lassen Sie uns also den Blick nach vorn richten: Auf ein Miteinander, in dem wir uns die Frage stellen, wie wir die echten Probleme lösen können – ohne den anderen sofort als den Feind zu deklarieren. Denn letztlich sind wir alle Menschen, die nur das Ziel haben sollten, in Frieden und gegenseitigem Respekt zusammenzuleben.