Der Motor stottert: Die Villa Baltic in Kühlungsborn

Die Villa Baltic in Kühlungsborn, ein historisches Juwel direkt an der Ostsee, hat seit Jahren einen wechselvollen Verlauf zwischen Hoffnung und Verzweiflung erlebt. Rund fünf Jahre nach dem Verkauf des denkmalgeschützten Gebäudes an die Brüder Aschenbeck, Projektentwickler aus Oldenburg, scheint die Zukunft des Gebäudes ungewisser denn je. Ursprünglich 1912 fertiggestellt, steht die Villa Baltic heute als ein symbolträchtiges Bauwerk, dessen Zustand gleichermaßen Bewunderung wie Bedauern hervorruft. Doch die Sanierung des prächtigen Anwesens und die damit einhergehenden Pläne für das angrenzende Grundstück stehen vor einem unerwarteten Stopp – ein Sinnbild für die wirtschaftliche und bürokratische Starre, die Projekte dieser Art in Deutschland oft behindert.

Ein Schandfleck in bester Lage
Die Villa Baltic befindet sich in einer der besten Lagen von Kühlungsborn, direkt an der beliebten Ostseeallee. Ihr Verfall ist seit Jahren Thema in der Stadt und darüber hinaus. Als das Gebäude 2019 verkauft wurde, keimte Hoffnung auf, dass endlich Bewegung in das Projekt kommen würde. Die neuen Eigentümer, die Brüder Aschenbeck, planten nicht nur die umfassende Sanierung der Villa, sondern auch den Bau eines modernen Hotels auf dem angrenzenden Grundstück. Dieses Hotel, so die Idee, sollte durch seine Einnahmen die aufwendige Restaurierung der Villa refinanzieren. Doch was nach einem gut durchdachten Konzept klang, ist inzwischen in einem Dickicht aus Bürokratie, politischen Widerständen und finanziellen Unwägbarkeiten stecken geblieben.

Die Rolle der Stadtvertretung
Der entscheidende Wendepunkt kam am 5. Dezember 2024. An diesem Tag sollte die Stadtvertretung von Kühlungsborn über ein Gesamtpaket abstimmen, das die Sanierung der Villa Baltic und den Verkauf des benachbarten Grundstücks an die Eigentümer beinhaltete. Doch die AfD-Fraktion beantragte, das Thema von der Tagesordnung zu nehmen – ein Antrag, der mit 10 zu 9 Stimmen tatsächlich angenommen wurde. Damit wurde die Entscheidung über die Zukunft der Villa Baltic vertagt, und die Unsicherheit für alle Beteiligten wuchs.

Das benachbarte Grundstück, das als „Filetgrundstück“ gilt, wurde zuvor mit einem Verkehrswert von etwa 5,2 Millionen Euro bewertet. Der Verkaufserlös sollte ebenfalls in die Sanierung fließen. Doch nun bleibt unklar, ob und wann die Stadtvertretung diesem Verkauf zustimmen wird.

Fördermittel auf der Kippe
Auch die Fördermittel, die für die Sanierung der Villa Baltic bereitgestellt wurden, stehen inzwischen auf dem Spiel. Eine Vertreterin des Innenministeriums warnte die Stadtvertreter, dass die gesamte städtebauliche Förderung für das Areal in bester Lage entfallen könnte, sollte die Sanierung der Villa nicht umgesetzt werden. Bereits gezahlte Fördermittel in Höhe von etwa 150.000 Euro könnten zurückgefordert werden, was die finanzielle Situation der Stadt zusätzlich belasten würde.

Auf Druck der Eigentümer und angesichts der steigenden Baukosten wurde die Gesamtförderung für die Sanierung der Villa Baltic im Juli 2024 von 5 auf 6 Millionen Euro aufgestockt. Der Bund und die Stadt Kühlungsborn hatten sich bereit erklärt, jeweils ein Drittel der Kosten zu tragen, also je 2 Millionen Euro. Doch diese Entscheidung stieß bei einigen Stadtvertretern auf Kritik. Bereits im Sommer fiel eine Abstimmung zu diesem Thema mit 9 zu 8 Stimmen denkbar knapp aus.

Der Motor stottert
Die aktuelle Situation zeigt, wie fragil die Balance zwischen privaten Investoren, öffentlicher Förderung und politischer Zustimmung sein kann. Die Brüder Aschenbeck, die 2019 mit großen Plänen angetreten waren, stehen nun vor der Frage, wie es weitergehen soll. Ohne den Verkauf des Nachbargrundstücks und die damit verbundenen Einnahmen wird die Sanierung der Villa Baltic kaum zu stemmen sein.

Die Villa Baltic ist nicht nur ein architektonisches Denkmal, sondern auch ein Symbol für die Herausforderungen, die mit der Rettung historischer Bauten einhergehen. Der Widerstand in der Stadtvertretung, die gestiegenen Baukosten und die Unsicherheit über die Fördermittel haben das Projekt ins Stocken gebracht.

Hoffnung auf eine Lösung
Doch trotz aller Hindernisse bleibt die Hoffnung bestehen, dass die Villa Baltic eines Tages in neuem Glanz erstrahlen wird. Der vorliegende Architektenentwurf für das geplante Hotel zeigt, dass eine moderne Bebauung und die Restaurierung der Villa harmonisch miteinander kombiniert werden können. Die denkmalgeschützte Villa soll dabei prägend bleiben und die historische Atmosphäre des Areals bewahren.

Nun liegt es an der Stadtvertretung von Kühlungsborn, eine Entscheidung zu treffen, die nicht nur die Zukunft der Villa Baltic, sondern auch die städtebauliche Entwicklung der gesamten Region beeinflussen wird. Ob die politischen und finanziellen Hürden überwunden werden können, bleibt abzuwarten.

Bis dahin steht die Villa Baltic weiterhin als Mahnmal für die Herausforderungen und Widersprüche, die mit der Rettung historischer Gebäude einhergehen. Ein Denkmal, dessen Motor zu stottern begonnen hat – und das dringend einen neuen Antrieb braucht.

weitere aktuelle Informationen unter: https://www.aschenbeck.de/villa-baltic

Redakteur/Blogger/Journalist/Chronist: Arne Petrich

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