Am 6. Januar 2025 richtete Sachsens Landtagspräsident Alexander Dierks auf dem Neujahrsempfang des Landtages vor rund 300 geladenen Gästen eine eindringliche Botschaft an Politik und Gesellschaft. In seiner 16-minütigen Rede forderte er eine neue politische Kultur im Sächsischen Landtag, geprägt von Kompromissgeist, respektvollem Umgang und der Bereitschaft zur Zukunftsgestaltung. Mit klaren Worten skizzierte er die Herausforderungen und Chancen, die vor dem Freistaat liegen, und setzte markante Akzente für die kommenden Jahre.
Ein Parlament der Möglichkeiten und Zukunftsgestaltung
Dierks betonte, dass der Sächsische Landtag vor einer wegweisenden Phase stehe. „Mein Anspruch ist es, dass der Sächsische Landtag ein Parlament der Möglichkeiten und der Zukunftsgestaltung ist“, erklärte er. Besonders hob er hervor, dass das Parlament die Aufgabe habe, stellvertretend für die Gesellschaft Auseinandersetzungen auszutragen und Lösungen zu finden. Dabei plädierte er für eine neue politische Kultur: „Wenn wir in einigen Jahren zurückblicken, soll dies als der Moment gelten, in dem wir eine Kultur des respektvollen Miteinanders etabliert haben, eine Lösungskultur aus anständigem fachpolitischen Streit – beispielhaft für eine Gesellschaft, die derzeit so aufgewühlt ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr.“
Herausforderungen durch eine Regierung ohne eigene Mehrheit
Eine Besonderheit der aktuellen Legislaturperiode unterstrich Dierks mit Nachdruck: Zum ersten Mal in der Geschichte Sachsens verfügt die Staatsregierung über keine eigene Mehrheit im Landtag. Dies stelle die Abgeordneten vor besondere Herausforderungen, biete aber auch eine Chance für mehr Kooperation und Kompromissfindung. „Jeder einzelne Abgeordnete wurde gewählt, um den Freistaat Sachsen voranzubringen und den Nutzen der Sächsinnen und Sachsen zu mehren“, betonte er. Die aktuelle Lage sei eine Gelegenheit, den Parlamentarismus zu stärken und dessen zentrale Funktion zu unterstreichen: die Auseinandersetzung unterschiedlicher Positionen zugunsten des Gemeinwohls.
Bedeutung des Kompromisses in der Demokratie
Ein zentrales Element der Rede war Dierks’ Plädoyer für den Kompromiss. „Ohne Kompromisse geht es nicht“, erklärte er mit Nachdruck. In einer Demokratie gehe es nicht um absolute Wahrheiten, sondern darum, Lösungen zu finden, die verschiedene Interessen miteinander versöhnen. „Es gibt nicht den einen Königsweg, sondern immer den Weg dahin, eine Lösung zu finden, die das Gemeinwohl im Blick hat.“ Der Kompromiss sei eine zentrale Stärke der parlamentarischen Demokratie und in einer vielfältigen Gesellschaft unverzichtbar.
Der Doppelhaushalt 2025/2026 als Nagelprobe
Der Landtagspräsident verwies auf den Doppelhaushalt 2025/2026 als erste große Herausforderung der neuen Legislaturperiode. Angesichts der angespannten finanziellen Lage Sachsens forderte er zügige und ernsthafte Verhandlungen. Er appellierte an die Verantwortung der Abgeordneten, die unterschiedlichen Erwartungen aus Wirtschaft, Kommunen und sozialen Bereichen zu berücksichtigen. „In solchen Situationen zeigt sich, ob eine parlamentarische Demokratie handlungsfähig ist“, so Dierks. Es gehe darum, Prioritäten zu setzen und Schwerpunkte abzuwägen.
Mehr Freiheit und weniger Mikrosteuerung
Dierks sprach sich auf Landes- und Bundesebene für einen gesellschaftlichen Aufbruch aus. Er forderte, Fesseln zu lösen und Anreize zu setzen, um die Freiheit zu stärken. „Nur starke und wirtschaftlich leistungsfähige Demokratien können auf Dauer das Leistungsversprechen von Freiheit, Wohlstand und sozialem Ausgleich gewährleisten“, betonte er. Die Überwindung von Mikrosteuerung sei dabei ein wichtiger Schritt.
Erinnerung an die Terrortat von Magdeburg
Zu Beginn seiner Rede erinnerte Alexander Dierks an die Terrortat von Magdeburg, die das Land kurz zuvor erschüttert hatte. Er unterstrich, dass solche Ereignisse den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Handlungsfähigkeit des politischen Systems auf die Probe stellten. „Ich bin der festen Überzeugung, dass unsere liberale Demokratie in der Lage ist, genau solche Herausforderungen zu meistern“, erklärte er.
Ein Appell für Zusammenhalt und Gestaltungskraft
Mit seiner Rede setzte Alexander Dierks ein Zeichen für einen optimistischen und zukunftsgerichteten Kurs in der sächsischen Politik. Seine Forderung nach einer neuen politischen Kultur, die auf Respekt, Kompromissfähigkeit und Gestaltungswillen basiert, war ein deutlicher Appell an alle politischen Akteure im Freistaat. Der Sächsische Landtag habe die Chance, beispielhaft für die Gesellschaft zu handeln und den Weg für einen gesellschaftlichen und politischen Aufbruch zu ebnen.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob die Abgeordneten die Herausforderungen annehmen und den Sächsischen Landtag tatsächlich zu einem „Parlament der Möglichkeiten“ machen können.