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Eine Zeitreise durch die DDR im Umbruch: Von Zittau nach Rügen (1990)

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Im Jahr 1990 begaben sich Reisende auf eine viereinhalbwöchige Zugreise durch die Deutsche Demokratische Republik, die als eine Reihe von „Momentaufnahmen von Land und Leuten“ konzipiert war, subjektiv und persönlich, wobei der Zufall die Stationen bestimmen sollte. Ziel war es, Geschichten am Wegesrand, Begegnungen und Bilder abseits der Magistralen einzufangen, um festzuhalten, „was bald schon verloren sein könnte“. Die Reise führte von Zittau bis nach Rügen, mit Bautzen als erster Zwischenstation in der ersten Woche.

Die „Eisenbahnromantik“ begann in Zittau, wo der Charme eines alten Holzbahnhofs mit klappernden Fenstern und dem Geruch von Schmieröl und Borhwai verzauberte, auch wenn der Fahrdienstleiter Alfred Huss sich modernere Anlagen gewünscht hätte. Die Fahrt führte zunächst entlang der alten Fernstraße 96, vorbei an Handwerksbetrieben, wo Preise noch gestützt waren und Brot billiger als Futtergetreide.

Wunden der Braunkohle und ein Geisterdorf
Die Reise enthüllte schnell die „Wunden“ des Landes, die durch den Braunkohle-Tagebau gerissen wurden. Das Haus von Rut Schucka stand kurz vor der Zerstörung, ihre Nachbarn waren bereits 1988 umgezogen. Sie weigerte sich jedoch, ihre Heimat zu verlassen, trotz fehlender sanitärer Anlagen und der Anweisung, sich einen Wassereimer hinzustellen. Die Bewohner des „Geisterdorfs“ am Rande der Grube saßen im Winter ohne Licht da und hatten eingeschlagene Scheiben, ohne dass jemand die Reparatur übernahm. Die Gegend roch streng nach Schwefel, und die Menschen dachten über „Vertreibung“ und „Ungerechtigkeit“ nach. Obwohl feststand, dass der Tagebau eingestellt wird, verfielen die Häuser weiter.

Bautzen: Gefängnis, Protest und Währungsunion
In Bautzen, einer Stadt mit zwei Sprachen und zwei Gesichtern, wurde die nationale Minderheit der Sorben sichtbar anerkannt. Doch der Name der Stadt war untrennbar mit ihrem „hässlichen Gesicht“ verbunden – dem berüchtigten Gefängnis, das der Volksmund als „gelbes Elend“ bezeichnete. Viele Bautzener, wie die Eisenbahnerin Brigitte Thomas, empfanden es als beschämend, dass die Stadt dadurch berühmt geworden war, obwohl sie eine tausendjährige Geschichte und viele schöne alte Bauten besaß.

Im Bautzener Gefängnis saßen Menschen aus politischen Gründen unter unmenschlichen Bedingungen, Tausende starben an Hunger und Seuchen und wurden unkenntlich verscharrt. Dieter Müller, selbst Häftling von 1948 bis 1954, sprach vom „Elendslager“ und hatte den Stadtplan für sich vervollständigt, um die weißen Flecken der Gefängnisse sichtbar zu machen und das Vergessen zu bekämpfen. Im Jahr 1990 befanden sich noch 250 Gefangene in der Anstalt, bewacht von Personal, das auch schon zu Stasi-Zeiten dort tätig war und nach Ansicht der Gefangenen „nur ihre Pflicht getan“ hatte. Die Gefangenen, deren Sprecher Peter Dombrowski war, kritisierten das Fehlen wirklicher Reformen und das Fortbestehen des alten Geistes. Sie streikten bereits mehrfach und erreichten kleine Verbesserungen wie das Aufhängen von Bildern und das Begrüßen von Besuchern mit Handschlag. Die Anstaltsleitung hingegen sorgte sich um Sauberkeit und Höflichkeit, während der Pfarrer Burkard Schulz, selbst ein kritischer Kopf, den „alten stalinistischen Geist“ im Gefängnis kritisierte.

In Bautzen waren auch die „Vorboten der Währungsunion“ spürbar. Osthändler verkauften gegen Westmark, Westhändler gegen Ostmark. Im Hotel „Zum Weißen Ross“ wurden Textilien aus Westdeutschland angeboten, die zwar teuer waren – fast ein Monatsgehalt für ein Kostüm und einen Pullover, wenn man von den damals üblichen knapp 700 Mark Gehalt ausging –, aber dennoch begehrt.

Spreewald, Grenzen und Nachdenklichkeit
Die Reise führte weiter nach Bad Muskau, an die Grenze zu Polen, die offiziell „Friedensgrenze“ hieß, doch ein Stachelband quer über die Gleise zeigte, dass der Weg zur „wirklich freien Fahrt“ noch weit war. Im Spreewald, wo der Fährmann Robby in dritter Generation Touristen beförderte, gab es trotz allem noch reichlich Fische, auch wenn die Quappe ausgestorben war. Die Kinder erkannten früh, dass die Zukunft im Dienstleistungsbereich lag, und Touristen brachten mit ihren Spenden und der Nachfrage nach Kahnfahrten Wohlstand in die Dörfer. Sorbische Trachten wurden nur noch zu besonderen Anlässen oder für Touristen getragen.

Am Zusammenfluss von Oder und Neiße in Ratzdorf war die Grenze spürbar, ein Ort, der zum Nachdenken über Politik anregte, da er so friedlich wirkte, im Gegensatz zur Rhetorik mancher „Berufsvertriebener“. Frauen aus dem Dorf kümmerten sich dort um die Kriegsgräber, die sonst niemand mehr pflegte.

Frankfurt (Oder): Alltag an der Grenze
Frankfurt (Oder) hinterließ einen bleibenden Eindruck als Grenzstadt. Kontrollen an der „Friedensgrenze“ dauerten 40 Minuten. Der Alltag der Volkspolizei unter Hauptkommissar Gerhard Ransk umfasste auch die Aufnahme eines 15-jährigen, der seinen Frust mit Steinen ausgelassen hatte, und die Lösung von Alltagsproblemen wie zerbrochenen Fenstern. Ein unerwarteter Anruf aus Frankfurt am Main führte zu einem Austausch über die „operative Lage“ der Polizei in Ost- und Westdeutschland. Das Nachtleben der Stadt, das von einer Künstleragentur einmal wöchentlich mit Unterhaltung bedient wurde, erinnerte an ein „Moulin Rouge für Arme“, wo Patrizia sich seit sechs Jahren vor Publikum auszog.

Wünsche für die Zukunft und die Herausforderungen des Wandels
In Niederfinow, am gigantischen Schiffshebewerk, traf man auf Hann-Lore Tiele, die als Verkäuferin arbeitete. Sie wünschte sich Gesundheit, Schaffenskraft und dass alle Deutschen in fünf Jahren den gleichen Lebensstandard hätten. Sie betonte die Fähigkeiten der Handwerker im Osten, die Ersatzteile selbst anfertigen mussten. Ihr dritter Wunsch war eine Reise, da sie nur die Republik kannte. Politisch wünschte sie sich ein „richtiges Deutschland“, das aber „ein besseres“ sei, von dem keine „dunklen Machenschaften“ ausgingen. Sie berichtete von einer Begegnung mit einem polnischen Kunden, der sie „Faschistenschwein“ nannte, und wünschte sich, dass die Deutschen nicht mehr so angesehen würden.

Im kleinen Pasewalk zeugte der gemischtwarenladen Schilling von einer langen Familientradition und blieb trotz 40 Jahren Sozialismus ein Privatunternehmen. Die Seniorchefin Gerda Schilling war bekannt dafür, den Kunden auch mal die Meinung zu sagen. Der Juniorchef träumte davon, dass das Geschäft „plötzlich alles voll mit Ware“ sei und die Kunden „rennen“ würden. Das Geschäft stellte sich mit erweitertem Sortiment und doppelter Kasse auf Ost- und Westmark auf die neue Zeit ein.

Die Zugfahrt nördlich von Neubrandenburg zeigte ein veraltetes Schienennetz, das der Lokführer Eberhard Hebeck als „heruntergekommen“ beschrieb. Die Menschen waren verunsichert durch die Entwicklung in Wirtschaft und Politik. Die Stimmung in den Betrieben war nicht gut, und viele hofften, ihren Arbeitsplatz behalten zu können. Die Schaffnerin im Gepäckwagen war traurig, weil ihr Freund zur Bundesbahn übergemacht hatte. Es gab auch nachdenkliche Stimmen, die die Schnelligkeit der Wiedervereinigung kritisierten: „Mit dieser Schnelligkeit nach meiner Auffassung sich ich doch eine Reihe von Dingen einschleichen die für uns als Bevölkerung in der DDR nicht gut sind“.

Rügen: Von Kreidefelsen bis zum Fischeralltag
Auf Rügen, dem Ziel der Reise, beeindruckten die weltberühmten Kreidefelsen im Norden und die morbide Eleganz alter Seebäder im Süden. In Vitt, einem kleinen Fischerdorf, vermieteten Fischer ihre reetgedeckten Karten an Touristen als einträglichen Nebenerwerb. Doch die Fischer, wie Joben Lass und Köppke, die einst „Gold“ verdienten und zu den reichsten Leuten auf der Insel zählten, standen vor neuen Problemen. Der Hering war schwer verkäuflich und wurde häufig zu Fischmehl verarbeitet, was weniger Geld einbrachte. Die Unsicherheit über Preise und die Gewohnheit, auf Anweisungen „von oben“ zu warten, erschwerte die Umstellung auf Selbstvermarktung.

Die Reise endete, wie sie in Zittau begonnen hatte: mit Dampf, genauer gesagt, mit dem „Rasenden Roland“ auf der Schmalspurbahn. Die Bahnfahrt von Zittau nach Rügen war für die Reisenden wie eine „Reise in die eigene Kindheit“, die Erinnerungen und Momentaufnahmen von einem Land hinterließ, das sich im Wandel befand. Viele Dinge in der DDR galten als schön und im Westen nicht mehr vorhanden. Das Reisetagebuch der Reisenden enthielt Gedanken über „Heimat“ und „Identität“ und die Irritation über die Arroganz, mit der viele Bundesbürger das Land in Besitz nahmen.

Der rostigste Star ist zurück: Olsenbande-Chevrolet in Silstedt aufgetaucht!

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Für viele hierzulande dürfte sie noch immer ein Begriff sein: die Olsenbande, stets auf dem Weg zum ganz großen Coup oder um Egon aus dem Gefängnis zu holen. Immer mit dabei war ein rostiger Chevrolet, und genau dieser Kult-Fluchtwagen steht nun in Silstedt in der Harzer Bikeschmiede.

Tilo, der Inhaber der Bikeschmiede, hat nach eigenen Angaben einen wahren Coup gelandet. Er erhielt das Fahrzeug von Freunden als Leihstellung und ist sich sicher, dass es sich um eines der echten Filmautos handelt. Die Authentizität des Fahrzeugs lässt sich laut Tilo an spezifischen Details erkennen, die auch in den Filmszenen zu sehen sind. Dazu gehören die fehlende Blende des Standlichts sowie zwei große Rostflecken auf der Seite, die ebenfalls mehrfach im Film auftauchen.

Tilo und sein Vater Wilfried haben in Silstedt, einem kleinen Ort im Harzvorland, ein bemerkenswertes und „etwas verrücktes Fahrzeugmuseum“ aufgebaut. Dort präsentieren sie eine Sammlung echter Raritäten und Schmuckstücke. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Eigenbauten, von praktischen Gefährten aus DDR-Zeiten bis hin zu außergewöhnlichen Kreationen. Als Beispiel für ihre ambitionierten Projekte dient ein Motorrad mit V8-Motor, das sie bereits 2002 als ihr „erstes größeres Wagnis“ realisierten. Dieses Projekt galt als „Leitwind der ganzen Szene“, und viele erklärten sie damals für verrückt, als die Idee eines Motorrads mit Tatra-Motor durchsickerte. Ihr bislang größter Coup war jedoch ein Riesenmotorrad mit Panzermotor, das ihnen sogar einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde einbrachte.

Am kommenden Wochenende soll der Olsenbande-Chevrolet im Rahmen eines großen Showprogramms bei der Eröffnung der Bikeschmiede für Besucher in Aktion gezeigt werden. Es wird eine Generalprobe geben, bei der der Wagen neben anderen Attraktionen präsentiert wird. Ganz im Sinne von Egon Olsen, der stets zu sagen pflegte: „Ich habe einen Plan“.

Neue Visionen für Dessaus historisches Mausoleum

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Dessau – Das Stadtbild von Dessau, nicht reich an Türmen und Kuppeln, birgt ein verstecktes Juwel: die Kuppel des Mausoleums, ein fester Bestandteil der Stadtsilhouette. Eingebettet im östlichen Teil des Georgiums, umgeben vom belebten Tierpark, schlummert hier die einstige Grablege des anhaltischen Fürstenhauses. Doch trotz seiner historischen Bedeutung und architektonischen Eleganz sucht dieser monumentale Bau, einst ein Ort der Ruhe und des Gedenkens, noch immer nach einer sinnvollen Neunutzung.

Von der Fürstengruft zum „Dornröschenschlaf“
Die Geschichte des Dessauer Mausoleums beginnt Ende des 19. Jahrhunderts. Da die Marienkirche, die seit 1554 als Grablege diente, mit sechs Fürstengrüften überfüllt war, reifte mit dem Regierungsantritt Herzog Friedrichs I. im Jahr 1871 die Idee einer neuen Fürstengruft. Geplant als Mausoleum und Gedächtniskapelle zugleich, wurde der östliche Georgengarten als würdiger Ort ausgewählt. Der Berliner Architekt Franz Schwechten, der bereits das Dessauer Bahnhofsgebäude entworfen hatte, wurde mit der Planung beauftragt. Sein Entwurf, ein Zentralbau in klassizistischer Palladio-Tradition, zeichnet sich durch „wohltuende Einfachheit und zeitlose Eleganz“ aus, ohne die Überladung, die man etwa beim Berliner Dom findet. Zwischen 1894 und 1898 wurde der Bau unter Hofbaurat Bötger, Gartendirektor Hof und Bauleiter Täubner realisiert. Er besteht aus einem Unterbau aus rheinischem Basalt und dem eigentlichen Gebäude aus hellem sächsischem Sandstein, verziert mit Skulpturen der askanischen Bären von Kalandrelli und Hüllweck.

Die Innenausstattung war schlicht und gediegen, geprägt von Ticino-Marmor aus dem französischen Jura, Glasmosaiken und schweren Metallarbeiten, die im Kontrast zu den klaren, glatten Wand- und Kuppelflächen standen. Über zwei seitliche Treppen gelangt man in die eigentliche Gruft, die von starken Säulen und flachen Gewölben gegliedert wird. Bis 1952 beherbergte sie die Sarkophage von Herzog Friedrich I. und seiner Frau, Herzog Friedrich II. und seiner Frau, Herzog Eduard, sowie der Prinzen Aribert und Wolfgang. Auch die Sarkophage des Erbprinzen Leopold und der Kinder Prinzessin Friederike Margarete und Prinz Leopold Friedrich wurden aus der Marienkirche hierher überführt. Besonders pompös war die Beisetzung von Prinz Aribert im Dezember 1933.

Den Zweiten Weltkrieg überstand das Mausoleum weitgehend unbeschadet, doch die Nachkriegszeit brachte Einbrüche und Plünderungen, bei denen die Sarkophage gewaltsam geöffnet wurden. Auf Klagen aus der Bevölkerung hin ordnete die Oberbürgermeisterin Maria Dank am 17. März 1952 die Überführung der sterblichen Überreste zum Friedhof 1 an. Danach verfiel das Mausoleum in einen „Dornröschenschlaf“.

Suche nach einer neuen Bestimmung
Zahlreiche Versuche der Stadt Dessau, das Gebäude einer sinnvollen Nutzung zuzuführen, scheiterten. Ironischerweise schützte der um das Mausoleum entstandene Tierpark die Anlage vor vollständiger Verwahrlosung. Nach 1989 bekundete das Haus Anhalt Interesse am Gebäude, insbesondere an der Verfügbarkeit der Gruft. Notwendige Reparaturen am Dach, die bereits in den 1980er Jahren begonnen hatten, wurden an den Fassaden fortgeführt. Doch bis heute konnten verschiedene Nutzungskonzepte der Stadt, die Eigentümerin des Gebäudes ist, nicht verwirklicht werden. Auch drei Jahre nach der Erstellung des Films im Jahr 2004 (Stand 2007) war wenig für den Erhalt und die Nutzung des Mausoleums geschehen. Erst mit der Gründung eines Fördervereins Mausoleum Anfang 2007 kamen neue Aktivitäten zur Nutzung des Baus ins Gespräch.

Vielfältige Visionen – Das Potential der Erinnerung
Verschiedene Vorschläge wurden im Laufe der Jahre unterbreitet, „vom Kolumbarium bis zur Ruhmeshalle“. Ein ursprünglicher Vorschlag, eine jüdische Einrichtung in der Tradition der jüdischen Bürger Dessaus und Anhalts zu schaffen, die auch eine multikulturelle oder überkonfessionelle Begegnungsstätte umfassen könnte, wurde nicht diskutiert. Der Förderverein erwog die Einrichtung einer Ehrenhalle, einer Art Walhalla für verdienstvolle Bürger Anhalts, deren Spendengelder zum Erhalt oder für kulturelle und künstlerische Veranstaltungen verwendet werden könnten. Auch eine museale Nutzung als Lapidarium oder eine Plattform für Bildhauer und Aktionskünstler wurde in Betracht gezogen, um Ausstellungen, Symposien und künstlerische Darstellungen zu ermöglichen.

Als vielversprechendste Option wird nach wie vor eine interkonfessionelle Nutzung angesehen, insbesondere im Hinblick auf die reiche Tradition des Judentums in Anhalt und die multikulturelle Entwicklung. Die ideelle Verpflichtung gegenüber Namen wie Kohen-Oppenheim, Mendelssohn und Weil, die der Stadt reiche Vermächtnisse in Form von Kindergärten, Schulen und Sozialeinrichtungen beschert haben, untermauert diese Absicht. Der Vorschlag ist, das Mausoleum zum Mittelpunkt eines landesweit agierenden Zentrums für überkonfessionelle kulturelle Zusammenarbeit zu machen. Dieses für ganz Sachsen-Anhalt zuständige Institut könnte als Sammelbecken für Vereine und Institutionen dienen, die sich mit Migration und Integration befassen. Im ehemaligen Sakralbau könnten – getrennt nach Konfessionen – Gebets- und Versammlungsräume entstehen, wobei in den Kuppelraum eingefügte Unterteilungen den historischen Bestand nicht antasten würden und eine Nutzung über mehrere Etagen ermöglichten.

Weitere Nutzungsmöglichkeiten, die zur Diskussion stehen, sind eine Erweiterung der Präsentationsfläche der Anhaltischen Gemäldegalerie oder die Ansiedlung des Museums für Naturkunde und Vorgeschichte. Die Verlegung des Museums ins Mausoleum könnte das Museum aus seiner Isolation befreien und von der Popularität des umliegenden Tierparks profitieren. Das dann frei werdende Museumsgebäude könnte wiederum zur Belebung der Innenstadt beitragen, etwa als Präsentationsort für das Biosphärenreservat und das Gartenreich.

Das Dessauer Mausoleum, vom Stadtzentrum und Bahnhof bequem zu erreichen, ist eine „Chance“. Die Schönheit des Gebäudes legt eine seiner ursprünglichen Nutzung entsprechende, artverwandte Umwidmung nahe. Der Bau ist gleichermaßen „Last und Verpflichtung“. In einer Zeit, in der Ausschreitungen gegen ethnische Minderheiten weiterhin zu beobachten sind und Sachsen-Anhalt unter diesem Ruf leidet, könnte die Umwandlung des Mausoleums in ein Zeichen der Versöhnung und Toleranz ein wichtiges Signal setzen – für die Gleichberechtigung aller Lebensarten und Religionen im Sinne bester anhaltischer Traditionen. Es bleibt abzuwarten, welche Entscheidung die Zukunft für dieses bedeutsame Denkmal bereithält.

Angriff auf das Fest der Vielfalt in Bad Freienwalde

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Bad Freienwalde – Ein brutaler Angriff auf Teilnehmer des Bad Freienwalde-Vielfaltsfestes am vergangenen Sonntag wirft ein Schlaglicht auf die zunehmende Aggressivität gegen offene Gesellschaftsveranstaltungen in Brandenburg. Mehrere Vermummte attackierten Festbesucher blitzschnell mit Faustschlägen. Laut Augenzeugen handelte es sich um 10 bis 15 Maskierte, die teilweise bewaffnet waren.

Bei dem Überfall wurde unter anderem Heino Krummholz durch Faustschläge im Gesicht verletzt. Er beschreibt die Brutalität der Angreifer: „Es macht einen schon Angst, in welcher Brutalität er einfach zuhaut. Er hätte mich einfach rumschubsen können oder wegschubsen können. Er haut ja bewusst. Er begeht ja bewusst eine Tätigkeit“.

Die Täter konnten nach dem Angriff unerkannt flüchten. Obwohl Polizisten zur Absicherung des Festes anwesend waren, räumte die Polizei ein, dass sie nicht nah genug am Geschehen waren, um den Angriff zu verhindern. Verstärkung rückte erst im Anschluss an die Tat an. Nun wird intensiv nach Zeugen und Bildmaterial gesucht.

Die Veranstaltung in Bad Freienwalde stand klar für ein „buntes Bad Freienwalde und gegen Rechtspopulismus“. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme einer politischen Motivation „durchaus naheliegend“, wie es im Bericht heißt. Aus diesem Grund wurden die Ermittlungen dem Staatsschutz übergeben. Brandenburgs Innenminister René Wilke verurteilte die Tat.

Eine andere Einschätzung kommt aus dem Bad Freienwalder Rathaus. Bürgermeister Alf Lehmann sprach nicht von einem Angriff, sondern von einer Störung: „Da sind welche gewesen und wollten stören. Und ein anderer wollte ihn festhalten, um rauszufinden: Wer ist es? Nun kann man sagen: Der hätte die nicht hauen dürfen. Der andere hätte ihn aber auch nicht festhalten dürfen. Das sind Sachen, wo ich sage: Wer will denn wen jetzt verurteilen – und wofür?“.

Für die Organisatoren des Festes stellt der Vorfall eine neue Dimension dar. Bereits im Vorfeld des Festes wurden Plakate gestohlen. In der Vergangenheit störten bereits Personen, die der rechtsextremen Szene zugeordnet werden, ähnliche Veranstaltungen, allerdings beschränkten sich diese Störungen auf Rufe aus der Entfernung oder das Verteilen von Flyern.

Zunehmende Gewalt und „Angsträume“ für queere Menschen
Der Angriff in Bad Freienwalde bewegt auch die Landespolitik und wirft die Frage auf, „was mit unserer Gesellschaft gerade passiert, dass solche Veranstaltungen von Leuten scheinbar organisiert genutzt werden, gestürmt werden, um andere Leute zu schädigen, am Körper zu verletzen?“.

In den letzten Jahren wurde queeres Leben in Brandenburg zunehmend sichtbarer, ein Umstand, der polarisieren kann. Rechtsextremisten setzen an dieser Polarisierung an, um queeres Leben zurückzudrängen und gleichzeitig „Angsträume“ zu schaffen. Ziel sei es, klarzumachen: „Ihr seid hier nicht willkommen im öffentlichen Raum“. Diese Beobachtung machen queere Menschen oft am eigenen Leib, indem sie Gewalt und Herabwürdigungen erfahren, insbesondere wenn sie sich „am falschen Ort zur falschen Zeit bewegen“.

In der Vergangenheit hat beispielsweise die AfD immer wieder Stimmung gegen die Regenbogenfahne gemacht und dem Pride-Monat der queeren Gemeinschaft einen „Stolz-Monat in Schwarz-Rot-Gold“ entgegengesetzt. Obwohl die AfD selbst bestreitet, die Regenbogenfahne abzulehnen – ein AfD-Vertreter äußerte, er habe „überhaupt nichts gegen die Regenbogenfahne“, aber sie sei „kein Symbol ist, das an Rathäusern oder gar am Reichstag hängen muss“, da dort „grundsätzlich nationale Symbole“ hängen – fehlt auch auf der anderen Seite das Verständnis, wo immer wieder Regenbogenfahnen beschädigt oder geklaut werden.

Jüngste Beispiele belegen dies: In Dallgow-Döberitz wurde eine Regenbogenfahne angezündet. Gut 100 Kilometer südöstlich, in Beeskow, wurde sie gestohlen und am Folgetag erneut gehisst. Die Botschaft derer, die sich nicht einschüchtern lassen wollen, ist klar: Man kann zwar eine Fahne im Dunkel der Nacht klauen, aber die Symbolik bleibe bestehen.

Obwohl queere Menschen oft Unterstützung erfahren, ist das Klima für sie rauer geworden. Der Schock über den Angriff in Bad Freienwalde sitzt noch tief, doch das Bündnis „Bad Freienwalde ist bunt“ will sich auch in Zukunft nicht einschüchtern lassen. Die Frage nach dem „Warum dieser Angriff?“ bleibt jedoch noch offen.

Havelland: Verheerender Brand zerstört Lieferflotte

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Schönwalde-Glien (Havelland). Ein verheerender Brand hat in der Nacht zu heute auf einem Gewerbegebiet in Schönwalde-Glien die Fahrzeugflotte eines Logistikunternehmers weitgehend zerstört und einen wirtschaftlichen Albtraum verursacht. Insgesamt 14 Liefertransporter, von denen das Unternehmen seit 2011 auch für Amazon fährt, brannten aus und sind nun nur noch Schrott. Der Sachschaden wird derzeit auf rund 800.000 Euro geschätzt.

Feuerwehrmann Sven Kraatz, der in der Brandnacht vor Ort war, beschreibt das Ausmaß der Zerstörung: „Hier haben 14 Transporter gebrannt. Die stehen sehr dicht nebeneinander. Demzufolge war die Ausbreitung immens“. Die Bekämpfung der Flammen war eine Herausforderung: „Es gab zwischendurch Explosionen von Reifen, von Motoren, sodass man dort auch Adrenalin spürt, um dann doch mit gewissem Abstand mit Wasser die Flammen niederzuschlagen“. Die „Flammenwand“ sei enorm gewesen, und nur mit „viel Mühe“ gelang es der Feuerwehr, ein Übergreifen auf einen benachbarten Fuhrpark und Lagerhallen zu verhindern. Die „Hitzeauswirkungen“ waren auch an Fahrzeugen sichtbar, die nicht direkt brannten, wo aber „viele Plastikteile verschmort“ waren, was die immense Hitzeentwicklung am Brandort verdeutlichte.

Der Bürgermeister zeigte sich schockiert über das Geschehene und vermutet einen Brandanschlag. „Wie kommt jemand auf so eine Idee, dass solche Schäden hier entstehen können? Das war keine Selbstentzündung. Da bin ich mir so sicher wie das Amen in der Kirche“, so der Bürgermeister. Er betonte, dass der Schaden nicht nur das betroffene Unternehmen und den Unternehmer treffe, sondern letztendlich auch dem gesamten Standort schade.

Die Polizei hat Ermittlungen wegen Brandstiftung aufgenommen. Fragen wie „War es wirklich Brandstiftung? Hat hier jemand etwas gegen Amazon?“ stehen im Raum. Brisant ist zudem, dass es in der letzten Nacht in Schöneweide einen ähnlichen Vorfall gab, bei dem 23 Fahrzeuge mittels Brand beschädigt wurden. Es soll zwar ein Bekennerschreiben geben, dies ist jedoch noch nicht bestätigt. Am Nachmittag schaltete sich der Staatsschutz in die Ermittlungen ein, was die mögliche politische Dimension oder eine Serie von Brandstiftungen unterstreicht.

Wie die Fernsehsendung „Die Notenbank“ die DDR-Jugend aufmischte

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Die ZAPP-Redaktion berichtet über eine Fernsehsendung, die die Geschichte des DDR-Fernsehens maßgeblich prägte: „Die Notenbank“. Was 1969 als scheinbar harmloses Projekt begann und bis 1972 lief, entwickelte sich in insgesamt acht Folgen zu einem Meilenstein für die Rockmusik im Osten und lieferte einen direkten Konflikt mit den damaligen Machthabern. Die Rock-Sendung war eine der ersten ihrer Art, die bewusst auf deutschsprachige Rockmusik setzte, auch wenn spätere Auftritte, wie der der Puhdys, zeigten, dass dies nicht immer ausschließlich der Fall war und die Bands teils erst für die Sendung deutsche Titel entwickeln mussten.

Die Geburt einer Revolution aus Versehen
Alles begann fast zufällig: Nach dem Erfolg eines 8mm-Films über eine Band schlug der junge Regieassistent Bernt Maywald 1969 seinem Chef vor, etwas Ähnliches für das DDR-Fernsehen zu machen. Maywald, selbst ein Fan der damals so genannten „Beatgruppen“, wollte diesen endlich eine Plattform im TV bieten. Dies klang harmlos, war aber eine Revolution: Gerade mal vier Jahre zuvor hatte Walter Ulbricht Rockmusik noch als „imperialistisches Teufelszeug“ und „Monotonie“ verdammt. Das Ziel war eine Sendung für junge Leute, deren Kinder und Eltern.

Haarige Probleme und „Kellerkinder“
Schon die Pilotsendung, die im Studio Rauchfangswerder mit zusammengetrommeltem jugendlichem Publikum gedreht wurde, stieß auf Widerstand. Die Frage, ob die Haare des Publikums der sozialistischen Norm entsprachen – sprich: kurz und brav genug waren – führte zu einer Neuproduktion im Studio Adlershof, bei der die Haare der Jugendlichen bereits kürzer waren.

Doch auch bei der zweiten Sendung im Februar 1970 gab es Probleme. Sie wurde im Keller des Fernsehtheaters aufgezeichnet, unter anderem mit Jungschauspieler Henry Hübchen, der ein Liebeslied zu zarter Gitarrenmusik sang. Der neue Chef des DDR-Fernsehens beschloss jedoch: „Wir zeigen keine Kellerkinder“ und setzte die Sendung ab. Bernt Maywald, parteilos, versuchte noch am Sendetag, die Ausstrahlung zu retten. Mit der Filmspule unterm Arm fuhr er zum Zentralkomitee der SED, um die Abteilung Agitation und Propaganda zu überzeugen. Doch seine Bemühungen waren vergeblich; die Sendung durfte abends nicht kommen.

Der Triumph der Zuschauer
Trotz der Absetzung regte sich Widerstand – und das von unerwarteter Seite: Enttäuschte Zuschauer schrieben Leserbriefe ans DDR-Fernsehen. Und tatsächlich: Am 5. Dezember 1970 wurde die Sendung aus dem Keller unverändert ausgestrahlt.

Die Ästhetik der „Notenbank“ war bewusst simpel gehalten. Mit einfachen Handkameras wurden Bands, Künstler und Publikum in Szene gesetzt. Es gab keinen Starkult; die Kulisse bestand aus einfachen Pappschildern, die schnell überall aufgestellt werden konnten, um eine provisorische, clubähnliche Atmosphäre zu schaffen, ähnlich der, in der die Bands sonst spielten.

Die Puhdys und das Problem der „Westtüren“
Am 5. Dezember 1971 hatten die Puhdys, die später bekannteste Band der DDR, ihre TV-Premiere in der sechsten Folge der „Notenbank“. Damals waren sie noch eine von vielen Coverbands mit ausschließlich englischen Songs. Ihren Auftritt hatten sie ihren Fans zu verdanken: Über 100 Lehrlinge aus Gardelegen hatten ans Fernsehen geschrieben, dass sie die Puhdys sehen wollten. Das Fernsehen stellte daraufhin die Bedingung, dass sie eigene deutsche Titel spielen sollten. Daraufhin entstand ihr erster eigener Titel: „Türen öffnen sich zur Stadt“. Rückblickend erstaunte die Bandmitglieder, dass der Titel durchging, da er als Anspielung auf Türen in den Westen verstanden werden konnte – eine Ironie, die damals offenbar niemand bei den Verantwortlichen bemerkte.

Das Ende einer Ära
Insgesamt brachte es „Die Notenbank“ auf acht Ausgaben im DDR-Fernsehen. Die Bands spielten anspruchsvolle Rockmusik, die Haare des Publikums wurden länger, der Tanzstil ungezähmter und wilder. Doch genau das wurde der Sendung 1972 zum Verhängnis. Die Genossen versuchten, Bernt Maywald die Sendung zu entziehen. Als dies nicht gelang, wurde „Die Notenbank“ ganz eingestellt.

Trotz ihres kurzen Bestehens bleibt „Die Notenbank“ als erste deutsche Rock-Sendung im Fernsehen ein wichtiges Kapitel der Musik- und Fernsehgeschichte der DDR. Sie war ein mutiges Experiment, das bewies, wie schwer es war, die kreative Energie der Jugend unter staatlicher Kontrolle zu halten.

Der 17. Juni 1953: Als die DDR-Bevölkerung auf die Straße ging

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Berlin, Juni 1953 – Der 17. Juni 1953 markierte einen Wendepunkt in der jungen Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik. Hunderttausende Menschen gingen landesweit auf die Straßen, stürmten Regierungsgebäude und forderten Freiheit und bessere Lebensbedingungen. Dieser Aufstand, der von sowjetischen Panzern blutig niedergeschlagen wurde, offenbarte die tiefe Unzufriedenheit in der Bevölkerung und zwang das Regime zu einer Neuausrichtung seiner Sicherheitsorgane.

Unzufriedenheit unter dem Diktatur-Regime Die DDR und die sowjetische Besatzungszone hatten sich über Jahre zu einer Diktatur entwickelt. Die anfängliche Hoffnung der Bevölkerung auf freie Wahlen war enttäuscht worden, was zu einer grundlegenden Unzufriedenheit mit dem politischen System führte. Diese Unzufriedenheit verschärfte sich ab dem Sommer 1952 drastisch, als die SED-Führung begann, harte politische und repressive Maßnahmen zu ergreifen.

Der unmittelbare Auslöser des Juni-Aufstandes war jedoch eine Normenerhöhung, die dekretiert wurde und de facto einer Lohnsenkung auf breiter Ebene entsprach. Obwohl die SED-Führung nach Stalins Tod unter dem Druck Moskaus stand, einen milderen Kurs einzuschlagen, hielt sie an der umstrittenen Normenerhöhung fest – ein Festhalten, das den Konflikt eskalieren ließ.

Vom Baustellenstreik zur Massendemonstration Die Initialzündung für den Aufstand kam aus Berlin. Bereits am Montag, dem 15. Juni, traten Arbeiter auf einigen Baustellen in den Streik. Sie verfassten eine Resolution an die Regierung, die ultimativ die Zurücknahme der Normenerhöhung forderte. Die SED-Regierung reagierte nicht auf diese Forderung.

Als Reaktion darauf wurde am folgenden Tag, dem 16. Juni, auf den genannten Baustellen erneut gestreikt. Die überwiegend aus Bauarbeitern bestehende Demonstration wuchs stetig an und erreichte schließlich am Nachmittag das Haus der Ministerien, den damaligen Sitz der DDR-Regierung. Eine Abordnung der Demonstranten suchte daraufhin den Sender RIAS (Rundfunk im amerikanischen Sektor) in West-Berlin auf und erreichte, dass ihre Forderungen über den Äther verbreitet wurden. Diese Sendung spielte eine entscheidende Rolle für die Mobilisierung am darauffolgenden Tag.

Der 17. Juni: Land in Aufruhr Am 17. Juni strömten Hunderttausende auf die Straßen. Das Haus der Ministerien wurde noch am Vormittag gestürmt. Die Streik- und Aufstandsbewegung breitete sich rasch über die gesamte DDR aus, insbesondere über die Mitte und den Süden des Landes. Es entstanden zahlreiche Aufstandszentren, und die Sicherheitsorgane der DDR, einschließlich der damals noch sehr kleinen und auf Agentenbekämpfung fokussierten Stasi, waren völlig überfordert und nicht informiert. Die Stasi merkte erst mit dem Beginn der Demonstrationen, dass sie sich um die Lage kümmern musste.

Die entscheidende Intervention kam schließlich von den Sowjets. Ab dem Mittag des 17. Juni riefen sie in Berlin und anderen Aufstandszentren den Ausnahmezustand aus und ließen Panzer rollen, um den Aufstand niederzuschlagen.

Folgen für die Staatssicherheit Die Ereignisse des 17. Juni hatten auch gravierende Konsequenzen für die DDR-Führung und insbesondere für die Staatssicherheit. Der Minister für Staatssicherheit wurde entlassen und als Politbüromitglied gestürzt. Die Stasi wurde im Anschluss neu organisiert. Eine der wichtigsten Neuerungen war, dass die Stasi ab dem 17. Juni begann, täglich über die Lage in der DDR und die Stimmung der Bevölkerung an die politische Führung zu berichten. Diese Berichtsreihe setzte sich bis zum Dezember 1989 fort und prägte die Arbeitsweise der Staatssicherheit für die kommenden Jahrzehnte.

Holger Biege: Eine Legende Lebt Weiter – Biographie Würdigt den Freigeist

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Schwerin. Holger Biege – ein Ausnahmekünstler, ein Idol, eine Legende. Der berühmte DDR-Musiker verstarb 2018 nach einer schweren Krankheit – er war gerade mal 65 Jahre alt geworden. Sein Leben fand ein abruptes, unmittelbares Ende, kurz vor seinem großen geplanten Comeback. Doch sein Vermächtnis lebt weiter, nicht zuletzt durch einen neuen biografischen Band, der am 15. Januar in Schwerin vorgestellt wurde.

Die Würdigung eines Ausnahmekünstlers Bereits 2019 gab der Bild und Heimat Verlag einen biografischen Band über Holger Biege heraus. Verfasst wurde dieser von Wolfgang Martin, einem engen Freund des Musikers und bekannten Musikjournalisten. Am 15. Januar präsentierte der Autor sein Buch bei Thalia in Schwerin. Bei der Buchpräsentation wurde Wolfgang Martin von einem ganz besonderen Gast begleitet: Gerd Christian, dem Bruder von Holger Biege. Mit dessen Stimme wurden die Hits von Holger Biege aus damaliger Zeit wieder lebendig. Die Grundlage des Buches bilden ausführliche Interviews mit Holger Bieges Bruder Gerd Christian und seiner Witwe sowie eigene Erinnerungen des Autors.

Eine steile Karriere und der Bruch mit der DDR Für den geborenen Greifswalder Holger Biege begann Ende der 70er Jahre eine steile Karriere in der DDR. 1978 erschien auf Amiga sein erstes Album „Wenn der Abend kommt“, gefolgt 1979 von „Zirkus“. In den Jahren 1978 und 1979 wurde Biege von der Jugendzeitschrift „Neues Leben“ zum Interpreten des Jahres gekürt. 1980 gründete er seine eigene Band. Doch trotz des Erfolges verließ der Musiker 1983 nach einem Gastspiel die DDR in Richtung West-Berlin. Die Gründe dafür lagen in seinen hohen künstlerischen Ansprüchen, die er hatte. Er war unzufrieden, kam künstlerisch nicht weiter und sah sich mit zahlreichen Steinen konfrontiert, die ihm von der Kulturadministration der DDR in den Weg gelegt wurden.

Der Künstler, der sich keiner Schublade fügte Das nun erschienene Buch, mit dem poetischen Titel „Sagte mal ein Dichter“, ist ein besonders wertvolles Geschenk für die Fans. Es enthält viele persönliche Details, die ein komplexes und vielseitiges Porträt eines großen Künstlers zeichnen. Holger Biege weigerte sich sein Leben lang, in irgendeine Schublade gesteckt zu werden oder sich anzupassen. In einer Zeit, in der Musik strikt formatiert wurde – ob Singer-Songwriter, Schlagersänger oder Popsänger – war er von allem ein bisschen und gleichzeitig von nichts ganz. Er war, wie es im Buch heißt, einfach „Holger Biege“. Seine musikalische Suche ging stetig weiter. 1997 veröffentlichte er sein fünftes Studioalbum „Wie Zugvögel“, auf dem er sich noch weiter von der Popmusik distanzierte und größtmögliche Authentizität und Kompromisslosigkeit anstrebte.

Das tragische Ende vor dem Comeback 2011 bereitete Holger Biege ein riesiges Comeback vor, das er zu seinem 60. Geburtstag geplant hatte. Eine Tournee war in Vorbereitung. Es gab sogar eine Einladung von Xavier Naidoo, Teil der zweiten Staffel seines Fernsehformats „Sing meinen Song“ zu sein, gemeinsam mit den Prinzen und Yvonne Catterfeld. Dies war ein besonderes Anliegen der Sendung, um Künstler aus dem Osten zu präsentieren. Doch plötzlich kam die Krankheit, und alle Pläne mussten abgesagt werden. Holger Biege bleibt in Erinnerung als ein Ausnahmetalent, ein großer Künstler und eine starke Persönlichkeit. Das Buch über sein Leben und Wirken von Wolfgang Martin ist eine hervorragende Lektüre und ein würdiges Andenken an diesen viel zu früh gegangenen Freigeist.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff im Interview

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Reiner Haseloff, Deutschlands dienstältester Ministerpräsident, hat in einem ausführlichen Interview mit BILD seine deutlichen Positionen zu zentralen gesellschaftlichen und politischen Fragen dargelegt. Von der Alltagstauglichkeit des Bürgergelds über die umstrittene „Brandmauer“ bis hin zu seiner persönlichen Zukunft im Falle einer Regierungsbeteiligung der AfD – Haseloff spart nicht mit klaren Worten und historischen Verweisen.

Bürgergeld und die Würde der Arbeit Haseloff, der sich selbst als „geborener DDR’ler“ beschreibt, betont, dass eine gesunde Ernährung in Deutschland auch für Bürgergeldempfänger gewährleistet ist. Er argumentiert, dies sei „auf jeden Fall möglich“, wenn man „ganz bewusst einkauft und natürlich mit seinen Budgets entsprechend auch arbeitet“. Damit widerspricht er der Forderung der Sozialverbandchefin Bentele nach einer „Erdbeerpauschale“ auf den Normalsatz. Die Grundsicherung sei stets darauf ausgelegt gewesen, den Lebensunterhalt voll zu gewährleisten.

Der Ministerpräsident befürwortet zudem eine Arbeitspflicht für Bürgergeldempfänger. Er stellt klar, dass das Sozialgesetzbuch II (SGB2) bereits vorschreibt, dass jeder Arbeitsfähige „jede auch gemeinnützige Arbeit anzutreten hat“, andernfalls drohen Sperrzeiten oder Leistungskürzungen. Haseloff, der aus seiner Zeit als Arbeitsamtsdirektor berichtet, erinnert an die Einführung der „Bürgerarbeit“, die damals zu vielen Abmeldungen und zur Legalisierung von Schwarzarbeit führte. Für ihn ist es von größter Bedeutung, dass arbeitsfähige Menschen nicht nur „alimentiert und damit abgeschrieben werden“, sondern „Bestandteil des sozialen Systems dieser Gesellschaft bleiben und sein müssen“, um ihre Würde zu respektieren und sicherzustellen. Er wünscht sich flächendeckendere Maßnahmen, auch für Migranten mit ähnlichem Status wie Asylbewerber.

Unverrückbare Brandmauer gegen Rechts und Links Ein wiederkehrendes Thema war die „Brandmauer“ der CDU zu anderen Parteien. Haseloff lehnt eine Zusammenarbeit mit der AfD strikt ab und betont, dass die CDU „sich Mehrheiten in der demokratischen Mitte verschaffen kann“. Auch das Angebot der Linken-Chefin Reicheneck, eine CDU-Minderheitsregierung in Sachsen-Anhalt zu tolerieren, lehnt er entschieden ab. Haseloff sieht in der Linken „antisemitische Tendenzen“ und ein „gezielt geplantes Systemwechsel weg von dieser Bundesrepublik“, der er einst mitgestaltet hat. Er zieht eine klare Trennlinie: Die Grundlage der „demokratischen Mitte“ sei nicht nur das Grundgesetz, sondern auch das „Bekenntnis zu dieser freiheitlich demokratischen Grundordnung“, die neben bürgerlichen Freiheiten auch die Marktwirtschaft und Wirtschaftsfreiheit umfasse, im Gegensatz zur Staatswirtschaft. Er betont die Bedeutung von Eigentum als „Stück Freiheit“ und erinnert an seine eigene Erfahrung, „mit null“ in die Wiedervereinigung gegangen zu sein. Er sieht Reichenecks Einfluss als ein „Umsortieren am linksextremen Flügel“, das vom „Zusammenbruch der Wagenknecht-Gruppe“ profitiere und keinen programmatischen Aufschwung darstelle.

Die persönliche rote Linie: Auswanderung bei AfD-Regierung Reiner Haseloff macht eine bemerkenswerte und sehr persönliche Aussage zu seiner Zukunft: Sollte die AfD in Sachsen-Anhalt an die Macht kommen, würde er eine „Grundsatzüberlegung“ anstellen, ob er „nach 72 Jahren meine Heimat verlassen würde“ und möglicherweise „auswandern“ würde. Er präzisiert, dass dies ein Verlassen Sachsen-Anhalts bedeuten könnte, da er auch Familie in ganz Deutschland habe. Er zieht eine deutliche Parallele zur Machtergreifung der NSDAP 1932 durch freie Wahlen und die Schließung des Bauhauses, ein Thema, das in jüngster Zeit auch von AfD-Abgeordneten im Landtag aufgegriffen worden sei. Eine AfD-Regierung wäre für ihn eine „unerträgliche Atmosphäre“, und das „Gebrülle“ sowie die „bewusst kopierte Artikulieren“ aus der AfD-Fraktion erinnere ihn manchmal beängstigend an die „letzte Phase der Weimarer Republik“ oder den „Sportpalast“. Er sei entschlossen, zu verhindern, dass die AfD auf den Regierungsbänken sitzt und ihre Programmatik Realität wird.

Migration und die fehlende Mehrheit der Mitte Die Stärke der AfD wird im Interview auch auf das aus Haseloffs Sicht noch ungelöste Migrationsproblem zurückgeführt. Er bekräftigt, dass es immer „geltendes Recht“ gewesen sei, „die Integrität der eigenen Staatsgrenze“ zu sichern, auch gegen Gerichtsentscheidungen, wenn Verträge nicht greifen. Er beklagt, dass die „Mitte keine Mehrheit mehr“ habe und warnt davor, dass „diese Demokratie auf ganz natürlichem Wege rechtsstaatlich zu Ende gebracht wird“.

Magdeburger Anschlag und Verantwortlichkeit Zum Attentat auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt und der beklagten mangelnden Verantwortungsübernahme betont Haseloff die „hochkomplexe“ Natur der Vorgänge. Er verweist auf die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und warnt vor einer vorschnellen „Schafrichter“-Rolle. Er sieht eine „gesamtgesellschaftliche Schuld“ und ein „gewisses Behördenversagen“ in einer Kette, die sich über viele Jahre erstrecke. Haseloff habe sich im Bundesrat für eine bessere Zusammenführung von Daten eingesetzt, um Bürger besser schützen zu können. Entscheidungen über personelle Konsequenzen würden erst nach Abschluss der Untersuchungen und Vorlage eines Schlussberichts der Generalstaatsanwältin getroffen.

Wirtschaft und das Intel-Projekt: Komplexität als Gefahr Zur Wirtschaftslage und Inflation lobt Haseloff die „wirtschaftspolitische Schwerpunktsetzung und Orientierung der jetzigen Bundesregierung“, die Deutschland wieder zu einem „Kapitalzuflussgebiet“ gemacht habe. Er räumt ein, dass manche Branchen wie die Chemie Deutschland verlassen, weil die Rahmenbedingungen nicht mehr wettbewerbsfähig seien.

Das Intel-Projekt in Magdeburg, das wegen seiner Verzögerung als Negativbeispiel für Investitionserleichterung galt, verteidigt Haseloff umfassend. Er stellt klar, dass die Verzögerung nichts mit den deutschen oder europäischen Rahmenbedingungen zu tun habe, sondern mit internen Problemen Intels und der weltweiten Nachfrage. Er betont die existenzielle Bedeutung der Chipproduktion für Europa, auch unter dem Aspekt militärischer und verteidigungstechnischer Souveränität. Die Investitionsentscheidung Intels sei primär auf Ebene der EU-Kommission und des Bundeskanzlers getroffen worden, wobei der Bund 10 Milliarden Euro zugesagt habe. Sachsen-Anhalt habe lediglich die Erschließung des Industriegebiets übernommen, die unabhängig von Intel benötigt worden wäre, und dafür „keinen 1 Euro ausgegeben, der Intel-bezogen war“. Die Bauanträge seien alle von Intel bezahlt worden. Die Sonnenblumen auf dem Gelände dienten dem Hamsterschutz, um die Fläche für eine schnelle Bebauung bereitzuhalten. Haseloff kritisiert die Komplexität solcher Auflagen in Deutschland, die einen Wettbewerbsnachteil darstellen. Er glaubt weiterhin an das Projekt, da die Technologie für Europa „existenziell wichtig“ sei.

Lehren aus dem politischen Leben Auf die Frage nach Kollegen wie Annalena Baerbock und Robert Habeck, die sich aus der aktiven Politik zurückziehen, merkt Haseloff an, sie hätten sich „aus dem Spannungsfeld der gesellschaftlichen Situation persönlich herausgenommen und entfernt – also geflohen“. Er respektiert ihre Entscheidungen, würde es aber persönlich nicht tun. Statt in Berkley zu unterrichten, würde er lieber „für 6 Stunden in einem Gymnasium geben“, um junge Menschen für MINT-Fächer wie Mathematik und Physik zu begeistern, da dort ein Mangel an Nachwuchs bestehe und dies für die Zukunft entscheidend sei. Haseloff selbst zeigt sich bereit, weiterhin politische Verantwortung zu übernehmen, solange die Legislaturperiode läuft.

Wie Kirchen in der DDR Freiräume schufen und die Erinnerung wachgehalten wird

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Bärungen, Thüringen. Die ehemalige deutsch-deutsche Grenze bei Bärungen in Thüringen, an der unterfränkischen Grenze gelegen, ist ein Ort tiefgreifender Erinnerungen und Mahnungen. Hier verloren Menschen ihr Leben, weil sie aus der DDR fliehen wollten, oft weil sie ihre Meinung nicht frei äußern durften. Martin Montag, ein ehemaliger katholischer Pfarrer in der DDR, hat sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichten dieser Menschen zu recherchieren und festzuhalten.

Ein solcher tragischer Fall ist der von Karlheinz Fischer, der am 28. März 1971 an diesem Ort durch eine Minendetonation tödlich verletzt wurde. Für den inzwischen pensionierten Pfarrer ist die ehemalige Grenzanlage eine Zeitreise in seine eigene Vergangenheit. Er erinnert sich an die bedrückende Stille, die viele Menschen beim Grenzübertritt vom Westen in die DDR erfasste, unabhängig von ihrem Alter.

Ein Kampf für Meinungsfreiheit und Wissen
Die freie Meinungsäußerung war in der DDR eine Herausforderung. Martin Montag selbst erlebte die Zensur am eigenen Leib: Bücher mit religiösem Inhalt, die er nicht offiziell bekommen konnte, wurden ihm von Freunden heimlich über die Grenze gebracht. Trotz der Gefahr von Repressalien für jene, die sich gegen das Regime äußerten, bot die Kirche einen wichtigen Schutzraum.

„Wenn die Türen zugemacht sind…was hier geredet, gedacht und gesagt wird, das bleibt hier, das geht auch nirgendwo anders hin“, betont Montag. In Jugendgruppen oder im Religionsunterricht konnten Jugendliche in diesem geschützten Freiraum ihre eigene Meinung bilden und vertreten. Dies war ein essenzieller Ort, an dem viele junge Menschen aufwuchsen und geistige Freiheit erlebten.

Das Erbe bewahren: Erinnerung als Auftrag
Martin Montag engagiert sich heute im Bürgerkomitee Thüringen in Zella-Mehlis dafür, dass der „Todesstreifen“ nicht in Vergessenheit gerät. Das Komitee bewahrt seit der Wende Geschichten, Erinnerungen und Mahnungen. Mehr als 1200 Todesfälle an der Grenze sind dort dokumentiert. „Das muss immer wieder gezeigt werden, Menschen müssen daran erinnert werden“, fordert Montag. Er betont, wie wichtig es ist, sich daran zu erinnern, was es bedeutet, auf dem Boden eines jüdisch-christlichen Menschenbildes zu stehen und seine eigene Meinung frei äußern zu können, was in der DDR schwierig war.

Auf fränkischer Seite setzt sich der Journalist und Kulturreferent Hans Friedrich im Landkreis Rhön-Grabfeld für das Erinnern ein. Ihm ist es ein besonderes Anliegen, Schulklassen zu zeigen, wie es damals war. Die Jugend von heute könne sich kaum vorstellen, dass es Zäune und Mauern gab, dass kein Kontakt möglich war, dass Menschen durch Minen oder Selbstschussanlagen getötet wurden. Es sei wichtig zu vermitteln, wie gut es uns heute mit der Freiheit geht, sagen zu können, was wir wollen – etwas, das in der DDR nicht möglich war.

Ein rund 3 Meter hoher, alter Grenzzaun, der auf 300 Metern Länge erhalten geblieben ist, dient heute als Relikt vergangener Zeiten. Ein Rundwanderweg, der durch den ehemaligen Todesstreifen in Bayern und Thüringen führt, erinnert an die damalige Teilung. Was heute selbstverständlich ist – der Wechsel zwischen Bundesländern – war damals undenkbar. Die ehemaligen Grenzanlagen dienen auch als Mahnmal dafür, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung keineswegs selbstverständlich ist.