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Katastrophe am Karfreitag 1993: Das Zugunglück von Berlin-Wannsee

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Berlin-Wannsee – Ein sonniger Karfreitag im April 1993 wurde zum Schicksalstag für Hunderte Osterreisende, als ein Sonderzug auf dem Weg nach Berlin frontal mit einem Intercity kollidierte. Drei Menschen kamen ums Leben, 25 wurden schwer verletzt. Die tragische Kollision ereignete sich auf einer Strecke, die eigentlich entlastend für den Osterreiseverkehr dienen sollte.

Am 9. April 1993, einem sonnigen Karfreitag, herrschte auf den Bahnhöfen der Republik reger Osterreiseverkehr. Um die überfüllten Züge zu entlasten, setzte die Bahn Sonderzüge ein. Einer dieser Züge war ein Einsatzzug, der über Magdeburg nach Berlin fuhr und rund 700 Reisende an Bord hatte. Unter ihnen war der 33-jährige Ingenieur Christoph Thiele, der seine Eltern in Berlin besuchen wollte. Er kannte die Strecke, da er sie bereits etliche Male gefahren war.

Zur gleichen Zeit unternahmen Helmut und Elisabeth Anlauf in Berlin-Wannsee, einem beliebten Ausflugsziel, einen Osterspaziergang auf ihrem Lieblingsweg, dem Bürgermeister-Stöbe-Weg. Dieser Weg führt direkt an der Bahnstrecke entlang und bot eine ausgezeichnete Sicht auf den Reise- und S-Bahnverkehr. Das Ehepaar beobachtete gerne die Züge und informierte sich über den Fortschritt der Streckenerneuerung, bei der die Gleisarbeiten bereits abgeschlossen waren und nur noch die Elektrifizierung fehlte.

Das Unheil nimmt seinen Lauf
Während der Intercity mit zehn Waggons aus Berlin sich dem Waldgebiet im Wannsee näherte, hörte das Ehepaar Anlauf gleichzeitig einen Schnellzug aus Richtung Hannover und Magdeburg kommen. Der Abschnitt, an dem sie standen, lag in einer Kurve, und obwohl sie noch keinen Zug sehen konnten, hörten sie beide. Elisabeth Anlauf hörte deutlich den D-Zug, der aus dem Westen kam – jener Zug, in dem auch Christoph Thiele saß.

Im Inneren des entgegenkommenden Zuges blickte Christoph Thiele aus dem Fenster. „Ich guck nach vorne und seh einem Zug entgegenkommt und denk das auf dem Gegengleis und realisier irgendwie irgendwas stimmt da nicht und hoch der ist ja wir sind auf demselben Gleis“, beschreibt Thiele den Moment des Schreckens. Geistesgegenwärtig drückte er auf den Auslöser seiner Kamera, als die beiden Züge aufeinander zufuhren. Ihm gelang das „einmalige Foto“, das die „unausweichliche Katastrophe“ nur wenige Sekunden vor dem Zusammenstoß festhielt.

Elisabeth Anlauf konnte sich im letzten Moment in Sicherheit bringen. „Und dann hab ich gesehen Tatsache die fahnen die fahren auf ein an dem gleichen Gleis und dann dachte ich, dann hat es tatsächlich auch zwei drei mal heftig geholt da waren auf eine Staubentwicklung und der Koffer flog rum und ich auch ich dachte jetzt entgleister Zug und die Waggons fliegen da durch die Gegend und bin in Panik in den Wald gelaufen“, erinnert sie sich.

Frontalaufprall und gespenstische Stille
Die beiden Lokomotiven prallten mit über 70 Kilometern pro Stunde frontal aufeinander und bäumten sich auf. „Dann war Ruhe, dann hat man nichts mehr gehört wirklich Totenstille“, berichtet ein Augenzeuge. Die tonnenschweren Lokomotiven verkeilten sich ineinander. Die ersten beiden Waggons hinter den Loks wurden durch den Aufprall heftig getroffen, einer platzte förmlich auf.

Für die knapp 700 Passagiere endete die Osterreise inmitten des Waldes. Viele standen unter Schock und konnten kaum fassen, was geschehen war. Einige unversehrte Passagiere, darunter Christoph Thiele, begaben sich mit ihrem Gepäck aus den Zügen. Christoph Thiele realisierte, dass er Glück hatte, während weiter vorne im Gleisbett bereits Verletzte lagen.

Umfangreiche Rettungsaktion
Minuten später trafen die ersten Rettungskräfte ein. Obwohl Feiertag war, standen genügend Männer einsatzbereit. Feuerwehrmann Albrecht Broemme übernahm die Einsatzleitung. Das Ausmaß der Unfallstelle, die sich über 440 Meter erstreckte, war anfangs kaum zu überblicken. Die Retter suchten in dem Gewirr aus Stahl und Blech nach Verletzten, die sich nicht selbst befreien konnten. „Es zählt jede Minute“, so ein Retter. Oft blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich mit schwerem Gerät einen Weg zu den Verletzten freizuschneiden.

Die Arbeit war kräftezehrend und unter enormem Zeitdruck. Für die Verletzten im Zug schien die Zeit wie eine Ewigkeit zu vergehen, während sie auf Hilfe warteten. Mittlerweile waren 300 Rettungskräfte vor Ort, darunter der leitende Notarzt Dr. Wenger, dessen Team sich vor allem um die eingeschlossenen Verletzten kümmerte. Verletzte mit Brüchen konnten direkt im Zug versorgt werden, während schwerer Verletzte nach der Erstversorgung direkt in umliegende Krankenhäuser abtransportiert wurden.

Angesichts der Zerstörung wirkte es wie ein Wunder, dass überhaupt Menschen überlebten. Aus einem Waggon und dem Führerstand eines Zuges konnten die Rettungskräfte jedoch nur noch Tote bergen. Eine Frau aus der ersten Klasse des Intercity überlebte den Aufprall nicht. Der Lokführer des Zuges aus Berlin konnte sich durch einen Absprung retten und blieb unverletzt, ebenso der zweite Lokführer.

Auch Stunden nach dem Unglück, gegen 16 Uhr, irrten noch Reisende mit Gepäck am Unfallort umher. Polizeirat Gerfried Lindner und seine Männer durchkämmten das Waldgebiet, das sich über etliche Kilometer erstreckte, um desorientierte Reisende zu finden. Es dauerte bis in die Abendstunden, bis alle gefunden waren.

Die Ursache der Katastrophe
Die Untersuchung ergab, dass das Unglück durch einen Fehler des Fahrdienstleiters vom Bahnhof Wannsee verursacht wurde. Er hatte ein falsches Signal gesetzt und die Weichen falsch gestellt, sodass die beiden Züge auf demselben Gleis fuhren.
Das Foto, das Christoph Thiele kurz vor dem Zusammenstoß machte, zeigt die unweigerliche Katastrophe. Doch für ihn sind die Erinnerungen an das reale Bild stärker als das verblasste Foto selbst. Auch Elisabeth Anlauf quälten die Erinnerungen so lange, dass sie über zehn Jahre lang den Unglücksort mied. Für die Einsatzkräfte dauerte die Arbeit an diesem Osterwochenende noch lange an, um die Gleise freizuräumen.
Insgesamt wurden 25 Passagiere teils schwer verletzt, und drei Menschen kamen bei diesem Unglück ums Leben.

Forstwirtschaft in der DDR – Einblicke in die planmäßige Holzproduktion

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Die Wälder der Deutschen Demokratischen Republik, die rund 2,9 Millionen Hektar oder 27 Prozent der Landesfläche ausmachen, sind von entscheidender Bedeutung für die Volkswirtschaft und die Erholung der Bevölkerung. Dank der weitsichtigen Politik der Partei- und Staatsführung konnte eine planmäßige Anreicherung der lebenden Holzvorräte erreicht werden. Doch die sozialistische Gesellschaft stellte der Forstwirtschaft zwei wesentliche Aufgaben: erstens die kontinuierliche Versorgung der Volkswirtschaft mit Holz und anderen Waldprodukten unter Erhaltung und Mehrung des Waldbestandes, und zweitens die Bewirtschaftung der Wälder zur Erhaltung ihres positiven Einflusses auf die Landschaft und zur Befriedigung des wachsenden Bedürfnisses der Bevölkerung nach Erholung.

Intensivierung und wissenschaftlich-technischer Fortschritt als Gebot der Stunde
Um die gesteckten Ziele zu erreichen und die Volkswirtschaft stabil mit Holz zu versorgen, war eine weitere Intensivierung der Leistungsfähigkeit der Forstwirtschaft unerlässlich. Die Direktive des zehnten Parteitages der SED forderte eine Steigerung der Rohholzbereitstellung auf 10 bis 10,2 Millionen Kubikmeter bis 1985. Dies erforderte einen notwendigen Leistungsanstieg, der nur durch die Anwendung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts realisiert werden konnte. Eine wesentliche Erhöhung des Rationalisierungsmittelbaus war die Voraussetzung dafür, um die jährliche Produktion bis 1985 im Vergleich zu 1980 nahezu zu verdoppeln.

VEB Kombinat Forsttechnik Waren – Das Herz der Mechanisierung
Ein Großteil dieser dringend benötigten Rationalisierungsmittel wurde im VEB Kombinat Forsttechnik Waren entwickelt und produziert. Das 1976 gebildete Kombinat hat sich hervorragend entwickelt: Bisher wurden 19 Maschinen und Geräte in die Serienproduktion überführt und 20 Patente angemeldet. Etwa 2000 Lizenzinhaber, Schlosser und Ausbildungsberechtigte erhielten durch dieses Kombinat ihre Qualifizierung. Die Entwicklung und Produktion von Rationalisierungsmitteln zielte darauf ab, die Effektivität zu steigern, den Arbeitszeitaufwand sowie den Energie- und Materialeinsatz zu verringern und die ökonomischen Ergebnisse sowie die Arbeits- und Lebensbedingungen zu verbessern. Ein herausragendes Beispiel hierfür ist die maschinelle Entastung von Bäumen, die die Produktion in der Rohholzbereitstellung steigert, den Arbeitszeitaufwand und die körperlich schwere Arbeit reduziert sowie die Unfallgefahren senkt.

Moderne Technik im Einsatz: Von der Saat bis zum Transport

Die Quellen geben einen umfassenden Einblick in die Modernisierungsschritte in der DDR-Forstwirtschaft:

• Pflanzenproduktion: Die Forstwirtschaft war für die Bereitstellung von ausreichendem, qualitätsgerechtem Saatgut verantwortlich. Immer mehr Saatgut stammte aus speziell angelegten Samenplantagen. Jährlich wurden etwa 8000 kg Nadelholz- und 90.000 kg Laubholzsaatgut in Forstbaumschulen ausgebracht, um etwa 550 Millionen Forstpflanzen heranzuziehen. Die Aufforstung auf Traktoren befahrbaren Flächen wurde zunehmend maschinell durchgeführt. Maschinen wie die Räumpflanzmaschine „Universal“ des VEB Kombinat Forsttechnik Waren pflanzten mit einer Leistung von 1,4 bis 2,2 Hektar pro Schicht. Auch die Tanzmaschinenbau aus dem Bezirk Dresden ermöglichte eine platzweise Pflanzung von 1,5 Hektar pro Schicht.

• Bestandspflege und Holzernte:
– Chemische Pflege: Nach dem Institut für Forstwissenschaften Eberswalde erfolgte die Ausbringung chemischer Mittel zur Schädlingsbekämpfung überwiegend durch Bodengeräte (z.B. das ungarische Care-Team-Talk-Gerät auf dem W 50) oder bei Großflächen und schwer zugänglichen Gebieten per Flugzeug.
– Jungbestandspflege: Rund 50 Prozent der Wälder waren Jungbestände, deren rationelle Pflege entscheidend für zukünftige hohe Volumen- und Qualitätsleistungen war. Dabei konnten 30 bis 40 Kubikmeter Holz pro Hektar aus diesen jungen Beständen gewonnen werden. Die Bestände wurden in jeder zweiten Reihe bis etwa zwei Meter Höhe vorgehackt, um sie für nachfolgende Arbeiten begehbar zu machen und die Unfallgefahr zu mindern.
– Kleine Traktoren aus der ČSSR mit Umsturz- und Vorhaltungsrahmen erreichten eine Leistung von circa 2 Hektar pro Schicht.
– Die kombinierte Jungbestandspflege begann mit der Entnahme jeder fünften Reihe, wobei Motorsägen mit hochgezogenem Griff die Körperhaltung verbesserten. Die maschinelle Entastung und Bündelung gefällter Bäume konnte mit einer Entastungs-Bündelmaschine mit einer Leistung von bis zu 2 Kubikmetern pro Stunde erfolgen.
– Dort, wo das kombinierte Verfahren nicht anwendbar war, wurden Bäume nach dem Fällen mit Motorsägen gerückt, oft mit handlichen kleinen Seilwinden (ca. 40 kg, 60 m Seillänge, 10 kN Zugkraft, 1,3 m³/h Leistung).
– Eine besonders effektive Entastungsmaschine wurde im VEB Militärforstwirtschaftsbetrieb Zühlsdorff entwickelt und erfolgreich erprobt, mit einer Leistung von durchschnittlich 1,9 Festmetern pro Stunde.

• Ganzbaumhackverfahren: Eine der effektivsten Technologien der Dünnholzbereitstellung war das Ganzbaumhackverfahren, das die vollständige Verwertung allen gewachsenen Holzes ermöglichte und die Arbeitsproduktivität erheblich steigerte. Die Hackmaschine wurde aus Polen importiert, während Manipulator, Einzug und Teilabsichtung im VEB Kombinat Forsttechnik Waren gefertigt wurden. Die Leistung betrug 4 Kubikmeter pro Stunde, wobei durch Teilabsichtung mineralische Beimengungen, Rinde und etwa 50% der Blatt- bzw. Nadelmasse ausgesondert wurden.

• Moderne Rücketechnik: Der Film zeigte den Einsatz modernster Rücketechnik zur Verminderung von schwerer körperlicher Arbeit und Unfallgefahren.
– Eine finnische Maschine konnte sowohl das Fällen als auch das Entasten übernehmen, einsetzbar auf Flächen mit bis zu 1700 Stämmen pro Hektar und 25 cm Stammdurchmesser.
– Der Universal-Traktor 445 V aus Rumänien war mit Walter-Schild und Rückezange ausgestattet, die vom VEB Kombinat Forsttechnik Waren gefertigt wurden. Seine Leistung betrug 2-3,5 Kubikmeter pro Stunde.
– Der Forstspezialrücketraktor EU 451 war durch geringe Breite, Knicklenkung und Allradantrieb besonders für die Bestandspflege geeignet und erreichte mit Funkfernsteuerung eine Leistung von durchschnittlich 4 Kubikmetern pro Stunde.
– Der Traktor DF vom VEB Kombinat Nutzfahrzeuge Ludwigsfelde mit Manipulator und Klemmbank ermöglichte die Einmannbedienung direkt vom Fahrerstand aus, ebenfalls mit 4 Kubikmetern pro Stunde.
– Der Universal-Traktor 445 V konnte auch mit der finnischen Anbauseilwinde JL 306 kombiniert werden, die das Rücken in nicht befahrbarem Gelände ermöglichte und von nur einer Arbeitskraft bedient wurde.
– In Nadelholzbeständen der Endnutzung kam die Entastungsmaschine EA 60 zum Einsatz, die Bäume bis 60 cm Durchmesser entasten konnte. Ein Kollektiv des staatlichen Forstwirtschaftsbetriebes Kyritz entwickelte eine elektronische Baueinheit zur Steuerung der Entastungsmesser, die alle bestehenden EA 60 Systeme nachrüstbar machte. Die Leistung betrug 9 m³/h bei Fichte und 6 m³/h bei Kiefer.

• Holztransport: Das dominierende Fahrzeug für den Schichtholztransport war der Lkw W 50 Pritsche mit Fünf-Tonnen-Anhänger. Eine wesentliche Effektivitätssteigerung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen wurde mit der Entwicklung eines Schichtholzfahrzeuges Kamaz 5320 aus der UdSSR mit Aufbau-Ladekran erreicht, das die Lademenge von 12 auf 18 Kubikmeter erhöhte. Auch der Langholztransport, bisher mit dem W 50 FA 2 mit Nachläufer körperlich schwer und unfallgefährdet, wurde durch die Entwicklung eines Forstaufbaus mit Aufbau-Ladekran auf dem Kamaz-Fahrgestell revolutioniert, was die Leistung von 12 auf 20 Kubikmeter pro Fahrt steigerte.

• Zentrale Holzaufbereitung und Schienenverkehr: Die Holzformung auf zentralen Anlagen spielte eine entscheidende Rolle zur weiteren Erhöhung der Effektivität. Ziel war es, bis 1985 etwa 4 Millionen Kubikmeter auf solchen Anlagen zu bearbeiten und umzuschlagen. Die Verlagerung eines Teils des Holztransports von der Straße auf die Schiene durch Ganzzugprogramme wurde als zwingend notwendig erachtet, um die Effizienz zu steigern und die Arbeitsbedingungen denen der Industrie anzugleichen.

Holz: Ein ständig reproduzierbarer Rohstoff
Holz nimmt als einer der wichtigsten Rohstoffe weltweit den dritten Rang nach Kohle und Erdöl ein und wird für etwa 12.000 Erzeugnisse eingesetzt. Angesichts des steigenden Rohstoffbedarfs, der mit der Bruttoproduktion der Volkswirtschaft zunimmt, kommt es darauf an, den Holzbedarf immer besser aus den einheimischen Wäldern zu decken. Bei intensiver Waldwirtschaft wird Holz zu einer nicht versiegenden Rohstoffquelle, da es im Gegensatz zu Erz, Erdöl oder Kohle ständig reproduziert wird. Der steigende Bedarf erforderte die Erschließung aller Holzressourcen und die vollständige Verarbeitung des Holzes.

Die DDR-Forstwirtschaft zeigte sich entschlossen, durch planmäßige Innovation und den Einsatz modernster Technik die hohen Anforderungen an die Holzversorgung zu erfüllen und gleichzeitig die Wälder als wertvolle Ressource für die Zukunft zu sichern.

„Deutschland im freien Fall“: Hans-Georg Maaßen über die tiefe Krise des Landes

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Hans-Georg Maaßen, ehemaliger Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), ist eine Person, die polarisiert. Sein abruptes Ausscheiden aus dem Amt im Jahr 2018, gefolgt von einer tiefgreifenden politischen Neuorientierung und der Gründung der Partei Werteunion, wirft Schlaglichter auf das Selbstverständnis deutscher Institutionen, die Rolle der Medien und die Grenzen der Meinungsfreiheit. In einem ausführlichen Gespräch bietet Maaßen Einblicke in seine damalige Amtszeit, die Arbeitsweise des Inlandsgeheimdienstes und seine scharfe Kritik an der aktuellen politischen und medialen Landschaft Deutschlands.

Der Chemnitz-Skandal: Eine „vorsätzliche Falschinformation“?
Maaßens Absetzung als Präsident des Verfassungsschutzes im Jahr 2018 war eine Zäsur, die er als „Einschnitt mit Ansage“ beschreibt. Der Auslöser war seine öffentliche Aussage gegenüber der Bildzeitung, dass es nach Erkenntnissen seiner Behörde keine „Hetzjagden“ in Chemnitz gegeben habe, entgegen der Darstellung der damaligen Bundesregierung unter Angela Merkel und großer Teile der deutschen und internationalen Presse. Maaßen spricht von einer „mutmaßlich vorsätzlichen Falschinformation mit einer Absicht, nämlich die Öffentlichkeit fehlzuleiten und die Öffentlichkeit zu täuschen“. Er kritisiert, dass dieses Narrativ, unterfüttert durch ein „Hase bleib hier“-Video, das fälschlicherweise als „Menschenjagd“ betitelt wurde, von der Antifa gestreut und von ARD und der Bundeskanzlerin aufgegriffen wurde.

Für Maaßen war dies eine zweite Zäsur in seinem Leben – die erste war der Verlust seines Amtes, die zweite die Erkenntnis, „dass es möglich ist in Deutschland aus der Wahrheit eine Lüge zu machen und aus der Lüge eine Wahrheit“. Er betont, dass seine Äußerung mit dem damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer abgestimmt war und er die „vornehmste Pflicht“ eines Beamten erfüllt habe: zu widersprechen, wenn etwas rechtswidrig oder nicht rechtens ist. Dies sei im Bundesbeamtengesetz verankert und gelte für jeden Beamten, nicht nur für den Präsidenten des Verfassungsschutzes.

Der Verfassungsschutz: Ein „zahnloser Tiger“ ohne Polizeibefugnisse?
Maaßen beschreibt das Bundesamt für Verfassungsschutz als deutschen Inlandsgeheimdienst, dessen Modell auf dem britischen MI5 basiert. Im Gegensatz zur Gestapo, die Polizei mit geheimdienstlichen Befugnissen war, besitzt der Verfassungsschutz keine polizeilichen Gewaltbefugnisse wie Festnahmen, Hausdurchsuchungen oder Vernehmungen. Seine Hauptaufgabe sei das Sammeln und Auswerten von Informationen – offen (Ocent), menschlich (Humint) und technisch (Sigint).

Informationen, insbesondere zur Telekommunikationsüberwachung (wie E-Mails, WhatsApp, Telefonverkehr), bedürfen der Genehmigung der G10-Kommission des Bundestages, eines geheim tagenden Gremiums. Der Verfassungsschutz arbeitet dabei mit der „Harpune“, zielt also auf bekannte Personen mit konkreten Hinweisen, während ausländische Dienste wie der BND im Ausland mit dem „Schleppnetz“ arbeiten und strategische Überwachung betreiben können. Nach einer Telekommunikationsüberwachung müssen die Betroffenen grundsätzlich darüber informiert werden.

Kritik an der politischen Beobachtung und die „Delegitimierung“ des Amtes
Ein zentraler Kritikpunkt Maaßens ist die Beobachtung politischer Parteien durch den Verfassungsschutz, insbesondere der AfD. Er vergleicht die Situation mit dem Watergate-Skandal in den USA, wo bereits die Ausforschung einer konkurrierenden Partei zum Rücktritt des Präsidenten führte. Maaßen argumentiert, es fehle ein „Unrechtsbewusstsein“, wenn ein Geheimdienst genutzt werde, um Informationen aus einer Oppositionspartei zu generieren. Die rechtliche Hürde für Telekommunikationsüberwachung sei durch die Herabsetzung des Maßstabs (Einbeziehung der „Volksverhetzung“ nach Paragraph 130 StGB) erheblich gesenkt worden.

Maaßen selbst wird vom Verfassungsschutz beobachtet und als „Rechtsextremist“ eingestuft, was er als „perfide Technik“ und „Scheinargumentation“ der Behörde bezeichnet. Er klagt gegen diese Beobachtung. Für ihn ist die Beobachtung unbescholtener Bürger und neuer Parteien eine „Delegitimierung“ des Verfassungsschutzes, da er seine eigentliche Aufgabe vernachlässige und Extremismus verharmlose.

Werteunion: Eine neue politische Kraft für bürgerlich-konservative Werte
Nach seinem Ausscheiden aus dem BfV und dem Scheitern des Versuchs, die CDU von innen heraus zu reformieren, gründete Maaßen mit der Werteunion eine eigene Partei. Er sieht die CDU als „scheinkonservative Partei“, die das Gegenteil dessen tut, was sie verspricht, und die Massenmigration nach Deutschland „eröffnet“ hat. Die Werteunion positioniert sich als Alternative für klassische CDU- und CSU-Wähler und verfolgt eine Politik des „Rückbaus des Staates“ und einer „vernünftigen Migrationspolitik“ mit „klarem Schutz der Grenzen“.

Maaßen betont, dass die Werteunion nicht die AfD kannibalisieren wolle, sondern auf die Wähler der Union ziele. Er sieht seine Partei jedoch mit einer „Schweigemauer“ der Massenmedien konfrontiert, die über die AfD zwar negativ, aber immerhin berichten, die Werteunion aber totzuschweigen versuchen. Dies sei eine „bewusste Unterwanderung“ und ein „Aktivismus“ des Journalismus, der nicht mehr informieren, sondern „propagieren und agitieren“ wolle.

Ausblick: Geduld im „freien Fall“ und Hoffnung auf die Zukunft
Maaßen sieht Deutschland im „freien Fall“, angetrieben durch wirtschaftlichen Niedergang und Massenmigration. Er hofft auf einen „politisch-gesellschaftlichen Rückenwind“ für Parteien „auf der freien Seite der Brandmauer“. Obwohl er nicht davon ausgeht, dass die CDU mit der AfD koalieren wird, sieht er die Notwendigkeit einer parlamentarischen Mehrheit für eine Politikwende, die voraussichtlich Jahre dauern wird.

Insbesondere die Bürger im Osten Deutschlands, die eine „Diktaturerfahrung“ haben, seien kritischer und weniger „autoritätsgläubig“ als die im Westen, wo das Vertrauen in Medien und Autoritäten noch stark sei. Maaßen ist überzeugt, dass die persönliche Erfahrung vieler Bürger mit den Problemen des Landes irgendwann die mediale Täuschung durchbrechen wird.

Für die Werteunion stehen als nächste Schritte die Landtagswahlen 2025, beginnend in Baden-Württemberg, im Fokus, um in die Landesparlamente einzuziehen. Trotz der Herausforderungen bleibt Hans-Georg Maaßen zuversichtlich, dass Deutschland das „Schiff schon wieder flott machen“ kann, auch wenn es ein langer und schwieriger Weg werden wird.

Ein Stück Geschichte neu belebt: Die MZ ES 250-2 aus dem Baujahr 1967

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Ein Oldtimer-Enthusiast hat eine seltene MZ ES 250-2 aus dem Baujahr 1967, die zu den ersten produzierten Maschinen ihrer Art gehört, mit viel Liebe zum Detail restauriert. Das Motorrad, erkennbar an seiner frühen Fahrgestellnummer, erstrahlt nun in einer prächtigen Kombination aus Olivgrün und Beige, Farben, die es in der Vorkriegszeit gab. Der Besitzer hegte schon lange den Wunsch, eine Maschine in diesem spezifischen Olivton zu restaurieren, was ihn zum Kauf des damaligen Wracks – bestehend lediglich aus dem Rahmen und einigen Blechteilen – motivierte.

Die Restaurierung war ein voller Erfolg, und das Ergebnis ist ein Motorrad, das nicht nur optisch besticht, sondern auch historisch präzise die Besonderheiten des Baujahrs 1967 widerspiegelt. Besondere Aufmerksamkeit wurde auf Details gelegt, die ausschließlich in diesem Baujahr zu finden waren:

• Umlaufende Linierung auf dem Seitendeckel: Diese ist noch durchgehend und in Beige gehalten.
• Lenkerabdeckung: Auch diese ist noch in Beige ausgeführt.
• Sitzbank: Sie weist eine flache Form mit einer Teilungsnaht in der Mitte auf und kann hochgeklappt werden.
• Bremsgestänge: Hier wurde noch der alte Typ mit Splint anstelle des späteren Hakens verwendet.
• Fußrastenträger: Dieser ist dreiteilig ausgeführt; ab 1968 war er ein durchgezogenes Rohr.
• Fehlender Schriftzug: Ein markantes Merkmal ist das Fehlen des Schriftzugs auf dem Motorrad, da die Modelle von 1967 diesen noch nicht trugen.
• Tankaufnahme: Der Tank verfügt noch über einen kleinen „Pilz“ als Aufnahme, während spätere Modelle ein Stück Flachstahl mit Gewinde aufwiesen.

Der Besitzer ist sichtlich stolz auf sein „gelungenes Motorrad“, das ihn seit dem letzten Jahr begleitet. Er betont, wie froh er ist, diesen Schritt gegangen zu sein und das Motorrad nun zu besitzen. Diese MZ ES 250-2 ist somit nicht nur ein Fortbewegungsmittel, sondern ein fahrendes Denkmal, das die Handwerkskunst und die spezifischen Designmerkmale ihrer Epoche perfekt einfängt.

Dieter Hallervorden: Eine Rückkehr nach Dessau und die Flucht aus der DDR

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Dessau, Sachsen-Anhalt – Für den bekannten Kabarettisten Dieter Hallervorden ist die Rückkehr nach Dessau eine Reise in die Vergangenheit, eine Rückkehr nach mehr als 50 Jahren. Die Erinnerungen an seine Kindheit in Dessau sind lebendig, wenn auch verändert. Das Haus, das er als Kind als „riesenhaft groß“ in Erinnerung hatte, und der Garten, in dem die Familie Tiere hielt und Pflanzen anbaute, wirken heute anders. Die damalige Selbstversorgung im Garten ist für ihn „heute einfach unvorstellbar“.

Prägende Jugend in der DDR
Hallervordens Jugend war jedoch nicht nur von idyllischen Garten-Erinnerungen geprägt. Seine „Lebensentwürfe als Jugendlicher prallten hart mit der Realität des Arbeiter- und Bauernstaates zusammen“. Seine Eltern gehörten nicht der Arbeiter- und Bauernklasse an, und es war ein Kampf für seinen Vater, Hallervorden den Besuch der Oberschule und das Abitur zu ermöglichen.

Die Schulzeit in der DDR war für Hallervorden ein „Ort des Grauens“. Die Rosa-Luxemburg-Oberschule empfand er als Qual; er sei „zur Schule ungefähr so gern gegangen wie andere zum Zahnarzt“ und habe sich dort „nie wohlgefühlt“. Der Unterricht ließ laut Hallervorden zu wünschen übrig, was sich beispielsweise zeigte, als sein „wunderbarer Französischunterricht“ nach wenigen Monaten endete und Russischunterricht erzwungen wurde.

Das Leben im deutschen Sozialismus war „straff organisiert“, und das Individuum zählte wenig gegenüber dem Kollektiv. Eigene Gedanken waren unerwünscht, und alles war vorgeplant. Hallervorden erinnert sich, zu den letzten dreien gehört zu haben, die nicht in der FDJ (Freie Deutsche Jugend) waren. Ihm wurde mangelndes „Klassenbewusstsein“ vorgeworfen, und er wurde unter Druck gesetzt, die Klasse zu wiederholen, falls er sich nicht anpasse. Er beschreibt, wie man den „Rücken beugt“, und aus echter Begeisterung für eine Idee ein „erzwungenes Bekenntnis zum Staat“ wurde. Uniformität bestimmte das Leben und Denken.

Die Entscheidung zur Flucht
Für Hallervorden war Meinungsfreiheit von größter Bedeutung, ebenso wie die Möglichkeit, sich selbst als Individuum zu verwirklichen. Er erkannte schnell, dass die DDR nicht sein Staat sein konnte. Diese „geistige Auseinandersetzung mit dem Regime“ war der Hauptgrund für seinen Entschluss, das Land zu verlassen. Materielle Gründe, wie „wo kriege ich dann besser die Butter und wo ist es vielleicht besser ins Kino zu gehen“, wären für ihn „nie Gründe gewesen“.

1958 reifte der Plan, der DDR den Rücken zu kehren. Vor dem Bau der Berliner Mauer war Berlin für viele, darunter Hallervorden, ein „Angelpunkt seiner Flucht“. Es gab zwar verschiedene Zonen in West-Berlin, aber keinen Stacheldraht und keine Mauer. Man konnte einfach in einen Zug steigen und in den nächsten Sektor fahren, was den „Weg in die Freiheit nicht weit“ machte. Die Beschränkung lag darin, dass man keine Möbel mitnehmen konnte und sich mit dem begnügen musste, was man am Leib trug oder im Koffer dabei hatte. Trotzdem war eine solche Flucht nicht ungefährlich; die Entdeckung des Plans hätte im DDR-Gefängnis enden können.

Ankunft in West-Berlin und kabarettistische Karriere
Als Hallervorden endlich in West-Berlin ankam, wusste er, dass dies der richtige Weg für ihn war. Er empfand ein „Gefühl der Erleichterung“. In West-Berlin gründete Dieter Hallervorden 1960 die berühmte Kabarettbühne „Die Wühlmäuse“, deren Chef er wurde. Obwohl er als Komiker Millionen von Fernsehzuschauern begeistert, gilt seine „große Liebe dem Kabarett“.

Rostock Hafen: 65 Jahre im Zeichen von Innovation und Geschichte

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Rostock, Mecklenburg-Vorpommern – Ein Hafen schläft nie, und das gilt insbesondere für den Überseehafen Rostock. Rund um die Uhr herrscht hier reger Betrieb, und der Puls des größten Universalhafens an der deutschen Ostseeküste schlägt auch im 65. Jahr seines Bestehens kraftvoll wie eh und je. Jährlich werden rund 30 Millionen Tonnen Güter aller Art umgeschlagen, was Rostocks größten Hafen zum Wertschöpfungsmotor der Hanse- und Universitätsstadt macht. Er ist der leistungsstärkste Wirtschaftsstandort Mecklenburg-Vorpommerns und sichert Arbeitsplätze für rund 20.000 Menschen.

Die Bedeutung des Seehandels für Rostock reicht weit zurück. Schon lange, bevor Rostock im Jahr 1218 das Stadtrecht erhielt, wurden Natur- und Handwerksprodukte per Schiff nach Skandinavien, Westeuropa und England transportiert. In der Blütezeit der Hanse zählte Rostock zu den wichtigsten Häfen im Ostseeraum. Über Jahrhunderte lag der Hafen am Westufer der Warnow, doch eine wechselvolle Geschichte prägte seine Entwicklung. Nach einer Hochzeit von Schifffahrt und Güterumschlag im 19. Jahrhundert folgten Jahre des Bedeutungsverlusts.

Eine neue Ära begann mit der Nachkriegsordnung in Europa und der Gründung der Deutschen Seereederei (DSR) im Jahr 1952. Mit dem Bau größerer Frachter für die DSR wuchs der Seehandel der DDR in den 1950er Jahren stark an, und die Republik benötigte dringend einen größeren Hafenplatz. Die Staatsführung besiegelte 1957 das Vorhaben, Rostock zum größten Seeumschlagsplatz der DDR auszubauen. Der neue Überseehafen sollte auf der dünn besiedelten Ostseite der Warnow am Breitling entstehen.

Mit weitsichtiger Planung und der tatkräftigen Unterstützung zahlreicher freiwilliger Helfer wurde der Hafen in nur drei Jahren realisiert. Am 30. April 1960 wurde der Überseehafen eingeweiht. Als erstes Schiff löschte der DSR-Frachter „Schwerin“ Ladung im neuen Hafen. Konzipiert als Universal- und Eisenbahnhafen, entstanden Infrastruktur und Umschlagskapazitäten für Stück- und Massengüter. Noch im Eröffnungsjahr ging der erste Abschnitt des Ölhafens in Betrieb. Als Heimathafen der DSR, die zeitweilig über 200 Fracht- und Spezialschiffe weltweit im Einsatz hatte, avancierte der Überseehafen Rostock für die DDR zum Tor zur Welt. In den ersten drei Jahrzehnten stieg der Güterumschlag stetig an und erreichte 1989 mit 21 Millionen Tonnen ein Rekordergebnis, wobei auch 126.000 Container umgeschlagen wurden.

Die politische Wende im Osten stellte den Hafen vor große Herausforderungen: Der Umschlag brach zunächst auf 8 Millionen Tonnen ein. Doch die Transformation in die Marktwirtschaft gelang mit neuen Strukturen und Ideen. Bereits 1990 nahm eine Fährlinie zum dänischen Gedser den Betrieb auf, später folgten Fähr- und RoRo-Verkehre nach Schweden und Finnland. Heute macht rollende Ladung mehr als die Hälfte des gesamten Umschlags aus. Der Hafen hat seinen universellen Charakter beibehalten und setzt auf die Ansiedlung produzierenden Gewerbes auf dem maritimen Areal. Großbetriebe wie der Kranbauer Liebherr und der Großrohrhersteller EEW Special Pipe Constructions prägen seit Jahren das Hafenbild.

Der Überseehafen ist heute ein Taktgeber der regionalen Wirtschaft. Doch auch Veränderungen im politischen und internationalen Umfeld beeinflussen seine Entwicklung. Das Tor in die Zukunft ist weit geöffnet, mit Plänen für den Import und die Produktion grüner Energieträger, effiziente Logistikketten und eine starke Wettbewerbsposition. Garanten für den künftigen Erfolg sind die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Erweiterungspotenziale am Standort sowie der enge Schulterschluss der Region Rostock und des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit ihrem alten und doch so jungen Hafen.

Ein Tag in Dessau-Roßlau: Wo Geschichte auf Moderne trifft und Kultur auf Natur

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Dessau-Roßlau, die drittgrößte Stadt Sachsen-Anhalts, liegt nur eine Autostunde von Leipzig und zwei Stunden von Dresden entfernt im Norden Deutschlands. Sie ist eine Stadt, die auf einzigartige Weise Moderne mit Geschichte und kulturelle Vielfalt mit Natur vereint. Mit über 226.000 Gästeübernachtungen im vergangenen Jahr zieht sie Touristen aus aller Welt an, was nicht zuletzt an ihrer Rolle als Geburtsstätte der Bauhauskunstrichtung und als ehemalige Heimat der Fürsten von Anhalt-Dessau liegt.

Schatzhaus der alten Kunst: Die Anhaltische Gemäldegalerie Dessau Ein wichtiger kultureller Anziehungspunkt ist die Anhaltische Gemäldegalerie Dessau. Sie befindet sich mitten in der Stadt, unweit des Hauptbahnhofs, im Park Georgium, der zum UNESCO Welterbe Gartenreich Dessau-Wörlitz gehört. Direktor Ruben Rebmann bezeichnet die Galerie als ein „Schatzhaus der alten Kunst aus Anhalt“, das verschiedene Sammlungen zusammenfasst und tiefe Einblicke in die kulturelle Tradition des alten Landes Anhalt ermöglicht.

Die Galerie legt ihren Schwerpunkt auf Gemälde des Barock, der Renaissance und des 18. Jahrhunderts, hat ihre Sammlung jedoch bis in die Moderne fortgesetzt. Dadurch ist sie eng mit zwei UNESCO-Welterbekomplexen der Region verbunden: dem Gartenreich Dessau-Wörlitz und dem Bauhaus Dessau. Ein besonderes Anliegen des Direktors ist es, die lange nicht sichtbare Sammlung wieder sichtbar zu machen, beispielsweise durch Sonderausstellungen, wie eine über Kinderbildnisse von Borg bis zur Romantik, und die großzügige Bereitstellung von Bildern im Netz, die Besucher auch fotografieren dürfen. Die Dauerausstellung im Schloss Georgium, wo einst Mitglieder der Fürstenfamilie lebten, ist bereits wiedereröffnet. Viele Gemälde gehen auf die Kunstsammlung von Prinzessin Henriette Amalie von Anhalt-Dessau zurück.

Ruben Rebmanns persönliches Highlight ist ein niederländisches Gemälde aus dem 17. Jahrhundert von Albert Cuyp, das den antiken Mythos des Sängers Orpheus darstellt. Auf reizende Weise wird Orpheus hier als holländischer Junge mit blonden Locken gezeigt, umgeben von Tieren – darunter ein Hund, der zum Betrachter schaut, und ein halb verstecktes Schwein hinter einem Elefanten.

Das Gartenreich Dessau-Wörlitz: Ein Gesamtkunstwerk Nur wenige Schritte trennen die moderne Architektur des Bauhauses von der üppigen Kulturlandschaft des Dessau-Wörlitzer Gartenreichs. Dieser Park ist ein Gesamtkunstwerk, das Architektur mit Gartengestaltung vereint. Eine Gondelfahrt über den Wörlitzer See und durch die Kanäle bietet eine besondere Perspektive auf die vielen Bauwerke und Attraktionen.

Der Gondolier Günther Ries, liebevoll „der Admiral“ genannt, kennt als echter Wörlitzer viele Insidertipps. Er erzählt, dass das Schloss Wörlitz, eine ehemalige Sommerresidenz der Fürstenfamilie von Anhalt-Dessau, eines der ersten Bauwerke des deutschen Klassizismus war und nach dem Vorbild englischer Landhäuser errichtet wurde. Seine Innenausstattung ist bis heute fast vollständig erhalten.

Eine bemerkenswerte Hintergrundinformation, die Günther Ries teilt, ist die Geschichte von Hans Hallervorden, dem Großvater des berühmten Dessauers Dieter Hallervorden. Hans Hallervorden war bis 1946 Parkdirektor und rettete unter anderem die Wörlitzer Synagoge in der Reichspogromnacht 1938 vor der Zerstörung. Die Familie Hallervorden besucht das Gartenreich bis heute gerne und schätzt den sympathischen Gondolier.

Weitere architektonische Novitäten im Gartenreich sind der Nympheum, der Venustempel und das Gotische Haus, welches der Ausgangspunkt für die Epoche der Neugotik in Deutschland war und stilistische Einflüsse aus Venedig und England aufweist. Im Park leben zudem besondere Bewohner: mehrere blaue Pfauen laufen dort frei herum.

Dieter Hallervorden kehrt heim: Kultur in der Marienkirche Für die Abendunterhaltung kehrt man in die Innenstadt von Dessau-Roßlau zurück, genauer gesagt in die Marienkirche. Hier hat der in Dessau-Roßlau geborene Künstler, Kabarettist und Sänger Dieter Hallervorden das Mitteldeutsche Theater eröffnet. Hallervorden, seit über 17 Jahren Ehrenbürger der Stadt, möchte mit diesem Engagement etwas an seine Heimat zurückgeben und das kulturelle Angebot erweitern. Seine Wurzeln liegen hier; sein Elternhaus, seine Schule und die Nähe zum Betätigungsfeld seines Großvaters in Wörlitz prägten ihn.

Das Rückgrat des Spielplans bilden Theaterstücke. Ein persönlicher Favorit Hallervordens ist das Stück „Adel verpflichtet“, eine mörderische Komödie, in der ein Schauspieler, unterstützt von einem großen Ensemble, in acht verschiedene Rollen schlüpft. Neben seiner eigenen Aufführung im Stück „Winterrose“ treten viele andere renommierte Künstler wie Elke Heidenreich, Bernhard Hoëcker und Harald Schmidt auf. Qualität und Liebe zum Detail stehen im Mittelpunkt des Programms.

Auf seine lange und erfolgreiche Karriere angesprochen, betont Hallervorden die Bedeutung von Hartnäckigkeit: „Immer mindestens einmal mehr aufstehen als hinfallen, Ziele verfolgen gegen alle Widerstände und sich seinem Seelen treu bleiben“. Er weist jedoch auch darauf hin, dass eine Karriere in der Unterhaltungsbranche, insbesondere als Schauspieler, ein sehr schwerer Weg ist, da viel mehr Schauspieler ausgebildet werden als gebraucht. Er selbst sieht sich als Glückskind, das den richtigen Beruf ergriffen hat, und zeigt sich demütig angesichts der Tatsache, dass die Menschen ihn nach 65 Jahren im Beruf immer noch sehen möchten.

Dessau-Roßlau, eingebettet zwischen Elbe und Mulde, erweist sich als perfekter Ort, um in vergangene Zeiten einzutauchen und gleichzeitig ganz im Hier und Jetzt zu sein. Eine Reise dorthin verspricht, Moderne, Geschichte, Kultur und Natur auf unvergessliche Weise zu erleben.

Simson Suhl: Vom ostdeutschen Kultfahrzeug zum Erbe einer Ära

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Suhl, eine Stadt, die untrennbar mit dem Namen Simson verbunden ist, blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, die von handwerklicher Meisterschaft, politischem Druck und tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen geprägt war. Simson, einst ein pulsierender Industriegigant und größter Betrieb der Region, war mehr als nur ein Fahrzeughersteller; es war für Generationen von Suhlern ein „zweites Leben“ und sicherte unzähligen Familien das Auskommen.

Vom jüdischen Familienunternehmen zum Rüstungsbetrieb Die Wurzeln des Unternehmens reichen bis ins Jahr 1856 zurück, als die Familie Simson in Suhl ein Unternehmen gründete. Diese alteingesessene jüdische Familie produzierte nahezu alles: von Autos über Haushaltsgeräte und Waffen bis hin zu Fahrrädern, und Simson wurde zu einem der größten Fahrradhersteller Deutschlands. Doch die florierende „Gemischtwarenfabrik“ wurde den Nationalsozialisten zum Dorn im Auge. Das Vermögen wurde beschlagnahmt, die Fabrik enteignet, und die Familie Simson konnte sich nur noch nach Amerika retten. Ihre einst vielseitige Produktion konzentrierte sich fortan auf die Herstellung von Waffen, darunter Handfeuerwaffen, Pistolen, Gewehre und Maschinengewehre, vor allem für das Dritte Reich.

Wiederaufbau unter sowjetischer Ägide und die AWO-Ära Nach dem Krieg war das Werk teilweise zerstört, und die sowjetischen Besatzer sprengten zusätzlich intakte Gebäude. Der Wiederaufbau war schwierig, da es an Material fehlte. Zunächst wurden lebensnotwendige Dinge wie Stühle, Bratpfannen und Schaufeln hergestellt. Die Familie Simson versuchte, ihren Betrieb zurückzuerlangen, doch die neuen Machthaber verweigerten eine Wiedergutmachung. Stattdessen wurden 5.000 Maschinen nach Russland gebracht, und Simson wurde zu einer sowjetischen Aktiengesellschaft (SAG). Die sowjetische Leitung zeichnete sich durch eine strenge Führung des Betriebs aus.

Ein Schlüsselmoment des Wiederaufbaus war die Entwicklung des Motorrades AWO 425 (Abkürzung für „Arbeitsgemeinschaft für Oelmotorrad“), in die die sowjetischen Auftraggeber sagenhafte 3 Millionen Mark investierten. Die AWO, die von 1950 bis 1961 produziert wurde, war stabil, technisch ausgereift und dem Vorbild BMW nachempfunden, mit Besonderheiten wie dem aufwendigen Kardanantrieb und einem hochwertigen Stahlrohrrahmen. Sie begründete den guten Ruf Simsons als Fahrzeughersteller neu und erfüllte Konstrukteure und Bandarbeiter mit Stolz.

Motorsporterfolge und der Hollywood-Star in Suhl 1951 befahl ein sowjetischer General die Gründung einer Sportabteilung, die Straßenrennen, Motocross und Geländesport betrieb. Simson wurde zu einem festen Bestandteil wichtiger Rennen, besonders bei den Mittelgebirgsfahrten. Sporterfolge wie die acht Europameistertitel nach dem zweiten Gewinn steigerten nicht nur das Ansehen des Staates, sondern auch die Anerkennung für Simson und seine Konstrukteure.

Eine besondere Sensation ereignete sich 1963 in Suhl während des Sechstage-Rennens (Six Days): Hollywood-Star Steve McQueen, ein Mitglied des US-Teams, trat mit seiner Sportmaschine auf dem Simson-Gelände auf. Dies war ein Novum im Ostblock und löste sowohl Begeisterung bei der Bevölkerung als auch Bedenken bei der Parteiführung aus, die Sympathien für den „Filmstar der dekadenten westlichen Welt“ fürchtete und seine Präsenz in der Presse unterdrückte. Obwohl McQueen nur drei Tage durchhielt, zeigte er sich als „richtiger Sportsmann“, der sich einer enormen körperlichen Anstrengung unterzog.

Die „Vogelserie“: Schwalbe, Spatz und Co. Wer in der DDR kein Auto hatte, besaß oft einen Roller oder ein Moped der Marke Simson. Das Mokick aus Suhl war das traditionelle Jugendweihe-Geschenk. Die legendäre Schwalbe, die 21 Jahre lang über eine Million Mal vom Band lief, war der Auftakt der mobilen „Vogelserie“, gefolgt von Spatz, Star, Sperber und Habicht. Jedes Fahrzeug sollte mindestens 40.000 Kilometer halten, 60 km/h fahren und einfach zu reparieren sein. Die Schwalbe war äußerst stabil und konnte sogar mit einem Anhänger voll Reisegepäck und zwei Personen von Berlin bis nach Ungarn fahren, selbst auf Feld- und Waldwegen. 1975 eroberte Schwester Agnes mit ihrer Schwalbe die Herzen der Fernsehzuschauer, obwohl ihr Fahrzeug anfangs belächelt oder als „Kampfblech“ verspottet wurde. Trotzdem avancierte es zu einem „europäischen Kultfahrzeug“. Die Nachfrage nach erschwinglichen, sparsamen und alltagstauglichen Mopeds führte zur Entwicklung von Rollern, die Schutz vor Witterung boten, und später zu zweisitzigen Modellen, die 60 km/h erreichten und sparsam im Verbrauch waren.

Herausforderungen in der DDR-Planwirtschaft Trotz der hohen Nachfrage – 150.000 Fahrzeuge pro Jahr reichten bei weitem nicht für den Binnenmarkt aus – blieben notwendige Investitionen aus. Im Werk wurde improvisiert, Maschinen und Menschen im Schichtbetrieb „zerschlissen“. Der Leistungsdruck war enorm; Mitarbeiter, auch Lehrer der betriebseigenen Schule, mussten Sonderschichten leisten und in die Produktion eingreifen. Um der Monotonie am Band entgegenzuwirken, führte Simson Ende der 70er Jahre in der Lehrwerkstatt die „Nestfertigung“ ein, bei der 3-4 Jugendliche gemeinsam einen kompletten Motor fertigten. Dies kam bei den jungen Leuten gut an, da sie alle Arbeitsschritte beherrschten und nicht mehr nur monotone Tätigkeiten ausführten.

Die Kosten- und Preispolitik war paradox: Ein Kleinkraftrad kostete im Laden etwa 1.500-1.550 Mark, der Betriebspreis lag jedoch deutlich höher, oft über 2.000 Mark. Diese bewusste Preisgestaltung wurde in Berlin festgelegt, um öffentliche Diskussionen zu vermeiden. Auch im Export, der rund ein Viertel der Jahresproduktion ausmachte, wurden die Fahrzeuge weit unter Wert verkauft. Ziel waren 50.000 Exportfahrzeuge, wovon 20.000 in sozialistische Länder gingen und 30.000 in nicht-sozialistische Gebiete, ein Ziel, das selten erreicht wurde. Simson unterhielt Handelsbeziehungen mit afrikanischen Ländern wie Mosambik, Angola und Ägypten, wobei Mopeds gegen Güter wie Baumwolle, Kaffee und Erdöl getauscht wurden. Im Zuge dessen kamen auch „Vertragsarbeiter“ nach Suhl, deren Integration jedoch oft mangelhaft war, was zur Fremdenfeindlichkeit nach der Wende beigetragen haben könnte.

Soziale Versorgung und Arbeitsalltag Simson versorgte seine Mitarbeiter umfassend: Es gab betriebseigene Busse, begehrte Urlaubsplätze auf Hiddensee, Kindergärten, eine eigene Arztpraxis und preiswerte Mahlzeiten in großen Speisesälen. Der Zusammenhalt unter den Kollegen war stark; es gab gemeinsame Feiern, Ausflüge und gegenseitige Hilfe, was den Arbeitsstress erträglicher machte. Dennoch gab es auch Schattenseiten wie den täglichen Leistungsdruck, Frust über Mangelwirtschaft und Lieferprobleme sowie Ärger mit Vorgesetzten und Kollegen.
In den 80er Jahren verschärften sich die Probleme: Lieferschwierigkeiten, besonders bei Rädern, führten zu 40-50% Rücksendungen wegen Mängeln. Maschinen wurden auf Verschleiß gefahren, Ersatzteile fehlten im Kundendienst. Die Betriebsführung stand unter enormem Druck der Parteileitung. Zudem waren die Arbeitsbedingungen in Bereichen wie der Lackiererei, wo die Luft voller chemischer Dämpfe war, gesundheitlich belastend. Umweltverschmutzung durch das Heizkraftwerk führte zu saurem Regen und Korrosion an parkenden Fahrzeugen. Finanzielle Probleme und veraltete Maschinen verschärften die Lage, doch Hilferufe aus Berlin blieben ungehört.

Das Ende einer Ära und ein Kult lebt weiter 1986 lief die letzte Schwalbe vom Band. Obwohl Pläne für modernere Motorroller in den Schubladen lagen, war es zu spät. Mit der Wiedervereinigung brach der Markt ein, da viele Bürger nun Autos kaufen konnten. Die Anpassung an bundesdeutsches Recht, das eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h und ein Mindestalter von 16 Jahren für Mokicks vorschrieb, verschlechterte die Verkaufschancen zusätzlich. Der damalige Gang ins Bundesverkehrsministerium zur Verhandlung über eine Ausnahmeregelung war vergeblich.
Die Treuhand wickelte den Betrieb ab, und obwohl Simson als GmbH zu überleben versuchte, war die Zeit des Motorroller-Booms vorbei. Die Menschen kauften westliche Autos und japanische Motorräder. Viele ehemalige Mitarbeiter empfanden dies als „bewusste Zerstörung“ einer gut funktionierenden Produktion. Im Dezember 1990 fiel für die meisten Mitarbeiter der letzte Vorhang. Die Belegschaft räumte den eigenen Betrieb, verkaufte, was zu Geld gemacht werden konnte, und verschrottete den Rest. Für viele brach eine Welt zusammen, da sie davon ausgegangen waren, bis zur Rente bei Simson zu bleiben.

Mit dem Aus für Simson endete eine 150-jährige Firmengeschichte. Geblieben sind die Fahrzeuge, die mittlerweile Kultstatus haben, wie die Schwalbe oder die AWO. Das weitläufige Gelände ist heute ein Gewerbepark, doch Suhl hat seine Bedeutung als großer Industriestandort weitgehend eingebüßt. Die Tatsache, dass der Betrieb größtenteils dem Erdboden gleichgemacht wurde, erfüllt viele ehemalige Mitarbeiter mit Wehmut und Traurigkeit.

Elbe auf historischem Tiefstand: Magdeburg kämpft mit den Folgen

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Magdeburg – Die Elbe in Magdeburg hat einen historischen Tiefstand erreicht und sorgt für ernste Probleme und Besorgnis. Gestern fiel der Wasserstand an der Strombrücke auf nur noch 44 Zentimeter, ein Wert, der seit Beginn der modernen Messungen und Dokumentationen noch nie erreicht wurde. Zum Vergleich: Der bisherige Tiefstwert im Jahr 2019 lag bei 45 Zentimetern. Heute stieg der Pegel leicht auf 45 Zentimeter, was jedoch für die Schifffahrt weiterhin nicht ausreicht.

Auswirkungen auf die Schifffahrt und alternative Routen Die niedrigen Wasserstände haben drastische Auswirkungen auf die Schifffahrt. Boote mit Flachboden, wie die der „Weißen Flotte“, benötigen mindestens 65 Zentimeter Wasser unter dem Kiel, um sicher navigieren zu können. Unterhalb dieses Wertes wird es gefährlich, da das Flussbett der Elbe uneben ist und Hindernisse birgt. Infolgedessen kann die „Weiße Flotte“ nicht auf der Elbe fahren. Eine Alternative bietet derzeit der Mittellandkanal, der weiterhin beschiffbar ist und eine Wassertiefe von mindestens 4 bis 5 Metern unter dem Kiel bietet. Über diesen Kanal können Schiffe ganzjährig zwischen dem Rhein und der Oder verkehren, es sei denn, Packeis legt im Winter die Schifffahrt still.

Gefahren im Fluss und die Strömung Trotz des geringen Wasserstandes, der die Elbe kniehoch erscheinen lässt, warnen Experten dringend davor, den Fluss zu betreten oder darin zu baden. Das Flussbett der Elbe ist nicht flach, sondern weist viele Vertiefungen und Mulden auf, in denen man plötzlich bis zur Nase im Wasser verschwinden kann. Zudem gibt es an den Buhnen gefährliche Stromschnellen, die Menschen ins Wasser ziehen können. Die Strömung der Elbe ist mit 16 km/h sehr stark und reißt Schwimmer, die in die Fahrrinne geraten, nur schwer wieder heraus. Daher wird dringend davon abgeraten, die Elbe bei Niedrigwasser zum Baden oder Schwimmen zu nutzen.

Gravierende Folgen für die Natur Der niedrige Wasserstand hat auch gravierende Folgen für die Natur. Wenn der Elbpegel sinkt, wirkt sich dies direkt auf die Fischbestände aus. Nach der Wende hatten sich die Fischbestände in der Elbe, nachdem sie sauberer wurde, erfreulich entwickelt, und es gab wieder Elbefischer. Doch nun vertrocknen Fischschwärme in den Flussarmen, da das Wasser dort zurückgeht. Besonders betroffen sind auch Lachse, die im Rahmen eines Ansiedlungsprojekts südlich von Magdeburg in einem Zufluss der Elbe (der Nute) seit 2009 angesiedelt werden. Junge Lachse schwimmen in die Nordsee und den Atlantik, kehren aber im Erwachsenenalter zum Laichen in die Elbe zurück. Bei Niedrigwasser ist es für diese großen Fische jedoch ein erhebliches Problem, ihre Laichplätze zu erreichen, da dort absolut kein Wasser mehr vorhanden ist.

Ursachen und begrenzte Lösungsansätze Die Elbe ist ein Transitfluss, der von Tschechien bis zur Nordsee fließt. Das bedeutet, dass lokaler Regen in Sachsen-Anhalt oder Sachsen kaum Auswirkungen auf den Wasserstand der Elbe hat. Damit der Wasserpegel wieder merklich steigt, muss es in Tschechien mindestens drei oder vier Tage richtig stark regnen. Die erwarteten Gewittergüsse am bevorstehenden Wochenende im Osten Deutschlands werden voraussichtlich nicht ausreichen, und danach wird es wieder warm, was zur Verdunstung führt. Es wird erwartet, dass der Kampf mit dem Niedrigwasser wahrscheinlich die gesamte Saison andauern wird.

Gegen den niedrigen Wasserstand kann man kaum etwas tun. Eine Möglichkeit wäre der Bau von Staustufen, wie sie vor Jahrzehnten am Rhein und an der Mosel realisiert wurden, um die Schifffahrt zu ermöglichen. Dies wird jedoch für die Elbe nicht gewünscht, da an ihren Ufern Biosphärenreservate liegen, die in ihrem natürlichen Zustand erhalten bleiben sollen. Das Aufstauen des Wassers würde dieses sensible Ökosystem zerstören. Auch wenn die Tschechen ihre Talsperren öffnen und Wasser ablassen könnten, wäre dies nur eine temporäre Lösung für wenige Stunden, da das Wasser schnell abfließt und der Wasserstand danach wieder sinkt. Letztendlich bleibt nur das Warten auf ergiebigen Regen – und dieser muss in Tschechien fallen.

Zwischen Tradition und Neuanfang: Junge Hände beleben Görlitzer Kleingärten

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Görlitz und sein Umland beheimaten rund 5500 Kleingärten, die in 107 Vereinen organisiert sind und idyllische Namen wie „Blumenaue“ oder „Friedensblick“ tragen. Die meisten dieser Vereine sind Mitglieder im Niederschlesischen Kleingärtnerverband e.V., einer zentralen Instanz, die als Vermittler zwischen den Grundstückseigentümern und den Pächtern – den eigentlichen Kleingärtnern – fungiert. Sven Umlauft, der erste Vorsitzende des Verbandes seit September 2022, beschreibt die Rolle des Verbandes treffend als eine Art Hausverwaltung, die die Interessen der Kleingärtner umsetzt und sicherstellt, dass die Gärten dem Bundeskleingartengesetz entsprechen.

Die ersten zwei Jahre unter Sven Umlaufts Führung waren intensiv. Er und sein Team investierten viel Zeit, um die Unterlagen aller Sparten auf den aktuellen Stand zu bringen, da zuvor Verträge fehlten. Ziel dieser Anstrengungen war und ist der Schutz aller Beteiligten: der Vereine, der Eigentümer, des Verbandes und nicht zuletzt der Pächter. Der Verband betreibt ein Büro in der Görlitzer Innenstadt und beschäftigt vier festangestellte Mitarbeiter sowie elf ehrenamtliche Vorstandsmitglieder, darunter auch Sven Umlauft selbst. Die Arbeit sei anspruchsvoll, da sich die Geschäftsstelle hauptsächlich mit Problemfällen von Vereinsvorständen oder Pächtern befasst. Umlauft betont die große Dankbarkeit gegenüber seinem Vorstand und seinen Mitarbeitern, die sich weit über die regulären Arbeitszeiten hinaus engagieren. Ohne die Unterstützung seiner Familie, die hinter seinem ehrenamtlichen Engagement steht, wäre dies nicht möglich, so Umlauft.

Herausforderung: Leerstehende Gärten
Ein akutes Problem des Verbandes sind die derzeit rund 300 leerstehenden Parzellen von insgesamt 5500. Während einige Gärten mit wenigen Handgriffen wieder nutzbar gemacht werden könnten, stehen andere seit vielen Jahren leer und werden von den zuständigen Vereinen vernachlässigt. Um dem entgegenzuwirken, hat der Verband im Herbst eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Sven Umlauft macht dabei deutlich, dass die Spenden nicht dem Verband zugutekommen, sondern gezielt in die einzelnen Vereine fließen sollen, um die Sanierung dieser lange leerstehenden Gärten zu finanzieren. Er betont: „Ich will mir das Geld nie in meine eigene Tasche stecken… Ich möchte daraus schöne Projekte machen.“. Dabei sei keine große Spende nötig; auch kleine Beträge von 1 oder 2 Euro von vielen Spendern würden helfen.

Interessenten für Kleingärten zu finden, sei hingegen „unproblematisch“. Täglich erreichen das Büro Anrufe. Der Verband nimmt die Daten der Interessenten auf und leitet sie an die Vereine weiter, je nachdem, in welchem Stadtteil ein Garten gewünscht wird. Die Altersstruktur der neuen Pächter ist dabei gemischt: Neben der Jugend, die zunehmend Interesse zeigt und gefördert werden soll, werden Gärten auch an ältere Menschen verpachtet, die oft überraschend schnell und motiviert die Gärten wiederherrichten.

Unsicherheit durch Eigentümerwechsel und KommWohnen
In den letzten drei Jahren gab es eine gewisse Unruhe unter den Kleingärtnern in Görlitz, da die Stadt nach und nach ihre Kleingartenanlagen an KommWohnen überträgt. Viele Pächter äußerten die Sorge, ihre Gärten zu verlieren. Arne Mückert, Geschäftsführer von KommWohnen, hat diese Befürchtungen jedoch mehrfach zerstreut. Er stellt klar, dass KommWohnen lediglich in die Fußstapfen der Stadt tritt und die Verwaltung der Parzellen lediglich einen Wechsel des Sachbearbeiters bedeutet, nicht aber eine Änderung der Widmung der Grundstücke. Eine Umwidmung der Parzellen, etwa zu Bauland, ist nicht ohne Weiteres möglich und erfordert einen Stadtratsbeschluss. Da KommWohnen eine kommunale Gesellschaft ist, bestehe keinerlei Gefahr, dass eigene Wege gegangen werden, so Mückert.

Auch Sven Umlauft, der anfangs zwiegespalten war, blickt der Situation nun positiv entgegen. Er betont, dass die Kommunikation mit KommWohnen und der Stadt sich deutlich verbessert hat und die Befürchtung der Pächter, aus Gartenland werde Bauland, unbegründet ist. Er erklärt: „Nein das hat die Komwon nie vor und jetzt muss ich einfach mal drei sagen sie kann es doch einfach nie so Es muss durch den es muss durch den Stadtrat es muss durch unseren Kleingartenbeirat es muss durch so viele Institutionen durch wo Menschen die auch selber einen Garten haben ja sagen müssen In meinen Augen ist das einfach mal so nicht möglich.“.

Mit dem Beginn der Saison nimmt das Kleingärtnerleben in Görlitz wieder Fahrt auf. Es wird gepflanzt, gegraben und gestrichen, und es ist wahrscheinlich, dass sich unter den altgedienten Kleingärtnern auch einige neue Gesichter finden werden. Die Gemeinschaft und die grünen Oasen in Görlitz scheinen trotz aller Herausforderungen eine lebendige Zukunft vor sich zu haben.