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Filmstudio „Zeitzer Linse“ dokumentiert 1000 Jahre Zeitz im Jahr 1967

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Im Jahr 1967 feierte die Stadt Zeitz ein bedeutendes Jubiläum: den 1000. Jahrestag ihrer ersten urkundlichen Erwähnung. Dieses Fest war nicht nur eine Gelegenheit, die lange Geschichte der Stadt zu würdigen, sondern auch, die Erfolge und Fortschritte der sozialistischen DDR-Gesellschaft zu präsentieren. Die Feierlichkeiten, die vom 25. Juni bis zum 2. Juli 1967 stattfanden, waren von einer einzigartigen Mischung aus historischen Rückblicken, kulturellen und sportlichen Veranstaltungen sowie politischen Elementen geprägt. Sie boten den Bürgern von Zeitz die Möglichkeit, sich mit ihrer Stadtgeschichte zu identifizieren und stolz auf die Errungenschaften der Gegenwart zu blicken.

Vorbereitungen und Engagement der Bevölkerung
Die Vorbereitung auf das Jubiläum begann Wochen im Voraus. Die Bürger der Stadt waren mit Leidenschaft und Engagement dabei, die Stadt für das große Ereignis herauszuputzen. Dies war keine leichte Aufgabe, denn die DDR-Planwirtschaft war oft von Engpässen und Versorgungsproblemen geprägt. Dennoch gelang es den Verantwortlichen, die notwendigen Ressourcen zu organisieren. Geschäfte erhielten Sonderkontingente an Waren, um den Versorgungsengpässen entgegenzuwirken, und zahlreiche Kommissionen arbeiteten an der Organisation der Feierlichkeiten. Besonders wichtig war es, dass diese Kommissionen die Veranstaltungen so gestalteten, dass sie sowohl der Geschichte der Stadt gerecht wurden als auch die Erfolge des sozialistischen Aufbaus der DDR widerspiegelten.

Der Umfang der Vorbereitungen lässt sich nicht nur an den organisatorischen Maßnahmen, sondern auch an den detaillierten Aufzeichnungen im Stadtarchiv im Schloss Moritzburg ablesen. In diesen Akten sind nicht nur die organisatorischen Details zu finden, sondern auch die Namen der Teilnehmer an den einzelnen Veranstaltungen. Jede einzelne Person, die an der Festwoche beteiligt war, wurde erfasst und instruierte, um sicherzustellen, dass alles reibungslos verlief. Diese Dokumentationen bieten einen faszinierenden Einblick in das Leben und die Kultur der Stadt und der DDR jener Zeit.

Der große Festumzug als Höhepunkt
Der Festumzug am Sonntag, den 25. Juni 1967, war der zentrale Höhepunkt der Feierlichkeiten. An diesem Tag versammelten sich Tausende von Zeitzern, um die Geschichte ihrer Stadt und die Errungenschaften der sozialistischen Gesellschaft zu feiern. Der Umzug, der über 135 verschiedene Bilder umfasste, dauerte fast drei Stunden. Er begann mit Darstellungen der frühen Geschichte der Stadt und ihrer Entwicklung im Mittelalter und zeigte dann die zentralen historischen Ereignisse, die die Stadt geprägt hatten. Die Darstellung der Industrie, des Handwerks und der Landwirtschaft aus der sozialistischen Perspektive nahm ebenfalls einen großen Raum ein und stellte die Fortschritte der letzten Jahrzehnten dar.

Die historische Darstellung des Festumzugs spiegelte die politische und gesellschaftliche Ausrichtung der DDR wider. Neben den mittelalterlichen und frühen modernen Epochen wurden vor allem die revolutionären Höhepunkte der Stadtgeschichte hervorgehoben. Der Aufbau der sozialistischen Gesellschaft in der Stadt wurde in zahlreichen Bildern gefeiert, die die Arbeitskraft und die Errungenschaften der Arbeiter und Bauern im sozialistischen Aufbau zeigten. Das Bild der Stadt als Zentrum sozialistischer Industrialisierung und als Vorzeigestadt im Osten Deutschlands wurde stark betont.

Der Festumzug war nicht nur ein Blick in die Vergangenheit, sondern auch eine Aussage über die Zukunft der Stadt. Die Darstellung der sozialistischen Errungenschaften war nicht nur eine Rückschau auf das, was bereits erreicht wurde, sondern auch eine Manifestation des Glaubens an die fortwährende Entwicklung der Stadt und des Landes. Das war besonders wichtig in einer Zeit des Kalten Krieges, als der Wettlauf zwischen Ost und West die politische Atmosphäre in Europa prägte.

Internationale Beteiligung und Solidarität
Die Teilnahme von Partnerstädten aus anderen sozialistischen Ländern wie Frankreich, der Tschechoslowakei, Bulgarien und der UdSSR verdeutlichte die internationale Bedeutung der Feierlichkeiten. Diese Partnerschaften waren nicht nur eine symbolische Geste der Freundschaft, sondern auch Ausdruck der Solidarität innerhalb des sozialistischen Lagers. Die Partnerstädte beteiligten sich mit eigenen kulturellen Darbietungen, die die Vielfalt der sozialistischen Welt und das gegenseitige Verständnis unterstrichen.

Die Rolle der internationalen Beziehungen und der Solidarität war in der DDR von zentraler Bedeutung. Der Austausch mit anderen sozialistischen Ländern war ein wichtiger Bestandteil der politischen Ausrichtung des Staates, und die Teilnahme dieser Länder an den Feierlichkeiten in Zeitz zeigte die enge Bindung der DDR an ihre Bruderstaaten. In dieser Atmosphäre des internationalen Dialogs und der Kooperation nahm das Jubiläum von Zeitz eine besondere Bedeutung an.

Vielfältiges Programm für alle Generationen
Neben dem großen Festumzug bot die Festwoche zahlreiche andere Veranstaltungen, die für alle Altersgruppen und Interessen etwas bereithielten. Besonders hervorzuheben waren die kulturellen Veranstaltungen, die einen breiten Bogen von Musik und Tanz bis hin zu Theater und Literatur spannten. Auch sportliche Wettkämpfe und Ausstellungen gehörten zu den Höhepunkten der Festwoche. Diese Veranstaltungen spiegelten das kulturelle Leben in der DDR wider, das stark von der Idee der Gemeinschaft und des kollektiven Erlebens geprägt war.

Eine der besonderen Attraktionen war der DEFA-Filmball, der im Haus der deutsch-sowjetischen Freundschaft Maxim Gorky stattfand. Der Filmball war ein Highlight der Festwoche, bei dem zahlreiche prominente Persönlichkeiten aus Politik und Kultur der DDR anwesend waren. Er stellte nicht nur eine Feier der Kultur und der Kunst dar, sondern war auch ein Symbol für die Bedeutung des Films als Medium der politischen und kulturellen Darstellung in der DDR.

Das Erich-Weinhard-Ensemble der Nationalen Volksarmee der DDR gab ein unvergessliches Gastspiel, das die militärische Kultur und den Stolz der DDR veranschaulichte. Militärische Musik und Darbietungen spielten in der DDR eine besondere Rolle, da sie den Geist der Einheit und der Wehrhaftigkeit symbolisierten. Solche Veranstaltungen waren eine klare Botschaft der Stärke und der Entschlossenheit der sozialistischen Staaten.

Ein weiterer Höhepunkt war das Großfeuerwerk, das am Freitagabend, den 30. Juni, über dem Volksplatz an der Moritzburg gezündet wurde. Es bildete einen spektakulären Abschluss des Festprogramms und war eine Art symbolischer Höhepunkt der Festwoche. Das Feuerwerk war nicht nur ein visuelles Ereignis, sondern auch ein Ausdruck des kollektiven Feierns und des Stolzes auf die geleistete Arbeit.

Die Bedeutung der Feierlichkeiten für die Stadt
Die Tausendjahrfeier von Zeitz war nicht nur eine Feier der Geschichte und der Gegenwart, sondern auch ein wichtiger Moment in der Selbstwahrnehmung der Stadt und ihrer Bürger. Sie war ein Anlass, sich der eigenen Geschichte bewusst zu werden und gleichzeitig die eigene Zukunft zu gestalten. Die Feierlichkeiten boten den Zeitzern eine Plattform, um ihre Identität als Teil einer sozialistischen Gesellschaft zu festigen und zu feiern. In einer Zeit, in der die DDR sich in einem ständigen Wettkampf mit dem Westen befand, war es wichtig, ein starkes, gemeinsames Bild von der eigenen Geschichte und der eigenen Zukunft zu präsentieren.

Das Engagement der Bürger, die aktive Teilnahme an den Veranstaltungen und die Identifikation mit der Stadtgeschichte und der sozialistischen Vision der Zukunft machten die Tausendjahrfeier zu einem bedeutenden Ereignis. Sie trugen nicht nur zum Erfolg der Feierlichkeiten bei, sondern stärkten auch das Gemeinschaftsgefühl und das Vertrauen in den sozialistischen Aufbau.

Dokumentation der Feierlichkeiten durch das Filmstudio „Zeitzer Linse“
Ein weiteres wichtiges Element der Feierlichkeiten war die Dokumentation durch das Filmstudio Zeitzer Linse, das die Ereignisse filmisch festhielt. Das Studio spielte eine zentrale Rolle bei der Bewahrung dieses historischen Moments. Die Kameraleute filmten den Festumzug, die kulturellen Veranstaltungen, die sportlichen Wettkämpfe und die politischen Veranstaltungen. Diese Aufnahmen sind heute von unschätzbarem Wert, da sie nicht nur die äußeren Ereignisse dokumentieren, sondern auch ein authentisches Bild des Lebens in der Stadt und der DDR zur Zeit des Kalten Krieges vermitteln.

Die Filme aus jener Zeit bieten nicht nur einen Blick auf die Feierlichkeiten, sondern auch auf das Leben der Bürger, ihre Identifikation mit dem sozialistischen Staat und ihre Hoffnungen für die Zukunft. Sie sind ein Zeugnis für die gesellschaftliche Atmosphäre in Zeitz und der DDR und lassen uns die Bedeutung dieses Jubiläums für die Stadt und ihre Bürger heute besser verstehen.

Schlussbetrachtung: Ein Fest der Identität und des Fortschritts
Die Feierlichkeiten zum 1000-jährigen Jubiläum von Zeitz waren ein beeindruckendes Beispiel für die Art und Weise, wie die DDR ihre Geschichte feierte und ihre Zukunft gestalten wollte. Sie waren eine Feier der sozialistischen Errungenschaften und der politischen Einheit des Landes, aber auch ein Moment, in dem die Bürger der Stadt ihre Identität und ihren Gemeinschaftssinn stärkten. Das Fest war ein Symbol für die enge Verbindung zwischen der Stadt und dem sozialistischen Staat und zeigte den Stolz der Bürger auf ihre Stadt und ihre Leistungen.

Die Tausendjahrfeier war nicht nur ein historisches Ereignis, sondern auch ein gesellschaftliches Phänomen, das die Menschen von Zeitz in ihrer Gemeinsamkeit und ihrem Engagement für die Zukunft vereinte. Die Feierlichkeiten standen in engem Zusammenhang mit der politischen und gesellschaftlichen Atmosphäre der DDR, die von Optimismus und einem festen Glauben an die eigene Zukunft geprägt war. Sie bildeten den Abschluss eines langen Weges, der die Stadt Zeitz zu einem Symbol für den sozialistischen Aufbau und die gemeinsame Gestaltung einer besseren Zukunft machte.

Magdeburgs Geschichte – Vom Mittelalter zur Moderne

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Magdeburg gestern und heute - Bilder deutscher Städte (1983)

Die Stadt Magdeburg, heute die Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts, blickt auf eine bewegte und ereignisreiche Geschichte zurück. Geprägt von kulturellem Erbe, wirtschaftlicher Blüte und politischem Wandel, hat die Elbmetropole viele Herausforderungen gemeistert und sich stets neu erfunden. Ihre Entwicklung spiegelt die großen Epochen der deutschen Geschichte wider – von ihrer Gründung im Mittelalter bis zur Gegenwart.

Das Westportal des Magdeburger Doms: Ein Meisterwerk der Gotik
Eines der bedeutendsten Wahrzeichen Magdeburgs ist der Dom St. Mauritius und Katharina. Als erster gotischer Dom auf deutschem Boden symbolisiert er nicht nur architektonischen Fortschritt, sondern auch den Aufstieg Magdeburgs zu einem religiösen und kulturellen Zentrum. Der Bau begann 1207, nachdem die ältere romanische Kathedrale einem Brand zum Opfer gefallen war. Mit seinen kunstvollen Skulpturen und der beeindruckenden Westfassade ist der Dom ein Zeugnis der damaligen Handwerkskunst.

Magdeburg: Stadt der Türme und der Elbe
Schon im 10. Jahrhundert spielte Magdeburg unter Kaiser Otto I. eine zentrale Rolle. Otto, der später als „der Große“ bekannt wurde, gründete hier ein Erzbistum und machte die Stadt zu einem wichtigen religiösen Zentrum. Die strategische Lage an der Elbe förderte den Handel und die wirtschaftliche Bedeutung Magdeburgs. Bereits im Mittelalter erhielt die Stadt das Magdeburger Stadtrecht, das später in vielen Städten Europas als Vorbild diente.

Reformation und die Bedeutung Martin Luthers
Im 16. Jahrhundert wurde Magdeburg zu einer Hochburg der Reformation. Martin Luther, der die Stadt mehrmals besuchte, fand hier zahlreiche Unterstützer. Das Magdeburger „Glaubensmanifest“ von 1550 war eine der zentralen Schriften der protestantischen Bewegung. Die Stadt trotzte katholischen Herrschern und erlebte während dieser Zeit sowohl kulturellen Aufschwung als auch politische Spannungen.

Zerstörung und Wiederaufbau im Dreißigjährigen Krieg
Eine der dunkelsten Stunden in Magdeburgs Geschichte war die sogenannte „Magdeburger Hochzeit“ im Jahr 1631. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Stadt von kaiserlichen Truppen unter General Tilly erobert und fast vollständig zerstört. Über 20.000 Menschen verloren ihr Leben. Der Wiederaufbau dauerte Jahrzehnte und wurde durch eine langsame wirtschaftliche Erholung begleitet.

Industrialisierung und wirtschaftlicher Aufschwung
Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert erlebte Magdeburg eine erneute Blütezeit. Die Stadt entwickelte sich zu einem bedeutenden Standort für Maschinenbau und Schwerindustrie. Fabriken und Arbeiterquartiere prägten das Stadtbild, während der Hafen an der Elbe den Warenaustausch erleichterte. Die wirtschaftliche Stärke brachte auch sozialen Wandel mit sich: Gewerkschaften entstanden, und die Arbeiterbewegung gewann an Einfluss.

Politische Spannungen und soziale Veränderungen
Die politischen Umwälzungen des 19. Jahrhunderts hinterließen in Magdeburg deutliche Spuren. Die Revolution von 1848 fand auch hier Unterstützer, und die Stadt wurde ein Zentrum liberaler und sozialistischer Bewegungen. Gleichzeitig wuchsen die Spannungen zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, was sich später in den politischen Auseinandersetzungen der Weimarer Republik widerspiegelte.

Die Weimarer Republik: Eine Zeit der Innovation
Nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich Magdeburg in der Weimarer Republik zu einem kulturellen und politischen Zentrum. Die Stadtverwaltung unter Führung des Oberbürgermeisters Hermann Beims setzte auf moderne Stadtplanung und soziale Reformen. Wohnungsbauprojekte, Parks und die Förderung der Kunst trugen dazu bei, Magdeburg als eine der fortschrittlichsten Städte Deutschlands bekannt zu machen.

Magdeburg im Nationalsozialismus: Kriegswirtschaft und Zerstörung
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 bedeutete das Ende der demokratischen Entwicklung. Magdeburg wurde zu einem wichtigen Standort der Rüstungsindustrie, und viele Betriebe wurden auf Kriegsproduktion umgestellt. Während des Zweiten Weltkriegs erlitt die Stadt schwere Zerstörungen durch alliierte Luftangriffe, bei denen große Teile des historischen Stadtkerns verloren gingen.

Wiederaufbau in der DDR: Ein neues Magdeburg entsteht
Nach dem Krieg lag Magdeburg in der Sowjetischen Besatzungszone und wurde später Teil der DDR. Der Wiederaufbau der Stadt erfolgte unter sozialistischen Idealen. Großflächige Wohnsiedlungen, wie die Plattenbausiedlungen im Stadtteil Neustädter Feld, prägten das Stadtbild. Gleichzeitig blieb die Stadt ein wichtiges Industriezentrum, was ihr den Beinamen „Stadt der Schwermaschinen“ einbrachte.

Kulturelle Identität in der modernen Stadt
Nach der Wiedervereinigung 1990 begann eine neue Ära für Magdeburg. Die Stadt investierte stark in die Modernisierung ihrer Infrastruktur und die Wiederherstellung historischer Gebäude. Der Domplatz und die Grüne Zitadelle, ein Werk des Künstlers Friedensreich Hundertwasser, ziehen heute Touristen aus aller Welt an. Gleichzeitig hat Magdeburg seinen Charakter als lebendige Universitätsstadt mit einem breiten Kulturangebot bewahrt.

Magdeburgs Blick nach vorn: Tradition trifft Zukunft
Heute steht Magdeburg für eine gelungene Verbindung von Geschichte und Moderne. Die Stadt ist ein wichtiger Standort für Wissenschaft und Forschung, unter anderem durch die Otto-von-Guericke-Universität. Große Infrastrukturprojekte wie der Ausbau des Hafens und die Ansiedlung von Technologieunternehmen zeigen, dass Magdeburg seinen Platz in der Zukunft fest im Blick hat.

Magdeburgs Geschichte ist geprägt von Höhen und Tiefen, von Zerstörung und Wiederaufbau. Diese wechselvolle Vergangenheit macht die Stadt zu einem einzigartigen Ort, der seine Traditionen bewahrt und gleichzeitig offen für Innovationen ist. Als kulturelles und wirtschaftliches Zentrum an der Elbe bleibt Magdeburg eine Stadt voller Dynamik und Potenzial.

Das Deutsche Kinderwagenmuseum in Zeitz – Ein Ort voller Geschichte

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Zeitz - Deutsches Kinderwagenmuseum im Museum Schloss Moritzburg

Das Deutsche Kinderwagenmuseum im Museum Schloss Moritzburg in Zeitz ist ein Ort, an dem über 600 Exponate die faszinierende Geschichte des Kinderwagenbaus in Deutschland erzählen. Von den Anfängen in der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart bietet die Sammlung eine beeindruckende Übersicht über die Entwicklung von Kinder-, Sport- und Puppenwagen. Im Fokus steht die Geschichte der Zeitzer Kinderwagenindustrie, die untrennbar mit dem Namen Ernst Albert Naether und später mit dem VEB Zekiwa verbunden ist.

Die Anfänge: Ernst Albert Naether und die Kinderwagenrevolution
Die Erfolgsgeschichte begann 1846, als der Stellmacher Ernst Albert Naether in Zeitz eine Werkstatt gründete. Ursprünglich auf Wagenbau spezialisiert, erkannte Naether früh die Marktlücke für Kinderwagen. Er entwickelte robuste und funktionale Modelle, die sich bald großer Beliebtheit erfreuten. Naether trug maßgeblich dazu bei, dass Kinderwagen vom Luxusartikel zum alltagstauglichen Gebrauchsgegenstand wurden. Seine Innovationen legten den Grundstein für die industrielle Kinderwagenfertigung in Deutschland.

Die Entwicklung zum größten Kinderwagenhersteller Europas
Nach Naethers Tod führte seine Familie das Unternehmen erfolgreich weiter. Die Marke Naether wurde zum Synonym für Qualität und technische Innovation im Kinderwagenbau. 1946, nach dem Zweiten Weltkrieg, wurde das Unternehmen enteignet und in den Volkseigenen Betrieb (VEB) Zekiwa (Zeitzer Kinderwagenindustrie) umgewandelt. Unter dem neuen Namen setzte die Fabrik ihre Erfolgsgeschichte fort.

In der DDR war Zekiwa der größte Hersteller von Kinder- und Puppenwagen und lieferte seine Produkte in die gesamte sozialistische Welt des RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe). Gleichzeitig wurden auch westdeutsche Unternehmen wie Neckermann beliefert, was dem Betrieb zusätzliche Deviseneinnahmen sicherte. In den 1970er Jahren beschäftigte der VEB Zekiwa rund 2200 Mitarbeiter und produzierte jährlich etwa 450.000 Kinderwagen und 160.000 Puppenwagen. Damit war Zekiwa nicht nur ein zentraler Wirtschaftsfaktor für die Region, sondern auch der größte Kinderwagenhersteller Europas.

Wandel nach der Wiedervereinigung
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 erlebte Zekiwa, wie viele Betriebe in den neuen Bundesländern, schwierige Zeiten. Die Umstellung auf marktwirtschaftliche Strukturen führte zunächst zu einem drastischen Einbruch der Produktion und Entlassungen. Doch die Traditionsmarke überlebte. Heute ist die Zekiwa GmbH mit Sitz in Döschwitz im Burgenlandkreis ein moderner Hersteller, der weiterhin Kinder- und Puppenwagen produziert. Die Produkte verbinden traditionelle Handwerkskunst mit modernen Designs und funktionalen Innovationen.

Das Deutsche Kinderwagenmuseum: Ein Blick zurück und nach vorn
Das Deutsche Kinderwagenmuseum bietet Besuchern die Möglichkeit, diese wechselvolle Geschichte hautnah zu erleben. Zu den Highlights der Ausstellung zählen prachtvolle Kinderwagen aus der Gründerzeit, funktionale Modelle der 1950er Jahre sowie die legendären Zekiwa-Wagen aus der DDR-Zeit. Auch seltene Puppenwagen und historische Werbematerialien sind zu sehen. Interaktive Stationen und begleitende Medien vermitteln die sozialen und kulturellen Hintergründe der Kinderwagenproduktion.

Mit seinen umfangreichen Exponaten und der Einbettung in die beeindruckende Architektur von Schloss Moritzburg ist das Museum nicht nur ein Ort der Nostalgie, sondern auch ein Zeugnis der industriellen und sozialen Geschichte Mitteldeutschlands. Es erinnert daran, wie eng Handwerkskunst, Innovation und gesellschaftlicher Wandel miteinander verknüpft sind. Für Zeitz und die Region bleibt die Kinderwagenproduktion ein stolzer Teil ihrer Identität.

Entdecke die Hansestadt Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern

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Imagefilm "Entdecke die Hansestadt Stralsund"

Stralsund, die traditionsreiche Hansestadt an der Ostseeküste, ist nicht nur ein Tor zur Insel Rügen, sondern auch ein wahres Schmuckstück des Nordens. Mit ihrer reichen Geschichte, beeindruckenden Backsteingotik-Bauten und der einzigartigen Lage am Strelasund ist sie ein faszinierender Ort, der Historie und Moderne gekonnt vereint. Heute lädt Stralsund dazu ein, die Spuren der Vergangenheit zu entdecken, die maritimen Wurzeln zu erleben und die pulsierende Lebendigkeit einer weltoffenen Stadt zu genießen.

Die Altstadt – UNESCO-Weltkulturerbe voller Geschichte
Stralsunds Altstadt, die seit 2002 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, beeindruckt mit ihrem nahezu unveränderten Stadtbild aus der Hansezeit. Eine der markantesten Sehenswürdigkeiten ist das Rathaus, dessen prächtige Schaufassade aus der Backsteingotik ein Meisterwerk mittelalterlicher Architektur darstellt. In unmittelbarer Nähe thront die mächtige Nikolaikirche, deren gotischer Baustil mit barocken Elementen ergänzt wurde. Ein Aufstieg auf den Turm der Marienkirche bietet atemberaubende Ausblicke auf die Stadt, den Strelasund und die Insel Rügen.

Neben den Kirchen sind die vielen historischen Kaufmannshäuser, teils mit kunstvoll verzierten Giebeln, ein eindrucksvolles Zeugnis der hanseatischen Blütezeit. Die liebevoll restaurierten Gebäude beherbergen heute Restaurants, Cafés, Boutiquen und Galerien, die das Stadtbild lebendig halten.

Ozeaneum und Meeresmuseum – Stralsund als Tor zur Unterwasserwelt
Die maritime Tradition der Stadt wird besonders im Ozeaneum, einem der modernsten Meeresmuseen Europas, deutlich. Das imposante Gebäude direkt am Hafen bietet faszinierende Einblicke in die Welt der Meere, von der Ostsee bis zum Atlantik. Highlight sind die riesigen Aquarien, in denen Haie, Rochen und Schwärme bunter Fische zu bestaunen sind. Das angeschlossene Meeresmuseum in einem ehemaligen Kloster ergänzt das Angebot mit Ausstellungen zur Fischerei, Schifffahrt und dem Schutz der Ozeane.

Die Gorch Fock und der Hafen – Maritime Atmosphäre pur
Ein Besuch in Stralsund wäre nicht komplett ohne einen Spaziergang am Hafen, wo die salzige Brise der Ostsee die Luft erfüllt. Hier liegt das Segelschulschiff Gorch Fock I, das heute als Museumsschiff zugänglich ist. Besucher können das Deck erkunden und sich in die Welt der Seefahrt entführen lassen. Rund um den Hafen laden Fischrestaurants, Imbisse und Cafés dazu ein, fangfrische Ostseespezialitäten wie Matjes, Räucherfisch oder den traditionellen „Stralsunder Bismarckhering“ zu genießen.

Natur pur – Stralsund und seine Umgebung
Stralsund ist nicht nur eine Stadt für Geschichtsliebhaber, sondern auch ein Ausgangspunkt für Naturliebhaber. Die Nähe zur Insel Rügen, mit ihren berühmten Kreidefelsen und kilometerlangen Stränden, macht die Hansestadt zu einem beliebten Reiseziel. Doch auch in der unmittelbaren Umgebung bieten die Vorpommersche Boddenlandschaft und die Halbinsel Zingst ideale Bedingungen für ausgedehnte Wanderungen, Fahrradtouren und Vogelbeobachtungen.

Der Strelasund, der schmale Meeresarm zwischen Stralsund und Rügen, lockt zudem mit zahlreichen Wassersportmöglichkeiten. Ob Segeln, Surfen oder Stand-up-Paddling – hier kommen Aktivurlauber voll auf ihre Kosten.

Kulturelles Leben und Veranstaltungen
Stralsund ist eine lebendige Stadt, die kulturell viel zu bieten hat. Im Sommer verwandelt sich die Altstadt in eine Bühne für Open-Air-Veranstaltungen wie das Wallensteintage Volksfest, das an die Belagerung Stralsunds im Dreißigjährigen Krieg erinnert. Der Rügenbrücken-Marathon lockt, einmal jährlich am 2. Samstag im Oktober, Sportbegeisterte an, während das Theater Vorpommern mit seinen vielfältigen Aufführungen Kulturgenuss auf hohem Niveau bietet.

Auch in den kälteren Monaten zeigt sich Stralsund von seiner charmanten Seite. Der Weihnachtsmarkt in der Altstadt verzaubert mit festlicher Beleuchtung, regionalem Kunsthandwerk und weihnachtlichen Leckereien.

Stralsund heute – Eine Stadt im Aufbruch
Trotz ihrer historischen Prägung zeigt sich Stralsund als moderne Stadt, die offen für die Zukunft ist. Innovative Unternehmen und Forschungsinstitute, vor allem im Bereich der Meereswissenschaften, prägen das heutige Stadtbild. Die Hochschule Stralsund zieht junge Menschen aus aller Welt an, die der Stadt einen frischen, dynamischen Charakter verleihen.

Die Verbindung aus jahrhundertealter Geschichte, maritimer Tradition und modernem Lebensgefühl macht Stralsund zu einem Ort, der in jeder Hinsicht begeistert. Ob für einen Tagesausflug oder einen längeren Aufenthalt – die Hansestadt bietet ein Erlebnis, das Kultur, Natur und Genuss auf einzigartige Weise miteinander verbindet.

Stralsund Ein kleiner Bummel durch die Welterbestadt

InterSpa-Gruppe zieht sich aus Hotelprojekt in Bad Liebenwerder zurück

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Bad Liebenwerda: Hotelbau am Wonnemar vorerst geplatzt - LAUSITZWELLE

Der seit Jahren geplante Bau eines Ressorthotels am Wonnemar in Bad Liebenwerder, ein Projekt, das viele Hoffnungen auf eine wirtschaftliche Belebung der Region geweckt hatte, ist nun vorerst gescheitert. Mit Verwunderung nahm die Kurstadt zur Kenntnis, dass sich die InterSpa-Gruppe als Betreiber des Wonnemar unerwartet aus dem Projekt zurückzieht. Der Rückzug kam völlig überraschend, nachdem in der Stadt und bei den beteiligten Akteuren bereits fest mit der Umsetzung des Bauvorhabens gerechnet worden war. Die Gerüchteküche in Bad Liebenwerder brodelt seither, und es stellt sich die Frage, was genau hinter dieser abrupten Entscheidung steht.

Verbandsgemeindebürgermeisterin Claudia Sieber nahm gegenüber der Lausitzwelle Stellung und erklärte, dass der Rückzug der InterSpa-Gruppe auf ein Treffen mit dem Geschäftsführer des Unternehmens, Herrn Kurz, zurückzuführen sei. „Am Donnerstagabend habe ich ihm die Nachricht überbracht, dass die Stadtverordnetenversammlung Bad Liebenwerder in ihrer Sitzung am Mittwoch entschieden hat, den Kauf des Grundstückes, das für das geplante Hotel vorgesehen war, sowie die Verlängerung des Caravan-Stellplatzes um zwölf Monate nicht zuzustimmen“, so Sieber. Diese Entscheidung sei von der Stadtverordnetenversammlung getroffen worden, da die Versammlung der Ansicht war, dass das Hotel in den nächsten zwölf Monaten nicht gebaut werde und somit die Verlängerung nicht gerechtfertigt sei. Sieber unterstrich, dass man die Entscheidung der Stadtverordneten respektieren müsse, obwohl sie zu einer erheblichen Enttäuschung bei InterSpa führte.

Die Enttäuschung war bei InterSpa so groß, dass Herr Kurz während des Gesprächs mit Sieber ankündigte, dass sich die Gesellschaftler des Unternehmens aus dem Projekt zurückziehen würden. Dies sei für die Bürgermeisterin ein unerwarteter Schritt gewesen. Überraschenderweise ergriff InterSpa daraufhin die Gelegenheit, sowohl die Stadtverordnetenversammlung als auch die Verwaltung öffentlich zu kritisieren und ihnen vorzuwerfen, das Projekt nicht in der von InterSpa gewünschten Weise begleitet zu haben. Sieber wies diese Vorwürfe jedoch entschieden zurück, da sie der Ansicht ist, dass diese Kritik nicht gerechtfertigt sei. Sie erklärte, dass man alle notwendigen Schritte unternommen habe, um das Projekt voranzubringen, und dass man sich auf die vertraglichen Vereinbarungen verlassen habe.

Das von InterSpa angeführte Argument des Vertrauensverlustes wurde in Bad Liebenwerder jedoch nicht nachvollzogen. Im Gegenteil, von Seiten der Stadtverordneten und der Verwaltung wird eher ein wachsender Vertrauensverlust gegenüber InterSpa beklagt. Trotz zahlreicher Zugeständnisse und der Bereitschaft, in verschiedenen Bereichen Kompromisse einzugehen, sei InterSpa wiederholt ihren vertraglich festgelegten Verpflichtungen, insbesondere in Bezug auf Zahlungen, nicht nachgekommen. Es gebe angeblich nicht unerhebliche Außenstände, die das Vertrauen in die Verlässlichkeit des Unternehmens erschüttert hätten.

Trotz dieser Enttäuschung und des vorläufigen Scheiterns des Projekts scheint sich Bad Liebenwerder jedoch nicht entmutigen zu lassen. Die Verwaltung will nun prüfen, inwieweit der geplante Hotelbau auch mit anderen Partnern realisiert werden kann. Es wird weiterhin an der Vision einer Weiterentwicklung des Wonnemar-Areals und an der Schaffung eines Ressorthotels gearbeitet. Dies zeigt, dass die Verantwortlichen in der Kurstadt weiterhin an einer positiven wirtschaftlichen Zukunft festhalten und sich nicht von einem Rückschlag zu schnell abhalten lassen wollen.

Der Rückzug der InterSpa-Gruppe aus dem Projekt ist zweifellos ein schwerer Schlag für Bad Liebenwerder und wirft ein Schlaglicht auf die schwierige Realisierung von Großprojekten in der Region. Dennoch könnte der Vorfall auch als eine Gelegenheit verstanden werden, die Partnerschaften und Geschäftsbeziehungen sorgfältiger zu überprüfen und möglicherweise einen Partner zu finden, der langfristig die Interessen der Stadt und der Region besser vertreten kann. In Bad Liebenwerder hofft man nun darauf, dass sich eine neue Möglichkeit auftut, das Hotelprojekt weiter voranzutreiben und die Stadt als touristisches Ziel weiterzuentwickeln.

Rückblick auf die 130-jährige Straßenbahn-Geschichte von Halle

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Tatra, Funken, scharfe Kurven - Halles Straßenbahngeschichte | MDR DOK

Die Dokumentation „Tatra, Funken, scharfe Kurven – Halles Straßenbahngeschichte“ aus dem Jahr 2021 bietet einen spannenden Einblick in 130 Jahre Straßenbahn-Geschichte in Halle an der Saale. Sie erzählt die Entwicklung des ersten elektrischen Straßenbahnnetzes Europas, das 1891 in Betrieb genommen wurde, und dokumentiert den Wandel von den frühen Tagen bis zur modernen Straßenbahntechnologie.

Ein zentrales Thema der Dokumentation ist die Rolle der Menschen, die über die Jahrzehnten hinweg die Hallesche Straßenbahn geprägt haben. Dabei wird besonders der Wandel im Beruf des Straßenbahnfahrers beleuchtet, der lange Zeit eine Männerdomäne war, in der Frauen erst später, zum Beispiel während der Weltkriege, als Fahrerin tätig werden durften. Die Dokumentation gibt einen Einblick in das Leben und die Erfahrungen von Straßenbahnfahrern wie Kathrin Voigt, die seit fast 40 Jahren im Beruf ist, und Carolin Knittel, einer jungen Frau, die als Straßenbahnfahrerin ausgebildet wird.

Ein weiteres Highlight der Dokumentation ist die Geschichte der Tatra-Straßenbahnen, die in den 1960er Jahren nach Halle kamen und einen wichtigen Teil des öffentlichen Verkehrs ausmachten. Die Tatra-Bahn war weltweit der meistproduzierte Straßenbahn-Typ und transportierte in den 1970er Jahren Millionen von Passagieren jährlich. Die Dokumentation schildert auch den harten Winter von 1978/79, als Straßenbahnfahrer in der DDR unter extremen Bedingungen die Gleise freischaufeln mussten.

Die Straßenbahnfreunde Halle, ein Verein von Enthusiasten, der alte Straßenbahnen restauriert und bewahrt, spielen ebenfalls eine zentrale Rolle in der Dokumentation. Ihr Engagement sorgt dafür, dass die Geschichte der Straßenbahn lebendig bleibt, und sie ermöglichen es der Öffentlichkeit, historische Fahrzeuge bei besonderen Anlässen zu erleben.

Abschließend blickt der Film optimistisch in die Zukunft der Straßenbahn in Halle, mit einer jungen Generation wie Carolin Knittel, die den Beruf weiterführt, und einer engagierten Gemeinschaft, die dafür sorgt, dass die Geschichte und die Technik der Halleschen Straßenbahn auch in Zukunft weiter gepflegt werden.

Turino und Turinchen: Werbefiguren aus der DDR – Ein nostalgisches Stück Geschichte

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Glücksfund auf dem Flohmarkt: Zwei seltene DDR Maskottchen | Kunst + Krempel | BR

Reisen ist nicht nur eine Freizeitaktivität, sondern eine Leidenschaft, die in vielen Facetten das Leben bereichern kann. Für diejenigen, die gerne die Welt erkunden, gibt es oft kleine Erinnerungsstücke, die diese Reiseerfahrungen noch einmal lebendig machen – sei es durch Fotos, Souvenirs oder sogar besondere Sammlerstücke. Ein solches Sammlerstück sind die Figuren „Turino“ und „Turinchen“, die ein einzigartiges, nostalgisches Flair ausstrahlen und ihre Geschichte eng mit den Reisebüros der DDR verknüpfen. Doch was genau steckt hinter diesen kleinen Figuren, die auf den ersten Blick wie harmloses, kitschiges Spielzeug wirken, aber eine tiefere Bedeutung in sich tragen?

Diese beiden Figuren, ein Männchen und ein Mädchen, deren Koffer stets bereit für die Reise sind, wecken eine Vielzahl von Erinnerungen an eine Zeit, in der Reisen in der DDR nicht wie heute von der breiten Masse praktiziert werden konnte. Reisen war in der DDR ein eher eingeschränktes Privileg, das oft mit bürokratischen Hürden, wie Visaanträgen und staatlich geregelten Ferienreisen, verbunden war. Werbung war in der DDR, wie in vielen sozialistischen Staaten, nicht wie im Westen eine gängige Praxis. Stattdessen war der Mangel an Waren und Dienstleistungen ein beherrschendes Thema, und oft musste man sich mit dem zufrieden geben, was der Markt hergab.

Die Figuren „Turino“ und „Turinchen“ stellen eine bemerkenswerte Ausnahme dar. Sie sind Werbefiguren, die einst für ein DDR-Reisebüro standen – ein Konzept, das heute fast absurd anmutet, da Werbung für Reisen in einem Land, in dem Reisen stark reguliert waren, wenig Sinn ergab. Doch genau hier liegt der Charme der Figuren: Sie erzählen von einer Zeit, in der auch in der DDR die Sehnsucht nach der Ferne und nach Entdeckungen existierte. Diese Figuren waren nicht nur Symbole für die Reisebranche, sondern standen auch für die begrenzte Freiheit und den Wunsch nach einem anderen Leben, das vielen DDR-Bürgern verwehrt blieb.

Eine besondere Entdeckung war es, als der Besitzer dieser Figuren, auf einem Flohmarkt in Zweibrücken im Jahr 2009, zufällig auf „Turino“ und „Turinchen“ stieß. Er hatte keine Ahnung von ihrer Herkunft, doch die Figuren gefielen ihm aufgrund ihrer sympathischen Ausstrahlung und ihrer Verbindung zum Thema Reisen. Erst als er die Figuren seiner Frau zeigte, wurde ihm klar, dass es sich um eine DDR-Werbefigur aus den 1960er Jahren handelte, die ursprünglich nicht für den Verkauf gedacht war, sondern wohl als Geschenk oder Werbeartikel in den Reisebüros der DDR an ausgewählte Kunden verteilt wurde.

Die Entstehungsgeschichte dieser Figuren wirft ein interessantes Licht auf die Werbepraktiken der DDR. Im Gegensatz zum Westen, wo Werbung ein integraler Bestandteil des Konsums und der Markenbildung war, war Werbung in der DDR eine viel bescheidenere und pragmatischere Angelegenheit. Vieles wurde aufgrund des Mangels an Waren und der geringen Vielfalt auf dem Markt gar nicht erst beworben. Auch das Reisebüro, das die Figuren vertreiben ließ, hatte in der DDR einen besonderen Status. Es wurde 1964 neu gegründet und mit einem frischen Logo ausgestattet – eine Maßnahme, um das Reisen innerhalb des sozialistischen Blocks attraktiver zu gestalten, obwohl das Reisen in den Westen weitgehend unmöglich war.

Die Figur „Turino“ und „Turinchen“ scheinen genau diese Atmosphäre einzufangen. Die beiden mit Koffern ausgestatteten Reisefiguren strahlen eine fast kindliche Unbeschwertheit und Unternehmungslust aus, die sich in den 50er- und 60er-Jahren als ein subtiler, aber bedeutungsvoller Teil der DDR-Werbung manifestierte. Denn auch wenn das Reisen in die westliche Welt nicht für jedermann zugänglich war, so blieben die Träume von Ferne und Abenteuer doch ein wichtiges Kulturgut.

Die Figuren erinnern nicht nur an das DDR-Reisebüro, sondern auch an die Handwerkskunst des Erzgebirges. Die feinen Holzfiguren, die die beiden darstellen, sind typisch für die Region, die seit Jahrhunderten für ihre präzise Holzverarbeitung bekannt ist. Diese Figuren tragen das Markenzeichen DREGENO, eine Erzgebirgische Genossenschaft, die 1919 gegründet wurde und die in der DDR-Zeit eine wichtige Rolle bei der Herstellung von Figuren und Spielwaren spielte. DREGENO ist heute noch ein Synonym für hochwertige erzgebirgische Handwerkskunst und hat mit seinen traditionellen Figuren wie Räuchermännchen, Nussknackern und Schwibbögen weltweit Anerkennung gefunden.

In den 60er-Jahren, als „Turino“ und „Turinchen“ entstanden, war DREGENO noch ein unabhängiges Unternehmen. In den folgenden Jahrzehnten wurde die Produktion jedoch stärker zentralisiert, und das Erzgebirge wurde zum Zentrum für die Spielwarenproduktion der DDR. Während die westliche Welt in den 80er-Jahren auf die Massenproduktion von Spielzeugen setzte, blieb die erzgebirgische Tradition der fein gearbeiteten Holzfiguren auch in der DDR ein wichtiges Kulturgut, das für Devisenbeschaffung und den internationalen Handel genutzt wurde.

Doch zurück zu den Figuren selbst: Obwohl „Turino“ und „Turinchen“ heute als Sammlerstücke betrachtet werden, liegt ihr wahrer Wert nicht im finanziellen Bereich, sondern in ihrer Bedeutung als Zeitzeugen einer vergangenen Ära. Sie erzählen von einer Zeit, in der Werbung und Spielzeug in der DDR eine ganz eigene Rolle spielten, die nicht nur auf den Konsum, sondern auch auf Ideologie und staatliche Kontrolle abzielte. Dass diese Figuren heute in einer Vitrine stehen, neben anderen Sammlerstücken aus der Erzgebirgischen Tradition, zeigt, wie das Sammeln von Erinnerungen aus der Vergangenheit dazu beiträgt, die Geschichte lebendig zu halten.

„Turino“ und „Turinchen“ sind mehr als nur Figuren – sie sind ein Stück DDR-Geschichte, das uns daran erinnert, wie kreativ und einfallsreich Menschen in einer Zeit des Mangels und der Einschränkungen sein konnten. Und obwohl ihre Ursprünge als Werbefiguren unklar sind, so haben sie doch eine ganz eigene Geschichte geschrieben, die heute in den Wohnzimmern von Sammlern und Nostalgikern weiterlebt.

Schweriner Stadtvertretung lehnt Haushaltsplan 2025/2026 ab

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Stadtvertretung stimmt gegen den Haushaltsplanentwurf

Am Montagabend hat die Schweriner Stadtvertretung den von der Stadtverwaltung vorgelegten Haushaltsplan für das Jahr 2025/2026 abgelehnt. Die mehrstündige Sitzung war von intensiven Debatten und unterschiedlichen politischen Positionen geprägt. Der Haushaltsplan war bereits im Vorfeld auf erheblichen Widerstand gestoßen, insbesondere aufgrund der geplanten Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes. Diese Maßnahme sorgte in der regionalen Wirtschaft für Unverständnis und Kritik, da Unternehmen in der Stadt mit höheren Steuerlasten konfrontiert würden. Vertreter der lokalen Wirtschaft und Unternehmerorganisationen argumentierten, dass eine solche Erhöhung die ohnehin schon schwierige wirtschaftliche Lage der Firmen weiter belasten könnte, insbesondere in einer Zeit, in der viele Unternehmen mit den Folgen der Inflation und steigenden Betriebskosten kämpfen. In den vergangenen Jahren hatte die Stadt bereits mehrfach versucht, die Gewerbesteuer anzupassen, aber die bisher angedachten Anpassungen stießen immer wieder auf Widerstand.

Die Stadtverwaltung hatte eine moderate Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes vorgeschlagen, um zusätzliche Mittel für die Finanzierung von städtischen Projekten und Investitionen zu generieren. Doch viele Stadtvertreter, auch aus den Reihen der Regierungskoalition, stimmten gegen diese Maßnahme, um den Wirtschaftsfaktor Schwerin zu entlasten und die Unternehmen nicht zusätzlich zu belasten. Besonders die Vertreter der Freien Wähler und der AfD sprachen sich gegen die Erhöhung aus und forderten eine Überarbeitung des Haushaltsplans, der ihrer Meinung nach nicht ausreichte, um die strukturellen Probleme der Stadt zu lösen, ohne die Wirtschaft unnötig zu belasten.

Neben der Gewerbesteuer stand auch die geplante Streichung der kostenfreien Fahrten mit dem Nahverkehr für Schüler bis zur Klassenstufe 5 im Mittelpunkt der Diskussion. Die Stadtverwaltung hatte diesen Schritt vorgeschlagen, um Kosten im öffentlichen Nahverkehr zu sparen. In der Sitzung wurde jedoch deutlich, dass diese Maßnahme auf breite Ablehnung stieß. Zahlreiche Stadtvertreter befürchteten, dass die Streichung der kostenfreien Fahrten vor allem für Familien mit geringem Einkommen eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen würde und zu einer Verschlechterung der Bildungs- und Teilhabemöglichkeiten für Kinder führen könnte. Insbesondere Vertreter von SPD, Linken und Grünen äußerten scharfe Kritik an diesem Vorschlag und plädierten dafür, diese Regelung beizubehalten.

Letztlich führte die stimmengleiche Entscheidung – 16 Stimmen für und 16 Stimmen gegen den Haushaltsentwurf – zu einer Ablehnung des gesamten Haushaltsplans. In solchen Fällen bedeutet eine Patt-Situation, dass der Haushaltsentwurf abgelehnt wird, was die Stadtverwaltung nun dazu zwingt, den Entwurf zu überarbeiten und gegebenenfalls neue Vorschläge zu unterbreiten. Die Ablehnung des Haushalts stellt eine Herausforderung für die Stadt dar, da dies zu Unsicherheiten bei der Planung von Projekten und Investitionen führen kann, die für die städtische Infrastruktur und Entwicklung von zentraler Bedeutung sind.

Die Entscheidung zur Ablehnung des Haushaltsplan 2025/2026 war jedoch nicht die einzige Kontroverse, die am Montagabend in der Stadtvertretung behandelt wurde. Auch das Thema der Unterbringung von Geflüchteten sorgte für hitzige Diskussionen. Im Hauptausschuss wurde mit knapper Mehrheit entschieden, dass es keine zweite Unterkunft für Geflüchtete in Schwerin geben soll. Dieser Beschluss folgte auf die bereits bestehenden Diskussionen über die steigende Zahl von Geflüchteten in der Stadt und die Notwendigkeit, angemessene Unterkünfte bereitzustellen. Während einige Vertreter der Stadtvertretung betonten, dass die Stadt ihrer Verantwortung gegenüber Geflüchteten nachkommen müsse, warnten andere davor, dass die Schaffung weiterer Unterkünfte zu einer weiteren Belastung der städtischen Ressourcen führen könnte, die bereits unter den Folgen der Corona-Pandemie und der wirtschaftlichen Unsicherheit leiden.

Befürworter einer zweiten Unterkunft argumentierten, dass Schwerin als eine wachsende Stadt auch eine zunehmende Zahl an Geflüchteten aufnehmen müsse, um ihrer humanitären Verantwortung gerecht zu werden und den Integrationsprozess zu fördern. Dagegen wendeten sich viele Vertreter der oppositionellen Parteien, die betonten, dass die Stadt sich zuerst um die Versorgung und Integration der bereits in der Stadt lebenden Geflüchteten kümmern müsse, bevor neue Kapazitäten geschaffen werden könnten. Der Konflikt zwischen der humanitären Verantwortung und den praktischen Herausforderungen der Integration von Geflüchteten wird Schwerin auch weiterhin beschäftigen, und es bleibt abzuwarten, wie die Stadtverwaltung in den kommenden Monaten mit dieser Thematik umgehen wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Sitzung der Schweriner Stadtvertretung am Montagabend eine Reihe von wichtigen politischen und gesellschaftlichen Themen behandelte. Die Ablehnung des Haushaltsplans und die Entscheidung zur Flüchtlingsunterbringung spiegeln tiefgehende Spannungen in der Stadt wider, sowohl hinsichtlich der finanziellen Belastungen als auch im Hinblick auf die Integration von Geflüchteten. Es bleibt zu hoffen, dass zukünftige Diskussionen und Entscheidungen in Schwerin zu Lösungen führen werden, die sowohl die sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse der Stadt als auch ihre humanitären Verpflichtungen berücksichtigen.

Ergebnisse der Stadtratssitzung von Salzwedel vom 04.12. 2024

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Stadtratssitzung am 04.12.2024

Die dritte Sitzung des neu gewählten Stadtrates der Hansestadt Salzwedel fand vor einem gut besetzten Sitzungssaal statt und war von einer bemerkenswerten Vielfalt an Themen und Beschlüssen geprägt. Sie brachte nicht nur grundlegende politische Entscheidungen, sondern auch eine Reihe persönlicher Ereignisse und Ehrungen, die den Beginn der Amtszeit des neuen Stadtrates kennzeichneten.

Personalien und Ehrungen
Zu Beginn der Sitzung wurde Frau Kiele als neue Stadträtin vereidigt. Ihr Eintritt in den Stadtrat wurde von den Anwesenden mit großem Applaus begrüßt, und sie wurde herzlich in die Reihen des Stadtrates aufgenommen. Ihre Ernennung markierte einen bedeutenden Moment in der Sitzung, da der Stadtrat nun vollständig mit seinen gewählten Mitgliedern vertreten war. Die neue Stadträtin, die durch ihre langjährige Tätigkeit im städtischen Dienst bereits bekannt war, nahm ihre Aufgaben mit dem festen Vorsatz auf, sich aktiv und verantwortungsvoll in die politischen Entscheidungsprozesse einzubringen.

Im weiteren Verlauf der Sitzung gedachte Bürgermeister Rhein in seinem Bericht der verstorbenen Kommunalpolitiker Norbert Block und Frank Ludwig. Beide waren über viele Jahre hinweg prägende Figuren in der Stadtpolitik gewesen und hatten sich mit großem Engagement für das Wohl der Stadt und ihrer Bürger eingesetzt. Bürgermeister Rhein würdigte ihre Verdienste und hob hervor, dass ihre Arbeit auch in Zukunft als Vorbild für alle Kommunalpolitiker dienen werde.

Darüber hinaus informierte der Bürgermeister die Stadträte über den bevorstehenden Ruhestand von Martina Hartwig, der langjährigen Bauamtsleiterin. Sie habe in den vergangenen Jahrzehnten das Bauamt der Stadt mit großem Engagement geführt und zahlreiche Projekte erfolgreich umgesetzt. Als ihre Nachfolgerin wurde Hella Jesper vorgestellt, die künftig die Leitung des Bauamts übernehmen wird. Die Stadträte zeigten sich optimistisch und unterstützten die Entscheidung des Bürgermeisters, Jesper für diese verantwortungsvolle Aufgabe zu gewinnen.

Der Stadtrat nutzte die Gelegenheit, um den Stadträten Dahnicke und Beckmann zu ihren runden Geburtstagen zu gratulieren. Beide hatten sich über Jahre hinweg tatkräftig in der Stadtpolitik engagiert, und ihre Arbeit wurde von allen Anwesenden hoch geschätzt.

Genehmigung der Niederschrift
Ein wichtiges Thema in der Sitzung war die Genehmigung der Niederschrift der letzten Sitzung. Stadtrat Grasch meldete Bedenken an, da die Wiedergabe einer Aussage von Herrn Schönfeld zur Erhöhung der Aufwandsentschädigung nicht vollständig in der Niederschrift erfasst worden sei. Dies führte zu einer kurzen Diskussion unter den Stadträten, wobei der Stadtratsvorsitzende Hundt vorschlug, das Protokoll noch einmal anzuhören und etwaige Fehler in der nächsten Sitzung zu korrigieren. In der Abstimmung wurde das Protokoll schließlich mit zwei Enthaltungen angenommen, was das kontinuierliche Bestreben des Stadtrates unterstreicht, Transparenz und Sorgfalt in allen offiziellen Dokumenten zu gewährleisten.

Bericht des Bürgermeisters
Bürgermeister Rhein ergriff anschließend das Wort und informierte den Stadtrat über eine Reihe aktueller Themen und Entwicklungen in der Stadt. Er hob die Bedeutung des Ehrenamtes hervor und wies auf den bevorstehenden Tag des Ehrenamtes hin, der als Anerkennung der vielen freiwilligen Helfer und Unterstützer in der Stadt gefeiert werden sollte. Ehrenamtliches Engagement sei ein unverzichtbarer Bestandteil des sozialen Lebens in Salzwedel und trage maßgeblich zum positiven Image der Stadt bei.

Des Weiteren berichtete Bürgermeister Rhein über die Vorbereitungen für den Winterdienst. Salzwedel sei gut auf die kalte Jahreszeit vorbereitet, und die kommunalen Dienste seien bestens ausgestattet, um für die Sicherheit der Bürger zu sorgen. Besonders hervorgehoben wurde die gute Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen städtischen Abteilungen, die dazu beitrage, dass alle erforderlichen Maßnahmen rechtzeitig und effizient umgesetzt werden könnten.

Ein zentrales Thema im Bericht des Bürgermeisters war auch der Stand der Bauprojekte in der Stadt. Rhein gab einen Überblick über die abgeschlossenen und laufenden Bauvorhaben, darunter der Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Klein-Wieblitz, die Sanierung des Schulhofs der Lessing-Grundschule und die Renovierung des Werner-Seelen-Binder-Stadions. Insgesamt seien im laufenden Jahr rund 7 Millionen Euro in Hochbaumaßnahmen investiert worden, was die positive Entwicklung in der Stadt unterstreiche.

Rhein informierte auch über die Bewilligung von Fördermitteln in Höhe von 150.000 Euro für die Anschaffung eines neuen Feuerwehrfahrzeugs. Dies sei ein wichtiger Schritt, um die Einsatzbereitschaft der Feuerwehr auch in Zukunft zu gewährleisten.

Neben den baulichen Maßnahmen sprach der Bürgermeister auch die Grundsteuerreform an. Er erläuterte, dass die neuen Regelungen für die Steuerpflichtigen im kommenden Jahr angepasst werden müssten und stellte die geplanten Zahlungsmodalitäten vor.

Schließlich lud Rhein die Bürger zu den bevorstehenden Veranstaltungen „Salzwedel am 2. Advent“ und dem Weihnachtsmarkt ein, die eine willkommene Gelegenheit bieten würden, die festliche Jahreszeit gemeinsam zu feiern.

Diskussion um einen umstrittenen Künstler
Ein weiterer Punkt auf der Tagesordnung war die Diskussion über den umstrittenen Künstler Steimle, der für eine Veranstaltung in der Stadt angefragt hatte. Ein Einwohner brachte zur Sprache, dass der Künstler mit seinem letzten Auftritt für Kontroversen gesorgt hatte. Bürgermeister Rhein betonte in seiner Antwort, dass die Stadt zwar Kunstfreiheit respektiere, es jedoch keine spezifische Richtlinie für die Auswahl von Künstlern gebe. Er machte deutlich, dass jede Veranstaltung im Einklang mit den städtischen Werten und dem Wohl der Bevölkerung stehen müsse.

Beschlussvorlagen und Anträge
Die Sitzung setzte sich fort mit der Beratung und Abstimmung zahlreicher Beschlussvorlagen. Besonders hervorzuheben ist die mehrheitliche Zustimmung zur Aufstellung von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen für Photovoltaikanlagen in Griecheldorf und Groß-Gerstedt. Dies wurde als wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigeren Energieversorgung in der Region betrachtet.

Einstimmig verabschiedet wurde auch der Wirtschaftsplan des Kindertagesstätten-Eigenbetriebes, der die Finanzierung und Planung für die kommenden Jahre regelte. Ebenso wurde die Entsendung von Stadträtin Schwesig als Beisitzerin im Verein zur Förderung des Künstler- und Stipendiatenhauses einstimmig beschlossen, was das Engagement der Stadt für Kunst und Kultur unterstrich.

Ein weiteres Thema, das zu intensiven Diskussionen führte, war die Änderung der Kostenbeitragssatzung für die Kindertagesstätten. Stadtrat Dreefs sprach sich für eine Erhöhung der Elternbeiträge aus, um den gestiegenen Kosten und der angespannten Haushaltslage entgegenzuwirken. Bürgermeister Rhein unterstützte diese Argumentation und erklärte, dass eine moderate Erhöhung notwendig sei, um die Qualität der Einrichtungen aufrechtzuerhalten, ohne sozial schwache Familien zu belasten. In einer namentlichen Abstimmung wurde der Antrag jedoch abgelehnt, was zeigt, dass der Stadtrat in dieser Frage unterschiedlicher Meinung war.

Weiterhin wurden verschiedene Anträge zur Kunst im öffentlichen Raum sowie zur Förderung von Jugendprojekten im Stadtrat angenommen. Dies spiegelte das Bestreben des Stadtrates wider, die Stadt nicht nur als lebenswerte, sondern auch als kulturell aktive Gemeinde weiterzuentwickeln.

Anfragen und Anregungen
Abschließend gab es mehrere Anfragen und Anregungen aus den Reihen des Stadtrates. Stadtrat Matthias erkundigte sich nach dem Grund für die fehlende Einladung der sachkundigen Einwohner zum Grünkohlessen, einer Veranstaltung, die traditionell zur Förderung des Austauschs zwischen den politischen Gremien und der Bürgerschaft dient. Stadträtin Danicke regte an, politischen Druck auf die Avakon auszuüben, um die hohen Durchleitungskosten für Energie zu senken, was die Haushalte der Bürger entlasten könnte.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die dritte Sitzung des Stadtrates der Hansestadt Salzwedel von einer konstruktiven und sachlichen Atmosphäre geprägt war. Die Stadträte befassten sich mit einer Vielzahl an Themen, die nicht nur die unmittelbare Stadtentwicklung, sondern auch langfristige Perspektiven für Salzwedel betrafen. Die getroffenen Beschlüsse und diskutierten Anträge zeigen das Engagement der Stadtvertretung für eine zukunftsfähige und sozial gerechte Stadtentwicklung.

Bodo Ramelow über seine 10-jährige Amtszeit als thüringer Ministerpräsident

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Das Bilanz-Interview mit dem Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow , der zehn Jahre im Amt war

Das Interview, das Bodo Ramelow gemeinsam mit Mike Langer (Altenburg TV) und Maik Schulz (Oscar am Freitag-TV) führte, bietet einen umfassenden Rückblick auf seine zehnjährige Amtszeit als Ministerpräsident von Thüringen und reflektiert sowohl seine Erfolge als auch die Herausforderungen, mit denen er konfrontiert war. Ramelow, der seine Amtszeit bald beenden wird, äußerte sich dabei auch selbstkritisch und nahm Stellung zu politischen Entscheidungen, die Thüringen in den letzten Jahren geprägt haben.

Verantwortung und Demokratie
Zu Beginn des Gesprächs hob Ramelow die grundlegende Bedeutung der Demokratie hervor. Er erklärte, dass Demokratie für ihn nicht nur eine politische Struktur, sondern ein kontinuierlicher Prozess sei, der Verantwortung und den Übergang von Macht beinhaltet. Eine der zentralen Lehren, die er während seiner Amtszeit gezogen habe, sei, dass Politiker irgendwann abtreten müssen, um Platz für neue Ideen und Impulse zu machen. Bereits zu Beginn seiner Amtszeit habe er sich auf das mögliche Ausscheiden aus dem Amt vorbereitet und eine klare Übergabe an seinen Nachfolger organisiert. Dies sei nicht nur eine Frage politischer Verantwortung, sondern auch ein Ausdruck des Respekts gegenüber der Demokratie und den Wählern.

Arbeitsstil und Erfolge der ersten Amtszeit (2014-2019)
Ramelow selbst beschreibt seinen Arbeitsstil als pragmatisch und themenorientiert. Er legte großen Wert darauf, Lösungen zu finden, die jenseits von ideologischen und parteipolitischen Differenzen lagen. Für ihn stehe immer das Problem im Vordergrund, und nicht die Auseinandersetzung mit politischen Gegnern. Er betonte, dass Vertrauen und Transparenz eine entscheidende Rolle spielten, um in der Politik handlungsfähig zu bleiben und Lösungen zu finden, die den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht werden.

In seiner ersten Amtszeit von 2014 bis 2019 nannte Ramelow insbesondere die verbesserte Finanzierung der Kommunen als einen wichtigen Erfolg. Gerade ländliche Regionen hätten von den erhöhten Zuschüssen profitiert, was eine Verbesserung der Infrastruktur und der Lebensqualität mit sich brachte. Ein weiterer Erfolg war die Einführung der Beitragsfreiheit für Kindergärten in Thüringen, bei der zwei von drei Jahren kostenfrei gestellt wurden. Dies sei nicht nur für die Familien ein Gewinn gewesen, sondern auch für die Bildungseinrichtungen, die durch die erhöhte Zahl an Kindern gestärkt wurden. Zudem unterstützte Ramelow die regionale Entwicklung und förderte Projekte zur Stärkung des ländlichen Raums sowie des regionalen Mittelstands.

Herausforderungen und Entscheidungen in der zweiten Amtszeit
Die zweite Amtszeit von Ramelow, die von 2019 bis 2024 dauerte, war von zahlreichen Herausforderungen geprägt. Besonders hervorzuheben sind die Corona-Pandemie und die umstrittene Wahl von Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten im Jahr 2020. Im Rückblick auf die Pandemie räumte Ramelow ein, dass in der Anfangsphase nicht alle Entscheidungen optimal getroffen wurden. Dennoch betonte er, dass es wichtig sei, die Fehler zu benennen und daraus zu lernen. Für künftige Krisen müsse ein klarer Maßnahmenplan entwickelt werden, der auf den Erfahrungen aus der Corona-Pandemie basiere.

Ein weiteres Schlüsselerlebnis in der zweiten Amtszeit war die Wahl von Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten, die mit den Stimmen der AfD zustande kam. Diese Wahl löste eine politische Krise sowohl in Thüringen als auch in der Bundesrepublik aus. Ramelow kritisierte Kemmerichs Entscheidung, nach seiner Wahl keine Minister zu berufen und stattdessen zurückzutreten. Er bezeichnete dieses Verhalten als verantwortungslos, da es das Vertrauen in den demokratischen Prozess schwer erschüttert habe.

Die Minderheitsregierung und der politische Kampf
Trotz der politischen Krise nach der Kemmerich-Wahl führte Ramelow die Thüringer Regierung als Minderheitsregierung weiter. Dies stellte eine große Herausforderung dar, da in einer solchen Konstellation politische Mehrheiten häufig schwer zu erzielen sind. Ramelow verteidigte jedoch die Entscheidung, eine Minderheitsregierung zu bilden, und hob hervor, dass es trotz der schwierigen politischen Bedingungen möglich war, bedeutende politische Erfolge zu erzielen. So wurden insgesamt 146 Gesetze und Verordnungen verabschiedet, was Ramelow als Beweis für die Handlungsfähigkeit der Regierung wertete.

Die Arbeit in der Minderheitsregierung sei nicht nur durch die politische Lage erschwert worden, sondern auch durch die Fragmentierung der parlamentarischen Mehrheiten. Dennoch sei es ihm wichtig gewesen, stets im Interesse der Bevölkerung zu handeln und notwendige Reformen voranzutreiben.

Migrationspolitik und der Aufstieg der AfD
Ein weiteres zentrales Thema des Gesprächs war die Migrationspolitik und der Aufstieg der AfD. Ramelow verteidigte Angela Merkels Entscheidung, 2015 die Grenzen für Geflüchtete zu öffnen. Aus seiner Sicht gab es keine wirkliche Alternative zu dieser Entscheidung, da eine Schließung der Grenzen unweigerlich dazu geführt hätte, dass Menschen in Lebensgefahr geraten wären. Die moralische Verantwortung habe für ihn Vorrang gehabt.

Er kritisierte jedoch die Art und Weise, wie in Deutschland über Asyl und Migration diskutiert werde. Die Debatte sei oft von populistischen Parolen und einer eingeengten Sichtweise geprägt. Ramelow plädierte für legale Zuwanderungswege und eine stärkere Integration von Zuwanderern, vor allem durch die Möglichkeit, über Arbeit einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Die AfD, so Ramelow, sei ein Produkt dieser Polarisierung. Er kritisierte die einfachen Parolen der Partei und forderte eine klare Auseinandersetzung mit deren demokratiegefährdenden Positionen.

Bekämpfung des Faschismus und die Zukunft der Demokratie
Ramelow äußerte auch seine Bedenken hinsichtlich des zunehmenden Rechtsextremismus und des Aufstiegs des Faschismus. Er sprach sich für eine aktive Bekämpfung des Faschismus aus und forderte die Aufnahme einer antifaschistischen Klausel ins Grundgesetz. Der Aufstieg der AfD und die zunehmend verbalen Ausfälle in politischen Debatten seien für ihn Alarmsignale, die nicht ignoriert werden dürften.

Persönliche Reflexion und Ausblick
Am Ende des Gesprächs gab Ramelow auch persönliche Einblicke in seine Amtsführung. Er räumte ein, dass er in einigen Situationen autoritär gehandelt habe, was er jedoch mit dem Ziel der schnellen Problemlösung in Krisenzeiten rechtfertigte. Das Ziel sei immer gewesen, Lösungen zu finden, und manchmal sei dies nur auf einem unkonventionellen Weg möglich gewesen. Ramelow beschrieb sich selbst als jemanden, der mit solchen unkonventionellen Lösungen oft „Freunde und Feinde verdutzt“ habe, was für ihn jedoch ein Zeichen von Kreativität und Pragmatismus war.

Trotz der Herausforderungen und der schwierigen politischen Zeit betonte Ramelow, dass er eine tiefe Verbundenheit mit Thüringen und seiner Bevölkerung empfinde. Auch in Zukunft wolle er die Interessen des Landes vertreten – sei es als Ministerpräsident oder in einer anderen Funktion. Abschließend erklärte er, dass die Demokratie immer verteidigt werden müsse und er bereit sei, einen Beitrag dazu zu leisten, Thüringen als Modell für verantwortungsvolle und fortschrittliche Politik zu positionieren.

Dieses Interview bietet einen tiefen Einblick in die Sichtweise von Bodo Ramelow auf die politische Lage in Thüringen und Deutschland, auf die Herausforderungen seiner Amtszeit und auf die Zukunft der Demokratie.