Genießen Beschäftigte nicht den Schutz eines Tarifvertrages, bedeutet das nicht nur für sie persönlich weniger Geld im Portemonnaie. Letztlich kommt die Tarifflucht auch die Allgemeinheit teuer zu stehen. Das belegen neue Berechnungen des DGB auf Datenbasis des Statistischen Bundesamtes. Der Schaden, der allein durch Tarifflucht und Lohndumping der Arbeitgeber in Thüringen entsteht, summiert sich bei den Sozialversicherungen auf jährlich auf 1,3 Milliarden Euro sowie 1,1 Milliarden Euro bei der Einkommensteuer.
Die mangelnde Tarifbindung schmälert zudem die Kaufkraft der Beschäftigten: Wer in Thüringen nicht nach Tarif bezahlt wird, hat im Jahr– betrachtet über alle Branchen und Berufe hinweg – durchschnittlich netto 4.076 Euro weniger auf dem Lohnzettel als tarifgebundene Beschäftigte. Insgesamt hätten die Beschäftigten in Thüringen mit flächendeckender Tarifbindung rund 1,9 Milliarden Euro mehr pro Jahr im Portemonnaie.
„Heute profitiert in Deutschland nur noch rund jede*r zweite Beschäftigte von einem Tarifvertrag. Diese Entwicklung macht uns große Sorgen. Tarifflucht geht jeden etwas an, deshalb startet der DGB in Kürze eine Kampagne unter dem Motto „Eintreten für die Tarifwende“, um genau darauf aufmerksam zu machen. Mit Tarifverträgen gibt es nicht nur höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten und mehr Urlaub. Damit gestalten die Beschäftigten auch ihre Arbeitsbedingungen aktiv mit“, sagt Michael Rudolph, DGB-Bezirksvorsitzender. „Wir machen uns jetzt für eine Trendwende stark, wir wollen mehr Tarifschutz für die Beschäftigten. Mit unserer Kampagne werden wir die Arbeitgeber an ihre soziale Verantwortung erinnern. Wir richten uns aber auch an die Politik, die endlich mehr tun muss, um die Tarifbindung hierzulande wieder zu stärken“, so der DGB-Bezirksvorsitzende. „Es ist doch glasklar: Eine hohe Tarifbindung ist auch für das wirtschaftliche Wachstum wichtig, denn sie stärkt die Binnennachfrage und sichert gute Arbeit“, betonte Rudolph.
Der DGB fordert, dass öffentliche Aufträge und Fördergelder generell nur an Unternehmen vergeben werden, die Tarifverträge anwenden. Auch für die Privatwirtschaft sind bessere Gesetze notwendig, um die Tarifbindung zu stärken: Im Falle einer Aufspaltung oder Abspaltung eines Unternehmens sollten Tarifverträge bis zu einer neuen Regelung fortgelten. Zudem muss es leichter werden, Tarifverträge für alle Unternehmen einer Branche allgemeinverbindlich zu erklären.
Die DGB-Berechnungen basieren auf der jüngsten Verdiensterhebung (VE), die das Statistische Bundesamt zuletzt für das Jahr 2022 erhoben hat.
Weiterführende Informationen:
- Forderungen zur Stärkung der Tarifbindung auf einen Blick: www.dgb.de/tarifbindung