Schwenk Zement Bernburg: Eine Vision schafft „Aufschwung Ost“

Bernburg, Januar 1990 – In einer Zeit, die von Unsicherheit und dem Abschied von alten Strukturen geprägt war, bot sich im ostdeutschen Bernburg eine einzigartige Chance für Pioniergeist und das Zusammenwachsen von Ost- und Westdeutschland. Das Zementwerk Bernburg, eines von vier ehemaligen volkseigenen Zementwerken (neben Rüdersdorf, Beuna und Karsdorf), die von der Treuhand zum Verkauf angeboten wurden, sollte zum Mittelpunkt einer gewaltigen Unternehmensstrategie werden.

Die alten Werke, teils um die Jahrhundertwende entstanden, teils um 1960 erbaut und „restlos veraltet“, stellten eine Herausforderung dar. Für Dr. Eberhard Schleicher, den Seniorchef des Hauses Schwenk, war die Begegnung mit dem Zementwerk Bernburg jedoch mehr als nur eine Herausforderung – sie war „eine Provokation und eine Vision zugleich“. Seine Überzeugung: „Auf diesem Platz muss ein neues Werk mit modernster Technik entstehen“.

Diese Vision mündete in eine gewaltige Investition, die die Zukunft einer ganzen Region bestimmen sollte. Eine entscheidende Strategie war dabei, die Baustoffe für das neue Werk direkt in der alten Zementfabrik Bernburg zu produzieren. Begünstigt wurde diese Entscheidung durch die reichen Vorkommen der Basisrohstoffe für Zement – Kalkstein und Tonerde – in unmittelbarer Nähe. Mit dieser Strategie wurde ein wichtiger Beitrag zum „Aufschwung Ost“ geleistet.

Der Übergang vom Alten zum Neuen erforderte auch einen Abschied. Während die alten Öfen ausgedient hatten und demontiert wurden, verringerte sich die Belegschaft zunächst auf ein Fünftel. Doch Schwenk Zement gestaltete diesen Personalabbau sozialverträglich: Eine Vielzahl von Firmen, die auf der neuen Großbaustelle tätig wurden, waren verpflichtet, ihren Personalbedarf überwiegend aus freigesetzten Zementwerkern zu decken.

Was einst wie ein Labyrinth aus veralteten Anlagen erschien, hat sich zu einem hochmodernen Industriekomplex entwickelt. Türme und Silos stehen heute vor der Vollendung. Die gewaltigen Bauelemente des Bernburger Werkes wurden aus dem Stoff hergestellt, den das fertige Werk in Zukunft selbst produzieren sollte: Zement. Mit modernster Technik werden Materialproben analysiert, und diese Produktionskontrolle garantiert „höchste Qualitätsansprüche“ als Endergebnis.

Die Vision von Dr. Eberhard Schleicher ist Wirklichkeit geworden. Das neue Zementwerk Bernburg markiert ein neues Kapitel in der Firmen- und Familiengeschichte von Schwenk, in der es „immer darauf ankam, was man daraus machte“. Es steht als leuchtendes Beispiel für gelungene Transformation und nachhaltige Investition im Rahmen des ostdeutschen Aufschwungs.