LNG-Terminal Rügen: Naturschutzexperte Knapp warnt vor „Desaster“ für die Insel

Binz, Rügen. Im Rahmen einer Protestkundgebung am Ostersamstag an der Seebrücke in Binz, die nach ähnlichen Aktionen in den Vorjahren erneut Hunderte gegen die LNG-Politik des Bundes mobilisierte, hat Prof. Hannes Knapp mit Worten von seltener Deutlichkeit die Pläne für ein LNG-Terminal in Mukran als ein umfassendes „Desaster“ für Rügen verurteilt. Der international anerkannte Naturschutzexperte, Mitbegründer der Bürgerinitiative „Lebenswertes Rügen“ und Vorsitzender des Vereins INSULA RUGIA, bezeichnete das Vorhaben als „ungeheuerlich“ und warnte eindringlich vor irreversiblen Schäden für Ökologie, Tourismus und den sozialen Frieden auf Deutschlands größter Insel.

Prof. Knapp, der maßgeblich an der Umsetzung des „Nationalparkprogramms der DDR“ von 1990 beteiligt war – oft als „Tafelsilber der Deutschen Einheit“ bezeichnet – äußerte sich tief besorgt. Für ihn ist das LNG-Terminal in Mukran ein Desaster für Rügen – ökologisch, wirtschaftlich und sozial. Angesichts der „trüben Nachrichten, die wir uns seit zwei Jahren hier auftischen lassen“, so Knapp, sehe er sein Lebenswerk bedroht. „Ich habe mein Leben damit verbracht, für Natur und Landschaft einzutreten. Ich erlebe als alter Mann, dass dieses scheinbar umsonst gewesen sein sollte“, gestand der Experte. Der Umgang mit Natur und Landschaft gerade auf der Insel Rügen mache ihn fassungslos, ebenso wie mit den LNG-kritischen Menschen umgegangen werde.

Ökologisches Desaster für die Ostsee befürchtet Im Zentrum seiner Kritik stehen die unabsehbaren Folgen für das sensible Ökosystem der Ostsee. Knapp sprach von einem „ökologischen Desaster“, auch wenn er in seiner Rede nicht auf spezifische wissenschaftliche Details einging. Die Implikation seiner Warnung, basierend auf jahrzehntelanger Expertise, ist jedoch klar: Die industrielle Infrastruktur eines LNG-Terminals, der Betrieb und der Schiffsverkehr würden eine massive Belastung für die marine Flora und Fauna sowie die Wasserqualität bedeuten. Für eine Insel, deren Identität und Attraktivität so eng mit einer intakten Meeresumwelt verbunden ist, wiegen diese Bedenken besonders schwer.

Tourismus und Wirtschaft: Rügens Existenzgrundlage in Gefahr Eng damit verknüpft ist Knapps Sorge um die wirtschaftliche Zukunft Rügens. „Es ist touristisch und damit wirtschaftlich für unsere Region ein Desaster“, konstatierte er. Jahr für Jahr zieht die Insel Hunderttausende Besucher an, die ihre einzigartigen Kreidefelsen, weitläufigen Strände und unberührten Naturlandschaften suchen. „Menschen kommen nicht nach Rügen, um sich hier in Industrielandschaften zu erholen, sondern Natur und Landschaft in möglichst entspannter Form genießen zu können.“ Ein LNG-Terminal, so die Befürchtung, würde dieses Image nachhaltig beschädigen und die Lebensgrundlage vieler Insulaner gefährden.

Soziale Auswirkungen und tiefe Frustration Die Auswirkungen gehen laut Prof. Knapp jedoch weit über Ökologie und Wirtschaft hinaus. Er sprach von gravierenden sozialen Verwerfungen: „Die sozialen Auswirkungen, die Ignoranz der Politik auf den verschiedenen Ebenen hat zu einer Frustration, einer Stimmung in unserer Bevölkerung geführt, was ich für höchst bedenklich und mit Sorge verfolge.“ Das Gefühl, von der Politik „verschaukelt“ und mit vollendeten Tatsachen konfrontiert zu werden, habe zu einer tiefen Verunsicherung und Wut geführt, die auch den Umgang mit kritischen Stimmen zum Projekt einschließe.

Die Schattenseiten der globalen LNG-Kette Besonders scharf kritisierte Knapp die globale Dimension des LNG-Geschäfts. Er verwies auf Berichte von Aktivisten aus den Fördergebieten in Texas und Louisiana, die im vergangenen Sommer Rügen besucht hatten. „Was sie uns berichtet haben über das Abbaugebiet oder Fördergebiet von LNG ist so ungeheuerlich, da fällt mir schlicht nichts mehr dazu ein.“ Dass dieses unter umweltschädlichen und sozial fragwürdigen Bedingungen geförderte Gas nun als „Rettung unserer Energieversorgung verkauft wird, ist schlicht und einfach ungeheuerlich.“

Ein Appell zum Durchhalten Trotz der düsteren Analyse zeigte sich Prof. Knapp kämpferisch. Er dankte ausdrücklich dem Ostseebad Binz und allen aktiven Gruppen für ihren unermüdlichen Protest. Sein Appell war unmissverständlich: „Nicht nachzulassen, sondern dran zu bleiben, bis das Ganze hier wieder verschwindet von unserer Insel und Volk.“ Es sei ein Kampf gegen einen „Irrsinn“, der nicht aufgegeben werden dürfe.

Die Rede von Prof. Hannes Knapp am 19. April 2025 in Binz verdeutlicht die Tiefe der Gräben, die das Projekt LNG-Terminal Rügen in der Region aufgerissen hat. Sie steht exemplarisch für die Sorgen vieler Bürger, die das Naturerbe und die Lebensqualität ihrer Heimat bedroht sehen.

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