Die deutsch-amerikanische Wirtschaftswissenschaftlerin Ulrike Malmendier, Professorin in Berkeley und Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, hat in ihrem Impulsvortrag beim Ostdeutschen Wirtschaftsforum ein schonungsloses Bild der wirtschaftlichen Lage Deutschlands gezeichnet. Ihre Diagnose: Stagnation, Verlust der Wettbewerbsfähigkeit und strukturelle Wachstumsbremsen.
Stagnation und Wettbewerbsverlust
Deutschland sei wirtschaftlich ins Hintertreffen geraten – nur 0,1 % Wachstum seit 2019, während die USA um 12 % zulegten. Zwei Hauptursachen benennt Malmendier:
- Hohe Energiepreise: Trotz Entspannung auf den Spotmärkten bleibt Energie in Deutschland im internationalen Vergleich teuer.
- Hohe Arbeitskosten: Noch gravierender als Energie – durch „Labor Hoarding“ und Fachkräftemangel steigen die Lohnstückkosten deutlich. Die Produktivität leidet.
Demografie als zentrale Wachstumsbremse
Das Arbeitsvolumen sinkt – nicht wegen weniger Arbeitszeit pro Kopf, sondern wegen Überalterung und fehlender Erwerbspersonen. Das Potenzialwachstum liegt bei nur noch 0,5 %, früher waren es 2–3 %. Inländische Arbeitsanreize reichten nicht aus.
Drei zentrale Forderungen für den Neustart
Gezielte Einwanderung erleichtern: Deutschland brauche ein einfaches, marktorientiertes Zuwanderungssystem. Steuerliche Vergünstigungen für Hochqualifizierte sollten kein Tabu sein.
Kapitalmarkt stärken & Investitionen modernisieren: Statt alter Industriepolitik brauche es mehr Risikokapital für Startups und Scaleups. Malmendier fordert eine echte „Aktienkultur“, etwa durch eine Frühstartrente in ETF-Portfolios für Kinder.
EU-Binnenmarkt konsequent nutzen: Noch immer verursache der innereuropäische Handel hohe Zusatzkosten. Ein vollintegrierter Markt mit einheitlicher Regulierung und Kapitalmarktunion könne Europas wirtschaftliches Potenzial entfesseln.
Malmendier ruft zu strukturellen Reformen auf – nicht zu kosmetischen Korrekturen. Deutschland müsse sich aus dem Würgegriff überholter Denkweisen befreien, um wieder wirtschaftlich Tritt zu fassen. Ihr Appell: Es braucht Mut für unpopuläre, aber notwendige Entscheidungen.