- Seit 1991 rund 727 000 18- bis unter 30-Jährige aus dem Osten in die westdeutschen Bundesländer gezogen
- Nettozuwanderung aus dem Ausland seit 1991 in westdeutschen Ländern mit 9,4 Millionen sieben Mal so hoch wie im Osten (1,3 Millionen)
- Anteil der Menschen im erwerbsfähigen Alter laut Zensus 2022 in ostdeutschen Ländern mit 57,5 % niedriger als im Westen mit 61,6 %
Im Jahr 2023 sind erneut mehr junge Menschen aus den ostdeutschen Bundesländern in den Westen gezogen als umgekehrt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) zum Tag der Deutschen Einheit mitteilt, waren es netto 7 100 Personen im Alter von 18 bis unter 30 Jahren, die aus Ostdeutschland in die westdeutschen Bundesländer (jeweils ohne Berlin) zogen. Damit setzte sich der seit 1991 bestehende, kontinuierliche Wanderungsverlust Ostdeutschlands gegenüber dem Westen in dieser Altersgruppe auch 2023 fort. Dieser dürfte auch auf die Abwanderung zum Studium oder zur beruflichen Ausbildung zurückzuführen sein. Insgesamt sind seit 1991 netto 727 000 zu dem Zeitpunkt 18- bis unter 30-Jährige aus den ostdeutschen Ländern in den Westen abgewandert. Diese Altersgruppe trägt besonders stark zur Abwanderung gen Westen bei: Insgesamt sind seit 1991 netto knapp 1,2 Millionen Menschen aus den ostdeutschen in die westdeutschen Länder gezogen.
Über alle Altersgruppen waren die Wanderungsbewegungen zwischen ost- und westdeutschen Bundesländern in den letzten zehn Jahren ausgeglichener. Im vergangenen Jahr sind erstmals seit 2016 wieder insgesamt mehr Menschen aus den ostdeutschen in die westdeutschen Länder abgewandert als umgekehrt: Der Wanderungsverlust fiel mit insgesamt 3 000 Personen aber vergleichsweise gering aus. Zuvor hatte es nach Jahrzehnten teils starker Abwanderung von 2017 an einen leicht positiven Binnenwanderungssaldo in den ostdeutschen Ländern insgesamt gegeben. Dabei war die Entwicklung jedoch nicht einheitlich: Während bei Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen in den letzten Jahren ein positiver Binnenwanderungssaldo zu verzeichnen war, sind Thüringen und Sachsen-Anhalt seit 1991 durchgängig von einer Nettoabwanderung in die westdeutschen Länder betroffen.
Nettozuwanderung aus dem Ausland 2023 im Westen fünf Mal so hoch wie im Osten
Einen größeren Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung als die innerdeutschen Binnenwanderungen haben jedoch die Außenwanderungen über die Grenzen Deutschlands. Die Nettozuwanderung aus dem Ausland ist seit der deutschen Vereinigung mit Ausnahme des Jahres 2008 in den westdeutschen Bundesländern höher als in den ostdeutschen. Seit der deutschen Vereinigung betrug die Nettozuwanderung aus dem Ausland im Osten rund 1,3 Millionen Personen. Im Westen war der Wanderungsgewinn mit knapp 9,4 Millionen Personen etwa siebenmal so groß. Auch im Jahr 2023 war die Nettozuwanderung im Westen mit 517 000 Personen höher als im Osten mit 97 000 Personen.
Nettozuwanderung pro Kopf 2023 in Brandenburg am niedrigsten, in Sachsen vergleichsweise hoch
Gemessen an der Bevölkerung in den jeweiligen Bundesländern ergibt sich für 2023 bezüglich der Nettozuwanderung aus dem Ausland jedoch ein differenziertes Bild. Die höchste Nettozuwanderung aus dem Ausland je 10 000 Einwohnerinnen und Einwohner hatten nach den Stadtstaaten Bremen (140 Personen), Berlin (131) und Hamburg (116) das westdeutsche Saarland (92) und das ostdeutsche Sachsen (85). Die niedrigste Nettozuwanderung aus dem Ausland wies mit 63 Personen je 10 000 Einwohnerinnen und Einwohner Brandenburg auf, gefolgt von Bayern (69) und Nordrhein-Westfalen (70).
Geringerer Anteil von Menschen mit Einwanderungsgeschichte im Osten Deutschlands
Der Anteil der Menschen mit Einwanderungsgeschichte ist seit der deutschen Vereinigung überall in Deutschland gestiegen, allerdings in unterschiedlichem Umfang. So hatten nach Ergebnissen des Mikrozensus 2023 in den westdeutschen Ländern (ohne Berlin) 27,6 % der Bevölkerung eine Einwanderungsgeschichte. In den ostdeutschen Ländern (ohne Berlin) war der Anteil mit 9,7 % weniger als halb so hoch. In Berlin betrug der Anteil von Menschen mit Einwanderungsgeschichte 33,6 %. Als Personen mit Einwanderungsgeschichte gelten Menschen, die entweder selbst oder deren beide Elternteile seit 1950 nach Deutschland eingewandert sind.
Anteil der Menschen im erwerbsfähigen Alter in Sachsen mit 57,1 % am niedrigsten
Die jahrzehntelange Abwanderung gerade jüngerer Menschen aus den ostdeutschen Ländern trägt zu einer schnelleren Alterung der Bevölkerung bei. Der Anteil der Menschen im erwerbsfähigen Alter (18 bis 64 Jahre) ist niedriger als in den westdeutschen Ländern. Waren nach Ergebnissen des Zensus 2022 in den ostdeutschen Ländern (ohne Berlin) 57,5 % der Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahre alt, so lag der Anteil in den westdeutschen Ländern mit 61,6 % deutlich höher. Anteilig die wenigsten Menschen im erwerbsfähigen Alter gab es in Sachsen mit 57,1 %, die meisten in Berlin mit 63,9 %.
10 Kreise mit dem niedrigsten Anteil von 18- bis unter 65-Jährigen liegen alle in Ostdeutschland
Das spiegelt sich auch deutlich in den Kreisen und kreisfreien Städten wider: Die zehn Kreise, in denen nach Ergebnissen des Zensus 2022 der Anteil der 18- bis unter 65-Jährigen an der Bevölkerung bundesweit am geringsten war, liegen alle in den ostdeutschen Ländern. Am niedrigsten war der Anteil der Menschen im erwerbsfähigen Alter in Dessau-Roßlau (53,4 %), im Erzgebirgskreis (53,5 %) und in Görlitz (53,8 %). Dagegen liegen die Städte mit dem höchsten Anteil von 18- bis unter 65-Jährigen in den westdeutschen Bundesländern, darunter viele Universitätsstädte, aber auch Wirtschaftsmetropolen. Anteilig die meisten Menschen im erwerbsfähigen Alter lebten in Heidelberg (68,5 %), Regensburg (67,5 %) und Mainz (67,1 %).