Anklam – Inmitten von Mecklenburg-Vorpommern, in der charmanten Stadt Anklam, schlägt das Herz einer Region im Takt einer traditionsreichen Zuckerfabrik. Was vor fast 140 Jahren begann, hat sich heute zu einem komplexen Netz aus Wirtschaft, Landwirtschaft, Naturschutz und lokaler Gemeinschaft entwickelt, das weit über die reine Zuckerproduktion hinausgeht. Eine gemütliche Runde im Hofcafé von Stefan Krüger bringt alle Akteure an einen Tisch und verdeutlicht eindrucksvoll die tiefen Wurzeln der Fabrik in ihrer Heimat.
Eine Lebensader für Anklam und die Region
Die Zuckerfabrik Anklam ist nicht nur ein Unternehmen, sondern eine wahre Lebensader für die Stadt und die umliegende Region. Im kommenden Jahr, 2023, feiert sie ihr 140-jähriges Bestehen und ist damit das wichtigste oder zumindest eines der wichtigsten Unternehmen Anklams. Sie ist die letzte Zuckerfabrik in Mecklenburg-Vorpommern und ein bedeutender industrieller Arbeitgeber, dessen Fortbestand für die Region von immenser Bedeutung ist. „Wenn ein Unternehmen 140 Jahre an einem Standort ist, ist es sicherlich zu den wichtigsten Unternehmen oder das wichtigste Unternehmen der Stadt eigentlich“, fasst Herr Galander, einer der Gäste der Kaffeerunde, zusammen.
Mehr als nur Zucker: Innovation und Diversifizierung
Die Bedeutung der Zuckerrübe reicht in Anklam weit über die klassische Zucker- und Futterproduktion hinaus. Bereits seit 2008 stellt die Fabrik Bioenergie aus Reststoffen her. Diese Weitsicht führte zu einer umfassenden Diversifizierung: Mittlerweile ist die Fabrik nicht nur auf Zucker, sondern auch auf Bioethanol und Biogas spezialisiert. Herr Fink, Produktionsleiter für Bioethanol- und Biogasanlage, betont, dass diese drei Säulen – Zucker, Bioethanol, Biogas – eine unauflösliche Symbiose bilden und die Existenz des Standortes sich nur so aufrechterhalten lässt. Man habe hier bereits vor seiner Zeit, also vor 2008, sehr visionär gedacht, um Anklam zu einem ganzheitlichen Standort zu machen. Aktuell laufen sogar Forschungsaktivitäten für die Entwicklung von Fleischersatzprodukten in Zusammenarbeit mit einem Berliner Unternehmen.
Regionale Verbundenheit: Vom Bäcker bis zum Imker
Die enge Verbindung zur Region zeigt sich in zahlreichen Facetten:
• Hofcafé Krüger: Stefan Krüger, der Betreiber des Hofcafés, bezieht seinen Zucker direkt von der Fabrik, die nur einen Steinwurf entfernt liegt. Für ihn ist es eine Herzensangelegenheit, mit Produkten aus der Region zu arbeiten und diesen Vorteil für seine Torten zu nutzen.
• Landwirtschaft im Wandel: Frau Schäfer, eine Landwirtin aus Groß Kieso, betreibt einen sogenannten Hybridbetrieb, der auf eine Ökologisierung der Produktion abzielt und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln minimiert. Ihr Betrieb baut seit 1990 Zuckerrüben für die Anklamer Fabrik an, und die Beziehung intensivierte sich mit der Idee der Biorüben. Frau Koppe, eine Gemüselandwirtin aus Blesewitz, nutzt ebenfalls den regionalen Zucker für ihre eingeweckten Produkte wie Rote und Gelbe Bete. Sie legt Wert auf Regionalität und kurze Wege, auch wenn sie keine Bio-Zertifizierung anstrebt, die sie zu Biozucker von weiter her zwingen würde.
• Die Schnittstelle zur Landwirtschaft: Agronomin Sabine Kromwijk bildet die wichtige Schnittstelle zwischen den Landwirten und der Fabrik. Sie kümmert sich um Vertragswesen, Saatgutbegleitung, Logistik während der Kampagnenzeit und die stetige Verbesserung des Rübenanbaus, insbesondere im Biobereich. Das Ziel sei, den Rübenanbau langfristig und angepasst an politische Rahmenbedingungen zu betreiben, sowohl konventionell als auch biologisch.
• Naturpark Peenetal und Zuckerfabrik als Partner: Der Naturpark Flusslandschaft Peenetal, der jüngste Naturpark Mecklenburg-Vorpommerns, kooperiert seit 2015 eng mit der Zuckerfabrik. Die Fabrik stellt finanzielle Mittel zur Verfügung, die zu 50 Prozent die An- und Abreise von Schulklassen, benachteiligten Gruppen oder Selbsthilfegruppen zu den Bildungsangeboten des Naturparks mitfinanzieren.
• Historische Verbindung der Imker: Auch die Imker der Region, vertreten durch Herrn Dr. Schulz, den ersten Vorsitzenden des Imkervereins Anklam, pflegen eine über 100 Jahre alte Beziehung zur Zuckerindustrie. Der Zucker wird traditionell als Winterfutter für die Bienen verwendet, eine Praxis, die seit Generationen besteht.
Ein Blick in die süße Zukunft
Die Gesprächsrunde im Hofcafé Krüger hat eindrucksvoll die vielfältige Bedeutung der Zuckerfabrik für Anklam und die gesamte Region beleuchtet. Sie ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie ein großes Industrieunternehmen sich nicht nur wirtschaftlich diversifiziert, sondern auch tief in der lokalen Gemeinschaft verwurzelt ist und zu einem Motor für regionale Wertschöpfung und Zusammenarbeit wird. Mit den Worten von Stefan Krüger, nach dem Genuss der Torte: „Vielen Dank für diese nette, gesellige Runde. Es hat mir ganz viel Spaß gemacht, Euch alle kennenzulernen.“. Diese gemeinsamen Anstrengungen versprechen eine weiterhin süße und erfolgreiche Zukunft für Anklam.