Die Geschichte der DDR-Ferienheime und eine unerwartete Wiedergeburt

Oberwiesenthal, Erzgebirge – Während wir heute mühelos online das perfekte Hotel für den nächsten Urlaub buchen können, war die Ferienplanung in der DDR eine ganz andere Angelegenheit. Ein Blick zurück auf die Ära der Ferienheime offenbart ein System, das tief in der sozialistischen Ideologie verwurzelt war und mit dem Fall der Mauer ein abruptes Ende fand. Doch inmitten verfallener Ruinen gibt es in Oberwiesenthal ein bemerkenswertes Beispiel, das zeigt: Es geht auch anders.

Urlaub nach Plan: Das System der DDR-Ferienheime
In der Deutschen Demokratischen Republik war der Tourismus zu 60 Prozent über Betriebe und staatliche Institutionen organisiert. Die Verfassung sah den bezahlten Jahresurlaub vor, und nach dem Vorbild der Sowjetunion sollten so Verdienste für Betrieb und Partei belohnt sowie die sozialistische Haltung der Bürger gefördert werden. Der Grundstein für dieses System wurde am 10. Februar 1953 mit der „Aktion Rose“ gelegt. Diese staatliche Maßnahme führte zur Verstaatlichung von Hotels, Ferienheimen und anderen Dienstleistungsunternehmen, vor allem an der Ostseeküste. Über 400 Unternehmer wurden wegen angeblichen Verstoßes gegen das Volkseigentumsgesetz verhaftet, und über 400 Hotels sowie 180 weitere Einrichtungen im Wert von über 30 Millionen Mark wurden beschlagnahmt.

Damit wurde die Basis für den 1947 gegründeten FDGB Feriendienst geschaffen, der zum drittgrößten Anbieter staatlicher Unterkünfte avancierte. Die größten Anbieter waren jedoch die Betriebe selbst mit ihren eigenen Ferienheimen, gefolgt von staatlichen Campingplätzen.

Ein Urlaub war kein Selbstläufer: Bürger der DDR mussten sich für Aufenthalte in den Ferienheimen bewerben, wobei besonders Verdiente schneller den Zuschlag erhielten. Ziel war es, das Gemeinschaftsgefühl und die sozialistische Haltung der Bürger zu stärken. Neben den regulären Ferienheimen gab es auch Pionierlager und später Jugendtourist-Angebote, primär für FDJ-Mitglieder, um Kinder früh an das sozialistische System zu binden.

Jedes Jahr unternahmen knapp 80 Prozent der DDR-Bürger eine Urlaubsreise, die meist 13 Tage dauerte und zu 80 bis 90 Prozent im Inland stattfand. Beliebte Ziele waren die Ostseeküste, der Thüringer Wald, das Elbsandsteingebirge und das Erzgebirge, wo Hunderte von betrieblichen und staatlichen Ferienheimen entstanden. Im Jahr 1975 gab es beispielsweise über 1220 FDGB-Ferienheime und über 520 staatliche Campingplätze. Die Reisen waren stark subventioniert – mit jährlich knapp 2 Milliarden Mark – sodass Urlauber lediglich ein Drittel der tatsächlichen Kosten tragen mussten. Dies geschah oft mittels sogenannter Ferienchecks, die im Urlaubsort gegen Unterkunft und Verpflegung eingelöst wurden.

Das abrupte Ende nach der Wende
Mit dem Mauerfall 1989 und der Wiedervereinigung ein Jahr später kam das System der betrieblich und staatlich organisierten Ferienheime zu einem abrupten Ende. Viele der Immobilien wurden über die Treuhand an private Gesellschaften verkauft oder einfach aufgegeben. Insbesondere Regionen wie der Thüringer Wald litten massiv unter dem Wegfall der Ferienheime; hier wurden nur sehr wenige von anderen Betreibern übernommen.

In den ersten Jahren nach der Wende waren andere Urlaubsziele für die Bürger attraktiver und auch erschwinglicher geworden, was den Niedergang zusätzlich beschleunigte. Ein Beispiel dafür ist die ehemalige Hotelkette Euromill, die etliche Ferienheime übernommen hatte, aber bereits 1994 Insolvenz anmelden musste. Zwar wurden einige Anlagen von der späteren Ahorn Hotelgruppe übernommen, doch ein Großteil musste geschlossen werden.

Von den rund 1200 Ferienheimen existiert heute nur noch eine Handvoll. Einige wurden umfunktioniert und dienen nun als Seniorenheime oder Jugendherbergen. Auch die Besitzverhältnisse der nach der Aktion Rose enteigneten Eigentümer wurden neu geklärt; viele ehemalige Besitzer wurden auf Antrag rehabilitiert, aber nicht für den materiellen Verlust entschädigt. Eine Rückübertragung war in der Regel nicht möglich, und die Option des Rückkaufs zum Verkehrswert konnten sich viele nicht leisten. Bis heute stehen zahlreiche ehemalige Ferienheime leer und verfallen, oft mit der kompletten Einrichtung im Inneren.

Ein Lichtblick in Oberwiesenthal: Die Wiedergeburt der Wismut AG
Doch es gibt auch positive Ausnahmen. Ein beeindruckendes Beispiel ist das ehemalige Ferienheim der Wismut AG in Oberwiesenthal, direkt am Fuße des Fichtelbergs. Ursprünglich 1911 als Sporthotel errichtet und später als Lazarett im Zweiten Weltkrieg genutzt, übernahm die Wismut AG das Haus 1955 und führte es als Ferienheim weiter. Nach dem Bau der Mauer wurde Oberwiesenthal zu einem bedeutenden Wintersportort in der DDR, und das Ferienheim beherbergte zahlreiche Spitzensportler.

Auch dieses Objekt ereilte das Schicksal vieler anderer: Nach der Übernahme durch Euromill im Jahr 1990 wurde es 1994 endgültig geschlossen und dem Verfall preisgegeben. Bei einem Besuch im Jahr 2020 fanden Dirk und Daniel Fohrmann vom YouTube-Kanal „Doku Jäger“ das Hotel in einem katastrophalen Zustand vor; ein Abriss war damals bereits beschlossene Sache, da kein Investor gefunden werden konnte.

Doch nur ein Jahr später, 2021, wurde bekannt, dass die Chemnitzer Faser AG das Gebäude kaufen und komplett sanieren möchte. Im Jahr 2022 begann die Renovierung des Bettenhauses, wo etwa 70 Apartments entstehen sollen. Seit Ende 2024 sind die Apartments im ehemaligen Bettenhaus bereits buchbar, und das ältere Hauptgebäude wird ebenfalls saniert.

Dieses Projekt in Oberwiesenthal, heute bekannt als Hotel „Summit of Saxony“, ist ein leuchtendes Beispiel dafür, dass es auch anders gehen kann. Es zeigt, wie aus einem vergessenen Relikt der DDR-Geschichte wieder ein lebendiger Ort der Erholung entstehen kann, auch wenn dies nur in sehr wenigen Fällen gelingt. Es ist eine Geschichte von Verlust und Verfall, aber auch von der Hoffnung auf eine zweite Chance für ein Stück ostdeutscher Geschichte.