Zwickau. Es ist ein Ort, an dem glänzendes Blech Geschichten erzählt – vom wirtschaftlichen Aufbruch, von Propaganda, von Fluchten mit Konstruktionsplänen im Aktenkoffer und vom Erfindergeist, der selbst in der Mangelwirtschaft blühte. Im August Horch Museum in Zwickau wird Automobilgeschichte lebendig. Schauspieler und Kabarettist Uwe Steimle nimmt das Publikum mit auf einen Rundgang, der mehr ist als eine Museumsführung. Es ist eine atmosphärisch dichte Reise durch sächsische Technikgeschichte, Zeitpolitik und Erinnerungen an ein Land, das es so nicht mehr gibt.
Steimle, bekannt für seinen feinen Spott und seine unverwechselbare Art, mischt sich ein in die sachlichen Erläuterungen von Museumsführer Herrn Müller – und genau diese Mischung macht den Rundgang besonders. Mal ist es ein Kommentar über Ulbrichts Haar, mal ein Seitenhieb auf die heutige Elektromobilitätsdebatte. „Tanken Sie lieber in drei oder fünfzehn Minuten?“ – die Pointe sitzt, der Vergleich zu früheren technischen Tricks wie dem Hochdrucktanken von Shell funktioniert.
Deutsche Teilung als Herzensangelegenheit
Ein Höhepunkt der Tour ist der Blick auf die Zeit nach 1945. Steimle und Müller beleuchten die amerikanische Besatzungszeit in Zwickau, die Rolle der Roten Armee und das kurzlebige Experiment der „Freien Republik Schwarzenberg“. Anhand einer anschaulichen Karte wird deutlich, wie schnell Geschichte gemacht wird – und wie viel davon oft vergessen wird.
Müller spricht mit Leidenschaft über die Industriebetriebe, die ihre Patente und Maschinen mitnahmen, um im Westen neu zu gründen – unterstützt vom Marshallplan. Ein Detail, das in vielen Lehrbüchern übersehen wird, aber erklärt, warum das Agrarland Bayern heute wirtschaftlich führend ist. „Total übelst ausgeblutet“, beschreibt er die Lage Mitteldeutschlands damals.
Autos als Kulturgut und Spiegel der Zeit
Natürlich stehen auch die Fahrzeuge im Mittelpunkt: der DKW, gefertigt in Zwickau, aber mit Karosserie aus Berlin-Spandau. Der legendäre Silberpfeil, der einst über die Pisten schoss und mit seiner Geschichte bis heute für Gesprächsstoff sorgt – nicht zuletzt wegen eines wohl aus PR-Gründen erfundenen Mythos’ über abgeschabte Lackschichten zur Gewichtsreduktion.
Der Wartburg 311, unrestauriert, im Originalzustand, wird zum „lecker Bissen“ erklärt. Und das mit voller Überzeugung – Müller brennt für sein Museum, das spürt man in jeder Sekunde. Fast 60 Ehrenamtliche sorgen hier für den Betrieb. Dass ein solches Projekt heute noch möglich wäre? „Keine Chance“, meint Steimle. Und bedankt sich: bei der Stadt Zwickau, bei Audi – und beim Enthusiasmus derer, die dieses Museum zu etwas Besonderem machen.
Ein sächsisches Gesamtkunstwerk
Uwe Steimles Fazit fällt so aus, wie man es von ihm erwartet: mit Herz, mit Humor und mit einem Blick für das Große im Kleinen. Das August Horch Museum ist nicht nur ein Ort für Technikfreunde. Es ist ein Ort für Geschichten – und für Menschen, die sich erinnern wollen.