Steuerpolitik im Wahlkampf: Zwischen Gerechtigkeit, Wirtschaftswachstum und Haushaltszwängen

Im Rahmen des Formats „Wahl-Check25“ wurde eine ausführliche und kontroverse Diskussion zur Steuerpolitik im Wahlkampf geführt, die die unterschiedlichen Ansätze und Zielsetzungen der politischen Parteien in Deutschland beleuchtet. Die Debatte konzentriert sich vor allem auf die Frage, wie ein veraltetes Steuersystem modernisiert werden kann und in welchem Ausmaß einkommensschwächere Bürger sowie große Vermögen und Konzerne jeweils entlastet oder belastet werden sollen. Dabei zeichnen sich zwei grundsätzlich verschiedene Lager ab, die sich in ihren Ansätzen und politischen Zielsetzungen diametral gegenüberstehen.

Einerseits finden sich in der Diskussion Parteien wie die SPD, die Grünen, die Linke und teilweise auch der BSW, die sich dafür einsetzen, vor allem Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen zu entlasten. Diese Gruppierung betont, dass seit Jahren ein Stillstand in der Steuerpolitik herrscht und dass es dringend erforderlich ist, das bestehende System zu modernisieren. Ihr Anliegen ist es, die soziale Gerechtigkeit zu erhöhen, indem die Lasten so verteilt werden, dass die reichsten Bürger sowie große Konzerne stärker zur Finanzierung des Staates herangezogen werden. Dabei steht das Prinzip im Vordergrund, dass diejenigen, die über größere finanzielle Ressourcen verfügen, auch einen entsprechend höheren Beitrag leisten sollten. Vertreter dieser Lager kritisieren, dass das gegenwärtige Steuersystem in vielen Bereichen veraltet und ungerecht sei, da es oft auf pauschalen und automatisierten Verfahren basiert, die nicht immer den individuellen Lebensverhältnissen gerecht werden. Sie argumentieren, dass ein zentraler Aspekt der Steuergerechtigkeit in einer differenzierten Betrachtung liege, die sowohl Einzelfallgerechtigkeit als auch eine übergeordnete Gerechtigkeitslogik berücksichtigen müsse.

Auf der anderen Seite des Spektrums stehen die Parteien Union, FDP und AfD, die vor allem für eine weitere Entlastung von großen Vermögen und Konzernen eintreten. Diese Lager vertreten die Auffassung, dass eine Senkung der Steuerbelastung für Unternehmen und vermögende Bürger notwendig sei, um die Wirtschaft anzukurbeln und Investitionen zu fördern. Nach Ansicht dieser Gruppierung ist es gerade durch eine stärkere wirtschaftliche Dynamik möglich, langfristig auch der breiten Bevölkerung zugutezukommen. Sie kritisieren häufig, dass die Steuergesetze zu stark auf Umverteilung und staatliche Eingriffe ausgerichtet seien, was ihrer Meinung nach das unternehmerische Handeln hemmt und Innovationen behindert. Diese Position wird häufig als „Milchmädchenrechnung“ bezeichnet, da die angestrebten Entlastungen, so die Kritiker, oft mit unrealistischen Annahmen und undurchdachten Finanzierungskonzepten verbunden sind. Ein zentraler Kritikpunkt ist hierbei, dass die Forderungen nach umfassenden Steuersenkungen oftmals nicht mit konkreten und realistischen Finanzplänen untermauert werden, was in den späteren Koalitionsverhandlungen zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Haushaltsplanung führen kann.

Ein weiterer wesentlicher Diskussionspunkt in der Debatte ist die Frage, wie der Begriff „reich“ definiert werden sollte. Es herrscht weitgehend Unklarheit darüber, ab welchem Vermögensniveau oder Einkommen von einem „reichen“ Bürger gesprochen werden kann und welche Unternehmen bzw. Vermögen in den Fokus einer verstärkten Besteuerung rücken sollten. Häufig wird der Begriff unspezifisch verwendet, um pauschal höhere Steuern zu fordern, ohne dabei präzise Kriterien oder konkrete Schwellenwerte zu nennen. Insbesondere das Netzwerk Steuergerechtigkeit hebt hervor, dass es bei der Besteuerung der sogenannten „Superreichen“ – also jener Personen, die große Vermögen anhäufen und deren Einkünfte überwiegend aus Kapitalanlagen resultieren – dringenden Handlungsbedarf gebe. In diesem Zusammenhang wird immer wieder auf Fälle wie den von Susanne Klatten verwiesen, die als Eigentümerin eines großen Unternehmens, hier exemplarisch am Beispiel von BMW, vergleichsweise wenig Steuern zahlt, obwohl ihre Mitarbeiter erheblich höhere Abgaben leisten. Diese Diskrepanz wird als symptomatisch für ein Steuersystem gesehen, das es vermögenden Personen ermöglicht, durch geschickte steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten und die Nutzung von Freibeträgen ihre Steuerlast erheblich zu senken.

Ein zentrales Element der Diskussion betrifft zudem die im Wahlkampf häufig präsentierten Steuerentlastungen. Alle Parteien betonen zwar die Notwendigkeit, vor allem die Mittelschicht zu entlasten – häufig wird hierbei der Begriff „Mittelschichtsbauch“ verwendet –, jedoch unterscheiden sich die konkreten Vorstellungen hinsichtlich der Höhe und der Finanzierung dieser Entlastungen erheblich. Während beispielsweise die SPD eine Gesamtentlastung von rund 20 Milliarden Euro anstrebt, werden seitens der Union zwischen 90 und 100 Milliarden Euro und sogar bis zu 190 Milliarden Euro von der FDP gefordert. Diese erheblichen Differenzen werfen die Frage auf, wie diese Entlastungsmaßnahmen überhaupt finanziert werden sollen. Die Debatte zeigt, dass die Steuerpolitik oft als eine Art Wunschvorstellung präsentiert wird, die in der Realität jedoch mit erheblichen haushaltspolitischen Schwierigkeiten einhergeht. Es wird deutlich, dass die im Wahlkampf geäußerten Konzepte in der Regel nicht auf durchdachten und langfristig angelegten Finanzplänen basieren, sondern vielmehr als populistische Versprechen verstanden werden müssen, die in Koalitionsverhandlungen und der anschließenden Haushaltsplanung oftmals stark modifiziert werden.

Ein weiterer Aspekt, der in der Diskussion immer wieder zur Sprache kommt, sind die strukturellen Probleme im staatlichen Haushalt. Es wird argumentiert, dass zur Entlastung des Staates nicht nur die Steuersätze angepasst werden müssten, sondern dass auch auf der Ausgabenseite massiv gespart werden müsse. Kürzungen in Bereichen wie Krankenhausrenovierungen oder der Pflegeversicherung werden beispielsweise als Maßnahmen genannt, die letztlich vor allem die Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen treffen, da diese indirekt durch höhere Preise und Sozialabgaben belastet würden. Gleichzeitig zeigt die Debatte, dass im Haushaltsausschuss oft mehr Geld vorhanden ist, als für Einsparungen benötigt wird. Diese Diskrepanz führt dazu, dass Gremien, die eigentlich für Kürzungen zuständig sind, stattdessen neue Programme aktivieren, was letztlich die Staatsausgaben weiter in die Höhe treibt. Einige Berechnungen, wie sie etwa vom ZDW vorgelegt wurden, deuten darauf hin, dass insbesondere bei den Programmen der AfD und der FDP Familien mit geringem und mittlerem Einkommen am Ende weniger Geld zur Verfügung haben könnten. Diese Einsparungen und Umverteilungen werfen grundlegende Fragen darüber auf, ob es tatsächlich möglich ist, durch Steuersenkungen oder andere entlastende Maßnahmen eine nachhaltige und sozial ausgewogene Finanzpolitik zu betreiben.

Die Diskussion umfasst zudem die Unternehmenssteuer, die als ein weiteres Spannungsfeld zwischen den verschiedenen politischen Lagern gilt. Hier wird kontrovers darüber debattiert, ob der Steuersatz von derzeit 30 Prozent beibehalten oder auf 25 Prozent gesenkt werden sollte. Während Union, FDP und AfD eine Senkung befürworten, argumentieren SPD, Grüne, Linke und BSW, dass der aktuelle Satz beibehalten werden müsse, um gezielt Investitionen zu fördern und eine gerechte Verteilung der Steuerlast zu gewährleisten. Ein denkbarer Kompromiss, der in der Diskussion mehrfach erwähnt wurde, sieht vor, den Steuersatz für kleine und mittlere Unternehmen zu senken, während große Konzerne – insbesondere solche, die ausländische Gewinne in Kauf nehmen – einen höheren Steuersatz tragen sollten. Aktuelle Statistiken zeigen, dass große ausländische Konzerne in Deutschland oftmals nur rund drei Prozent Steuern zahlen, während kleine und mittlere Unternehmen wesentlich höhere Steuersätze in Kauf nehmen müssen. Diese Ungleichheit wird als ungerecht und als ein weiteres Beispiel für die Notwendigkeit einer umfassenden Reform des Steuersystems betrachtet. Zudem wird in der Debatte betont, dass die Frage, ob der Unternehmensgewinn für Investitionen oder für den Konsum verwendet wird, eine wichtige Rolle spielt. Unternehmer, die hohe Gewinne erzielen, investieren häufig in neue Projekte und schaffen Arbeitsplätze, wodurch sie langfristig zur wirtschaftlichen Stabilität beitragen. Dennoch wird kritisiert, dass die Gewinne nicht immer in direktem Zusammenhang mit dem betrieblichen Bedarf stehen, sondern häufig über Abschreibungen und andere steuerliche Gestaltungsmittel minimiert werden können.

Neben der Unternehmenssteuer spielt auch die Vermögens- und Erbschaftssteuer eine zentrale Rolle in der Diskussion. Hierbei geht es vor allem um die Bewertung von Vermögen und die Festlegung von Freibeträgen, die entscheidend dafür sind, wie viel Steuern letztlich von Erben oder von Personen, die über große Vermögen verfügen, zu entrichten sind. Die Erbschaftssteuer wird dabei als besonders kompliziert und reformbedürftig dargestellt, da sie auf einem komplexen Bewertungsgesetz basiert und häufig vor dem Bundesverfassungsgericht zur Diskussion steht. Die aktuelle Regelung wird von vielen als ungerecht empfunden, da sie oft zu einer Doppelbesteuerung führt: Das Vermögen wird bereits im Laufe des Lebens versteuert, bevor es schließlich an die nächste Generation weitergegeben wird. Einige Stimmen in der Debatte plädieren dafür, die betriebliche Freistellung abzuschaffen und keine Unterscheidung zwischen Immobilien und Betriebsvermögen vorzunehmen, um die Erbschaftssteuer zu vereinfachen. Es wird sogar darüber diskutiert, ob eine vollständige Abschaffung der Erbschaftssteuer, wie sie in einigen skandinavischen Ländern oder in Österreich praktiziert wird, ein gangbarer Weg sein könnte, um die Komplexität und den bürokratischen Aufwand zu reduzieren.

Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion liegt auf den Herausforderungen, die durch die Besteuerung von Digitalkonzernen entstehen. In der modernen Wirtschaft, in der globale Konzerne ihre Gewinne oftmals ins Ausland verlagern, um Steuerzahlungen zu minimieren, stellt sich die Frage, wie eine gerechte Besteuerung dieser Unternehmen gewährleistet werden kann. Die großen Digitalkonzerne zahlen in Deutschland oft nur minimale Steuern – Schätzungen zufolge liegt ihr effektiver Steuersatz bei lediglich drei Prozent –, während mittelständische Unternehmen mit deutlich höheren Steuersätzen konfrontiert sind. Diese Diskrepanz wird als exemplarisch für die Probleme eines international vernetzten Wirtschaftssystems betrachtet, in dem nationale Steuerregelungen oft an ihre Grenzen stoßen. Europäische Initiativen, die darauf abzielen, die großen Digitalkonzerne angemessen zu besteuern, sind zwar im Gespräch, haben jedoch bisher nicht zu praktikablen Lösungen geführt, da die Ermittlung der richtigen Bemessungsgrundlage und die anschließende Umsetzung von Steuerreformen zahlreiche technische und rechtliche Hürden mit sich bringt.

Ein weiterer Aspekt, der in der Diskussion immer wieder betont wird, ist die Frage nach der praktischen Umsetzung der im Wahlkampf propagierten Steuerentlastungen. Es zeigt sich, dass die zahlreichen Versprechen und Forderungen oft nicht auf einem soliden finanziellen Fundament stehen. Die Berechnungen zur Gesamtentlastung variieren stark zwischen den Parteien, und es wird immer wieder kritisiert, dass die entsprechenden Konzepte in der Realität kaum durchplanbar sind. Die FDP beispielsweise fordert mittlerweile doppelt so hohe Entlastungen wie vor einigen Jahren, was von Kritikern als unglaubwürdig und utopisch angesehen wird. Gleichzeitig besteht Einigkeit darüber, dass bei einer Reduzierung der Staatseinnahmen zwangsläufig auch Einsparungen in verschiedenen Bereichen vorgenommen werden müssen. Diese Einsparungen treffen jedoch häufig die unteren und mittleren Einkommensschichten, da sie über höhere Sozialabgaben und indirekte Belastungen bereits stark beansprucht werden. So wird beispielsweise kritisiert, dass Kürzungen in Bereichen wie der Pflegeversicherung oder bei Infrastrukturmaßnahmen letztlich zu höheren Kosten für den Durchschnittsbürger führen können, selbst wenn auf dem Papier große Summen eingespart werden.

Auch innerhalb des Haushaltsdebattsystems zeigt sich, dass Einsparpotenziale zwar theoretisch vorhanden sind, in der Praxis jedoch häufig nicht realisiert werden können. Es wird darauf hingewiesen, dass im Haushaltsausschuss oft noch Mittel vorhanden sind, die eigentlich für Kürzungen vorgesehen sein sollten, jedoch stattdessen für neue Programme herangezogen werden. Diese Tendenz, vorhandene Budgetmittel nicht konsequent umzuschichten, trägt dazu bei, dass die Finanzpolitik des Staates zunehmend von kurzfristigen Kompromissen und politischen Versprechen geprägt ist, die langfristig nicht nachhaltig erscheinen. Zudem wird angeführt, dass bereits bestehende Haushaltsdefizite, wie beispielsweise die Lücke im Bundeshaushalt 2025, den Druck auf die politischen Entscheidungsträger erhöhen und die Realisierbarkeit der vorgeschlagenen Steuerentlastungen in Frage stellen.

Die Diskussion um die steuerliche Behandlung von Vermögen, Erbschaften und Unternehmensgewinnen verdeutlicht zudem, dass die derzeitigen Regelungen in vielen Bereichen einer grundlegenden Überarbeitung bedürfen. Es wird argumentiert, dass eine gezielte Besteuerung der sogenannten „Superreichen“ – jener Personen, deren Vermögen und Einkünfte überwiegend aus Kapitalanlagen resultieren – nicht nur aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit notwendig ist, sondern auch dazu beitragen könnte, das bestehende Steuersystem insgesamt zu vereinfachen. Eine Reform, die darauf abzielt, die steuerlichen Vorteile, die großen Vermögen und Konzernen derzeit eingeräumt werden, zu reduzieren, könnte langfristig zu einer gerechteren Verteilung der Steuerlast führen und den Spielraum für innovative und zukunftsweisende Investitionen vergrößern.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Diskussion zur Steuerpolitik im Wahlkampf ein äußerst komplexes Geflecht aus unterschiedlichen Interessen, ideologischen Überzeugungen und praktischen Herausforderungen widerspiegelt. Während das eine Lager vor allem auf eine stärkere Umverteilung und Entlastung der Mittelschicht pocht, setzen die Gegner dieser Maßnahmen auf eine wirtschaftsfreundliche Steuerpolitik, die unternehmerische Freiheit und internationale Wettbewerbsfähigkeit in den Vordergrund stellt. Beide Seiten sind sich zwar einig, dass das derzeitige Steuersystem einer umfassenden Reform bedarf, jedoch scheitert es immer wieder an den tiefgreifenden Differenzen in Bezug auf die Definition von Gerechtigkeit und an der Frage, wie die angestrebten Entlastungen tatsächlich finanziert werden können.

Die Debatte zeigt auch, dass viele der im Wahlkampf präsentierten Steuerkonzepte nicht nur theoretisch ambitioniert, sondern in der praktischen Umsetzung oft unrealistisch sind. Die Frage, wie hohe Haushaltsentlastungen mit den notwendigen staatlichen Ausgaben in Einklang gebracht werden können, bleibt ein zentrales Thema, das in den kommenden Koalitionsverhandlungen mit großer Wahrscheinlichkeit für hitzige Diskussionen sorgen wird. Neben den klassischen Themen wie der Einkommens- und Unternehmenssteuer rücken auch neuere Herausforderungen in den Fokus, wie die Besteuerung von Digitalkonzernen und die damit verbundenen internationalen Fragestellungen. Die Problematik, dass große internationale Konzerne ihre Gewinne ins Ausland verlagern und dadurch in Deutschland kaum Steuern zahlen, stellt ein weiteres Beispiel für die Notwendigkeit dar, das gesamte Steuersystem an die Anforderungen einer globalisierten Wirtschaft anzupassen.

Letztlich wird in der Diskussion immer wieder deutlich, dass eine nachhaltige Steuerreform nur dann gelingen kann, wenn alle Beteiligten bereit sind, Kompromisse einzugehen und ihre kurzfristigen politischen Ziele zugunsten einer langfristig stabilen Finanzpolitik zurückzustellen. Die Herausforderungen sind dabei enorm: Es bedarf nicht nur einer umfassenden Überarbeitung der bestehenden Steuerregelungen, sondern auch einer konsequenten Haushaltsführung, die Einsparpotenziale erkennt und nutzt, ohne dabei die soziale Balance aus den Augen zu verlieren. Nur so lässt sich verhindern, dass Steuerentlastungen, die vor allem als populistische Wahlversprechen dienen, letztlich zu Lasten derjenigen gehen, die bereits am stärksten belastet sind.

Insgesamt verdeutlicht die Diskussion im „Wahl-Check25“, dass die Steuerpolitik ein zentrales und zugleich hochkomplexes Thema im Wahlkampf darstellt, das weit über einfache Parolen und kurzfristige Versprechen hinausgeht. Die unterschiedlichen Ansätze zur Besteuerung von Einkommen, Vermögen und Unternehmensgewinnen offenbaren ein grundlegendes Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und sozialer Gerechtigkeit. Während das eine Lager auf mehr Umverteilung und eine stärkere Belastung der Superreichen und Großkonzerne setzt, wird von der anderen Seite betont, dass eine zu starke Steuerlast das wirtschaftliche Wachstum hemmen und somit langfristig allen Bürgern schaden könnte. Die daraus resultierenden Koalitionskonflikte und Haushaltsdebatten werden in Zukunft maßgeblich darüber entscheiden, wie das Steuersystem reformiert wird und welche Prioritäten in der deutschen Finanzpolitik gesetzt werden.

Die anhaltende Debatte um Steuerentlastungen, Unternehmenssteuern, Erbschafts- und Vermögenssteuern sowie die Herausforderungen durch internationale Steuervermeidung zeigt, dass hier noch lange kein Konsens erzielt wurde. Vielmehr stehen grundlegende Fragen der Gerechtigkeit, der Effizienz und der Wettbewerbsfähigkeit im Mittelpunkt, die alle in einem neuen, modernen Steuersystem miteinander in Einklang gebracht werden müssen. Die anstehenden Koalitionsverhandlungen werden darüber hinaus aufzeigen, ob es möglich ist, die unterschiedlichen Interessen so zu verbinden, dass sowohl die Entlastung der Mittelschicht als auch eine nachhaltige Finanzierung staatlicher Aufgaben gewährleistet werden kann. Die Diskussion unterstreicht, dass eine umfassende Steuerreform nicht nur ein technisches, sondern vor allem ein politisches und gesellschaftliches Projekt ist, das die gesamte Bandbreite der wirtschaftlichen und sozialen Realitäten in Deutschland berücksichtigen muss.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Diskussion um die Steuerpolitik im Wahlkampf exemplarisch für die komplexen Herausforderungen steht, vor denen moderne Gesellschaften heute stehen. Sie zeigt, wie schwierig es ist, die Balance zwischen wirtschaftlicher Dynamik, sozialer Gerechtigkeit und staatlicher Finanzdisziplin zu finden. In einer Zeit, in der globale wirtschaftliche Entwicklungen und nationale Haushaltszwänge immer stärker miteinander verflochten sind, wird die Frage nach einem gerechten und zugleich wettbewerbsfähigen Steuersystem zu einem der zentralen politischen Themen der nächsten Jahre. Nur durch einen offenen und konstruktiven Dialog, der alle relevanten Interessen berücksichtigt, kann es gelingen, ein System zu entwickeln, das sowohl den Bedürfnissen der Bürger als auch den Anforderungen einer globalisierten Wirtschaft gerecht wird – und damit den Weg für eine nachhaltige und zukunftsfähige Finanzpolitik ebnet.

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Sahra Wagenknecht: Die Rückkehr geglaubter Vergangenheiten

Journalistischer Text - Profil Sahra Wagenknecht über das Déjà-vu der Unfreiheit Ein Gefühl der Beklemmung macht sich breit, wenn man beobachtet, wie schnell abweichende Haltungen heute nicht mehr diskutiert, sondern sanktioniert werden. Es ist, als ob ein alter Film erneut abgespielt wird, dessen Handlung man eigentlich im Archiv der Geschichte wähnte. Manche erleben diese Tage mit einem bitteren Gefühl der Wiedererkennung, das tief im kollektiven Gedächtnis verankert ist. Es sind jene, die wissen, wie es sich anfühlt, wenn der Staat definiert, was Wahrheit ist, und wenn Kritik an der Regierung als Angriff auf das Staatswohl uminterpretiert wird. Die Rede ist von einer schleichenden Rückkehr autoritärer Muster, bei denen Hausdurchsuchungen wegen Online-Postings und die soziale Ächtung von Andersdenkenden wieder zum Repertoire gehören. Die Sorge ist groß, dass der liberale Diskurs, in dem auch die unbequeme Meinung ihren Platz hat, einer neuen Konformität weicht. Wenn politische Gegner nicht mehr inhaltlich gestellt, sondern moralisch delegitimiert oder juristisch behindert werden, verliert die Demokratie ihre Substanz. Es entsteht eine Gesellschaft, in der die Angst vor dem falschen Wort wieder das Handeln bestimmt. Journalistischer Text - Seite Sahra Wagenknecht sieht Schatten über dem Diskurs Die Mechanismen der Ausgrenzung funktionieren oft lautlos, bis sie einen selbst treffen und die Grenzen des Sagbaren verschieben. Es beginnt nicht mit Verboten, sondern mit einer Atmosphäre, in der der Preis für die eigene Meinung plötzlich zu hoch erscheint. Viele blicken mit Sorge auf eine Entwicklung, in der staatliche Stellen und mediale Öffentlichkeit Hand in Hand zu gehen scheinen, um einen engen Meinungskorridor zu zementieren. Die historische Sensibilität für solche Prozesse ist gerade dort hoch, wo man Erfahrung mit Systembrüchen hat. Wenn der Schutz der Demokratie als Argument dient, um demokratische Rechte wie die Meinungsfreiheit einzuschränken, befindet sich das Gemeinwesen auf einer abschüssigen Bahn.

Bärbel Bohley und die Entstehung der Opposition in der DDR

Journalistischer Text - Seite (Teaser) Die Entscheidung zur Rückkehr in ein geschlossenes System Ein schmuckloses Dokument und der Wille einer einzelnen Frau standen gegen den Apparat eines ganzen Staates. Ich betrachte diesen Lebensweg und sehe, wie Bärbel Bohley im August 1988 eine Entscheidung traf, die für viele Außenstehende kaum nachvollziehbar war. Anstatt im sicheren Westen zu bleiben, kehrte sie in die DDR zurück, wohlwissend, dass dort erneute Überwachung und Gängelung auf sie warteten. Diese individuelle Haltung, im Land zu bleiben, um es zu verändern, erscheint mir als der eigentliche Kern des späteren Umbruchs. Es fällt auf, dass die Gründung des Neuen Forums im Herbst 1989 kein spontaner Akt war, sondern die Folge dieser beharrlichen Vorarbeit. Wenn ich auf den 9. November blicke, sehe ich nicht nur die jubelnde Masse an der Grenze, sondern auch die Pressekonferenz in einem Hinterhof, bei der Bohley die Legalität der Opposition verkündete. Es waren diese kleinen, fast unsichtbaren Momente der Organisation, die das Fundament für die friedliche Revolution legten.

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Teaser (Social Media / Newsletter) Ralf Schuler wollte eigentlich Regisseur werden, doch die DDR schickte ihn ins Glühlampenwerk. Heute ist er einer der schärfsten Kritiker des westdeutschen Medien-Mainstreams. Im Interview rechnet der NIUS-Politikchef mit der „Generation Gleichschritt“ ab, zieht Parallelen zwischen Woke-Kultur und SED-Propaganda und erklärt, warum er sich noch nie in einem Politiker so getäuscht hat wie in Friedrich Merz. Ein Gespräch über Herkunft, Haltung und den unbestechlichen Blick des Ostens.