In einem eindringlichen offenen Brief haben sich die ehemaligen CDU-Mitglieder Prof. Dr. Hans Pistner, Clarsen Ratz und Hartmut Stolz gemeinsam mit der WerteUnion an die Mitglieder der CDU Thüringen gewandt. Ihr Schreiben ist eine scharfe Abrechnung mit der aktuellen Ausrichtung der Partei, insbesondere mit Blick auf die Entwicklungen in Thüringen, die sie als „Höhepunkt des Verrats“ bezeichnen. Der Brief reflektiert nicht nur ihre Enttäuschung über die CDU, sondern ruft auch die Mitglieder dazu auf, sich entschieden gegen eine geplante Kooperation mit der Linken auszusprechen und konservative Werte zu verteidigen.
Ein Appell aus enttäuschter Treue
Die Verfasser des Briefes betonen, wie eng ihre eigene Geschichte mit der CDU verknüpft ist. Jahrzehntelang hätten sie in verschiedenen Funktionen – von Kreisgeschäftsführern bis hin zu Bundesvorstandsmitgliedern der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) – für die Partei gearbeitet und für deren Ideale gestritten. „Mit Leidenschaft und Überzeugung“ seien sie für eine CDU eingetreten, die ihre Prinzipien hochhielt und eine klare politische Linie verfolgte.
Doch diese Linie, so der Vorwurf, sei längst verlassen worden. „Die CDU hat den Weg, der uns einst antrieb, verlassen“, schreiben sie, und fügen hinzu, dass sie die Partei aus diesem Grund bereits vor einiger Zeit verlassen haben. Was sie jedoch zu ihrem aktuellen Appell bewegt, sind die politischen Entwicklungen in Thüringen, die ihrer Ansicht nach eine Grenze überschreiten, die für konservative Werte unverrückbar sein sollte.
Erinnerungen an Erfolge und unerfüllte Hoffnungen
Ein zentraler Bezugspunkt im Brief sind die Lichtmeere des 9. November und 4. Dezember 2014. Tausende Demonstrierende hätten damals in Thüringen ein starkes Zeichen gegen Rot-Rot-Grün gesetzt. Diese Momente werden als Höhepunkte einer konservativen Bewegung beschrieben, die ihrer Hoffnung Ausdruck verlieh, politische Veränderungen herbeizuführen.
Doch diese Hoffnung blieb unerfüllt. Stattdessen, so der Brief, sei der aktuelle politische Kurs der CDU Thüringen eine völlige Abkehr von diesen Idealen. „Demokratische Wahlergebnisse werden erneut mit Füßen getreten“, heißt es. Besonders scharf wird die geplante Zusammenarbeit mit der SPD und dem Bündnis für Sicherheit und Wandel (BSW) kritisiert. Doch der Gipfelpunkt der Kritik liegt in den Überlegungen, eine Kooperation mit der Linken einzugehen.
Die Linke als Symbol des Verrats
Für die Autoren des Briefes ist die Linke nicht nur eine politische Gegnerin, sondern ein Symbol für das, was in Thüringen nicht toleriert werden dürfe. Sie bezeichnen die Partei als „letzte Bastion“ einer ideologischen Machtpolitik, die alles daransetze, ihre Positionen zu verteidigen – unabhängig von den Kosten für Demokratie und Prinzipien.
„Dieser Pakt der Machtgier ignoriert schamlos den Wählerwillen eines Drittels der Bürger“, schreiben sie. Die CDU habe sich von ihren konservativen Wurzeln entfernt und stehe nun vor der Gefahr, ihre Identität vollständig zu verlieren. Mario Voigt, der Landesvorsitzende der CDU Thüringen, wird als besonders negatives Beispiel genannt. Ihm werfen die Autoren vor, konservative Ideale zugunsten persönlicher Machtinteressen zu opfern.
Ein Ruf zur Basis: „Es ist Eure Zeit zu handeln!“
Der Brief endet mit einem eindringlichen Aufruf an die Mitglieder der CDU Thüringen. „Jetzt liegt es an Euch“, schreiben die Verfasser. Sie fordern die Parteibasis dazu auf, eine klare „rote Linie“ zu ziehen und unmissverständlich zu zeigen, dass sie den aktuellen Kurs nicht mitträgt.
Die Mitglieder werden aufgefordert, Haltung zu zeigen und für die Prinzipien einzustehen, die die CDU einst groß gemacht hätten. Sollte dies innerhalb der CDU nicht mehr möglich sein, so gäbe es andere politische Alternativen, die nach wie vor für konservative Werte einträten.
Die WerteUnion als konservative Alternative
Der Brief ist nicht nur ein Appell, sondern auch ein Signal der Unterstützung. Die WerteUnion, die sich selbst als konservative Basisbewegung innerhalb der Union versteht, bietet den CDU-Mitgliedern ihre Solidarität und Unterstützung an. Ziel sei es, eine CDU zu schaffen, die authentisch konservativ sei und nicht bereit, ihre Überzeugungen für kurzfristige politische Vorteile zu opfern.
Perspektive: Ein Kampf um Identität
Der offene Brief der WerteUnion ist weit mehr als nur eine Kritik an der aktuellen politischen Lage in Thüringen. Er ist Ausdruck eines tiefergehenden Konflikts um die Identität der CDU – nicht nur auf Landesebene, sondern auch auf Bundesebene. Während ein Teil der Partei auf Pragmatismus und Kompromisse setzt, fordert die WerteUnion eine klare Rückbesinnung auf konservative Prinzipien.
Ob der Appell Gehör findet, wird maßgeblich davon abhängen, ob es der WerteUnion gelingt, die Basis der CDU Thüringen zu mobilisieren und die Diskussion über die politische Ausrichtung der Partei nachhaltig zu beeinflussen. Was jedoch schon jetzt deutlich wird: Die Zukunft der CDU Thüringen steht auf dem Prüfstand – und mit ihr die Glaubwürdigkeit konservativer Politik.