Verpasste Chancen: Vacom sagt Großlöbichau ab – und Jena bleibt stumm

Die Nachricht, dass die VACOM Vakuum Komponenten & Messtechnik GmbH seine Pläne, in Großlöbichau über 1.000 Arbeitsplätze zu schaffen, abgesagt hat, ist mehr als nur ein regionaler Rückschlag. Es ist ein Signal dafür, wie fragil die Standortpolitik in Thüringen derzeit ist – und eine Mahnung, dass Jena und die Landesregierung endlich aktiver werden müssen.

Großlöbichau, das de facto längst zum erweiterten Einflussbereich Jenas gehört, hätte von dieser Ansiedlung immens profitiert. Nicht nur durch die Schaffung moderner Arbeitsplätze, sondern auch durch die wirtschaftlichen Impulse, die ein internationaler Technologiekonzern mit sich bringt. Von Zulieferern über den Einzelhandel bis hin zur Wohnungswirtschaft: Die gesamte Region hätte gewinnen können.

Die Absage Wacoms wirft nun jedoch Fragen auf. Waren die Rahmenbedingungen vor Ort wirklich attraktiv genug? Hat man die Chancen einer solch großen Investition zu spät erkannt? Und vor allem: Warum hat sich die Stadt Jena in dieser Debatte so auffällig zurückgehalten?

Jena, als innovativer Wissenschafts- und Technologiestandort, hätte bei der Ansiedlung viel stärker die Hand reichen müssen. Die Nähe zur Friedrich-Schiller-Universität, die hervorragende Forschungsinfrastruktur und die jungen Talente, die die Stadt ausbildet, sind ein enormer Vorteil, den man hätte offensiv vermarkten können. Doch es scheint, als hätte man die Gemeindeverwaltung von Großlöbichau eher als Nachbarn denn als Partner betrachtet.

Auch auf Landesebene bleibt das neue Regierungsbündnis in Thüringen auffallend blass. Die Standortpolitik, insbesondere für hochspezialisierte Branchen, scheint zwischen Haushaltsdebatten und parteipolitischen Grabenkämpfen unterzugehen. Doch Investoren wie Wacom brauchen mehr als nur gute Absichten: Sie verlangen klare Rahmenbedingungen, schnelle Entscheidungswege und eine sichtbare Unterstützung durch die Politik.

Die Absage ist ein bitterer Verlust, doch sie muss ein Weckruf sein. Jena darf sich nicht auf seinen Lorbeeren als Technologiestandort ausruhen. Es muss aktiv auf umliegende Gemeinden wie Großlöbichau zugehen und gemeinsam mit ihnen eine Strategie entwickeln, um die Region attraktiver für Investoren zu machen. Von einem solchen Schulterschluss könnten beide Seiten profitieren – und nicht zuletzt die Bürgerinnen und Bürger.

Die Verantwortung liegt nun bei allen: bei der Stadt Jena, bei der Gemeinde Großlöbichau und bei der Landesregierung. Sie müssen beweisen, dass sie die wirtschaftliche Zukunft der Region ernst nehmen. Denn eines ist sicher: Die nächste Chance wird kommen. Aber ob die Region dann besser vorbereitet ist, liegt ganz bei ihr.

Redakteur/Blogger/Journalist: Arne Petrich

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