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Geheime Elite: Ein Blick hinter die Kulissen der DDR-Kampfschwimmer

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Rostock/Kühlungsborn. In einem fast vergessenen, windgepeitschten Militärobjekt an der Ostseeküste, das einst als Ausbildungsstätte der Kampfschwimmer der Volksmarine diente, öffnen ehemalige Soldaten ihre Erinnerungen an eine Zeit, in der Geheimhaltung und militärische Innovation Hand in Hand gingen. Heute erzählt Karl Heinz Müller, einst Offizier der Volksmarine, von den hochspezialisierten Einsätzen der 100 Mann starken Kampfschwimmereinheit – Elite-Soldaten, die unter strengster Auswahl und mit außergewöhnlichen körperlichen und geistigen Voraussetzungen operierten.

Training und Taktik im Schatten der Geheimhaltung
„Sie waren nachts aktiv, fast unsichtbar und agierten an allen Fronten“, erinnert sich Müller. Der ehemalige Offizier berichtet von aufwendigen Ausbildungsprogrammen, die nicht nur intensives Tauchen, sondern auch Fallschirmsprünge und Nahkampftraining umfassten. Die Soldaten lernten, an feindliche Küsten anzulanden, Radar- und Funkleitstationen zu sabotieren und sogar Raketenstellungen zu zerstören – Fähigkeiten, die bis heute in geheimen militärischen Trainings nicht vernachlässigt werden.

Die Trainingsstätten selbst, einst durch Sperrzonen und unübersehbare Schießplätze gesichert, waren wahre Labore der militärischen Kreativität. Unter der Anleitung erfahrener Offiziere und mit modernsten Tauchgeräten – teils Kreislaufsysteme, die heute kaum mehr im zivilen Bereich zu finden sind – wurden die Kampfschwimmer auf Einsätze vorbereitet, bei denen jede Sekunde und jede Bewegung über Erfolg oder Scheitern entscheiden konnte.

Ein Leben zwischen Geheimnissen und Härtetests
Die Ex-Kämpfer, darunter auch Wolfram Wecke und Horst Kerzig, blicken mit einer Mischung aus Stolz und Wehmut auf ihre aktive Zeit zurück. Während der reguläre Dienst heute von touristischen Wiederbelebungen und gelegentlichen Sommer-Tauchgängen geprägt ist, zeugt das gelegentliche Wiederauftauchen der alten Geräte von einer Ära, in der militärischer Nervenkitzel und der Nervenkitzel des Unbekannten den Alltag bestimmten. Bei Temperaturen von nur vier Grad im Wasser mussten sie ihre körperlichen Grenzen austesten – und das oft unter Bedingungen, die selbst heute noch als Härtetest gelten würden.

Die Schattenseiten einer glorreichen Vergangenheit
Doch der militärische Ruhm hatte auch seinen Preis. Politische Zuverlässigkeit und die vermeintliche Abgrenzung von westlichen Einflüssen waren unerlässliche Voraussetzungen, die oft auch persönliche Schicksale bestimmten. Die Geschichten der Kampfschwimmer zeigen, wie stark der Druck auf die Männer war, in einem System zu funktionieren, das sich durch Geheimniskrämerei und militärische Überlegenheit definierte. Die Erinnerung an jene Tage bleibt zugleich faszinierend und beängstigend – ein Kapitel, in dem Abenteuerlust und die eiserne Disziplin einer Staatsdoktrin miteinander verschmolzen.

Ein Vermächtnis im Wandel der Zeit
Heute, mehr als drei Jahrzehnte nach dem Fall der Mauer, werden die Spuren jener Zeit immer unschärfer. Die ehemaligen Trainingslager sind längst von der Natur zurückerobert worden – und doch zeugen Relikte, wie die speziellen Kreislauftauchgeräte, von einer Ära, in der außergewöhnliche militärische Konzepte ausprobiert wurden. Die Erinnerungen der ehemaligen Kampfschwimmer lassen uns in eine Welt eintauchen, die von Geheimnissen, Härte und dem stetigen Streben nach Perfektion geprägt war.

Die Dokumentation dieser Geschichten ist mehr als eine nostalgische Rückschau. Sie liefert Einblicke in eine Zeit, in der militärische Taktiken und die Bereitschaft zum Extrem-Einsatz als Staatsgeheimnisse galten – und stellt zugleich die Frage, wie eng das Spannungsfeld zwischen Pflicht, Ehre und persönlicher Freiheit in einem totalitären System wirklich war.

„Dich auf dem Eis zu erleben“ – Ein Blick auf Katharina Witt und ihren außergewöhnlichen Lebensweg

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Die Welt des Eiskunstlaufs ist nicht nur eine Arena für sportliche Höchstleistungen, sondern auch ein Ort, an dem Emotionen, Identität und politische Dimensionen aufeinandertreffen. Die Geschichte von Katharina Witt, einer der bedeutendsten Sportlerinnen der DDR und der internationalen Eislaufgeschichte, ist eine solche Erzählung, die nicht nur ihre beeindruckenden Erfolge auf dem Eis umfasst, sondern auch die Herausforderungen und den inneren Konflikt, den sie als Frau in einer sich wandelnden Gesellschaft erlebte.

Katharina Witt war mehr als nur eine Athletin; sie war ein Symbol für die Hoffnung und den Stolz der DDR. Ihre Leidenschaft für den Eiskunstlauf war unübersehbar, und sie kämpfte mit einem unermüdlichen Willen, um nicht nur ihre sportlichen Ziele zu erreichen, sondern auch die Herzen der Zuschauer zu gewinnen. In der Zeit, als sie die Eisfläche betrat, schien es, als würde die Welt stillstehen, und alle Augen wären auf sie gerichtet. Der Begriff „Kati, eine Kühe die bleibt“, der den neuen Eventfilm beschreibt, bezieht sich nicht nur auf ihre sportlichen Leistungen, sondern auch auf die Stärke und Ausdauer, die sie als Person verkörperte.

Am 3. Oktober 2024 feierte der Film „Kati, eine Kühe die bleibt“ seine Premiere im ZDF, passend zum Tag der Deutschen Einheit. Unter der Regie von Michaela Mimi Käele und dem Drehbuch von Dr. Andreas Stoll wird die Biografie der Eiskunstlauflegende Katharina Witt auf eine tiefere emotionale und politische Dimension konzentriert. Der Film thematisiert nicht nur die olympischen Winterspiele 1994 in Lillehammer, sondern auch die komplexe Beziehung zwischen Witt und ihrer Trainerin Jutta Müller. Diese Beziehung spiegelt den Identitätskampf zweier Frauen wider, die nach dem Fall der DDR ihren Platz in einer neuen Gesellschaft finden müssen.

Katharina Witt, gespielt von Lavinia Novak, strebt nach ihrem Rückzug aus dem Eiskunstlauf ein Comeback an, um ein Stück Heimat im vereinten Deutschland zu finden. Dagmar Manzel verkörpert die strenge Trainerin Jutta Müller, deren Disziplin und Engagement Katharinas Karriere maßgeblich prägten. Der zentrale Konflikt des Films ist weniger sportlicher Natur, sondern dreht sich um den inneren Kampf der Figuren, sich in einer neuen Welt zu behaupten. Insbesondere Katharina hat mit den politischen Folgen ihrer Vergangenheit in der DDR zu kämpfen, die sie als SED-Musterschülerin und ihre Verbindungen zur Stasi begleiten.

Die Konfrontation mit Egon Krenz, gespielt von Alexander Schubert, zeigt die persönliche und politische Brisanz der Geschichte und unterstreicht den inneren Zwiespalt, in dem sich Katharina befindet. Der Film geht über die sportlichen Errungenschaften hinaus und beleuchtet, wie der politische Wandel nicht nur das Leben von Katharina, sondern auch das ihrer Trainerin beeinflusst hat.

Lavinia Novak, die die Rolle der Katharina Witt spielt, beeindruckt nicht nur durch ihre physische Ähnlichkeit, sondern auch durch die Tiefe, mit der sie die Zerrissenheit ihrer Figur darstellt. Die Chemie zwischen Novak und Dagmar Manzel als Jutta Müller verleiht dem Film eine emotionale Schwere, die sich durch die gesamte Handlung zieht. Manzels Darstellung einer disziplinierten, fast militärisch wirkenden Trainerin, die gleichzeitig eine Mutterfigur für Katharina darstellt, ist besonders hervorzuheben. Diese komplexe Dynamik wird eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht und zeigt, dass der Erfolg von Katharina auch das Resultat der harten Arbeit und des Engagements ihrer Trainerin war.

Der Film ist jedoch nicht nur ein Porträt einer Athletin; er ist auch eine Geschichte über den politischen Wandel und die Herausforderungen, die Frauen in dieser Zeit begegneten. Die Zuschauer werden in die Welt der 90er Jahre eintauchen, in eine Zeit, in der alles im Umbruch war. Katharina, die vor der Herausforderung steht, in einem neuen Deutschland ihren Platz zu finden, wird zur Symbolfigur für viele Frauen, die mit ähnlichen Fragen und Unsicherheiten konfrontiert waren.

Die kreative Inszenierung von Michaela Käele zeigt ihre Stärke im Umgang mit den emotionalen Konflikten, während die Kameraarbeit von Holly Finink die ästhetische Seite des Films gekonnt einfängt. Besonders beeindruckend sind die Eislaufszenen, die nicht nur die sportliche Leistung zeigen, sondern auch die innere Zerrissenheit der Figuren widerspiegeln. Das Zusammenspiel von Licht, Schatten und Bewegung auf dem Eis verleiht dem Film eine besondere visuelle Tiefe.

Katharina Witt ist nicht nur eine Eiskunstläuferin, sondern auch eine Frau, die mit den Herausforderungen ihrer Vergangenheit und ihrer Identität konfrontiert wird. Der Film beleuchtet die Nachwirkungen der Wendezeit aus einer weiblichen ostdeutschen Perspektive und zeigt, wie Katharina und Jutta gemeinsam durch die Stürme des Wandels navigieren.

„Kati, eine Kühe die bleibt“ ist mehr als nur ein Sportdrama. Es ist eine Geschichte über Identität, politischen Wandel und die Kraft von Beziehungen in Zeiten des Umbruchs. Lavinia Novak und Dagmar Manzel liefern herausragende Leistungen ab und verleihen dem Film emotionale Tiefe und Authentizität. Für Fans von Katharina Witt und für jene, die sich für Geschichten über starke Frauen in herausfordernden Zeiten interessieren, ist dieser Film ein Muss.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Film „Kati, eine Kühe die bleibt“ nicht nur eine Hommage an Katharina Witts beeindruckende Karriere ist, sondern auch eine Reflexion über die sozialen und politischen Herausforderungen, die Frauen in der Zeit des Wandels gegenüberstanden. In einer Welt, die sich schnell verändert, bleibt die Suche nach Identität und Zugehörigkeit eine universelle und zeitlose Erzählung. Der Film lädt die Zuschauer ein, Katharina Witt auf ihrem Weg zu begleiten, und bietet einen tiefen Einblick in die emotionale und politische Dimension ihres Lebens.

Den gesamten Film gibt es hier zum Anschauen. KLICK

Stasi und Punk: Überwachung der alternativen Jugendkultur in der Berliner Erlöserkirche 1989

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Der Film ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Überwachungspraktiken der DDR-Staatssicherheit in den letzten Jahren des Regimes. Im Frühjahr 1989 nahm das MfS während eines Punkkonzertes in der Berliner Erlöserkirche Aufnahmen vor – ein Vorgang, der typisch für die systematische Beobachtung alternativer Subkulturen in Ost-Berlin war.

Historischer Kontext und Motive
In der späten DDR galten Punks und andere alternative Jugendbewegungen als potenziell regimekritisch. Das punkige Auftreten und die nonkonforme Lebensweise wurden vom autoritären System als Bedrohung wahrgenommen, weshalb das Ministerium für Staatssicherheit nicht davor zurückschreckte, derartige Ereignisse zu dokumentieren. Die Erlöserkirche diente in diesem Fall als Veranstaltungsort, der neben musikalischen Darbietungen auch als Treffpunkt für Menschen galt, die abseits des offiziellen Staatsapparats standen.

Inhalt und Bedeutung des Films
Der MfS-Observationsfilm dokumentiert nicht nur die musikalische Performance, sondern auch das Verhalten und die Atmosphäre unter den Anwesenden. So wird sichtbar, wie der Staat versuchte, alternative Lebensstile und kulturelle Ausdrucksformen zu überwachen und in die Kontrolle zu bringen. Aus heutiger Perspektive liefert das Filmmaterial wichtige Hinweise darauf, wie tief die Überwachung in das gesellschaftliche Leben der DDR eingriff und wie stark der Staat bestrebt war, jegliche Form von Dissens zu unterdrücken.

Relevanz für die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit
Für Historiker und Kulturwissenschaftler stellt der Film ein wertvolles Zeugnis dar. Er veranschaulicht die Repression und den Überwachungsapparat der DDR sowie den Widerstand und die kreative Selbstbehauptung junger Menschen in einem repressiven politischen System. Auch wenn das Material aus der Perspektive des MfS entstanden ist und somit einer bestimmten ideologischen Sichtweise unterliegt, bietet es dennoch einen wichtigen Einblick in die komplexen Wechselwirkungen zwischen staatlicher Kontrolle und subkulturellem Lebensstil.

Zusammengefasst zeigt der MfS-Observationsfilm, wie der Staat versuchte, abweichende kulturelle Strömungen zu überwachen – ein Bild, das heute als Mahnmal der Einschränkung von Freiheit und der repressiven Überwachung in der DDR dient.

Besiegt und befreit: Wie der Hunger über das Kriegsende siegte

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Als die Waffen im Mai 1945 endlich schwiegen, versprach der Sieg über Nazi-Deutschland Hoffnung und Neuanfang. Für die damals 12-jährige Erna Moskal aber begann mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine Zeit, die sie als „noch härter als die letzten Kriegsjahre“ in Erinnerung behalten hat.

Moskal, in Potsdam aufgewachsen, erinnert sich an durchzehrte Nächte und Tage, in denen der Magen schmerzte. „Ich weiß, wie Hunger ist“, sagt sie heute. Mit dünnen, ausgemergelten Gliedern verbrachte sie jene ersten Nachkriegsmonate. Die Rationen aus den vom Süden heranziehenden Versorgungskonvois reichten nicht für die gesamte Bevölkerung.

Retterin in dieser Not war eine russische Militärärztin, der Moskal beinahe ihr Leben verdankt. „Sie hat immer ein paar Medikamente und Lebensmittel in meinen Korb gesteckt“, berichtet die Zeitzeugin. Auch Ernährungsrationen, die ihrer Mutter bei Bauern in der Umgebung preiswert oder kostenlos verschafft wurden, hätten das Überleben gesichert.

Doch die materielle Not war nur ein Teil des Leids. Moskal erinnert sich an die traumatischen Bilder zerstörter Städte und zerstörter Seelen. Von den russischen Soldaten fühlte sie sich teils bedroht, teils aber auch menschlich behandelt. Die Ambivalenz dieser Begegnungen spiegelt das Dilemma unzähliger Deutscher wider: Befreit und doch besetzt, sicher und doch schwach.

Historiker verweisen darauf, dass der Hunger im unmittelbaren Nachkriegsdeutschland nicht zuletzt durch das weitgehende Zusammenbrechen von Verwaltung und Logistik verursacht wurde. Infrastruktur und Transportwege waren massiv zerstört, Fachkräfte fehlten – Rückstände, die Frauen wie Moskal und Millionen andere zu tragen hatten.

Heute lebt Erna Moskal zurückgezogen in Potsdam und teilt ihr Schicksal nur in Ausnahmefällen. Ihr Zeugnis mahnt, das Kriegsende nicht nur als historischen Wendepunkt, sondern auch als Beginn einer humanitären Katastrophe zu begreifen. In ihrem engen Wohnzimmer hängt ein unscheinbares Foto: eine junge Russin im Feldkittel, deren gelebte Solidarität ein junges Mädchen davor bewahrte, noch weiter dem Hungertod nahe zu rücken.

Moskal schließt: „Es darf nicht vergessen werden, dass Befreiung nicht immer Freiheit heißt.“ Ihr eindringlicher Appell erinnert daran, dass die Nachkriegsgeschichte nicht nur von Politik und großen Entscheidungen geprägt ist, sondern vor allem von den stillen Helferinnen und Helfern, die im Kleinen über Leben und Tod entschieden.

Der schwierige Weg der Ost-SPD zum Volkskammerwahlkampf 1990

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Gotha, 28. Februar 1990 – Mit dem ersten freien Wahlkampf in der DDR steht eine ganz neue Ära bevor. Inmitten einer überwältigenden Welle der Neugründungsstimmung versucht die Ost-SPD in Gotha, den Spagat zwischen traditionellem Sozialismus und den Anforderungen einer demokratischen Zukunft zu meistern. Doch der lange Weg zur Volkskammerwahl am 18. März 1990 wird von Zweifeln, strukturellen Herausforderungen und der Last der Vergangenheit überschattet.

Ein Land im Aufbruch
Vor wenigen Wochen war die Aufbruchsstimmung in Thüringen noch ungebrochen. Über 100.000 Bürger versammelten sich, um der neu gegründeten SPD ihre Unterstützung zu zeigen – ein Symbol für den brennenden Wunsch nach Veränderung. Die Menschen feierten die Möglichkeit, frei zu wählen und ihre politische Zukunft selbst zu bestimmen. In diesen Stunden klang es fast so, als hätten die Sozialdemokraten den Wahlsieg bereits in der Tasche.

Doch die Euphorie sollte sich bald in tiefe Ernüchterung verwandeln. Der Alltag in der DDR, geprägt von verfallenden Strukturen, veralteter Industrie und einer belasteten Umwelt, ließ die anfänglichen Hoffnungen rasch in den Hintergrund treten. Die idyllische Vorstellung von Fortschritt und Erneuerung hatte sich in das angespannte Fading von Problemen verwandelt, die den Bürgern tagtäglich vor Augen geführt wurden.

Politischer Neuanfang – aber zu welchem Preis?
Hinter der Fassade des politischen Aufbruchs verbirgt sich die harte Realität eines politischen Neuanfangs. Die Ost-SPD in Gotha, zusammengerufen aus den Trümmern einer langen Parteigeschichte, muss nun versuchen, ein funktionierendes Parteiapparat aufzubauen – und das unter den Bedingungen einer Gesellschaft, die noch immer von den Narben der SED-Vergangenheit gezeichnet ist.

Viele Mitglieder der neuen Partei haben wenig Erfahrung in der politischen Arbeit. „Früher durfte man in der SED nie seine Meinung sagen“, so ein engagierter, aber noch unerfahrener Kandidat der Ost-SPD. Heute, im Licht der neu gewonnenen Freiheit, stellen sie sich der Aufgabe, nicht nur gegen die alte Staatsmacht anzugehen, sondern auch intern ihre Strukturen zu reformieren. Dabei wird klar: Das Versprechen der Selbstbestimmung trifft auf eine überforderte Organisation, die noch immer in den Schatten der Vergangenheit agiert.

Der schmale Grat zwischen Demokratisierung und Zweifel
Bürger in Gotha stehen im Zwiespalt. Einerseits lockt der Gedanke an ein selbstbestimmtes, demokratisches Leben – frei von den Fesseln der alten Diktatur. Andererseits bleibt die Sorge vor dem alltäglichen Überlebenskampf und den sozialen sowie wirtschaftlichen Problemen, die noch immer präsent sind. Die Umfragegespräche zeigen ein Bild der Unentschlossenheit: Viele Menschen wissen noch nicht genau, für welche Partei sie am Wahlabend ihre Stimme abgeben sollen.

„Ich weiß nur, dass ich die BDS nicht wähle“, äußerte ein zögerlicher Wähler. Zwischen SPD und CDU schwankt die öffentliche Meinung – der vertraute, aber ebenfalls fehlerhafte Parteistamm der DDR liegt in der Vergangenheit, während die Versprechen der westdeutschen Politiker mit ihrem schlagkräftigen Auftreten und klaren Konzepten auf sich warten lassen.

Regionale Herausforderungen und das Erbe der SED
Der schwierige Balanceakt der Ost-SPD wird zusätzlich durch regionale Besonderheiten erschwert. Die Landwirtschaft beispielsweise steht vor großen Umwälzungen. Die bevorstehende Währungsunion und der damit verbundene Einfluss der D-Mark auf die LBGs (landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften) könnten nahezu 500.000 Arbeitsplätze gefährden. Die Diskussionen in Gotha belegen, wie schnell wirtschaftspolitische Herausforderungen zu existenziellen Fragen für die Bürger werden.

Die Standpunkte der neu gegründeten SPD in Thüringen stützen sich auf alte Prinzipien wie die Bodenreform von 1946 – ein Konzept, das in den ländlichen Gebieten des Ostens noch immer emotionale Wellen schlägt. Doch gerade hier zeigt sich der Bruch zwischen Theorie und Realität: Die versprochenen Reformen halten wenig von historischen Konzepten und mühsam aufgebauten Idealen, wenn die dringend benötigten Strukturen für eine erfolgreiche Umsetzung fehlen.

Das Vertrauen der Bürger im Wandel
Für viele Bürger bleibt das zentrale Anliegen: „Ich will, dass es besser wird.“ Doch angesichts der widersprüchlichen Signale – vom überforderten Parteiapparat in Gotha bis hin zu den verlockenden Auftritten der erfahrenen Politiker aus der Bundesrepublik – schwindet das Vertrauen in die eigene politische Mitte. Die Redeweise einiger Kandidaten zeugt von einem tiefen Zwiespalt: Der Wunsch, sich aktiv an der politischen Gestaltung zu beteiligen, wird durch die Realität des Unbekannten und des Veränderungsschmerzes gedämpft.

Auch die Rolle der Medien und der politischen Beratung ist nicht zu unterschätzen. Während prominente Parteipaten aus dem Westen mit klaren Konzepten und sicheren Argumenten aufwarten, fehlt es den lokalen SPD-Mitgliedern an fundierter Argumentation und strategischer Ausrichtung. Dieses Ungleichgewicht führt dazu, dass viele Bürger das Gefühl haben, bei der Frage der Wahlentscheidung müssten sie im Prinzip den erfahrenen Politikern aus dem Westen ihre Stimme geben – und sich dabei selbst außen vor stellen.

Ein demokratischer Wettstreit in der Schwebe
Der Wahlkampf in Gotha steht beispielhaft für die gesamte DDR im Aufbruch zur Demokratie. Die Ost-SPD verkörpert den Versuch, den alten Parteistil gegen ein neues, offeneres und demokratischeres Modell zu tauschen – doch der Preis dafür ist hoch. Politische Unerfahrenheit, strukturelle Probleme und das Erbe der SED erschweren den Wandel.

Während die ersten freien Wahlen bevorstehen, bleibt das Bild ambivalent: Die Begeisterung über die Möglichkeit des freien Wahlakts wird von einer tiefen inneren Unsicherheit überschatten. Die Bürger sind hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch nach Stabilität und dem Streben nach einer besseren, gerechteren Zukunft. Ob sich dieser Balanceakt zugunsten der Ost-SPD oder zugunsten einer Alternative wie der CDU ausschlägt, wird sich in den kommenden Tagen und Wochen zeigen – ein Spiegelbild des turbulenten Übergangs von der alten zur neuen Ordnung.

Nach fast fünfzig Jahren wurde der Schriftzug „Berlin-Tempelhof“ abgebaut

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Am Flughafen Berlin Tempelhof herrscht schon bei Sonnenaufgang emsiges Treiben. Der Tag beginnt nicht nur für die Stadt, sondern auch für ein bedeutendes Symbol des Flughafens: den ikonischen Schriftzug „Berlin Tempelhof“. Dieser Schriftzug hat das Dach des Gebäudes seit fast 50 Jahren geschmückt und wird heute abgebaut, um Platz für notwendige Sanierungsarbeiten zu schaffen.

Die besondere Mission
Ein mobiler Kran rückt an, um diese besondere Mission durchzuführen. Die Stahlbaufirma Heckmann aus Berlin-Hoppegarten und das Tempelhof Projekt arbeiten dabei eng zusammen. Ihre Aufgabe ist es, die schweren Metallbuchstaben sicher zu entfernen – ein Unterfangen, das sowohl Geschick als auch spezielle Ausrüstung erfordert.

Der Abbauprozess
Die ersten Buchstaben werden vorsichtig gelöst und abgeseilt. Der Einsatz von Spezialausrüstung, Rundschlingen und einem mobilen Kran ist dabei unerlässlich. Die jahrelange Belastung durch Wetter und Zeit ist den Buchstaben deutlich anzusehen. An der Vorderseite sind rundherum etwa zwei Zentimeter dicke Leuchtstoffröhren angebracht, die das typisch blaue Leuchten erzeugten.

Buchstabengröße: Etwa 2 Meter hoch
Länge des Schriftzugs: Ca. 42 Meter

Die Geschichte des Schriftzugs
Ursprünglich befand sich an der Dachkante lediglich die Aufschrift Tempelhof. Anfang der 1970er Jahre ersetzte die Berliner Flughafengesellschaft diese und installierte eine moderne Neonschrift, die über 50 Jahre lang leuchten sollte. Der Schriftzug wurde zu einem Wahrzeichen des Flughafens und war weithin sichtbar.

Die bevorstehenden Restaurierungsarbeiten
In den kommenden Monaten wird der Schriftzug mitsamt seiner Stahlunterkonstruktion umfassend und denkmalgerecht restauriert. Diese Maßnahmen sind notwendig, um die integrative Geschichte des Flughafens zu bewahren und gleichzeitig die strukturelle Integrität des Gebäudes zu sichern.

Rückkehr in neuem Glanz
Schon im nächsten Sommer wird der Schriftzug in neuem Glanz wieder zum Flughafen zurückkehren. Dann kann Berlin Tempelhof wieder weit über das Feld und die Stadt erstrahlen.

Der Abbau des ikonischen Schriftzugs markiert das Ende eines Kapitels, jedoch auch den Beginn eines neuen. Mit der Restaurierung wird nicht nur ein Stück Geschichte bewahrt, sondern auch ein Symbol für die Zukunft des Flughafens geschaffen. Der Flughafen Tempelhof bleibt somit ein wichtiger Teil des Berliner Stadtbildes und der städtischen Identität.

Vera Lengsfelds Kritik an Angela Merkel: Machtstreben und autoritärer Politikstil

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Vera Lengsfeld, eine profilierte Bürgerrechtlerin und ehemalige Bundestagsabgeordnete, hat in zahlreichen Interviews und Artikeln ihre kritische Sicht auf Angela Merkel und deren politische Karriere dargelegt. Ihre Positionen zeichnen sich durch eine scharfe Analyse und deutliche Kritik an Merkels Politikstil und Entscheidungen aus. Nachfolgend werden die wichtigsten Aussagen Lengsfelds zusammengefasst und analysiert.

Der Einstieg Angela Merkels in die Politik
Vera Lengsfeld vertritt die These, dass Angela Merkel die CDU nie wirklich akzeptiert habe und lediglich aus Karrieregründen dieser Partei beigetreten sei. Sie argumentiert, dass es keine belastbaren Belege dafür gibt, dass Merkel jemals Mitglied des Demokratischen Aufbruchs war – der Organisation, die sie letztlich zur CDU führte. Lengsfeld hebt hervor, dass Merkel in keiner anderen Partei eine vergleichbare Karriere hätte machen können, da ihre pragmatische und anpassungsfähige Herangehensweise perfekt auf die damalige Situation in der CDU zugeschnitten war. Sie beschreibt Merkel als Vertreterin einer neuen Politikergeneration, deren Fokus nicht auf Idealen oder Überzeugungen lag, sondern ausschließlich auf der eigenen Karriere.

Merkels Politikstil und Entscheidungen
Lengsfeld äußert scharfe Kritik an Merkels Politikstil, den sie als autoritär und oft rechtsbeugend beschreibt. Besonders umstritten sind in ihren Augen folgende Entscheidungen:

– Atomausstieg 2011: Lengsfeld sieht darin einen populistischen Schritt, der ohne ausreichende wissenschaftliche oder technische Grundlage erfolgt sei.

– Grenzöffnung 2015: Sie wirft Merkel vor, das deutsche und europäische Recht gebrochen zu haben, indem sie eine ungeregelte Masseneinwanderung zugelassen habe.

– Corona-Maßnahmen: Hier spricht Lengsfeld von einer zeitweisen Aussetzung des Grundgesetzes und sieht in Merkels Handlungen einen klaren Bruch rechtsstaatlicher Prinzipien.

Ein weiterer zentraler Kritikpunkt ist der Umgang Merkels mit der Wahrheit. Lengsfeld beschuldigt die Kanzlerin, im Fall der sogenannten Chemnitzer Hetzjagden falsche Behauptungen aufgestellt zu haben, um von den Hintergründen eines Tötungsdelikts abzulenken. Ihrer Meinung nach dienten solche Aussagen dazu, politische Gegner zu diskreditieren und kritische Diskussionen zu unterdrücken.

Die Rolle der CDU und der Medien
Ein wiederkehrendes Thema in Lengsfelds Kritik ist Merkels Beziehung zur CDU. Sie beschreibt, wie Merkel offen erklärte, dass sie sich nicht an Parteibeschlüsse gebunden fühle, wenn diese ihren Zielen widersprächen. Lengsfeld interpretiert dies als Beleg dafür, dass Merkel die Partei eher als Vehikel für ihre persönlichen Ambitionen denn als Gemeinschaft von Überzeugungen betrachtete. Nach ihrem Rücktritt von der Kanzlerschaft verweigerte Merkel sogar eine Ehrenmitgliedschaft in der Konrad-Adenauer-Stiftung, was Lengsfeld als klares Zeichen wertet, dass Merkel mit der CDU abgeschlossen hat.

Laut Lengsfeld war Merkels Erfolg maßgeblich von der Unterstützung der Medien abhängig. Sie wirft den Medien vor, eine unkritische Haltung gegenüber Merkel eingenommen und dadurch eine objektive Berichterstattung verhindert zu haben. Ihrer Meinung nach war dies ein entscheidender Faktor, der es Merkel ermöglichte, ihre Politik nahezu ungehindert durchzusetzen.

Merkels Sprachgebrauch
Lengsfeld analysiert auch Merkels Rhetorik und bezeichnet diese als „Kanzlerinnen-Idiom“, das darauf abziele, die wahren Absichten zu verschleiern. Sie führt zahlreiche Beispiele an, wie etwa die Begriffe „europäische Lösung“, „nationale Abschottung“ oder „etwas vom Ende her denken“. Diese Formulierungen seien bewusst vage gehalten und sollten verhindern, dass ihre Politik klar bewertet werden könne. Besonders kritisch sieht Lengsfeld Merkels Aussage, sie wolle „aus Illegalität Legalität machen“. Sie interpretiert dies als Eingeständnis, dass Merkel die Illegalität ihrer Handlungen bewusst war.

Das Vermächtnis Angela Merkels
Lengsfeld zieht ein sehr negatives Fazit über Merkels Zeit als Kanzlerin. Sie glaubt, dass Merkels Politik langfristig vor allem negative Auswirkungen haben wird und dass sie den Kampf um ihr Geschichtsbild verlieren werde. Lengsfeld sieht den Aufstieg der AfD als direkte Folge von Merkels Politik, insbesondere ihrer Entscheidung zur Grenzöffnung 2015. Sie argumentiert, dass Merkels autoritärer Politikstil und die Missachtung von Kritikerstimmen eine Polarisierung der Gesellschaft und eine Stärkung populistischer Kräfte begünstigt hätten.

Lengsfelds eigene Perspektive
Im Vergleich zu Merkel betont Lengsfeld, dass sie selbst nie nach Macht gestrebt habe. Ihr Privatleben und ihre Kinder seien ihr stets wichtiger gewesen als ihre politische Karriere. Sie fragt sich, ob Merkel angesichts ihres Lebens in „Endlossitzungen“ und permanenter Verantwortung nicht letztlich zu bedauern sei. Lengsfeld zeichnet hier das Bild einer Kanzlerin, die zwar äußerlich erfolgreich war, deren Entscheidungen jedoch erhebliche Spuren hinterlassen haben.

Vera Lengsfeld bietet eine detaillierte und umfassende Kritik an Angela Merkel. Sie wirft ihr Machtstreben, Rechtsbeugungen, einen autoritären Politikstil und die Missachtung der CDU vor. Ihrer Meinung nach hat Merkel ihre Karriere stets über die Interessen des Landes und der Partei gestellt. Lengsfeld sieht in Merkels Politik die Ursache für zahlreiche gesellschaftliche und politische Probleme, darunter die Stärkung populistischer Kräfte und eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft. Trotz Merkels beeindruckender Karriere bleibt Lengsfeld überzeugt, dass ihr politisches Vermächtnis vor allem kritisch beurteilt werden wird.

Ein historisches Zentrum im Wandel – Die Potsdamer Mitte

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Die Potsdamer Mitte ist das historische Herz der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam. Sie hat eine bewegte Geschichte und ist heute ein lebendiger Ort, der Tradition und Moderne miteinander verbindet. Die Wiederherstellung und Revitalisierung dieses zentralen Bereichs von Potsdam ist ein wichtiges städtebauliches Projekt, das sowohl architektonische als auch kulturelle Aspekte umfasst.

Den Grundstein zur heutigen Entwicklung haben die Stadtverordneten mit dem Beschluss zur „behutsamen Wiederannäherung an das charakteristische, gewachsene historische Stadtbild“ am 24. Oktober 1990 gelegt. Weitere Meilensteine waren die Festsetzung des Sanierungsgebietes „Potsdamer Mitte“ im Dezember 1999, der Beschluss zum Integrierten Leitbautenkonzept 2010 sowie das Ausschreibungsverfahren im Jahr 2017 bis 2018. Um einen Beitrag zur Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum zu leisten, wurden bei der Vergabe der Baugrundstücke Angebote mit gefördertem und/oder mietpreisgebundenem Wohnraum, für Selbstnutzer sowie Nutzungsangebote für öffentliche Einrichtungen für Kultur und Bildung besonders bewertet. Die Grundstücksvergabe erfolgte zu einem gutachterlich festgestellten Festpreis, nicht wie andernorts üblich im Höchstgebotsverfahren. Es gab 82 Interessierte für neun Bau-Lose. Insgesamt entstehen derzeit 14 neue Häuser im sogenannten Block III, dem neuen Innenstadt-Quartier am Alten Markt und Steubenplatz.

Die Potsdamer Mitte ist nicht nur ein architektonisches Highlight, sondern auch ein kultureller Hotspot. Zahlreiche Museen, Theater und Veranstaltungsorte bieten ein vielfältiges Programm für Einheimische und Touristen. Der Platz vor dem Stadtschloss und die umliegenden Straßen sind Schauplatz vieler kultureller und gesellschaftlicher Events.

Der Wiederaufbau der Potsdamer Mitte ist ein Paradebeispiel für die gelungene Symbiose von historischer Rekonstruktion und moderner Stadtentwicklung. Die harmonische Integration von Alt und Neu schafft einen einzigartigen städtischen Raum, der die Identität und Geschichte Potsdams widerspiegelt und gleichzeitig zukunftsorientiert ist.

Die Potsdamer Mitte zeigt, wie wichtig es ist, das kulturelle Erbe zu bewahren und gleichzeitig Raum für moderne Entwicklungen zu schaffen. Sie bleibt ein lebendiges Beispiel für die städtebaulichen Herausforderungen und Erfolge im wiedervereinten Deutschland.

Talsperren im Klimawandel: Zwischen Wassermangel und Hochwasserschutz

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In Sachsen zeigt sich der Klimawandel bereits in Form extremer Wetterereignisse: Dürren, Starkregen und Stürme nehmen zu, während die Sommertemperaturen steigen und die Niederschläge abnehmen. Die Landes­talsperrenverwaltung steht vor der Herausforderung, einerseits ausreichend Wasser für Trink- und Brauchwasserbereitstellung zu speichern und andererseits ausreichend Rückhaltekapazitäten für Hochwasserereignisse vorzuhalten.

Multifunktionale Anlagen
Sachsen betreibt über 80 Anlagenkomplexe, darunter Haupttalsperren, Vorsperren und Hochwasserrückhaltebecken. Diese Anlagen dienen der Versorgung von Städten, Landwirtschaft und Industrie, gleichzeitig sind sie wichtige Elemente im regionalen Hochwasserschutz. Die Sicherheit und Funktionsfähigkeit aller Bauwerke werden durch regelmäßige Inspektionen von Mauerwerk, Rohrleitungen und Entnahmeanlagen gewährleistet.

Überwachung der Wasserqualität
Steigende Luft- und Wassertemperaturen fördert die Entwicklung von Algenblüten und Bakterien sowie die Verringerung des Sauerstoffgehalts. Um die Trinkwasserqualität sicherzustellen, werden mehrmals wöchentlich Proben genommen und in Bezug auf über 30 Parameter untersucht, darunter pH-Wert, Nitrat und Schwermetalle. Auch Brauchwasserreservoire unterliegen strengen Kontrollen, um Gefährdungen für Industrieanlagen und die touristische Nutzung auszuschließen.

Technische Gegenmaßnahmen
Zur Stabilisierung der Sauerstoffverhältnisse kommen am Beckenboden installierte Sauerstoffmatten zum Einsatz. Diese reduzieren die Mobilisierung unerwünschter Stoffe aus Sedimenten und gleichen Sauerstoffdefizite aus. Zudem werden an der Technischen Universität Dresden hydraulische Modellversuche durchgeführt, um Extremhochwasser wie jenes von 2002 besser simulieren und steuern zu können.

Hochwasservorsorge seit 2002
Nach der Jahrhundertflut 2002 wurde das Warnsystem modernisiert und eine Landeshochwasserzentrale eingerichtet, die Zufluss- und Abflussdaten in Echtzeit auswertet. Die Trinkwassertalsperren verfügen inzwischen über rund 40 Mio. m³ zusätzlichen Rückhalteraum, um künftige Extremhochwasser abzufangen und Schäden zu minimieren.

Klimaprognosen für Sachsen gehen von einem Temperaturanstieg um zwei bis sechseinhalb Grad bis zum Ende des Jahrhunderts aus. Sommerliche Niederschläge könnten um bis zu 30 % zurückgehen, während Starkregenereignisse im Herbst zunehmen. Die vorhandene technische Ausstattung und das erweiterte Rückhaltevolumen bieten jedoch ausreichende Reserven, um sowohl auf Trockenphasen als auch auf Hochwasserspitzen reagieren zu können.

Die sächsischen Talsperren bleiben damit ein zentrales Element zur Gewährleistung der Wasserversorgung und des Hochwasserschutzes im sich wandelnden Klima.

Die letzte Flottenparade der Volksmarine der DDR 1989

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Die Ostsee glitzerte im milden Herbstlicht, als die Schiffe der Volksmarine an diesem besonderen Tag in den Hafen von Rostock einliefen. Die DDR beging ihr 40-jähriges Bestehen – und die Führung wollte noch einmal ihre militärische Stärke zur Schau stellen. Doch was als Machtdemonstration gedacht war, sollte sich schon bald als Abschiedsvorstellung entpuppen.

Eine Inszenierung zum Staatsjubiläum
Am 7. Oktober 1989 präsentierte die Volksmarine ihre Schlagkraft mit einer groß angelegten Flottenparade in der Ostsee vor Rostock. Dutzende Schiffe, darunter Raketenschnellboote, Minensucher, Fregatten und U-Jagd-Korvetten der Parchim-Klasse, nahmen an der Parade teil. Überflüge von Marinefliegern begleiteten die Inszenierung, während an Bord der Schiffe Offiziere in Paradeuniform salutierten. Die Führung der Nationalen Volksarmee wollte mit der Veranstaltung ein Zeichen setzen: Die DDR war wehrhaft, die Volksmarine kampfbereit.

Doch abseits der militärischen Posen war die Stimmung gedrückt. Bereits seit Wochen brodelte es im Land, die Proteste gegen das Regime wuchsen. Während in Rostock noch Schiffe ihre Formation hielten, waren in Leipzig bereits Zehntausende auf den Straßen. Es war eine Machtdemonstration in einem Staat, dessen Ende bereits spürbar war.

Die letzte Parade einer untergehenden Marine
Während die Schiffe der Volksmarine auf dem Wasser exerzierten, bröckelte die Macht der SED an Land. Nur einen Monat später, am 9. November 1989, fiel die Berliner Mauer. Mit der deutschen Einheit im Jahr 1990 wurde auch die Volksmarine aufgelöst. Ein Großteil der Schiffe wurde außer Dienst gestellt, einige an andere Staaten verkauft, wenige in die Bundesmarine integriert. Die letzte große Flottenparade der DDR war damit rückblickend nicht mehr als eine nostalgische Momentaufnahme – eine Erinnerung an eine Streitmacht, die kurz darauf Geschichte war.

Heute erinnert in Rostock kaum noch etwas an die große Seestreitmacht der DDR. Die Parade von 1989 bleibt in der Erinnerung als eine Inszenierung eines Staates, der seine eigene Zukunft nicht mehr bestimmen konnte. Ein letztes Aufbäumen einer Marine, die nie einen Krieg erlebte, aber dennoch für einen untergehenden Staat demonstrierte.