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Mieter im Südpark Halle kämpfen gegen Heizungs- und Warmwasserabschaltung

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Im Südpark in Halle/Neustadt häufen sich die Probleme. Die Stadtwerke haben am Dienstag in mehreren Wohnblöcken die Wärmeversorgung eingestellt. Wird der Eigentümer enteignet? Grund für diese drastische Maßnahme sind unbezahlte Rechnungen des Eigentümers. Für die betroffenen Mieterinnen und Mieter stellt dies einen Skandal dar. Der Mieterrat appelliert an die Stadtverwaltung, endlich zu intervenieren und den Betroffenen zu helfen.

Die Stadtverwaltung wird aufgefordert, in Vorleistung zu treten und sich das Geld durch einen Bescheid vom Eigentümer zurückzuholen. Der Mieterrat weist darauf hin, dass es sogar notwendig sein könnte, ins Grundbuch einzugreifen, um den Vermieter zur Zahlung zu zwingen. „Es kann nicht sein, dass die Mieter für das Versagen des Eigentümers bestraft werden“, so ein Vertreter des Mieterrates.

Betroffen von dieser Situation sind mehrere Wohnblöcke in der Eduard-Küncke-Straße sowie der Mendelssohn-Bartoldi-Straße. Die Mieter sind stinksauer über die aktuelle Lage. „Der Eigentümer ist unerreichbar, wir hören und sehen ihn nicht. Und die neue Verwaltung sitzt in Jena und ist ebenfalls nicht zu erreichen“, berichtet ein frustrierter Mieter. „Was sollen wir tun? Müssen wir improvisieren, Wasser aufkochen und Decken nutzen? Das ist doch nicht zumutbar!“

Das Problem hat sich in den letzten Jahren dramatisch verschärft. Der hallische Energieversorger hatte immer wieder mit Abschaltungen gedroht, doch in der Vergangenheit konnten ausstehende Zahlungen oft noch in letzter Minute beglichen werden. Diesmal jedoch scheint der Vermieter nicht mehr zu reagieren. „Er hat sich nicht gemeldet, und wir haben die Mitteilung erhalten, dass er nicht gezahlt hat“, schildert ein Mieter die aktuelle Situation.

Die Lage im Südpark ist mittlerweile katastrophal. Handwerksfirmen, wie Schädlingsbekämpfer oder Heizungsmonteure, kommen inzwischen nur noch gegen Vorkasse ins Haus. Die Zustände in der Umgebung der Wohnanlagen sind ebenso desolat: Müll liegt im Hof, die Treppenhäuser sind verdreckt und die Grünanlagen völlig ungepflegt. „So kann es nicht weitergehen. Ich denke, das ist unser Untergang“, äußert sich ein besorgter Mieter. „Wir brauchen dringend Heizung und Warmwasser, besonders jetzt, wo die kalten Nächte anbrechen.“

Die betroffenen Mieter sind in großer Sorge. Sie hoffen inständig, dass ihr Vermieter reagiert und sich umgehend mit den Stadtwerken in Verbindung setzt. Andernfalls könnten viele Mieter im Südpark bald vor frostigen Tagen und Nächten stehen, die sie ohne eine funktionierende Heizung und Warmwasserversorgung durchstehen müssten.

Der Mieterrat hat bereits eine Informationsveranstaltung für die Mieter organisiert, um über die aktuellen Entwicklungen aufzuklären und gemeinsam Lösungen zu finden. „Wir müssen zusammenhalten und für unsere Rechte kämpfen. Es darf nicht sein, dass wir für die Fehler des Eigentümers leiden müssen“, betont ein Mitglied des Mieterrates.

Zusätzlich wurden Pläne geschmiedet, um öffentliche Aufmerksamkeit auf die Situation zu lenken. Die Mieter planen, eine Demonstration zu organisieren, um auf ihre schwierige Lage aufmerksam zu machen und die Stadtverwaltung zur Reaktion zu bewegen. „Wir müssen die Öffentlichkeit informieren, damit sich etwas ändert. Wir sind nicht allein, und wir lassen uns nicht unterkriegen“, lautet die Botschaft.

Inzwischen bleibt den Mietern im Südpark nicht viel mehr übrig, als abzuwarten und zu hoffen. Die Stadtverwaltung steht in der Pflicht, endlich zu handeln und eine Lösung zu finden. Ein Rückblick auf die letzten Monate zeigt, dass die Verhältnisse in den Wohnanlagen nicht nur durch die aktuelle Abstellung von Heizung und Warmwasser geprägt sind, sondern auch durch jahrelange Vernachlässigung und Missmanagement des Eigentümers.

Die Mieter fordern nicht nur die Wiederherstellung der Heizungs- und Warmwasserversorgung, sondern auch langfristige Lösungen für ihre Wohnsituation. Der Mieterrat setzt sich dafür ein, dass die Stadtverwaltung endlich aktiv wird und die notwendigen Schritte einleitet, um die Rechte der Mieter zu schützen und die Lebensbedingungen in den betroffenen Wohnanlagen zu verbessern.

Ein weiteres Problem, das in diesem Kontext angesprochen wird, ist die generelle Wohnungsnot in Halle. Viele Menschen suchen dringend nach bezahlbarem Wohnraum, während die bestehenden Wohnungen in einem schlechten Zustand sind. „Es ist eine Schande, dass wir in einer Stadt leben, in der Mieter so wenig Rückhalt bekommen“, äußert ein betroffener Mieter.

In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob die Stadtverwaltung die notwendigen Schritte unternimmt, um den Mietern im Südpark zu helfen und die Probleme anzugehen. Die betroffenen Mieter hoffen, dass die Öffentlichkeit aufmerksam bleibt und sie nicht allein gelassen werden. Denn ihre Situation ist nicht nur ein lokales Problem, sondern ein Beispiel für die Herausforderungen, mit denen viele Mieter in Deutschland konfrontiert sind.

In der Zwischenzeit bleiben die Mieter im Südpark entschlossen, für ihre Rechte zu kämpfen und gemeinsam für eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu arbeiten. Sie sind bereit, sich zu vernetzen und sich gegenseitig zu unterstützen, um in dieser schwierigen Zeit zusammenzuhalten. „Wir dürfen nicht aufgeben“, ist die gemeinsame Überzeugung der Mieter im Südpark. „Es muss sich etwas ändern, und wir werden dafür kämpfen!“

Abwanderung junger Menschen aus ostdeutschen Bundesländern hält an

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  • Seit 1991 rund 727 000 18- bis unter 30-Jährige aus dem Osten in die westdeutschen Bundesländer gezogen
  • Nettozuwanderung aus dem Ausland seit 1991 in westdeutschen Ländern mit 9,4 Millionen sieben Mal so hoch wie im Osten (1,3 Millionen)
  • Anteil der Menschen im erwerbsfähigen Alter laut Zensus 2022 in ostdeutschen Ländern mit 57,5 % niedriger als im Westen mit 61,6 %

Im Jahr 2023 sind erneut mehr junge Menschen aus den ostdeutschen Bundesländern in den Westen gezogen als umgekehrt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) zum Tag der Deutschen Einheit mitteilt, waren es netto 7 100 Personen im Alter von 18 bis unter 30 Jahren, die aus Ostdeutschland in die westdeutschen Bundesländer (jeweils ohne Berlin) zogen. Damit setzte sich der seit 1991 bestehende, kontinuierliche Wanderungsverlust Ostdeutschlands gegenüber dem Westen in dieser Altersgruppe auch 2023 fort. Dieser dürfte auch auf die Abwanderung zum Studium oder zur beruflichen Ausbildung zurückzuführen sein. Insgesamt sind seit 1991 netto 727 000 zu dem Zeitpunkt 18- bis unter 30-Jährige aus den ostdeutschen Ländern in den Westen abgewandert. Diese Altersgruppe trägt besonders stark zur Abwanderung gen Westen bei: Insgesamt sind seit 1991 netto knapp 1,2 Millionen Menschen aus den ostdeutschen in die westdeutschen Länder gezogen.

Über alle Altersgruppen waren die Wanderungsbewegungen zwischen ost- und westdeutschen Bundesländern in den letzten zehn Jahren ausgeglichener. Im vergangenen Jahr sind erstmals seit 2016 wieder insgesamt mehr Menschen aus den ostdeutschen in die westdeutschen Länder abgewandert als umgekehrt: Der Wanderungsverlust fiel mit insgesamt 3 000 Personen aber vergleichsweise gering aus. Zuvor hatte es nach Jahrzehnten teils starker Abwanderung von 2017 an einen leicht positiven Binnenwanderungssaldo in den ostdeutschen Ländern insgesamt gegeben. Dabei war die Entwicklung jedoch nicht einheitlich: Während bei Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen in den letzten Jahren ein positiver Binnenwanderungssaldo zu verzeichnen war, sind Thüringen und Sachsen-Anhalt seit 1991 durchgängig von einer Nettoabwanderung in die westdeutschen Länder betroffen.

Nettozuwanderung aus dem Ausland 2023 im Westen fünf Mal so hoch wie im Osten

Einen größeren Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung als die innerdeutschen Binnenwanderungen haben jedoch die Außenwanderungen über die Grenzen Deutschlands. Die Nettozuwanderung aus dem Ausland ist seit der deutschen Vereinigung mit Ausnahme des Jahres 2008 in den westdeutschen Bundesländern höher als in den ostdeutschen. Seit der deutschen Vereinigung betrug die Nettozuwanderung aus dem Ausland im Osten rund 1,3 Millionen Personen. Im Westen war der Wanderungsgewinn mit knapp 9,4 Millionen Personen etwa siebenmal so groß. Auch im Jahr 2023 war die Nettozuwanderung im Westen mit 517 000 Personen höher als im Osten mit 97 000 Personen.

Nettozuwanderung pro Kopf 2023 in Brandenburg am niedrigsten, in Sachsen vergleichsweise hoch

Gemessen an der Bevölkerung in den jeweiligen Bundesländern ergibt sich für 2023 bezüglich der Nettozuwanderung aus dem Ausland jedoch ein differenziertes Bild. Die höchste Nettozuwanderung aus dem Ausland je 10 000 Einwohnerinnen und Einwohner hatten nach den Stadtstaaten Bremen (140 Personen), Berlin (131) und Hamburg (116) das westdeutsche Saarland (92) und das ostdeutsche Sachsen (85). Die niedrigste Nettozuwanderung aus dem Ausland wies mit 63 Personen je 10 000 Einwohnerinnen und Einwohner Brandenburg auf, gefolgt von Bayern (69) und Nordrhein-Westfalen (70).

Geringerer Anteil von Menschen mit Einwanderungsgeschichte im Osten Deutschlands

Der Anteil der Menschen mit Einwanderungsgeschichte ist seit der deutschen Vereinigung überall in Deutschland gestiegen, allerdings in unterschiedlichem Umfang. So hatten nach Ergebnissen des Mikrozensus 2023 in den westdeutschen Ländern (ohne Berlin) 27,6 % der Bevölkerung eine Einwanderungsgeschichte. In den ostdeutschen Ländern (ohne Berlin) war der Anteil mit 9,7 % weniger als halb so hoch. In Berlin betrug der Anteil von Menschen mit Einwanderungsgeschichte 33,6 %. Als Personen mit Einwanderungsgeschichte gelten Menschen, die entweder selbst oder deren beide Elternteile seit 1950 nach Deutschland eingewandert sind.

Anteil der Menschen im erwerbsfähigen Alter in Sachsen mit 57,1 % am niedrigsten

Die jahrzehntelange Abwanderung gerade jüngerer Menschen aus den ostdeutschen Ländern trägt zu einer schnelleren Alterung der Bevölkerung bei. Der Anteil der Menschen im erwerbsfähigen Alter (18 bis 64 Jahre) ist niedriger als in den westdeutschen Ländern. Waren nach Ergebnissen des Zensus 2022 in den ostdeutschen Ländern (ohne Berlin) 57,5 % der Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahre alt, so lag der Anteil in den westdeutschen Ländern mit 61,6 % deutlich höher. Anteilig die wenigsten Menschen im erwerbsfähigen Alter gab es in Sachsen mit 57,1 %, die meisten in Berlin mit 63,9 %.

10 Kreise mit dem niedrigsten Anteil von 18- bis unter 65-Jährigen liegen alle in Ostdeutschland

Das spiegelt sich auch deutlich in den Kreisen und kreisfreien Städten wider: Die zehn Kreise, in denen nach Ergebnissen des Zensus 2022 der Anteil der 18- bis unter 65-Jährigen an der Bevölkerung bundesweit am geringsten war, liegen alle in den ostdeutschen Ländern. Am niedrigsten war der Anteil der Menschen im erwerbsfähigen Alter in Dessau-Roßlau (53,4 %), im Erzgebirgskreis (53,5 %) und in Görlitz (53,8 %). Dagegen liegen die Städte mit dem höchsten Anteil von 18- bis unter 65-Jährigen in den westdeutschen Bundesländern, darunter viele Universitätsstädte, aber auch Wirtschaftsmetropolen. Anteilig die meisten Menschen im erwerbsfähigen Alter lebten in Heidelberg (68,5 %), Regensburg (67,5 %) und Mainz (67,1 %).

Das Leben des Jürgen von Golzow: Eine Langzeitdokumentation über Wandel und Lebenswege

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Der Dokumentarfilm „Das Leben des Jürgen von Golzow“ aus den Jahren 1993/1994 ist ein Teil des außergewöhnlichen filmischen Projekts „Die Kinder von Golzow“, das das Ehepaar Winfried und Barbara Junge über Jahrzehnte hinweg entwickelte. Diese Langzeit-Dokumentation begann im Jahr 1961 und dauerte bis 2007, wodurch sie eine der längsten filmischen Beobachtungen menschlichen Lebens weltweit darstellt. Im Mittelpunkt steht das Leben mehrerer Kinder aus dem kleinen Ort Golzow im Oderbruch, deren Lebenswege über fast fünf Jahrzehnte hinweg verfolgt wurden. Einer dieser Kinder ist Jürgen, dessen Geschichte im genannten Film einen besonderen Platz einnimmt.

Jürgen, wie auch die anderen Protagonisten der Serie, wird bereits als Schulkind von den Kameras begleitet. Das Ziel der Regisseure war es, den Lebensweg dieser Kinder in der DDR und später im wiedervereinigten Deutschland filmisch festzuhalten und zu zeigen, wie sich ihre Biografien unter den sich wandelnden politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen entwickelten. Die Idee, das Leben gewöhnlicher Menschen zu dokumentieren und dabei Einblicke in ihre ganz persönliche Lebenswelt zu gewähren, macht den besonderen Reiz dieser Langzeit-Dokumentation aus. Es sind nicht die großen politischen Führer oder gesellschaftlichen Eliten, sondern die ganz normalen Bürger, deren Schicksale hier im Mittelpunkt stehen.

„Das Leben des Jürgen von Golzow“ zeigt, wie sich das Leben des Protagonisten von der Kindheit über die Jugend bis ins Erwachsenenalter entwickelt. Jürgen wird in der DDR geboren, wächst in einem sozialistischen System auf und erlebt die politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen des Mauerfalls und der Wiedervereinigung Deutschlands hautnah. Dabei bleibt der Film stets nah an seinem Alltag und zeigt, wie er mit den Herausforderungen des Lebens, den persönlichen Höhen und Tiefen und den großen Veränderungen in seinem Umfeld umgeht. Die Langzeitdokumentation bietet einen seltenen Einblick in das Leben eines Menschen, der von einem streng reglementierten, sozialistischen System geprägt wird, um dann nach dem Ende der DDR den Umbruch zur freien Marktwirtschaft und den Herausforderungen der Wiedervereinigung zu meistern.

Das Besondere an dieser Dokumentation ist, dass sie den Protagonisten nicht idealisiert oder verfremdet, sondern Jürgen in all seinen Facetten zeigt – mit seinen Stärken, Schwächen und Widersprüchen. Die Zuschauer erleben mit, wie er die Schule absolviert, seine berufliche Laufbahn einschlägt, aber auch die kleinen, alltäglichen Momente, die sein Leben prägen. Diese Form der Langzeitbeobachtung ermöglicht eine außergewöhnlich tiefgehende Darstellung, die in der Dokumentarfilmgeschichte einzigartig ist.

Winfried und Barbara Junge gelang es durch „Die Kinder von Golzow“, den Wandel der DDR-Gesellschaft und später der wiedervereinigten Bundesrepublik auf eine sehr persönliche und intime Art und Weise zu zeigen. Das Schicksal von Jürgen und den anderen Kindern steht dabei stellvertretend für die vielen Lebensgeschichten, die durch die politischen Veränderungen in Deutschland beeinflusst wurden. Es wird deutlich, wie sehr politische Systeme das Leben der Menschen prägen, welche Hoffnungen und Träume sich erfüllen, aber auch, welche Enttäuschungen und Rückschläge das Leben bereithält.

Jürgen ist einer von vielen, doch seine Geschichte bietet dem Zuschauer einen tiefen Einblick in die Lebensrealität der DDR und die Herausforderungen der Wendezeit. Der Film zeigt, wie sich persönliche Lebensentscheidungen mit den äußeren Umständen vermischen und wie politische Systeme die Biografien der Menschen prägen. Die Geschichte von Jürgen ist dabei sowohl individuell als auch exemplarisch: Sie steht für das Schicksal vieler Menschen, die in der DDR aufwuchsen und sich plötzlich in einem komplett neuen politischen und gesellschaftlichen System wiederfanden.

„Das Leben des Jürgen von Golzow“ zeigt eindrucksvoll, wie eng das individuelle Leben mit der großen Geschichte verbunden ist und welche langfristigen Auswirkungen politische und gesellschaftliche Umbrüche auf das Leben von Menschen haben. Die Langzeit-Dokumentation „Die Kinder von Golzow“ bleibt dabei nicht nur ein filmisches Kunstwerk, sondern auch ein wertvolles Zeitdokument, das kommende Generationen über das Leben in der DDR und die Herausforderungen der Wiedervereinigung aufklären kann. Winfried und Barbara Junge haben mit dieser einzigartigen Serie ein Werk geschaffen, das in der Dokumentarfilmgeschichte seinesgleichen sucht.

NVA 1985: Zwischen Drill und Disziplin – Einblicke in den Alltag der Soldaten

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Der Film vermittelt einen intensiven Einblick in die Welt des Wehrdienstes in der DDR. Der Zuschauer wird in eine Atmosphäre aus Befehlen, körperlicher Anstrengung und Kameradschaft hineingezogen, die das Leben der jungen Männer prägt. Der Film beginnt mit einer feierlichen Szene, in der die Soldaten den Fahneneid leisten – eine symbolträchtige Handlung, die ihre Verpflichtung zur Verteidigung der DDR unterstreicht.

Der Wehrdienst als zentrale Lebensphase
Die jungen Männer, die in der Dokumentation porträtiert werden, stehen am Anfang ihrer 18-monatigen Dienstzeit. Die Einführungsszene zeigt, wie der Kommandeur der Einheit die Soldaten in ihrem neuen Zuhause willkommen heißt und ihnen sogleich klar macht, dass die kommenden Monate alles andere als leicht werden. Es ist eine Phase, die von Entbehrungen, Disziplin und harter Arbeit geprägt sein wird. Diese Rahmenbedingungen formen die Soldaten, die nicht nur als Einzelpersonen, sondern vor allem als Einheit funktionieren müssen.

Der Film stellt mehrere Soldaten vor, darunter Michael Kirchschlager, der mit frischem Abitur zur Armee kam, Dirk Kitzinger, ein 24-jähriger Installateur, und Steffen Kure, ein 19-jähriger Agrotechniker aus Alten-Treptow. Die Männer haben unterschiedliche Hintergründe und berufliche Erfahrungen, doch im Militärdienst müssen sie lernen, gemeinsam zu arbeiten und sich gegenseitig zu vertrauen. Dabei spielen ihre individuellen Fähigkeiten eine zentrale Rolle in der Bildung einer effizienten Mannschaft.

Das Leben als Soldat: Ein rhythmischer Wechsel von Drill und Kameradschaft
Der Film zeigt die harte Realität des Militärdienstes: anstrengende Übungen, technisches Training und immer wieder das Mantra von Disziplin und Ordnung. Die Sturmbahn, eine herausfordernde Hindernisstrecke, wird für viele der Männer zu einem Prüfstein. Die Soldaten sprechen offen darüber, wie sie sich zunächst vor den hohen Hindernissen gefürchtet haben, aber schnell lernen mussten, sich ihren Ängsten zu stellen. Dabei zeigt der Film, dass der Wehrdienst nicht nur eine körperliche Herausforderung darstellt, sondern auch eine mentale Prüfung ist. Die Soldaten müssen lernen, ihre Emotionen zu kontrollieren und sich dem strikten Regiment zu fügen.

Trotz der Härte des Militärdienstes gibt es auch Momente der Menschlichkeit. Die Offiziere und Unteroffiziere werden von den Soldaten als streng, aber hilfsbereit beschrieben. Besonders beeindruckend ist die Offenheit, mit der die jungen Männer über ihre Ängste und Vorurteile gegenüber dem Militär sprechen. Viele hatten vor dem Dienst eine gewisse Skepsis, doch im Laufe der Zeit entwickelt sich ein Gefühl von Kameradschaft und Zusammenhalt.

Militärische Übungen: Ein Blick in die Technik der Panzerabwehr
Ein zentrales Thema des Films ist die Ausbildung der Soldaten im Umgang mit der Panzerabwehrkanone MT-12. Der Film zeigt detailliert die technischen Aspekte dieser Waffe und die Komplexität, die mit ihrem Einsatz verbunden ist. Die Soldaten müssen lernen, wie man einen Panzer bekämpft, wie man mit der Kanone zielt und wie man in extremen Situationen die Kontrolle behält. Es wird deutlich gemacht, dass jeder Panzer, so stark er auch bewaffnet und gepanzert sein mag, verwundbar ist. Die Soldaten erhalten eine intensive Schulung, die sowohl technische Fertigkeiten als auch taktisches Wissen umfasst.

Besonders eindrucksvoll ist die Szene, in der die Soldaten ihren ersten Schuss mit der Panzerabwehrkanone abgeben. Die Spannung ist greifbar, und als der Panzer schließlich getroffen wird, ist die Erleichterung und der Stolz der Soldaten deutlich zu spüren. Diese Momente verdeutlichen den physischen und psychischen Druck, unter dem die jungen Männer stehen. Jeder Fehler kann im Ernstfall fatale Folgen haben, weshalb Präzision und Schnelligkeit entscheidend sind.

Der ideologische Rahmen: Pflichtbewusstsein und sozialistischer Wettbewerb
Ein wiederkehrendes Motiv im Film ist der sozialistische Wettbewerb. Die Soldaten streben danach, die „beste Bedienung“ zu werden – eine Auszeichnung, die nicht nur technisches Können, sondern auch Zusammenhalt und Disziplin voraussetzt. Der Film zeigt, wie der militärische Dienst als Teil des sozialistischen Systems betrachtet wird, in dem jeder seinen Beitrag zur Verteidigung des Landes leisten muss. Die jungen Männer sprechen offen über ihre Verantwortung und die Bedeutung des Wehrdienstes in einer politisch angespannten Welt. Es wird deutlich, dass der Dienst nicht nur als Pflicht, sondern auch als Möglichkeit gesehen wird, den Sozialismus aktiv zu verteidigen.

Besonders berührend sind die Momente, in denen die Soldaten über ihre persönlichen Gefühle sprechen. Ein Soldat reflektiert darüber, wie er seine Frau während des Wehrdienstes vermisst und wie ihm bewusst wird, dass er bereit ist, sein Leben für die Verteidigung des Friedens einzusetzen. Diese emotionalen Reflexionen geben dem Film eine tiefe menschliche Dimension und zeigen, dass der Wehrdienst nicht nur eine mechanische Ausführung von Befehlen ist, sondern auch eine existenzielle Herausforderung darstellt.

Fazit: Die Doku gibt ein vielschichtiges Porträt des Wehrdienstes in der DDR
Der Film bietet einen facettenreichen Einblick in den Alltag von Soldaten in der DDR. Er zeigt die physische und psychische Anstrengung, die mit dem Wehrdienst verbunden ist, und beleuchtet gleichzeitig die ideologische und politische Dimension, die diesen Dienst prägt. Die Soldaten stehen im Spannungsfeld zwischen individuellen Herausforderungen und kollektiven Erwartungen, zwischen persönlicher Unsicherheit und dem Drang, sich in einer militärischen Gemeinschaft zu beweisen.

Durch seine detaillierte Darstellung der militärischen Ausbildung und der technischen Herausforderungen schafft der Film ein realistisches Bild des Wehrdienstes. Gleichzeitig vermitteln die offenen Gespräche der Soldaten über ihre Ängste, Hoffnungen und Verpflichtungen eine emotionale Tiefe, die den Film zu mehr als nur einer militärischen Dokumentation macht. Es ist ein beeindruckendes Zeitdokument, das nicht nur den Wehrdienst, sondern auch die gesellschaftlichen und politischen Strukturen der DDR eindrucksvoll reflektiert.

Die Befreiung als Schockmoment: Weimars Bürger und die Konfrontation mit den NS-Gräueltaten

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Im April 1945, als die Alliierten in Deutschland vorrückten, stießen amerikanische Soldaten auf das Konzentrationslager Buchenwald. Das Lager befand sich auf dem Ettersberg in der Nähe von Weimar und war ein grausames Symbol des nationalsozialistischen Terrors. Der Oberbefehlshaber der Alliierten, General Eisenhower, und der Führer der Dritten US-Armee, General Patton, besichtigten das Lager und waren fassungslos über die Gräueltaten, die sie dort entdeckten. Eisenhower äußerte, dass nichts ihn je so erschüttert habe wie der Anblick der verheerenden Zustände im Lager.

Die Amerikaner hatten die Gräueltaten der Nazis nicht nur bei den Häftlingen, sondern auch bei der deutschen Bevölkerung sichtbar gemacht. Die Bürger von Weimar, die von den amerikanischen Soldaten gezwungen wurden, sich die Schrecken des Konzentrationslagers anzusehen, wurden brutal mit der Realität konfrontiert. Sie mussten die Leiden der Opfer und die brutalsten Foltermethoden, die in den KZs angewendet wurden, mit eigenen Augen sehen.

Am 11. April 1945 brachen die amerikanischen Truppen auf, ohne zu wissen, dass sich in ihrem Einsatzgebiet ein Konzentrationslager befand. Nach der Sprengung des Haupttores entdeckten sie schnell die furchtbaren Zustände. Überall lagen Leichen, während die wenigen Überlebenden – oft kaum mehr als wandelnde Skelette – in den Baracken schufteten. Viele hatten nur eine dünne Decke, und ihre Reaktionen waren oft so gedämpft, dass die Soldaten erschüttert waren. Es war ein schreckliches Bild des Verfalls, das sich den Soldaten bot.

Doch die Befreiung kam nicht nur für die Häftlinge, sondern auch für die Bürger von Weimar mit einem enormen emotionalen Gewicht. Der Schock der Gräueltaten veranlasste die Amerikaner, die Deutschen mit den Taten der Nazis zu konfrontieren. So sollten die Weimarer Bürger am 16. April 1945 ins Lager gebracht werden, um sich selbst ein Bild von den Schrecken zu machen. Die Massenversammlungen waren ein Versuch, den Deutschen die Augen zu öffnen und sie für die Verbrechen des NS-Regimes zur Verantwortung zu ziehen.

Unter den amerikanischen Soldaten, die Buchenwald befreiten, war auch Milton Harrison, der als 19-Jähriger den Horror des Lagers erlebte. Er berichtete von der schockierenden Entdeckung des Krematoriums und der halb verbrannten Leichen. Die Überlebenden waren oft so geschwächt, dass viele selbst nach der Befreiung starben. In den Notkrankenhäusern, die die amerikanischen Militärärzte einrichteten, fehlte es an allem, während die SS bei ihrer Flucht die Vorräte mitgenommen hatte.

Die Amerikaner waren bestrebt, den Überlebenden schnellstmöglich zu helfen, doch es gab Schwierigkeiten. Die ersten Lieferungen von Lebensmitteln, wie etwa ein Lkw voller Kartoffeln, wurden von den Häftlingen gierig verschlungen, ohne dass sie vorher gekocht wurden. Dies führte zu weiteren Krankheiten unter den Überlebenden, die bereits unterernährt und geschwächt waren.

Die erste Anordnung der Amerikaner war, dass die Häftlinge ihre Waffen abgeben sollten. Dies stieß bei den Befreiten auf Unverständnis und Empörung. Sie hatten so lange unter dem Terror der SS gelitten und waren nun, nach der Befreiung, ihrer neuen Freiheit beraubt. Inmitten dieses Chaos wuchs die Angst vor Racheakten gegen die Weimarer Bevölkerung, die oft als Mitwisser und Unterstützer des Regimes galt.

Die Weimarer Bürger waren gezwungen, sich mit den Gräueltaten, die im Konzentrationslager begangen wurden, auseinanderzusetzen. Sie hatten die Schreie und die Schrecken, die in der Nähe ihres Wohnortes stattfanden, oft ignoriert oder nicht wahrhaben wollen. Am 16. April, als sie ins Lager gebracht wurden, um die Gräueltaten zu besichtigen, wurden sie mit der Realität konfrontiert: Mit eigenen Augen mussten sie sehen, was sie zuvor nicht wahrhaben wollten.

Die Bürger von Weimar wurden gezwungen, sich dem Leid der Häftlinge zu stellen, und viele von ihnen berichteten von der Unvorstellbarkeit des Schreckens. Ein Bürger, der seine Erinnerungen teilte, sprach davon, dass er die Bilder von den Gräueltaten nicht mehr aus seinem Kopf bekam. Diese Konfrontation führte zu einer tiefen Zerrüttung in der Gemeinschaft und hinterließ viele Fragen über Schuld und Verantwortung.

Die Häftlinge selbst hatten auch die Aufgabe, den Weimarern die Gräueltaten zu erklären. Sie berichteten von den Folterungen, den Menschenversuchen und den vielen, die in den Gaskammern oder durch Erschießen ihr Leben verloren hatten. Dies war nicht nur eine Befreiung, sondern auch eine Herausforderung für die Deutschen, sich mit ihrer eigenen Geschichte auseinanderzusetzen.

Die Befreiung von Buchenwald stellte nicht nur einen Wendepunkt im Krieg dar, sondern auch einen entscheidenden Moment für die Erinnerungskultur und die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit. Die Gräueltaten, die dort geschehen waren, sollten nicht nur in der Geschichte verankert bleiben, sondern auch als Mahnung dienen, dass so etwas nie wieder geschehen darf.

Die Schicksale, die in Buchenwald zusammenliefen, repräsentieren nicht nur das Leiden der Einzelnen, sondern auch die Verantwortung der nachfolgenden Generationen, diese Gräueltaten nicht zu vergessen und sich aktiv gegen das Vergessen einzusetzen. Es ist ein ständiger Kampf um die Wahrheit, der bis heute anhält. Die Erinnerungen an die Befreiung von Buchenwald und die Schrecken des Konzentrationslagers bleiben lebendig, nicht nur in den Geschichtsbüchern, sondern auch im kollektiven Gedächtnis der Menschheit.

Das SEZ in Ost-Berlin: Ein Rückblick auf die Freizeitkultur der DDR

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Dieser Film aus dem Jahr 1981 erlaubt einen faszinierenden Einblick in das einstige Sport- und Erholungszentrum (SEZ) in Ost-Berlin, das im Stadtbezirk Friedrichshain liegt. Als die modernste und wichtigste Freizeitanlage der DDR diente das SEZ nicht nur der sportlichen Betätigung, sondern auch der Erholung und dem geselligen Miteinander. Die damalige Bedeutung des Zentrums spiegelt sich in den vielfältigen Angeboten wider, die den Berliner
zur Verfügung standen.

Der Film beginnt mit einem detaillierten Überblick über das gesamte Areal des SEZ, das auf einem maßstabsgetreuen Modell dargestellt wird. Die Zuschauer bekommen sofort ein Gefühl für die großzügigen Dimensionen und die durchdachte Planung dieser Freizeitanlage. Im Anschluss daran nimmt die Kamera die Zuschauer mit auf einen Rundgang durch die Innenräume, wobei die verschiedenen Bereiche des SEZ eingehend erkundet werden.

Zu den Highlights des SEZ zählt die moderne Bowlinganlage, die nicht nur für sportliche Wettkämpfe, sondern auch für gesellige Abende mit Freunden und Familie genutzt werden konnte. Die Atmosphäre in den Bowlingbahnen war lebhaft und einladend, und die Technik war für die damalige Zeit auf dem neuesten Stand. Hier konnten Berliner ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen und gleichzeitig entspannen.

Ein weiteres wichtiges Element der Freizeitanlage ist der Ballett- und Gymnastiksaal. Dieser Bereich wurde speziell für Kurse und Veranstaltungen konzipiert und bot den Teilnehmer die Möglichkeit, sich in verschiedenen Disziplinen weiterzubilden. Der Raum war mit Spiegeln und einem speziellen Bodenbelag ausgestattet, der für Tanz und Gymnastik optimal war. Die Begeisterung für Bewegung und Kunst spiegelte sich in den vielen Aktivitäten wider, die dort stattfanden.

Die vielseitige Sport- und Eishalle war ein zentraler Anziehungspunkt für Sportbegeisterte aller Altersgruppen. Ob Eishockey, Eiskunstlauf oder andere Sportarten – die Halle bot Platz für zahlreiche Aktivitäten. Das Publikum konnte sich auf spannende Wettkämpfe freuen und selbst aktiv werden. Die Sporthalle symbolisierte das Engagement der DDR, den Bürger eine breite Palette an sportlichen Möglichkeiten zu bieten und den Gemeinschaftsgeist zu fördern.

Besonders gespannt waren die Berliner
auf das innovative Wellenbad, das im SEZ für ein unvergessliches Badeerlebnis sorgte. Dieses besondere Badetechnologie versprach nicht nur Spaß, sondern auch Erholung für die ganze Familie. Die Wellen sorgten für ein maritimes Ambiente und luden zum Verweilen und Entspannen ein. Das Wellenbad wurde schnell zu einem der beliebtesten Bereiche des SEZ, da es sowohl Kindern als auch Erwachsenen ein einmaliges Erlebnis bot.

Um in die verschiedenen Bereiche des SEZ zu gelangen, benötigten die Besucher
eine Tarifmarke, die ihnen den Zugang über ein Drehkreuz ermöglichte. Dieses System gewährleistete nicht nur eine geordnete Besucherlenkung, sondern trug auch zur Sicherheit bei. Innerhalb der Anlage erwartete die Gäste ein reichhaltiges Angebot an Spiel und Spaß sowie Möglichkeiten zur Erholung. Die Familien konnten hier einen ganzen Tag verbringen, ohne dass Langeweile aufkam.

Der Film hält die einzigartigen Momente und das Lebensgefühl der Menschen in der DDR fest, die sich im SEZ begegneten, sportlich betätigten und eine entspannte Zeit miteinander verbrachten. Das SEZ war mehr als nur eine Freizeitanlage; es war ein Ort des sozialen Miteinanders, des Austausches und des Wohlfühlens.

In der Erinnerung vieler Berliner
hat sich das SEZ als ein bedeutender Teil ihrer Jugend eingeprägt, und auch wenn die Zeiten sich geändert haben, bleibt die nostalgische Verbindung zu diesem Ort bestehen. Der Film von 1981 bewahrt diese Erinnerungen und zeigt die Vielfalt und die modernen Ansprüche, die das SEZ zu einem unvergleichlichen Erlebnis in der DDR machten. Die Aufnahmen geben nicht nur einen Eindruck von den Einrichtungen, sondern auch von der Atmosphäre und dem Lebensstil, der in dieser Zeit herrschte.

Wustrow: Vom Fischerort zum Ostseebad – Ein Paradies zwischen Ostsee und Bodden

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Das Ostseebad Wustrow ist eine kleine, malerische Gemeinde auf dem Fischland, einer Landzunge zwischen der Ostsee und dem Saaler Bodden, in Mecklenburg-Vorpommern. Ursprünglich war Wustrow ein Fischer- und Seefahrerdorf, dessen Traditionen bis heute in der Region spürbar sind. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich das Dorf jedoch zu einem beliebten Urlaubsort entwickelt und ist mittlerweile hauptsächlich vom Tourismus geprägt. Die atemberaubende Landschaft, das reiche kulturelle Erbe und die vielfältigen Freizeitmöglichkeiten locken jedes Jahr zahlreiche Besucher an.

Historische Wurzeln
Wustrow, dessen Name sich aus dem slawischen Wort für „Insel“ ableitet, kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Die ersten Siedler waren slawische Stämme, die die günstige Lage zwischen Meer und Bodden schätzten. Ab dem 13. Jahrhundert, als deutsche Siedler in die Region kamen, entwickelte sich das Dorf zu einem Zentrum des Fischfangs und der Seefahrt. Über Jahrhunderte hinweg lebten die Menschen hier hauptsächlich vom Fischfang, und viele Männer arbeiteten als Seeleute. Der maritime Charakter prägte das Dorf und hinterließ seine Spuren in der Architektur und den Bräuchen, die teilweise bis heute erhalten geblieben sind.

Im 19. Jahrhundert erlebte Wustrow, wie viele andere Küstenorte an der Ostsee, eine wirtschaftliche und kulturelle Transformation. Die Seefahrt und der Fischfang traten in den Hintergrund, und der Tourismus begann an Bedeutung zu gewinnen. Dies war eine Folge der wachsenden Beliebtheit der Ostsee als Urlaubsziel für die Städter aus Berlin und anderen Großstädten. Schon zu dieser Zeit warb Wustrow mit seinen landschaftlichen Reizen, der gesunden Seeluft und den Möglichkeiten zur Erholung. Gleichzeitig blieb das Dorf jedoch tief mit seiner maritimen Vergangenheit verbunden.

Wustrow als Ostseebad
Heute ist Wustrow ein anerkanntes Ostseebad und vor allem als Erholungsort bekannt. Die Gemeinde hat sich ihren ursprünglichen Charme bewahrt, und trotz der Tourismusentwicklung wirkt der Ort immer noch beschaulich und authentisch. Ein großer Teil der historischen Bausubstanz ist gut erhalten geblieben, was Wustrow zu einem besonderen Reiseziel macht. Die alten Kapitänshäuser und Fischerhütten, die teilweise unter Denkmalschutz stehen, verleihen dem Ort eine ganz eigene Atmosphäre. Besonders sehenswert ist die Wustrower Kirche, deren Turm einen weiten Blick über das Fischland, die Ostsee und den Saaler Bodden bietet.

Wustrow liegt inmitten einer einzigartigen Naturlandschaft, die das Ostseebad zu einem Paradies für Naturliebhaber und Ruhesuchende macht. Im Westen erstreckt sich die Ostsee mit ihren weiten Stränden, während im Osten der Saaler Bodden, eine flache Lagune, das Landschaftsbild prägt. Diese Kontraste zwischen der rauen See und dem stillen Bodden machen den Reiz der Region aus. Besonders Wassersportler kommen hier auf ihre Kosten, da die weiten Wasserflächen rund um Wustrow ideale Bedingungen für verschiedene Wassersportarten bieten. Segler, Surfer und Kitesurfer finden hier beste Voraussetzungen, um ihrer Leidenschaft nachzugehen. Zudem können Urlauber am Hafen von Wustrow Boddenrundfahrten unternehmen und die Landschaft aus einer anderen Perspektive genießen.

Freizeitmöglichkeiten und Kultur
Neben dem Wassersport hat Wustrow auch kulturell viel zu bieten. In der kleinen Gemeinde finden regelmäßig Veranstaltungen statt, die sowohl Urlauber als auch Einheimische anziehen. Dazu gehören unter anderem Konzerte, Lesungen und Ausstellungen, die sich häufig mit der Geschichte und Tradition der Region auseinandersetzen. Besonders beliebt sind die Seefahrtsfeste, die an die maritime Vergangenheit des Ortes erinnern.

Ein weiteres Highlight von Wustrow ist die Promenade, die sich entlang der Ostseeküste erstreckt. Hier können Spaziergänger das Meer und die frische Luft genießen, während sie auf den Spuren der Fischer und Seeleute wandeln. Die Promenade bietet zudem zahlreiche Möglichkeiten, in kleinen Cafés und Restaurants einzukehren und die regionale Küche zu probieren. Frischer Fisch, der nach traditionellen Rezepten zubereitet wird, gehört hier zu den Spezialitäten.

Wer die Umgebung von Wustrow erkunden möchte, findet zahlreiche Wander- und Radwege, die durch die reizvolle Landschaft führen. Besonders lohnenswert ist ein Ausflug in das benachbarte Ahrenshoop, das als Künstlerkolonie bekannt ist und viele Galerien und Ateliers beherbergt. Auch die nahegelegenen Boddengewässer bieten sich für Erkundungstouren an. Hier kann man seltene Vogelarten beobachten oder einfach die Stille und Abgeschiedenheit der Natur genießen.

Wustrow im Wandel der Zeit
Trotz der Entwicklung zum touristischen Hotspot hat Wustrow seine Ursprünglichkeit bewahrt. Die Bewohner der Gemeinde sind stolz auf ihre Traditionen und bemühen sich, diese zu bewahren. Gleichzeitig hat der Tourismus der Region neue Impulse gegeben und sorgt dafür, dass die Gemeinde wirtschaftlich floriert. Viele alte Fischer- und Kapitänshäuser wurden liebevoll restauriert und bieten heute komfortable Unterkünfte für Urlauber. Auch die Infrastruktur hat sich den Bedürfnissen der Gäste angepasst, ohne dabei den Charakter des Ortes zu verfälschen.

Der Wandel vom Fischer- und Seefahrerdorf zum Ostseebad ist ein Beispiel dafür, wie sich Tradition und Moderne in Wustrow harmonisch verbinden. Die Nähe zur Natur, die reiche Geschichte und die zahlreichen Freizeitmöglichkeiten machen Wustrow zu einem idealen Urlaubsziel für Menschen, die Erholung und kulturelle Vielfalt suchen.

Abschließend lässt sich sagen, dass das Ostseebad Wustrow ein Ort ist, der seine Ursprünge nicht vergessen hat und gleichzeitig die Herausforderungen des modernen Tourismus gemeistert hat. Die malerische Lage zwischen Ostsee und Bodden, die vielen Freizeitmöglichkeiten und die gastfreundliche Atmosphäre machen Wustrow zu einem der schönsten Urlaubsziele an der deutschen Ostseeküste.

Erster Stolperstein für Zeugin Jehovas in Mecklenburg-Vorpommern

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Am 25. September wurden 12 Stolpersteine in Schwerin verlegt. Unter ihnen – die Zeugin Jehovas Emma Tiesel. Damit erinnert erstmals in Mecklenburg-Vorpommern ein solcher Stein an ein im Nationalsozialismus verfolgtes Mitglied der Zeugen Jehovas.

Das Wohnhaus der 1890 geborenen Schwerinerin Emma Tiesel in der Heinrich-Mann-Straße existiert heute nicht mehr. Doch ein Stolperstein, eingelassen in den Bürgersteig, erinnert an sie und ihr Schicksal. Dieser Stolperstein ist von besonderer Bedeutung, denn er ist der erste seiner Art in Mecklenburg-Vorpommern, der an ein von den Nationalsozialisten verfolgtes Mitglied der Zeugen Jehovas erinnert. Am 25. September wurde dieser Gedenkstein verlegt – ein emotionaler Moment für viele Anwesende, insbesondere für Tiesels Enkelin Johanna Dunken.

Für Johanna Dunken war es eine Herzensangelegenheit, diesen Stolperstein für ihre Großmutter verlegen zu lassen. „Für mich war es ein Bedürfnis, ihr den Stein legen zu lassen, weil sie mir wirklich sehr, sehr viel vorgelebt hat. Und zwar an Gottestreue und an Liebe zu Gott, und damit auch sehr viel Motivation gegeben hat, meine Mitmenschen zu lieben. Das versuche ich genauso auszuleben, wie sie es gemacht hat“, erklärte Dunken mit tiefer Rührung. Diese persönlichen Worte zeigen, wie stark der Glaube und die Werte von Emma Tiesel bis heute in ihrer Familie nachhallen.

Emma Tiesel war eine Frau von großer Überzeugung. Im Jahr 1925 schloss sie sich den Zeugen Jehovas an, die damals noch als Bibelforscher bekannt waren. Schwerin beherbergte damals die größte Gruppe dieser Glaubensgemeinschaft in Mecklenburg-Vorpommern, mit rund 120 Mitgliedern. Doch schon wenige Jahre später, ab 1933, wurden die Zeugen Jehovas systematisch von den Nationalsozialisten verfolgt. Ihr Glaube und ihre Überzeugungen standen im direkten Widerspruch zu den Ideologien des Regimes, und sie wurden deshalb gnadenlos unterdrückt.

Emma Tiesel ist ein herausragendes Beispiel für den Mut und die Standhaftigkeit der Zeugen Jehovas, die trotz schwerster Verfolgung fest an ihrem Glauben festhielten. Sie und ihre Glaubensbrüder und -schwestern widersetzten sich dem Druck des Naziregimes. „Emma Tiesel steht für eine mutige Glaubensgemeinschaft. Für Männer und Frauen, die vom ersten Tag an sich dem Zugriff des Naziregimes entzogen haben. Die nicht bereit gewesen sind, den Hitlergruß zu entbieten, schon gar nicht bereit, unschuldige Mitbürger zu denunzieren oder sich in die Kriegsmaschinerie einspannen zu lassen“, sagte ein Vertreter bei der Zeremonie.

Die Zeugen Jehovas verweigerten es, den nationalsozialistischen Führerkult zu unterstützen. Sie lehnten jede Form der Kriegsbeteiligung ab und riskierten damit ihr Leben. Während viele andere in Deutschland still blieben oder gar mit dem Regime kooperierten, standen die Zeugen Jehovas oft einsam da. Sie hielten an ihrer Überzeugung fest, dass Gewalt und Krieg nicht mit ihrem Glauben vereinbar seien, auch wenn dies für sie Inhaftierung, Folter oder sogar den Tod bedeutete. Emma Tiesel war eine dieser mutigen Frauen, die sich weigerte, ihren Glauben aufzugeben – eine Tat, die in einer Zeit des Terrors und der Gewalt außergewöhnlich war.

Neben dem Stolperstein für Emma Tiesel wurden an diesem Tag auch weitere Stolpersteine in Schwerin verlegt. So erhielten unter anderem Otto Ielli, Renate Eddie, Peter Löwental, Julius und Elfriede Stein sowie Käte und Martha Ladewich ihre eigenen Stolpersteine. Diese wurden an verschiedenen Orten in der Stadt verlegt, beispielsweise am Dämmlerplatz, in der Mozartstraße, Friedrichstraße und der Buschstraße. Ebenso erinnert ein Stein an Heinrich Markus in der Puschkinstraße.

Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig und sollen an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Diese kleinen, in den Boden eingelassenen Gedenktafeln tragen die Namen, Geburtsdaten und – soweit bekannt – die Sterbedaten der Menschen, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Sie erinnern uns im Alltag daran, dass die Geschichte des Nationalsozialismus nicht nur eine abstrakte, ferne Erzählung ist, sondern dass hinter jedem Schicksal ein Mensch steht – ein Mensch mit Familie, mit Hoffnungen, mit Träumen. Die Stolpersteine zwingen uns, innezuhalten und uns daran zu erinnern, dass auch in unseren Städten Menschen Opfer dieser schrecklichen Zeit wurden.

In Schwerin wird die Erinnerung an Emma Tiesel und die anderen Opfer des Nationalsozialismus durch diese Gedenksteine weiterleben. Der Stolperstein für Emma Tiesel ist nicht nur ein Symbol für ihren persönlichen Mut und ihre Treue zu ihrem Glauben, sondern auch ein Zeugnis dafür, wie wichtig es ist, an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. Die Verlegung dieses ersten Stolpersteins für ein Mitglied der Zeugen Jehovas in Mecklenburg-Vorpommern ist ein weiterer Schritt, das Gedenken an diese oft übersehene Opfergruppe zu bewahren.

Die Zeremonie rund um die Verlegung des Stolpersteins war für viele Teilnehmer ein emotionaler Moment. Johanna Dunken, die Enkelin von Emma Tiesel, hat in den Erinnerungen an ihre Großmutter Trost und Inspiration gefunden. Ihre Worte und ihre Entschlossenheit, die Erinnerung an ihre Großmutter lebendig zu halten, stehen symbolisch für die vielen Nachkommen von Holocaust-Opfern, die dafür sorgen, dass die Geschichte ihrer Familien nicht vergessen wird.

2. Sitzung des Stadtrates Annaberg-Buchholz 2024

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Die Sitzung begann mit formalen Angelegenheiten: Joachim Borges wurde als neues Mitglied des Stadtrats verpflichtet und der Abschied von Stadtrat Wolfgang Ochmann, der sein Amt aus persönlichen Gründen niederlegte, wurde offiziell vollzogen.

Im Anschluss stand der Bericht zur Haushaltslage 2024 auf der Tagesordnung. Positiv zu vermerken waren Einsparungen bei den Personalkosten, da geplante Stellen nicht besetzt werden konnten oder durch Langzeiterkrankungen unbesetzt blieben. Zusätzlich konnte die Stadt höhere Einnahmen im Pass- und Meldewesen sowie durch Elternbeiträge und Holzverkauf verzeichnen. Dennoch wurde die angespannte Finanzsituation der Kommunen, die unter anderem auf steigende Bau- und Betriebskosten sowie einen erheblichen Investitions- und Instandhaltungsstau zurückzuführen ist, deutlich angesprochen. Diese Problematik betrifft viele Kommunen in Deutschland und stellt auch die Stadt Annaberg-Buchholz vor große Herausforderungen.

Der vorgelegte Jahresabschluss 2020 fiel hingegen positiv aus: Mit einem Jahresüberschuss von 7,5 Millionen Euro und einem gestiegenen Anlagevermögen konnte die Stadt ihre finanzielle Basis stärken. Ausschlaggebend für die positive Entwicklung waren unter anderem höhere Steuererträge und Zuschreibungen aus dem Finanzanlagevermögen. Die Einnahmeausfälle, die durch pandemiebedingte Einschränkungen, wie z.B. Museumsschließungen und geringere Elternbeiträge, entstanden, konnten so kompensiert werden.

Neben den Finanzfragen standen verschiedene Bauprojekte und Planungen zur Debatte. Der Stadtrat befasste sich mit den Durchführungsverträgen, Abwägungsbeschlüssen und Satzungsbeschlüssen zu den vorhabenbezogenen Bebauungsplänen „Nahversorgungszentrum Bahnhofstraße“ und „Tannenweg“. Besonders das geplante Nahversorgungszentrum an der Bahnhofstraße sorgte für Diskussionen. Befürworter betonten die wirtschaftlichen Vorteile und die Aufwertung des Areals, während Kritiker Bedenken hinsichtlich des tatsächlichen Bedarfs und der Auswirkungen auf die Innenstadt äußerten.

Ein weiteres wichtiges Thema der Sitzung war die Zukunft des Kulturzentrums Erzhammer. Der Stadtrat verabschiedete das Konzept „Kultur erleben, gestalten, bewahren“ für die Jahre 2025 bis 2029. Das Konzept unterstreicht die Bedeutung des Kulturzentrums für die Stadt und setzt auf kulturelle Bildung, die Stärkung der regionalen Identität und die Gewinnung neuer Zielgruppen.

Des Weiteren wurden die Sitzungstermine des Stadtrats für das Jahr 2025 festgelegt und der Stadtrat über die Vergabe von Aufträgen im Rahmen der Vergabeermächtigung des Oberbürgermeisters informiert. Christian Ulich, der in der Sitzung über den aktuellen Stand verschiedener Baumaßnahmen berichtete, konnte von einigen Baufortschritten, aber auch von unerwarteten Schwierigkeiten bei der Sanierung der Bahnhofsstraße berichten. Auch die Sanierungsarbeiten im Weischselstollen im Bereich des Waldschlösschens wurden thematisiert und die damit verbundenen Herausforderungen erläutert.

Im Rahmen der Anfragen und Informationen wurden diverse Anliegen der Stadträte und Themen von öffentlichem Interesse angesprochen. Besonders hervorzuheben ist in diesem Kontext die Diskussion um die Zensuszahlen 2023, die einen deutlichen Bevölkerungsrückgang im Vergleich zum Melderegister ausweisen. Diese Zahlen sorgten für Unmut und führten zur Forderung nach Aufklärung. Die Stadt Annaberg-Buchholz plant, die Zahlen genau zu prüfen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten, um die Richtigkeit der Erhebung zu hinterfragen.

Die Stadtratssitzung bot einen umfassenden Einblick in die aktuelle Situation der Stadt Annaberg-Buchholz. Sie zeigte nicht nur die positiven Entwicklungen und Erfolge der Stadt, sondern machte auch deutlich, mit welchen Herausforderungen sich die Kommune auseinandersetzen muss. Neben den finanziellen Engpässen und dem Bevölkerungsrückgang sind dies unter anderem die Verkehrssituation, die Infrastruktur und die Sicherstellung einer vielfältigen Kulturlandschaft.

TAGESORDNUNG – öffentlicher Teil

1. Eröffnung und Begrüßung [00:00:00]

2. Feststellung der Beschlussfähigkeit, Bestätigung der Tagesordnung [00:00:15]

3. Kenntnisgabe der Protokolle der 57. und 1. Sitzung [00:00:45]

4. Festlegung zur Unterschriftsleistung des Protokolls der 2. Sitzung [00:01:10]

5. Verpflichtung der Stadträte (Schriftform) durch den Oberbürgermeister [00:01:21]

6. Ausscheiden des Stadtrates Wolfgang Ochmann aus dem Stadtrat der Großen Kreisstadt Annaberg-Buchholz [00:03:24]

7. Bürgerfragestunde [00:04:30] – keine Fragen

8. Bericht zur Haushaltslage nach § 75 Abs. 5 SächsGemO [00:05:04]

9. Vorlagen aus dem Verwaltungsausschuss

9.1. Jahresabschluss der Großen Kreisstadt Annaberg-Buchholz zum 31.12.2020 [00:48:37]

9.2. Entscheidung über die Vergabe der örtlichen Prüfung des Jahresabschlusses 2021 [01:19:48]

9.3. Vorzeitige Ausübung eines Wiederkaufsrechts für das Flurstück 886/17 der Gemarkung Buchholz [01:20:55]

9.4. Kostensätze für die Überlassung von Standplätzen auf dem Annaberger Weihnachtsmarkt für die Jahre 2024-2027 [01:24:30]

10. Vorlagen aus dem Technischen Ausschuss

10.1. Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Nahversorgungszentrum Bahnhofstraße“ [01:53:18]

10.2. Abwägungsbeschluss zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Nahversorgungszentrum Bahnhofstraße“ [02:01:12]

10.3. Satzungsbeschluss zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Nahversorgungszentrum Bahnhofstraße“ [02:14:42]

10.4. Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Tannenweg“ [02:16:51]

10.5. Abwägungsbeschluss zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Tannenweg“ [02:19:00]

10.6. Satzungsbeschluss zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Tannenweg“ [02:22:27]

11. Konzept für das Kulturzentrum Erzhammer der Stadt Annaberg-Buchholz [02:24:06]

12. Sitzungstermine 2025 [02:44:00]

13. Information des Stadtrates zu den erteilten Aufträgen im Rahmen der Vergabeermächtigung des Oberbürgermeisters mit Beschluss 0860/24/07-StR/57/24 vom 27.06.2024 [02:44:36]

14. Anfragen und Informationen [02:45:30]

Von der Werderklinik zur VR Bank: Ein Schweriner Wahrzeichen im Wandel

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Die Werderstraße ist eine der wichtigsten Verkehrsverbindungen Schwerins und führt direkt vom Schweriner Schloss über den Paulsdamm ostwärts weiter in Richtung Güstrow, Rostock und Stralsund. Sie gehört zu den zentralen städtebaulichen Achsen der Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns, die seit ihrer Entstehung im 19. Jahrhundert immer wieder Veränderungen erfahren hat. In drei Bauabschnitten zwischen 1830 und 1910 errichtet, zählt die Werderstraße im historischen Kontext der Stadtgeschichte zu den jüngeren Straßen.

Nachdem Schwerin viele drängende Aufgaben der Stadtsanierung erfolgreich abgeschlossen hatte, rückte 2008 die Werderstraße ins Zentrum der städtebaulichen Planungen. Die Straße, die bis dahin in ihrer Funktion als bedeutende Verkehrsader erhalten geblieben war, wurde umfassend saniert und durch eine Neugestaltung mit Bäumen und neuen Gehwegen aufgewertet. Diese bauliche Erneuerung setzte positive Impulse für die gesamte Umgebung. Parallel dazu startete die Stadtverwaltung eine gezielte Kampagne, um acht städtische Gebäude entlang der Werderstraße an private Investoren zu verkaufen. Diese Strategie trug innerhalb weniger Jahre Früchte, indem sie die Werderstraße zu einem attraktiven und gefragten Wohn- und Geschäftsstandort machte.

Ein besonders markantes Bauwerk am nördlichen Ende der Werderstraße ist die ehemalige Werderklinik. Viele Schwerinerinnen und Schweriner haben das historische Krankenhaus noch selbst als Patienten kennengelernt. Das klassizistische Gebäude wurde 1840 vom Schweriner Hofbaumeister Georg Adolf Demmler als städtisches Krankenhaus errichtet und lag damals am äußeren Rand der Stadt. Ursprünglich war das Krankenhaus vor allem für die ärmere Bevölkerung gedacht, da wohlhabendere Bürger es nicht in unmittelbarer Nachbarschaft haben wollten. Im 19. Jahrhundert behandelten Krankenhäuser primär Menschen ohne finanzielle Mittel, und so entstand die Werderklinik an einem Randgebiet der Stadt.

Im Laufe der Zeit wuchs jedoch die Stadt und die Klinik reichte aufgrund der zunehmenden Bevölkerungszahl nicht mehr aus. So wurde in den 1930er Jahren der Hamannbau, benannt nach dem Architekten Rudolf Hamann, als Erweiterung des ursprünglichen Demmlerbaus errichtet. Die beiden Gebäude bildeten fortan den Kern der medizinischen Versorgung Schwerins, bevor nach der Wiedervereinigung Deutschlands die medizinischen Einrichtungen schrittweise in das neue Klinikum in der Wismarschen Straße verlagert wurden. Mit der Verlagerung der medizinischen Funktionen verlor die Werderklinik ihre ursprüngliche Bedeutung und stand über viele Jahre leer.

Obwohl sich zahlreiche Investoren für das wertvolle Grundstück interessierten, scheiterten die frühen Pläne für eine Umnutzung an den Anforderungen des Denkmalschutzes. Die Raumstruktur der denkmalgeschützten Klinikgebäude hätte bei einem Umbau unwiderruflich zerstört werden müssen, was die Realisierung von Wohnprojekten unmöglich machte. So verfiel das Gebäude über Jahre, obwohl immer wieder Ideen für eine neue Nutzung entwickelt wurden.

Ein Durchbruch gelang schließlich der VR Bank, die zunächst plante, den Demmlerbau als Bürostandort zu sanieren und zu vermieten. Doch diese Idee entwickelte sich schnell weiter: Warum sollte die Bank das denkmalgeschützte Gebäude nicht selbst für ihre Hauptverwaltung nutzen? Nach intensiven Kalkulationen stellten die Banker fest, dass eine umfassende Modernisierung und Nutzung des gesamten Klinikkomplexes – sowohl des Demmler- als auch des Hamannbaus – sowohl räumlich als auch finanziell tragfähig war. Die VR Bank entschied sich daher, das gesamte Gelände mit allen Gebäudeteilen im Jahr 2012 zu erwerben.

Für die umfangreiche Sanierung und den Umbau beauftragte die VR Bank den renommierten Architekten Joachim Brenncke, der es schaffte, den denkmalgeschützten Charakter der Gebäude zu erhalten und gleichzeitig moderne Büroflächen zu schaffen. In nur 22 Monaten wurden die alten Klinikgebäude zu einem modernen Bankstandort umgestaltet, der heute als Hauptsitz der Genossenschaftsbank dient.

Die Geschichte der Werderklinik steht exemplarisch für den Wandel, den die Werderstraße und ihre Umgebung in den letzten Jahrzehnten erfahren haben. Von einem städtischen Krankenhaus über den Leerstand nach der Wende bis hin zur modernen Nutzung als Verwaltungsstandort der VR Bank – die Entwicklung des Gebäudekomplexes spiegelt die Fähigkeit Schwerins wider, historische Bauten in zeitgemäße Nutzungen zu integrieren und dabei den Charakter der Stadt zu bewahren. Die Sanierung der Werderstraße und ihrer Gebäude zeigt, wie durch gezielte Maßnahmen der Stadtentwicklung und private Investitionen eine Straße wieder zu einem lebendigen und attraktiven Teil der Stadt werden kann.