
Jena. Trotz bundesweiter Erfolge beim Ausbau von Photovoltaik in den Jahren 2023 und 2024 zeigt eine aktuelle Auswertung der Deutschen Umwelthilfe (DUH): Jena zählt weiterhin zu den Schlusslichtern im bundesweiten Vergleich der Solarleistung deutscher Großstädte. Damit steht die Saalestadt im „roten Bereich“ des Rankings – mit dringendem Handlungsbedarf.
Laut DUH müsste Jena den jährlichen Zubau an Photovoltaik-Anlagen bis 2035 um mindestens 50 Prozent oder mehr steigern, um auf einen mit dem 1,5-Grad-Ziel kompatiblen Kurs zu kommen. Diese Zahlen stammen aus dem Projekt „Solaroffensive Deutschland“, das durch den Venture Nature Fund gefördert wird. Grundlage der Analyse ist das Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur.
Lokales Potenzial bleibt ungenutzt
Dabei sind die Voraussetzungen günstig: Jena verfügt über ein erhebliches Solarpotenzial – auf öffentlichen und privaten Gebäuden, auf Gewerbedächern, Parkplätzen und in Wohnquartieren. Doch dieses Potenzial werde bislang nicht ausreichend genutzt, kritisiert die DUH. „Jena hat die Flächen, die Technik ist vorhanden – es fehlt an politischer Konsequenz und an der Entschlossenheit, bürokratische Hürden zu beseitigen“, heißt es in der Stellungnahme.
Tatsächlich zeigt sich auch auf Landesebene: Während Thüringen in Teilen bei der Windkraft vorangeht, hinkt der Photovoltaik-Ausbau hinterher. Kommunen wie Jena, die über eine starke Wissenschafts- und Innovationslandschaft verfügen, könnten hier Vorreiter sein – sind es bislang aber nicht.
Forderungskatalog an Politik und Stadtverwaltung
Um das zu ändern, fordert die DUH eine Reihe konkreter Maßnahmen – nicht nur auf Bundes-, sondern auch auf kommunaler Ebene. Dazu zählen:
- Ein bundesweiter Solarstandard, der Solaranlagen auf Neubauten zur Pflicht macht.
- Der Bürokratieabbau bei Balkonkraftwerken, damit Bürgerinnen und Bürger ohne komplizierte Verfahren aktiv werden können.
- Eine Vereinfachung des Mieterstrommodells, um auch Bewohnerinnen und Bewohner von Mehrfamilienhäusern einzubinden.
- Die gesetzliche Grundlage für Energy Sharing in Wohnvierteln.
- Der Ausbau von Förderprogrammen für private und gewerbliche Investoren.
- Eine konsequente Digitalisierung der Energiewende, insbesondere bei Netzanbindung und Abrechnung.
Energiewende von unten – auch in Jena?
Die DUH setzt auf eine „Energiewende von unten“ und will mit einem deutschlandweiten Solar-Wettbewerb Kommunen motivieren, selbst aktiv zu werden. Dabei sollen nicht nur Vorreiterstädte gelobt, sondern auch Nachzügler wie Jena gezielt angesprochen werden. Ziel sei ein fairer, transparenter Vergleich und ein gemeinsamer Kraftakt, um bis 2035 rund 590 Gigawatt Photovoltaik-Leistung bundesweit zu erreichen – ein Zubau von etwa 40 GW jährlich.
Ob und wie Jena diesen Aufruf annimmt, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Die DUH will ihre Auswertungen regelmäßig aktualisieren – Jena steht damit unter Beobachtung.
Jena steht beim PV-Ausbau vor einer klaren Weggabelung. Entweder es gelingt der Stadt, den Ausbau konsequent voranzutreiben – oder sie droht den Anschluss an die klimapolitischen Ziele zu verlieren. Die Solaroffensive könnte auch für Jena zum Wendepunkt werden. Voraussetzung: politischer Wille, bürokratische Reformen und die Einbindung der Stadtgesellschaft.