Zwischen Ost und West: Wie die Berliner Mauer das Leben in der DDR prägte

Frag Dr. Wolle – Die Berliner Mauer

In einem Beitrag des DDR Museums beleuchtet Dr. Wolle, eine der bekannten Stimmen für DDR-Geschichte, die Ursprünge und Auswirkungen des geteilten Deutschlands und die Funktion der Berliner Mauer. In der heutigen Diskussion über die DDR gibt es oft geteilte Meinungen: Was war gut? Was schlecht? Das Museum konzentriert sich auf das Alltagsleben der Menschen, jedoch wird deutlich, dass eine Auseinandersetzung mit der DDR auch immer eine Auseinandersetzung mit der Mauer bedeutet.

Dr. Wolle führt seine Zuschauer zurück ins Jahr 1945, als Deutschland nach der bedingungslosen Kapitulation in vier Besatzungszonen aufgeteilt wurde: die sowjetische Zone, die später zur DDR wurde, und die drei westlichen Zonen (britische, amerikanische und französische), aus denen die Bundesrepublik entstand. Berlin, der Sitz der Alliierten Kontrollkommission, wurde ebenfalls in vier Sektoren unterteilt. Während die Grenze zwischen der DDR und der Bundesrepublik bereits in den frühen 1950er Jahren undurchlässig geworden war, blieb Berlin für jene, die die DDR verlassen wollten, ein Schlupfloch. Schätzungen zufolge nutzten etwa drei Millionen Menschen diese Möglichkeit, um die DDR in Richtung Westen zu verlassen.

Dieser massive Exodus stellte die SED-Führung vor eine existenzielle Bedrohung, die sie am 13. August 1961 zur Errichtung der Grenzanlagen zwang. Als die Berliner an jenem Morgen aufwachten, standen plötzlich Stacheldrahtzäune und Soldaten der Nationalen Volksarmee (NVA) sowie Kampfgruppen der Arbeiterklasse bereit, die Maschinenpistolen durchgeladen und Bajonette aufgepflanzt. Diese drastischen Maßnahmen markierten den Beginn einer über 28 Jahre andauernden Trennung.

Im Museum erklärt Dr. Wolle anhand der ausgestellten Betonsegmente die verschiedenen Bauphasen der Mauer, darunter die „dritte Generation“ ab 1975, die nicht nur technisch, sondern auch politisch optimiert wurde. Diese Mauersegmente wurden aus Betonplatten zusammengesetzt, die mit Kletterschutz versehen waren, um Fluchtversuche zu verhindern. Gleichzeitig wurde das Mauerbauwerk immer weiter ausgebaut und perfektioniert, sodass sich das System zunehmend verfestigte und komplizierter wurde. Ein direkter Zugang zur Mauer von der Ostseite war praktisch unmöglich: Auf der Westseite jedoch nutzten Künstler und Aktivisten die Mauer als Leinwand für Graffitis und politische Botschaften.

Der Bereich der Mauer war im Osten ein hochkomplexes System, das aus mehreren Sperrzonen und Sicherheitsanlagen bestand. Neben der eigentlichen Mauer, die als „Staatsgrenze der DDR“ bezeichnet wurde und durch bewaffnete Posten und Wachtürme überwacht wurde, gab es einen besonders hell erleuchteten Kontrollstreifen. Die Lichter entlang der Grenze sorgten für ein auffälliges Glühen über der Stadt, das nicht zu übersehen war, auch wenn in Ost-Berlin die Straßenbeleuchtung durch Energieengpässe gelegentlich abgeschaltet wurde. Auch im Sperrgebiet selbst, das nur mit Passierschein betreten werden durfte, wurden aufwändige Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Dies diente sowohl der Abschirmung als auch der Entfernung der Mauer aus dem Alltag und dem Bewusstsein der Menschen im Osten.

Wer dennoch versuchte, die Grenze zu überwinden, riskierte sein Leben. Von Beginn an wurde an der Mauer scharf geschossen, und bis heute sind über 100 Todesfälle nachweislich dokumentiert. Diese mörderische Grenze existierte bis zur friedlichen Revolution von 1989, als die DDR-Bürger ihre Freiheit und ein Ende der Trennung forderten. Ein wichtiger Faktor war die zunehmende Fluchtbewegung über Länder wie Ungarn und die Tschechoslowakei, was zu massiven Unruhen und Demonstrationen im September 1989 führte. In diesem Zusammenhang wuchs der Druck auf das Regime, und es war klar, dass die Mauer fallen musste, sollte die DDR eine Chance auf Demokratie haben.

Der Ruf nach Reisefreiheit war eine der zentralen Forderungen der Demokratiebewegung, und am 9. November 1989 wurde diese Freiheit tatsächlich Wirklichkeit. Menschen strömten jubelnd und ohne Angst vor Schüssen durch die Grenzanlagen, wodurch sich ein historischer Moment ereignete: Einer der glücklichsten Tage in der deutschen Geschichte, an dem die Mauer endgültig fiel.

Dr. Wolle lädt abschließend die Zuschauer ein, Fragen zu stellen, und bietet an, in weiteren Beiträgen die Geschichte und das Alltagsleben der DDR näher zu beleuchten. Sein Beitrag verdeutlicht, wie eng das Leben der DDR-Bürger mit der Geschichte der Mauer verbunden war und dass diese Grenze weit mehr als ein bloßes Bauwerk war – sie war ein Symbol der Unterdrückung und der Hoffnung zugleich.

Dieser Beitrag aus dem DDR Museum zeigt, wie wichtig es ist, die Erlebnisse und Herausforderungen der Menschen in der DDR nicht nur in Erinnerung zu halten, sondern auch die politischen und sozialen Mechanismen zu hinterfragen, die das Leben in einem geteilten Deutschland so stark prägten.

Dr. Stefan Wolle: Jahrgang 1950, Studium der Geschichte an der Humboldt-Universität Berlin, 1972 Relegation aus politischen Gründen, Arbeit in einem Produktionsbetrieb, 1976–89 Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften der DDR, 1984 Promotion, 1990 Mitarbeiter des Komitees für die Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit, 1991–96 Assistent an der Humboldt-Universität, 1996–98 Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 1998–2000 Referent bei der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, danach freier Autor, zeitweilige Mitarbeit im Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität Berlin, seit 2005 wissenschaftlicher Leiter des DDR Museum.

Redakteur/Autor: Arne Petrich

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