Es roch nach Braunkohle und feuchtem Putz in den Straßen der DDR, doch hinter diskreten Türen und glänzenden Schaufenstern duftete es nach französischem Parfüm und frisch geröstetem Westkaffee. Während die offizielle Propaganda das Hohelied der klassenlosen Gesellschaft sang, etablierte die SED-Führung im Verborgenen ein perfides System der Ungleichheit, das die Bevölkerung in „Wir“ und „Die da oben“ spaltete.
Die Versorgungslage in den 1980er Jahren war prekär. Vor den Kaufhallen bildeten sich Schlangen für Bananen oder Ersatzteile. Doch parallel dazu existierte eine Schattenwirtschaft, die den Mangel für eine auserwählte Kaste außer Kraft setzte. Das sichtbarste Zeichen dieser Doppelmoral waren die „Exquisit“- und „Delikat“-Läden. Ursprünglich als Schaufenster des sozialistischen Wohlstands gedacht, wurden sie schnell zu Symbolen der Ausgrenzung. Hier gab es das, was der „Konsum“ nicht bot: italienische Schuhe, Schweizer Schokolade, Lachs und Ananas. Der Preis dafür war astronomisch, oft nur für jene erschwinglich, die über Westgeld verfügten oder Gehälter bezogen, von denen der Arbeiter nur träumen konnte.
Noch exklusiver und perfider war das System der „Sonderversorgung“. Abgeschirmt von der Öffentlichkeit, in unscheinbaren Depots und versteckten Verkaufsstellen, bediente sich die Nomenklatura. Wer das richtige Parteibuch besaß, wer im Ministerium für Staatssicherheit oder im Zentralkomitee saß, für den galten die Gesetze der Planwirtschaft nicht. Eine spezielle Berechtigungskarte öffnete den Zugang zu einer Welt, in der Cavia, französischer Cognak und westliche Unterhaltungselektronik stapelweise lagerten. Organisiert wurde dieser staatliche Schmuggel maßgeblich durch die „Kommerzielle Koordinierung“ (KoKo) unter Alexander Schalck-Golodkowski, der Devisen beschaffte, um den Lebensstil der Elite zu finanzieren und den Staatsbankrott hinauszuzögern.
Die Intershops, jene glitzernden Inseln des Westens, in denen die D-Mark regierte, demütigten den DDR-Bürger täglich aufs Neue. Sie führten ihm vor Augen, dass seine eigene Währung und Arbeitskraft zweitrangig waren. Wer „Westverwandtschaft“ hatte, durfte teilhaben; wer nicht, drückte sich die Nase an den Scheiben platt.
Dieses System zementierte nicht nur materielle Unterschiede, es korrumpierte die Moral. Loyalität wurde gekauft – nicht mit Ideologie, sondern mit Bückware. Als die Mauer 1989 fiel, kollabierte auch dieses Kartell des Schweigens. Was blieb, war die bittere Erkenntnis vieler Bürger, dass die gepredigte Gleichheit nie mehr war als eine Fassade, hinter der sich eine privilegierte Oberschicht den Sozialismus bequem eingerichtet hatte.