Die Narben der Diktatur: Gerhard Bauses unvergessene Haft in Bautzen II

BERLIN. Die Erinnerung an die Haft im Stasi-Knast Bautzen II und anderen DDR-Gefängnissen prägt das Leben von Gerhard Bause bis heute. Seine Geschichte ist ein erschütterndes Zeugnis von Mut, Widerstand und den tiefen Wunden, die ein totalitäres Regime hinterlassen kann. Ein zentraler Wendepunkt in seinem Leben war die Verfassung einer Protesterklärung im Jahr 1988, die er gemeinsam mit zwei Freunden verfasste und die zu seiner Inhaftierung führte.

Die Protesterklärung war eine klare Forderung nach Freiheit: Gerhard Bause und seine Mitstreiter verlangten die Freilassung von Bürgerrechtlern wie Stephan Krawczyk, Freya Klier, David Vera Lengsfeld, die während einer Rosa-Luxemburg-Demonstration im Januar 1988 verhaftet worden waren. Der Mut, diese Forderung öffentlich zu machen, hatte sofortige und dramatische Konsequenzen. Die Erklärung wurde an einem Freitag persönlich in der Erlöserkirche in Berlin an Generalsuperintendent Kruschel übergeben, zudem wurden Abschriften an das Ministerium des Inneren und an den Kirchenanwalt Wolfgang Schnur gesendet. Bause wusste, dass er mit einer „Zuführung“ rechnen musste.

Die Verhaftung, die am darauffolgenden Montag geschah, war ein zutiefst traumatisches Erlebnis für Bause. Er hatte sich innerlich darauf vorbereitet, doch die Verhaftung seiner eigenen Frau vor seinen Augen brach für ihn eine Welt zusammen. Die Herren der Staatssicherheit, die sich als solche auswiesen, fragten gezielt nach dem Arbeitsplatz seiner Frau, und Bause musste miterleben, wie sie im weißen Kittel aus ihrem Arbeitsplatz geführt und keine zehn Meter entfernt von ihm im Fahrzeug Handschellen angelegt bekam. Dieses Erlebnis, das die Trennung von der Familie und die damit verbundenen Vorwürfe einschloss, beschäftigte ihn innerlich maßlos.

Gerhard Bauses Haftweg führte ihn durch mehrere gefürchtete Anstalten der DDR:

• Ein Jahr und zehn Monate verbrachte er zunächst in der Stasi-Untersuchungshaftanstalt in Erfurt (Andreasstraße).
• Anschließend folgte ein Monat in Cottbus.
• Daraufhin einige Monate in Chemnitz, dem damaligen Karl-Marx-Stadt.
• Schließlich wurde er im Februar 1989 nach Bautzen II verlegt, wo er bis zur Wende und der Amnestie inhaftiert blieb. Insgesamt war Gerhard Bause ein Jahr und neun Monate inhaftiert.

Während der langen Haftzeit halfen Bause verschiedene Strategien, um zu überleben. Er setzte sich etappenweise Ziele, oft mit dem Blick auf den Entlassungstag, und hoffte auf einen „Freikauf“ in den Westen. Was ihm jedoch am meisten Kraft gab, war sein Glaube als Christ. Er richtete all seine Sorgen, Nöte, Wünsche und Hoffnungen im Gebet an den „Herrgott“. Eine weitere wichtige Form der Selbsthilfe war das Schreiben von Gedichten, womit er bereits in Bautzen begann und die er nach seiner Freilassung fortsetzte. Sein Gedichtband mit dem Titel „Ohne hohe rollt das Meer“ beschreibt die Situation des Eingesperrtseins, die Diktatur und die gesamten Hafterlebnisse. Das Schreiben half ihm, einen Großteil der seelischen Wunden aufzuarbeiten.

Die Zeit nach der Haft war eine weitere Herausforderung. Gerhard Bause musste die DDR innerhalb von 24 bis 48 Stunden verlassen, er wurde „quasi noch regelrecht rausgeschmissen“. Der Übergang von der „Beengtheit“ der Haft in die „Licht- und Glitzerwelt“ des Westens führte zunächst zu einem „kompletten Zusammenbruch“.

Heute empfindet Gerhard Bause, dass die Erfahrungen dieser Zeit einen sehr großen Einfluss auf ihn haben. Er sieht es als seine Pflicht an, die Geschichte der Willkür und Diktatur an die jüngere Generation weiterzugeben, damit sich so etwas nicht wiederholt. Er kritisiert jedoch die heutige Gesellschaft, die seiner Meinung nach „zu müde, zu satt“ sei, um aufzustehen. Insbesondere äußert er Bedenken, dass die politische Bildung und die Vermittlung der Geschichte in Gedenkstätten durch „links-grün ausgerichtete Stiftungen und Politiker“ so gesteuert werden, wie sie es gerne hätten, was die authentische Weitergabe der Geschichte gefährde.

Gerhard Bauses Leben ist wie ein Leuchtturm in stürmischer See: Er hat die Dunkelheit der Diktatur durchlebt und leuchtet nun, um nachfolgende Generationen vor den Gefahren der Unfreiheit zu warnen und die Bedeutung der historischen Erinnerung zu betonen.

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